Zwischenstand

D
Mit Ablauf dieses Tages jährt sich nun die Trennung zum zweiten Male. Zeit also, die vergangenen vierundzwanzig Moneten Revue passieren zu lassen.
So lebhaft noch ist die Erinnerung an jener Zeit, da die Wunden aufplatzen und höllisch schmerzen, dass sogar deren Geschmack in der Kehle wahrnehmbar ist. Und doch, sehr viel hat sich geändert...
Nach der unverständnisvolle Konfrontation mit den Begriff „Loslassen“, nach einer Zeit der sinnlose Suche nach Antworten auf Fragen, die nur ich mir stellte, nach dieser Phase des Sich-Muterseele-allein-fühlen kam, nach gut zehn Monaten endlich einer Zeit der Besinnung. Erst dann bekam dieser so oft genannte Begriff „Loslassen“ einen verwertbaren Sinn. Erst dann wachte das Bewusstsein langsam wieder auf und Lebenslicht wurde wieder wahrnehmbar. Die unermüdliche Unterstützung von Menschen, die ich dafür Freunde nennen möchte - ich möchte hier keine Namen nennen, weiß jedoch, dass sie wissen, sie sind gemeint – war und ist noch, sofern noch Kontakt besteht, wie die aufgehende Sonne... Ohne sie wäre ich sicher nicht dort, wo ich heute bin.
Vieles wollte gelernt werden; manches wurde es, manches auch nicht, noch nicht. Tatsache aber ist, dass ich heute vor einer neu errichteten Treppe stehe und das Werk sogar bewundern kann, wenn auch im unfertigen Zustand sich befindend. Dieser Treppe ist mir ein Symbol für mein Leben.
Natürlich denke ich noch immer an dieser Zeit vor der Trennung. Aber dieser Zeit ist mir - ein Fotoalbum ähnelnd – eine ewige Erinnerung an ein Vierteljahrhundert, mit Höhen und Tiefen, mit Sonnenschein und Sturm, blauem Himmel und schwere Wolken... Einfach ein Stück von „ich“, eben mein Leben. Ich kann heute darüber weinen, aber auch lachen...
Auch wenn Ex mir noch nicht völlig gleichgültig ist, so fühle ich mich für ihr Wohlbefinden, für ihr Tun und Handeln, für ihrer Zukunft und Zufriedenheit überhaupt nicht mehr verantwortlich!
Ich genieße es jetzt, mein eigenes Leben, leben zu können, zu dürfen! Und wenn schwere Momente sich ankündigen, da weiß ich, es gibt Freunde, auf denen ich mich verlassen kann.

Nun stellen sich andere Fragen. Zum Beispiel: wie geht es weiter? Was steht mir jetzt bevor?
Da ich aber nun um der Sinnlosigkeit manche Fragen weiß, ist es mir nicht mehr wichtig eine Antwort auf derlei Quälereien zu finden, lasse es also mehr auf mich zukommen. Ein Fortschritt? Auch lehne ich es jetzt ab, alles bis ins kleinster Detail zu analysieren, begründen zu wollen. Fortschritt?

Sicher wird sich manch Einer nun fragen: „warum schreibt der so was hierher?“
Die Antwort darauf ist sehr einfach: auch wenn es zu Beginn nicht so glaubhaft erscheint, auch wenn zu Beginn alles Licht erloschen zu sein scheint, es kommen andere Zeiten! Und dafür lohnt es sich zu leben! Man muss lernen, sich selbst zuzulassen, zu sein, sich selbst zu akzeptieren und an sich zu glauben! Man mag auch so sehr, so intensiv, so selbstlos geliebt haben, man ist sich selbst doch noch am nächsten und darf dieses nicht vernachlässigen!

Ich wünsche Alle Zuversicht und Kraft, zu sich selbst zu finden!
Leute: glaubt an Euch selbst! Wie auch der Weg ausschaut: wir können es nun für uns selbst wählen und auch verantworten! Ist das nicht ein Geschenk?

der Dom

04.12.2003 19:57 • #1


E
Hallo Dom,

gibt es noch eine weitere Möglichkeit, wenn man manchmal kein Selbstvertrauen mehr hat und sich vorkommt wie verloren?
Der Glaube in die innere Führung?

Könnte das die Inspiration sein oder der Instinkt?



wilde Flocke

04.12.2003 21:28 • #2


A


Zwischenstand

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E
Lieber Dom,

danke für deinen offenen und ehrlichen Zwischenstand, es wird wohl noch eine Weile dauern, bis du den Endstand erreicht hast, was deine Trennung angeht, und auch was die Neugestaltung deines Lebens betrifft.

Aber du bist auf einem guten Weg :)

Du hast Recht, wenn du auf die Sinnlosigkeit vieler Fragen hinweist, man kann auch zuviel hinterfragen, analysieren, und wird sich dennoch immer weiter im Kreis herum drehen.

Aus diesem Kreis auszubrechen ist das Wichtigste überhaupt, sich selbst überwinden, und zu akzeptieren, dass das was ist, nunmal einfach so ist.....und es keine befriedigende Erklärung dafür gibt. Um das zu schaffen, muss man über sich selbst hinauswachsen, und viel innere Stärke zeigen, gut wenn man Freunde hat, die einem Licht und Sonne auf dem Weg dorthin spenden.

Und dann wird man - wie du - irgendwann seinen eigenen Wert wiederfinden, seine Lebensfreude, sein eigenes Ich und die Neugier auf die Dinge die da noch kommen werden.

Es macht nichts, wenn es nur langsam voran geht, aber jeder kleine Schritt ist ein Schritt in das Licht und die Zukunft. Und ab und zu darf man auch mal ausruhen, und auf das zurückschauen, was man schon geschafft hat, bevor man wieder weitergeht.

Und ja...es ist ein Fortschritt, die Dinge auf sich zukommen zu lassen, den Augenblick zu geniessen, die Zukunft nicht zu hinterfragen.......we cross this bridge when we get to it, won´t we, dear?

Niemand weiss , was morgen sein wird, also lebe jetzt, im Hier und Heute, frag nicht warum, suche nicht nach Antworten, sondern geniesse den Tag, lieber Dom...Carpe Diem...du weisst schon....

Ich bin froh, dass du so weit schon gekommen bist



Alles Liebe

Thilde

04.12.2003 21:45 • #3


E
hallo dom,

schön, dass du mit uns zusammen diesen weg geschafft hast, wir haben uns alle hier gegenseitig mut gemacht und uns in dunklen, kalten stunden beigestanden - vielen dank auch dir dafür !

in einem telefonat mit ccl die letzten tage stellten wir beide aber auch fest - und das spricht auch bei dir zwischen den zeilen - dass wir auch unterschätzt haben, wie lange wir an dem verlorenen traum leiden. wir glaubten doch auch, eine lebenslange beziehung aufgebaut zu haben. und für mich muß ich hinzufügen: meine borderline-ex war von vielen dingen abhängig und ich irgendwann auch kodependent - und sich davon zu lösen, war nach dem ende der trauer um einiges schwerer. und deswegen fallen tw. auch die neuen beziehungen so schwer, entweder fallen wir wieder - vor lauter sehnsucht nach einem neuen glück - in eine neue abhängigkeit (gefahr zum dackel zu werden) oder wir verhalten uns extra-cool, um nicht so schnell wieder verletzt zu werden.
also liegt noch ein weiteres stück weg vor uns, auch nicht unbedingt leichter !
der weg zur eigenen freiheit - nicht zum egoismus - setzt wieder da an, wo wir vor unserer ehe standen .-

mach weiter so und bleibe hier willkommen

mick

05.12.2003 07:33 • #4


D
‘n Abend Ihr Liebe,

verzeiht bitte, dass ich nicht namentlich aufführe, Eure Anregungen vermischen sich für mich zu sehr, dass ich noch differenziert darauf eingehen könnte.

Zunächst möchte ich betonen, wie nicht nur gut ich Eure Antworte empfinde! Es ist einfach realistisch, wirklich, wahr.
Es ist schon sehr bemerkenswert, wie der Mensch seinen Weg geht. Fast scheint es mir, dass es einen so großen „Knall“ bedarf, um endlich ein Drang zu Einsicht und Vernunft gewinnen zu wollen... Zu müssen?

Momentan feiere ich also in Stille den zweiten Jahrestag. Wenn ich schon nicht mehr den 20. Ehegeburtstag feiern soll, und auch nicht den 25. Jahrestag der gestorbene Beziehung...
Versteht hier aber bitte nichts negativ! Ich trauere nicht! Der Volksmund sagt, Katzen haben sieben Leben; ich feiere nun ein weiteres Leben, ohne festmachen zu wollen, der wievielten es ist. Tatsachen ist, ich bin gestorben, um wieder zum Leben geführt zu werden. Auf diesen Weg befinde ich mich nun. Überstanden, Mick? Nein. Da hast Du völlig Recht. Noch ist es nicht ganz überstanden, aber die Wunden sind dabei, sich in Narben zu verwandeln.
Wisst Ihr, es ist ein steter Rückfall, jeweils nach ein paar Schritten nach vorne. Aber dieser Rückfall ist nicht einfach ein Hinfallen, sondern vielmehr ein „sich-bewusst-werden“, welcher Weg hinter einem liegt, was oder wer man ist. Insofern kann es nicht paradox sein, von einem positiven Rückfall zu sprechen.
Die Bühne hat inzwischen sehr oft die Dekoration gewechselt... Viele Menschen sind aufgetreten, fast so viele wieder durch die Garderobe wieder entwichen... Es gab Sturm, Dauerregen, Eiszeit, aber auch Sonne und blauer Himmel. Nur mit den Unterschied, dass nun alles viel intensiver wahrgenommen wird. Sogar mit Dankbarkeit, auch in den schlimmen Momenten. Irgendwie habe ich den Eindruck, dass mir das Erlebte eine gewisse Macht verliehen hat. Macht über mich selbst. Nun muss ich lernen, mit ihr umzugehen.

Noch lese ich dort, wo ich vor fast zwei Jahren meiner Last loswerden durfte. Und es kostet nicht selten einige Tränen zu spüren, wie hilflos, verloren, sich Menschen fühlen. Aber nun weiß auch ich, dass es ein Leben danach gibt, um das es sich ganz bestimmt lohnt zu kämpfen. Dennoch finde ich keine Worte, denn meine eigene damalige Hilflosigkeit steht mir vor Augen und schnürt mir die Kehle zu.
Ich habe Euch alle hier sehr viel zu verdanken, und weiß nicht, wie ich jemals etwas davon zurückgeben kann. Ich brauche noch Zeit. Noch Zeit...

Ach Thilde... Du kennst mich doch etwas besser, als ich es dachte... Du bist eine sehr gute Seele und hörst auch dann zu, wenn man es nicht erwartet! Es ist wunderbar, die Erfahrung machen zu dürfen, dass es solche Menschen wie Dich gibt.

Wenn ich nicht den Eindruck hätte, Dich zu verstehen, Flocke, dann würdest Du jetzt mit einen Roman von mir rechnen dürfen! Schreibe bald wieder, Dein Schweigen ist nicht einfach hinzunehmen... Deine Anmerkung bringt mich zum Nachdenken... Sehr. Ich denke, die Linie erkennen zu können, muss sie jedoch noch etwas genauer ins Licht rücken... Ja, es hat was...

Auch Du Mick, hast sehr viel gegeben. Mehr bestimmt, als Dir bewusst ist. Meiner Zeit des Vielschreibens ist seit Monaten vorbei. Richtungen ändern sich, der Mensch sich bestenfalls ebenso, die Seele, die einem bewohnt aber dagegen nicht. Du hast einen langen Weg hinter Dich zurückgelassen. Ein noch längerer bleibt vor Dir – wie vor mir -, weil’s bewusster und aufmerksamer. Es ist gut so, denn dass bedeutet: LEBEN!

Bevor ich mir wieder das Prädikat des Predigers verdiene will ich Euch alle jetzt noch ein schönes Wochenende wünschen, schön allein deswegen, weil jede es mit sich selbst verbringen muss!

Dom

05.12.2003 22:41 • #5


E
Lieber Dom!

Ja, es gibt ein Leben *danach*.
Nur ich bin heute in der Situation, wo ich mich wirklich oft frage, WONACH?

Ich glaube, ich bin über die Trennung hinweg. Vollkommen und auch ohne damit zusammenhängende Rückschläge.

Das ganze Leben besteht aus Höhen und Tiefen, und die Trennung war einer der grössten Tiefpunkte meines Lebens. Aber heute seh ich sie differenzierter. Na gut, es sind schliesslich schon fast 2,5 Jahre seitdem vergangen.

Das Leben heute verläuft, als wenn es nie anders gewesen wäre.
Dennoch ist mir durchaus bewusst, was in all den vergangenen Jahren und Monaten geschehen ist. Was sich entwickelt hat.
Das Leben heute ist das Leben, dass ICH mir ausgesucht habe.

Ja, es war ein verdammt harter und steiniger Weg hierher. Aber es ist wohl so, wie bei allem im Leben, dass die schlechten Erinnerungen schneller und gründlicher verblassen als die guten Erinnerungen. Zumindest ist es bei mir so.
Das heisst NICHT, dass ich die Freunde, die ich während dieser besagten schlechten Zeit gefunden habe, ebenso vergessen habe. Nein, diese gehören zur Kategorie GUT.

Wie läuft mein heutiges Leben?
Wie eh und je. Weihnachten steht vor der Türe, ein Fest, welches ich noch NIE gemocht habe. Aus vielerlei Gründen. Und wäre meine Tochter nicht, so würde es für mich ausfallen.
Also Weihnachten steht vor der Tür und das Jahr wird wie eh und je mit einem lauten Knall beendet.

Im Job geht es drunter und drüber, eine Kollegin ist langfristig ausgefallen, so das wir nun Sonderschichten schieben müssen, die freien Tage und Wochenenden erst einmal auf Eis gelegt sind.

Die *kleine* Grosse, mein Zwerg, ist mittlerweile ein Riese, Schule steht an usw. Die Zeit ist verrannt... schmunzel..
Mein Exmann liegt seit einiger Zeit schwerstkrank in der Klinik, wo ich mir auch sehr grosse Sorgen mache. Egal ob wegen Ex oder nicht. Aber als guter Bekannter und Papa meiner Süssen.

Das Auskommen mit seiner neuen Lebensgefährin ist wunderbar. Fast ähnlich einer Freundschaft incl. Kaffe trinkens und klönens.

Meine Schwägerin lag über Monate in der Klinik, diagnostizierte MS im fortgeschrittenem Stadium. Rollstuhl Tochter von 3 Jahren und das Verzweifeln meines Brudes. Diese Frau ist gerade mal 27 Jahre alt.

Meine neue Liebe hingegen hält mich auch jetzt noch auf Wolke sieben. Ganz anders als die vorhergehende kurze Liason, welche von dunklen Schatten umwölkt war.
Das Verhätlnis zur Familie meines Freundes ist wundervoll. Auch oder gerade weil meine Kleine in diesem Kreis ohne Wenn und Aber aufgenommen wurde.
Seine Mutter nun auch schwer krank. Gebrochene Hüfte nach einem bösen Sturz....

Und nun steht eine 2 wöchige Reise ins südliche Ausland an, welche mein Freund, meine Tochter und ich Weihnachten antreten werden.
Weihnachten am Strand und statt Schneeburgen Sandburgen bauen und kein stressiges Familienabrennen und peinliches Beschenken... *smile*

Schatten gibt es natürlich auch, so wie es diese schon immer gab. Schatten? Naja, kleine Meinungsverschiedenheiten, welche aber problemlos besprochen und toleriert werden können.
Sei es das Thema zusammenziehen oder gemeinsame Kinder.

Lieber Dom, ich bin wieder, wie immer, in meinen Bereich abgetrifftet.
Alles was ich eigentlich nur sagen wollte, es gibt ein Leben danach.
Nur meine Frage ist heute nicht mehr Warum?, sondern WOnach?.

Es ist wie es ist, und ich habe akzeptiert, angenommen und mich arangiert.
Ich bin heute wieder grösstenteils glücklich, von den gelegentlichen Schatten meiner Depressionen mal abgesehen. Aber das steht auf einem anderem Blatt.

Lieber Dom, der beste Schritt ist wirklich nicht mehr zu hinterfragen, da gabe ich dir vollkommen recht. Denn die Einsicht der Sinnlosigkeit desselben hat mich aufstehen, Kräfte sammeln und wieder vorwärts gehen lassen.

Ich umarme dich ganz fest!
Auch wenn ich mittlerweile auch nur ein *Seltenschreiber* bin, so bin ich doch meist noch anwesend oder Mitleser.

Unendlich liebe Grüsse von Nicole

06.12.2003 09:46 • #6




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