Als kleiner Zwischenschritt, vielleicht mehr für mich, als für alle anderen interessant: Ich bin durch die Therapie nun an den Punkt gekommen, der mir persönlich verraten hat, warum ich noch so sehr an meinem Ex hänge. Denn auch wenn ich meine Familie sehr vermisse und wünschte, dass sie noch da und am Leben wäre, so musste ich nun doch auch erkennen, dass meine Familie mich nicht gut behandelt hat. Das zu sehen, war für mich durch das Trauma ihres Verlusts anscheinend vorher nicht möglich. Doch als erst einmal diese verdrängten Gefühle der Einsamkeit in meiner Familie hochkamen, konnte ich verstehen, dass mein Ex-Partner der erste Mensch in meinem Leben war, der mir das Gefühl gab, genug und liebenswert zu sein. Ihn dann zu verlieren kam gleich mit dem Gefühl, die einzige Person zu verlieren, die mich auf dieser Welt lieben kann. Und auf irgendeine perfide Art und Weise wurde dieser Verlust dann übermächtig und hat sogar den Verlust meiner Familie überdeckt. Das nun zu verstehen hat mich viele Tränen und Schmerz gekostet. Doch nun weiß ich, warum ich immer noch so sehr an ihm hänge und dieses Gefühl habe, wenn ich erst einmal gut genug bin, wird er wieder zu mir zurückkommen.
Nun will ich aber erst einmal gut genug zu mir sein!
Ich weiß, dass die Verarbeitung meiner letzten Beziehung lange dauert und viele hier nur noch den Kopf über mich schütteln, aber ich will mich deswegen nicht mehr kritisieren oder unter Druck setzen. Es hat seine Gründe, warum es so ist, wie es ist, und ich will mir diese verzeihen. Schluss mit dem Perfektionswahn und der Selbstoptimierung, mit der ich mich nur stresse. Ich will versuchen zu glauben, dass jede ernsthafte Beziehung dem Partner das Gefühl der Liebe und Akzeptanz gibt, das ich exklusiv an die Person meines Ex knüpfe. Erst wenn ich das verinnerliche, kann ich mich selbst von meiner Vergangenheit befreien. Noch habe ich letzte Woche wieder jede Nacht von ihm geträumt und wünschte ihn mir beim Aufwachen immer noch an meiner Seite. Auch, weil ich jetzt auch seine Überforderung verstehe. Was für ein Druck muss es sein, wenn der Partner in dir alles sieht. Aber wenn ich sehe, was für tolle Menschen in meinem Leben um mich rum sind und endlich realisiere, dass diese Menschen mich lieben, wie ich bin, auch mit meinen Fehlern, dann kann ich loslassen. Und werde meinem Ex dann auch den seit Jahren hier im Forum diskutierten letzten Brief schreiben. Nicht, um ihn zurückzuholen oder in seine Ehe reinzufunken. Sondern um für MICH einen Abschluss zu finden.
Aber bis dahin ist es noch ein weiter Weg. Und jetzt bin ich einfach auch mal wütend auf meine Familie, anstatt sie wie meinen Ex auf ein Podest zu stellen. Erst die Wut, dann die Trauer. Und dann hoffentlich kann ich dieses Trauma endlich verarbeiten und nur noch nach vorne schauen.
11.06.2020 13:37 •
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