Ich bin seit fast ein einhalb Jahren mit meinem Partner zusammen. Es ist meine längste Beziehung bisher und ich denke, dass ich mich noch nie jemandem so geöffnet habe, wie ihm. Er ist quasi meine Familie, mein einziger Halt, und ich glaubte, in ihm ein wenig Sicherheit gefunden zu haben. Aber das entsprach nicht der Realität.
Er ist eigentlich sehr fürsorglich, tut sehr viel für mich und - wenn man von seinem Ehrlichkeitsproblem absieht - ein richtiger Traummann.
Aber mittlerweile frage ich mich, was von all den Eindrücken, die ich von ihm habe, überhaupt wahr ist.
Ich habe schon von Anfang an in unserer Beziehung ein paar Red Flags gesehen, die ich aber ignoriert habe, weil meine letzte Beziehung daran gescheitert war, dass ich ein Vertrauensproblem hatte. Diesmal wollte ich alles richtig machen und vertrauen. Das mulmige Bauchgefühl ignorieren, das mir sagt, dass irgendetwas nicht stimmt und davon ausgehen, dass man es gut mit mir meint.
Drei Monate nachdem wir zusammengekommen waren, erfuhr ich vom ersten Vertrauensbruch in unserer Beziehung. Er hatte mich, zwei Wochen nachdem wir zusammenkamen, mit einer Person betrogen, mit der er zeitgleich auch in einer Beziehung war, die eigentlich schon länger ging, aber in der er eigentlich nicht mehr glücklich war. Er fuhr zweigleisig und ich war in dem Fall einfach nur seine Affäre. Sein Trostpreis. Ich habe nie geglaubt, dass ich jemals betrogen werden würde, da ich annahm, eigentlich eine gute Menschenkenntnis zu besitzen. Und ich glaube, ich war noch nie in meinem Leben so enttäuscht und verletzt von jemandem.
Aber ich war einfach verliebt und nahm an, dass es eine einmalige Sache war. Dennoch habe ich bis heute nicht eine ehrlich gemeinte Entschuldigung dafür bekommen, was er getan hat. Er bereut es nicht. Stattdessen sagt er mir immer wieder, wenn mich die Gefühle von damals ereilen, dass ich darüber hinwegkommen soll und aufhören soll, an alten Geschichten festzuhalten. Schenkt man seinen Worten Glauben, dann war er nämlich nie untreu, diese eine Sache zählt für ihn nicht, weil es Vergangenheit ist und er mich seitdem nie wieder betrogen hat.
Wenn es nur das wäre. Im letzten Jahr haben wir uns eigentlich wieder so gut vertragen, dass wir eine Wohnung zusammen suchen wollten. Wir haben sogar schon Einrichtungsgegenstände besorgt und alles mögliche geplant, eigentlich wollten wir diesen Monat zusammenziehen und ich habe meine Pläne darauf ausgerichtet. Aber daraus wurde nichts. Er hat mir gebeichtet, dass er von Anfang an nicht vor hatte, mit mir zusammenzuziehen und mich angelogen hat. Deshalb kam immer etwas dazwischen, wenn ein Besichtigungstermin vor der Tür stand. Ich habe mich erneut hintergangen gefühlt. Wieso gibt man sich so viel Mühe eine Lüge aufrecht zu erhalten? Wieso? Er hat sogar seinen Eltern von unseren Plänen erzählt. Mir immer wieder erzählt, wie sehr er sich darauf freut. Ich habe sogar eine Weile lang bei ihm gewohnt, weil er es austesten wollte, wie das mit uns in einem Haushalt funktioniert.
Das sind auch nur die zwei Lügen, die mich am meisten verletzt haben. Lügen gab es immer wieder. Sei es nun, weil er eigentlich mehrere Handys besaß (Ich will gar nicht wissen, wieso man so etwas verheimlicht) oder weil er keine Lust hatte, zu mir zu fahren und stattdessen mir vorgaukelte, seine Großmutter wäre plötzlich verstorben. (Wie kann man nur über so etwas lügen?!)
Anfänglich schrieb er auch mit irgendwelchen Leuten im Internet und tauschte irgendwelche anzüglichen Fotos aus. Ich habe mir spontan nach seinem Betrug irgendwann sein Handy genommen und wurde sofort fündig. Oder die merkwürdigen Namen in seinem Terminkalender, von denen er keine Ahnung hat, wer sie sind. Muss ein technischer Fehler sein, laut ihm. Solche Sachen eben. Dumme, offensichtliche Lügen. Bisher lag ich immer richtig, als ich eine solche vermutete.
Die ersten Male, als es aufflog, versuchte er mir noch weiszumachen, dass er sich ändern will. Oder dass er psychische Probleme hätte und sich einen Therapeuten suchen will, was er natürlich auch nie getan hat. Mittlerweile bekomme ich folgendes zu hören: Dass er sich nicht sicher ist, ob er auch in Zukunft treu bleiben wird, weil er immer tut, was er möchte und er Beziehungen als Zwang ansieht und er Zwang hasst. Momentan hat er nicht das Bedürfnis, fremdzugehen, aber er kann auch nicht versprechen, dass es nicht passieren wird. Er will von mir, dass ich noch drei Jahre mit dem Zusammenziehen warte bis er die Raten von all den teuren Dingen abbezahlt hat, die er sich gekauft hat, in der Zeit, in der wir eigentlich geplant hatten, zusammenzuziehen. Er wird sich nie ändern, er kann einfach nicht ehrlich sein und ich muss damit klarkommen. Er sieht keinen Grund, irgendetwas zu ändern und befürchtet auch nicht, mich zu verlieren, weil ich ihm sowieso wieder verzeihe und wieder angekrochen komme (Ganz schön dreist, das auch noch so zu sagen), er weiß immer noch nicht, dass er mich mit seinem Verhalten verletzt, obwohl ich es ihm immer wieder sage. Er kann's halt nicht nachvollziehen.
Und, ich bin an den Problemen in unserer Beziehung Schuld. Ich bin der Auslöser. Wieso? Weil ich diese ganzen Sachen nicht einfach hinnehme und es anspreche, anstatt einfach zu schweigen. Er ist nicht der Meinung, dass er vielleicht derjenige ist, der mit seinen Taten alles kaputt macht. Nein, ich bin es, weil ich sie nicht einfach hinnehme. Das tut wirklich, wirklich weh.
Ich habe mich von ihm vor einer Woche getrennt und war eigentlich der Meinung, dass es besser so ist (bin ich eigentlich immer noch). Aber letzten Donnerstag tauchte er hier auf und wollte es wieder versuchen. Er sagte, er habe nachgedacht. Aber nicht darüber, dass sein Verhalten nicht in Ordnung war, sondern, darüber, was ich ändern muss. Er will den Kontakt zu mir einschränken und mehr mit einer Person machen, die eigentlich in ihn verliebt ist und mit der er eigentlich schon S. hatte, aber sie sind ja nur Freunde. Dass zwischen ihnen etwas lief, habe ich übrigens auch letzte Woche erst erfahren. Muss ich mit klarkommen, ansonsten wird das mit uns nichts mehr, sagt er.
Ich habe so viel geweint in den letzten Wochen, nein, eigentlich während der ganzen Beziehung. Während er immer nur kalt und emotionslos dreinschaut und nicht einmal mit der Wimper zuckt. Manchmal grinst er sogar darüber. Mein Weinen tituliert er als Mitleid erhaschen.
Ich habe eigentlich sowas von keine Lust mehr. Ich weiß, dass ich etwas Besseres verdient habe. Aber ich schaffe es einfach nicht, mich endgültig von ihm zu trennen, weil ich absolut nicht damit klarkomme, Menschen zu verlieren, vor allem, wenn sie mir so wichtig geworden sind und ein so fester Bestandteil meines Lebens geworden sind.
Ich weiß einfach nicht, was ich tun soll. Er wird sich nicht ändern, nie.
24.04.2019 13:15 •
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