Es ist jetzt drei Wochen her, dass mein Leben, wie ich es kannte, zerbrochen ist.
Nachdem ich alle Freunde abgeklappert und mit meinem Kummer und Leid zugeschüttet habe, habe ich jetzt das Gefühl, ich muss all das an einem anderen Ort lassen.
Sie kommen mir überlastet und genervt vor, obwohl viele es nie zugeben würden.
Ich bin in diesen 3 Wochen immer still Mitleser gewesen, aber jetzt muss alles raus.
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Bär und ich waren 4 Jahre ein Paar. Wir waren diese Art Paar, über die sich nie jemand Gedanken gemacht hatte. Die bleiben ewig zusammen. Die passen perfekt zusammen. Dass das jetzt vorbei ist fühlt sich irgendwie noch nicht real an.
Als ich meinen Freunden sagte, er habe sich getrennt waren alle erschrocken und ungläubig.
Am Anfang hat er um mich gekämpft. Auf eine geduldige und respektvolle, warme und zurückhaltende Weise. Ich wollte ihn nicht. Es hat einen Liebhaber, einen Urlaub und 2 Monate gedauert, bis ich mir eingestehen konnte, in ihn verliebt zu sein. Und als ich es ihm dann auch endlich gestand waren wir glücklich ab dem ersten Tag.
Als er mich kennen lernte stand ich mehr oder weniger fest im Leben (wenn ich ehrlich bin, rede ich mir das vielleicht auch ein). Ich hatte einen Job, ich arbeitete Nachts als Kellnerin und weil ich fleißig war und Spaß an der Sache hatte verdiente ich ziemlich gut. Ich wohnte mit einer anderen jungen Frau in einer WG, es war eine witzige Zeit. Ich war grade 19, bunt gefärbte Haare, ich war eine echte Punkerbraut. Schlank, selbstbewusst, tätowiert, gepierct, ich hatte mir alle meine Wünsche erfüllt. Dort lernte er mich kennen. Ich nahm ihn zuerst nicht wirklich wahr. Er war ein regelmäßiger Gast, zusammen mit seinem besten Freund, aber gesprochen hatten wir nicht viel, bis zu dem Tag an dem er zu mir sagte, ich solle lächeln. Meine Antwort darauf war Lass mich in Ruhe, so sieht halt mein Gesicht aus.
Ab dem Tag kam er immer. Meine Kollegen sagten mir, er suche meine Nähe.
Am Wochenende nach der Arbeit zogen meine Kollegen und Freunde immer weiter in eine nah gelegene Discothek und feierten bis morgens um 10.
Auch dort traf ich ihn regelmäßig. Wenn ich jetzt versuche, mich zu erinnern, wie es zu dem Treffen kam, kann ich es wirklich nicht sagen, aber eines Tages trafen wir uns am Tag in der Stadt. Ich hatte damals kein gutes Gefühl dabei, denn ich wusste von einer entfernten Freundin, dass er ihr gestanden hatte, sich in mich verliebt zu haben. Er hatte ein kurzes Techtelmechtel mit ihr, brach es aber ob noch bevor er überhaupt wusste was ich von ihm denke. Das war die erste Sache, dir mir an ihm verdammt imponierte.
Wir trafen uns und er erzählte mir, dass er mir auch nicht sagen könnte warum, er aber total verknallt in mich sei und ich die interessanteste Frau war, die ihm seit langem begegnet war. Wir verbrachten einen schönen Tag gemeinsam und ich entschied mich, ihn einfach kennen zu lernen. Er war äußerlich absolut mein Typ. Es war mir ein Rätsel, wie so einer jemals auf eine wie mich stehen konnte.
An seinem Geburtstag hatten wir ein Date und unseren ersten Kuss. Dieser Kuss war unglaublich. So bin ich noch nie geküsst worden. Eigentlich war es da schon zu spät und völlig um mich geschehen, aber ich machte nochmal einen Rückzieher, fuhr in den Urlaub und ließ ihn warten.
Das nächste Date hatten wir, als ich wieder kam. Es ist eine der schönsten Erinnerungen, die ich habe. In dieser Nacht übernachtete ich bei ihm. Und sagte ihm, ich habe mich verliebt. Kein Zurück mehr. Und ich habe es nie bereut.
Lange lief es fantastisch. Ich bekam einen Schlüssel zu seiner Wohnung und konnte mich dort aufhalten, wann ich wollte. Er schenkte mir absolutes Vertrauen.
Der erste Schlag kam, als ich meinen Job verlor. Der Laden, in dem ich arbeitete musste schließen und ich stand von einem Tag auf den anderen ohne Arbeit da. Das war ein harter Schlag und ich brauchte einige Wochen, um mich davon zu erhohlen. Bär war emotional für mich da und schoss mir zur nächsten Miete Geld zu.
Es ergab sich also, dass meine Mitbewohnerin ausziehen wollte. Ich hatte während meiner Arbeitslosigkeit von meinen Ersparnissen gelebt und die Wohnung allein zu halten war unmöglich. Bär machte den Vorschlag, bei ihm einzuziehen.
Ich weiß nicht, ob diese Entscheidung aus der Not geboren war oder ob er es auch so gerne wollte, aber die Entscheidung war gefallen und wir freuten uns darauf.
Während dieser Zeit gab es keinen Streit, keine Diskussionen über Wohnung oder Möbel, wir machten einfach gemeinsame Pläne und setzten diese um.
Sobald ich bei ihm wohnte fand ich einen neuen Job und es ging bergauf. Er zahlte Miete, ich zahlte den Rest. Wir hatten eine harmonische Zeit. Ausflüge, Partys, Konzerte, Musicals, Urlaub, Abende Zuhause, Freunde, Restaurants, S..
Er machte mir Geschenke und war immer da, er war perfekt für mich.
Ich merkte nicht, wie es bergab mit mir ging, erst als ich da stand und 20 Kilo zugenommen hatte, ich nichts mehr anziehen konnte, meine Haare nicht mehr so gestylt und gefärbt waren wie früher und ich mit Zukunftsängsten konfrontiert war, weil ich immer noch keine Ausbildung hatte sondern nur fleißig immer Kellnern ging. Er hat sich die ganze Zeit über nicht beschwert, er glaubte an mich, sagte immer, ich würde meinen Weg schon finden, er unterstützt mich, er liebt mich, wir meistern das.
Ich bekam ein Jahrespraktikum und es ging wieder bergauf mit mir. Ich nahm 15 Kilo ab, veränderte mein Aussehen, kam aus meiner Komfortzone, fuhr auf Studienfahrten. Aber glücklich, so richtig glücklich, war ich irgendwie nicht mehr. Ich fühlte mich ihm, der erfolgreich war in seinem Job immer unterlegen.
Manchmal meldete ich mich krank, weil mir die Luft zum atmen fehlte. Auch als das der Fall war machte er mir nie Vorwürfe.
Als das Praktikum vorbei war fiel ich in ein Loch und begann aus Angst vor der Zukunft eine Ausbildung, die ich hasste.
Da begann meine Depression. Ich wusste es selbst noch nicht, aber mein Verhalten änderte sich. Ich konnte morgens nicht mehr aufstehen, war häufig auch körperlich krank, nahm wieder zu, hatte keine Lust mehr auf Partys, sah hinter jede Ecke einen Feind und begann, neckende Bemerkungen meines Freundes zu ernst zu nehmen, oft gekränkt zu sein, ständig zu schlafen, bei schlechtem Wetter zu weinen, kein Interesse mehr an seinen Leidenschaften zu zeigen und in Selbstmitleid zu versinken, wenn er übers Wochenende auf Veranstaltungen oder Montagewochen fahren wollte.
Und er war da. Und unterstützte mich weiter.
Wir hatten ernste Gespräche in denen er mich tröstete, mir versicherte, dass ihn mein Gewicht nicht störte, dass ich schön war und er nur mich liebt. Und tief drinnen wusste ich es, er ist der treuste Mann den ich jeh kennen lernte, ich hätte eigentlich nie etwas zu befürchten gehabt, aber ich verhielt mich trotzdem immer so, dass ich mir Sicherheiten erstreiten wollte.
Es wurde irgendwann so schlimm, dass ich die Ausbildung abbrechen musste. Er hielt es für die Beste Entscheidung. Danach ging es mir tatsächlich etwas besser, aber ich fiel in mein altes Muster zurück und suchte mir einen neuen Kellnerjob.
Er war das erste Mal nicht begeistert davon. Ihn störten meine Kollegen, meine Arbeitszeiten, die Zukunftslosigkeit des Ganzen, mein Verhalten, meine unbegründete Eifersucht. Er bekam immer schlechtere Laune, er hatte immer Angst mir etwas zu sagen, dass ich in den falschen Hals bekommen könnte.
Ein gemeinsamer Urlaub sollte das ganze richten. Aber auch schon da war er reservierter, nicht mehr so losgelöst, verkrampft. ich bemerkte es und sprach ihn nach dem Urlaub, als wir wieder zuhause waren darauf an.
Und das erste Mal sagte er, dass es so nicht weitergehen könne.
Und ich stand da und sah zurück und mir fielen tausend Backsteine auf den Kopf. Und ich wollte das ändern.
Ich mobilisierte meine Kraft, wollte plötzlich alles ändern. Eine Woche lang kochte ich jeden Tag, war weniger Abends bei dem Job den er hasste, putzte, plante Unternehmungen. Ging mit ihm aus, machte mich hübsch und fühlte mich das erste Mal seit 6 Monaten wieder wohl in meiner Haut und dazu in der Lage, mein Leben in den Griff zu bekommen und die Depression zu überwinden.
Nach dieser unglaublichen Woche, in der ich plötzlich wieder einen Weg vor mir sah und Pläne machte kam er Freitags nach Hause, völlig aufgelöst und machte Schluss.
Er wisse nicht mehr, wo die Reise hin geht.
Er sehe keine Zukunft mehr.
Er wüsste nicht, wo sein eigener Weg hingehen sollte und könnte darum auch mit mir nicht mehr planen. Es sei nicht mehr wie früher und die Gefühle seien weg.
Er sei von sich selbst genervt, weil er immer Angst hätte, etwas Falsches zu sagen und ich sei mit meinem Verhalten Schuld daran, dass er sich jetzt immer so fühlte.
Die Woche war zu perfekt, es macht ihm Angst, weil er nicht wüsste wie lange dieser Lebenswandel hält. Es war schön, aber zu spät.
Und ich verstehe das. Ich habe ihn ausgenutzt. Er hat nie ein Wort gesagt, deshalb bin ich wütend auf ihn, aber dass auch ein so geduldiger Mensch wie er, nicht für immer jemanden wie mich tragen kann, das verstehe ich.
Ich bin aus unserer Wohnung ausgezogen, es ging sehr schnell. Keine Szenen, keine Tränen, kaum Vorwürfe, kein zerbrochenes Porzellan. Nur zwei Menschen, die sich mal kannten. Die ausmachen, wie es finanziell weiter geht und ein abgegebener Schlüssel.
Das wars.
Und für mich wars das noch nicht.
Ich halte mich an eine Kontaktsperre. Ich melde mich nie, wenn es nicht um etwas geht, das die Wohnung betrifft. Er meldet sich nur, wenn noch Post für mich kommt.
Manchmal überrollt mich alles. Wie konnte ich diesen Mann gehen lassen? Wie konnte das passieren?
Der Tag der Trennung ist 3 Wochen her. Ich bin ein Trümmerhaufen.
Mein Leben ging ab dem Tag, an dem wir zusammenkamen nicht mehr weiter. Und jetzt, 4 Jahre später, bin ich genauso weit wie davor.
Und nicht mal Vorwürfe machen kann ich ihm, denn ich verstehe ihn so gut.
Mit der Frau, die ich am Ende war würde ich auch nicht zusammen sein wollen.
Und ich kann die Hoffnung einfach nicht aufgeben, dass es irgendwann in ferner Zukunft wieder auflebt mit uns, weil wir ein so gutes Team waren, es nie einen Betrug gab, wir so viele Probleme, Tode, Engpässe und Aufgaben gemeinsam gemeistert haben.
Aber erst muss ich mich ändern. Meine Vision von der Zukunft, die ich nicht mehr hatte.
Und ich werde meinen Weg hier niederschreiben.
22.10.2017 12:36 •
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