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Wie höre ich nur auf zu lieben ? Wie kann ich loslassen

T
Zitat von Zweizelgänger:


Ich kann da nur von mir sprechen, möchte dir das aber ein wenig nahe bringen. Ja, ich bin schon ein Mensch, der eher zur Perfektion neigt. Das ist aber auch nur ein Symptom. Ursache ist der Wunsch nach Anerkennung/Wertschätzung und auch (durch das Ausbleiben in frühen Kindheitstagen) der damit verbundene, gestörte Selbstwert. Daher kommt meist dieser hohe Anspruch an sich selbst.
Das sind Muster, die verlernst du nicht eben mal so - und selbst mit einem Therapeuten ist es ein langwieriger Prozess, der nicht immer erfolgreich ist. Bei mir wurden Methoden der Traumatherapie angewandt, damit ich DORT stabiler werde. Zum Glück hat es etwas gebracht.
Als ich das Wort TRAUMA das erste mal vom Profi hörte, hat es mir die Schuhe ausgezogen. Ich habe das immer mit Missbrauch, extrem einschneidenen Erinnerungen oder auch Gewalt in Verbindung gebracht. Bei mir war es etwas völlig anderes - deshalb der Schock. Das sind so tiefliegende Glaubenssätze, die man sicherlich verurteilen kann, aber die die nicht aus einem Menschen herausbekommst. Mittlerweile glaube ich, dass man lernen kann, mit ihnen zu leben - gänzlich auslöschen kann man sie aber nicht.

Grade als Partner möchte ich keine Last sein - und Angstpatienten (davon habe ich einige kennengelernt während meiner stationären Therapie) denken da sehr gleich. Die meisten wissen, dass es nichts reales ist - aber trotzdem beherrscht es uns. Dazu kommt das Stigma psychischer Erkrankungen im Allgemeinen. Schon ist der Schamcocktail gemixt und neben der Angst an sich und die Angst vor der Angst, beherrscht es dein Leben.

Nimm es bitte nicht als Vorwurf, sondern einfach als Aussage, denn ich merke, dass du es verstehen kannst, aber nicht wirklich nachvollziehen: Menschen wie du, also als Partner denken dann oft mit dem Grundsatz, dass Liebe die Angst und die Probleme des anderen lösen können - Die Liebe muss nur groß genug sein. Das ist einfach ein Irrglaube. DU kannst da nichts tun - gar nichts, außer Verständnis zeigen und hoffen, dass wenn du 1000 Mal Verständnis gezeigt hast, dass als positive Erfahrung beim anderen ankommt; sprich ein Lernprozess einsetzt. Das ist aber ein laaaanger Weg.

Gruß
Tin

13.07.2020 11:44 • x 2 #31


Zweizelgänger
Zitat von Tin_:
Ursache ist der Wunsch nach Anerkennung/Wertschätzung und auch (durch das Ausbleiben in frühen Kindheitstagen) der damit verbundene, gestörte Selbstwert. Daher kommt meist dieser hohe Anspruch an sich selbst.

Da gebe ich dir volkommen recht.
Und ich versteh das schon, allerdings kann ich es, zum Glück, nicht nachvollziehen.
Ich hab ganz bestimmt auch Angst in manchen Situationen, aber diese Form bleibt mir zum Glück erspar und unbegreiflich.
Sowas kann man vermutlich nie ganz verstehen, da wir alle eben nur aus unserer dienen Welt heraus Dinge beurteilen können.
Gefühle zu erklären ist ja nahezu unmöglich - manchmal leider.

Zitat von Tin_:
Das sind so tiefliegende Glaubenssätze, die man sicherlich verurteilen kann, aber die die nicht aus einem Menschen herausbekommst. Mittlerweile glaube ich, dass man lernen kann, mit ihnen zu leben - gänzlich auslöschen kann man sie aber nicht.

Ich persönlich würde jemanden nie wegen seiner Glaubenssätze verurteilen, wenn er bereit dazu ist diese zu überdenken.
Im Grunde hat die ja jeder, nur manchmal wurden einem eben Glaubenssätze eingetrichtert, die äußert negative Auswirkungen haben und oft durch eigene Störungen oder durch missbräuchliche Systeme innerhalb der Familie, zum Teil über Generationen hinweg, von den Eltern verursacht werden.
Wenn ich da jemanden verurteile, dann jene die das alles unverarbeitet weitergeben.
Ich glaube übrigens, dass das auch ein Weg sein kann die Glaubenssätze aufzulösen, wobei einem da auch Glaubenssätze im Weg sein können.

Zitat von Tin_:
Dazu kommt das Stigma psychischer Erkrankungen im Allgemeinen. Schon ist der Schamcocktail gemixt und neben der Angst an sich und die Angst vor der Angst, beherrscht es dein Leben.

Ja das ist leider traurig, allerdings sollte man sich doch wirklich langsam glauben, dass die Gesellschaft endlich anders damit umgeht.
Also am besten einfach drauf schei....n...


Zitat von Tin_:
dass Liebe die Angst und die Probleme des anderen lösen können - Die Liebe muss nur groß genug sein.

Leider leider muss ich dir da ebenfalls recht geben.
Früher dachte ich wirklich mal, dass Liebe alles könne, aber leider wurde ich eines Besseren belehrt.
Manches kann man auch mit Liebe nicht lösen, wobei vielleicht vielleicht bei Ängsten eine Chance besteht.

13.07.2020 13:38 • x 1 #32


A


Wie höre ich nur auf zu lieben ? Wie kann ich loslassen

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T
Zitat von Zweizelgänger:
Und ich versteh das schon, allerdings kann ich es, zum Glück, nicht nachvollziehen.
Ich hab ganz bestimmt auch Angst in manchen Situationen, aber diese Form bleibt mir zum Glück erspar und unbegreiflich.
Sowas kann man vermutlich nie ganz verstehen, da wir alle eben nur aus unserer dienen Welt heraus Dinge beurteilen können.
Gefühle zu erklären ist ja nahezu unmöglich - manchmal leider.


Sei froh. Ich beneide Menschen darum, normal sein zu können. In Restaurants zu gehen, zum Fussball, Tagesausflüge - eben triviale Dinge, die selbst für mich heute nicht wirklich trivial sind. Ja, ich habe die Angst besiegt - das kann ich voller Stolz sagen. Und doch gibt es diese Gedanken im Hinterkopf noch. 10 Jahre vergisst man nicht einfach und sie prägen.

Zitat von Zweizelgänger:
Ich persönlich würde jemanden nie wegen seiner Glaubenssätze verurteilen, wenn er bereit dazu ist diese zu überdenken.
Im Grunde hat die ja jeder, nur manchmal wurden einem eben Glaubenssätze eingetrichtert, die äußert negative Auswirkungen haben und oft durch eigene Störungen oder durch missbräuchliche Systeme innerhalb der Familie, zum Teil über Generationen hinweg, von den Eltern verursacht werden.
Wenn ich da jemanden verurteile, dann jene die das alles unverarbeitet weitergeben.
Ich glaube übrigens, dass das auch ein Weg sein kann die Glaubenssätze aufzulösen, wobei einem da auch Glaubenssätze im Weg sein können.


Überdenken ist das eine. Das ist schon eigentlich der zweite Schritt. Erstmal musst du bereit sein sie zu erkennen und was noch viel schwieriger ist: sie infrage zu stellen. Ich stelle einfach mal die These in den Raum, dass die wenigsten Menschen überhaupt wissen, was bei ihnen ein tiefliegender Glaubensgrundsatz ist. Stell dir vor... (nehmen wir mal mich), dass du 30 Jahre lang gut lebst, alles ist paletti und den Leben läuft ganz gut. Von jetzt auf gleich, rasten deine Emotionen aber aus, dein Körper tickt völlig aus - ohne erkennbaren Grund. Ich habe lange Zeit etwas organisches vermutet, mich eingelesen, bin von Arzt zu Arzt gerannt. Viele Untersuchungen, nicht wenige als IGEL Leistungen. Die Ärzte finden aber einfach nichts und du ziehst dann die Ärzte in deine Skepsis rein. Bis überhaupt die Akzeptanz da ist, dass dein Seelenheil angeschlagen ist, dauert es. Nebenbei muss dein Leben weiterlaufen und du gerätst in eine Spirale von Vermeidung, Ablenkung, dunklen Gedanken, sozialer Isolation... Stell dir vor, es ist wie eine Mauer - du als normal denkender und fühlender Mensch sagst: Mensch, schau doch hinter die Mauer, da ist die Lösung. Da sage ich, dass ich einfach nicht die Möglichkeiten habe - links und rechts kann ich nicht vorbeischauen, auch nicht darüber weil sie so hoch ist und die eigene Kraft ist so aufgebraucht, dass du sie benötigst, damit dein Leben nicht vollends aus den Fugen gerät. Es ist schier UNMÖGLICH für mich, was für dich so einfach ist. Das meine ich mit nachvollziehen.

Zitat von Zweizelgänger:
Ja das ist leider traurig, allerdings sollte man sich doch wirklich langsam glauben, dass die Gesellschaft endlich anders damit umgeht.
Also am besten einfach drauf schei....n...


Wie gesagt, die Energie dafür ist einfach nicht da. Hilflosigkeit ob des Kontrollverlustes und der ständigen auf der Hut sein (Angst vor der Angst) ist dein ständiger Begleiter. Zudem will man niemanden damit belasten.


Zitat von Zweizelgänger:
Leider leider muss ich dir da ebenfalls recht geben.
Früher dachte ich wirklich mal, dass Liebe alles könne, aber leider wurde ich eines Besseren belehrt.
Manches kann man auch mit Liebe nicht lösen, wobei vielleicht vielleicht bei Ängsten eine Chance besteht.


Leider nicht. Diese Erkenntnis kommt ausschliesslich von einem selbst. Ich wiederhole hier meinen Merksatz: Erst wenn das Leid und der Schmerz groß genug sind, wird der Mensch etwas ändern.
Bei mir war es eine verlorene Liebe, die ich deswegen nicht leben konnte. Mein Grund hier damals aktiv mitzuschreiben.
Diese verpasste Chance, die eine zu halten und mit ihr eine Familie zu gründen, hat mich aus der Lethargie geholt und diese Wut auf mich selbst gab mir die Kraft etwas zu ändern und um Hilfe zu bitten - was ich fast 10 Jahre nicht konnte.

Gruß
Tin

13.07.2020 13:56 • x 1 #33


Zweizelgänger
Tja leider wie so oft - der Leidensdruck....

Laut Definition ist man ohne in Prinzip gar nicht krank...
Abgesehen davon wenn, wie bei Narzissmus, andere darunter leiden.

Aber keine Angst ( blöder Satz jetzt...), aber auch mich hat es nach einer Trennung aus der Bahn geworfen, und auch bei mir, (und genau da hab ich ein bisschen ein Problem mit dem Gesundheitssystem) musste ich dem, mehr oder weniger, erst selbst auf die Spur kommen, war ein Glaubenssatz einer der Gründe dafür.

Glaubenssätze begleiten uns eben vermutlich alle und es ist, egal wie reflektiert man auch sein mag, immer schwer sie zu erkennen oder/und sie auszugraben.

Irgendwann wirst du das sicher durchbrechen können, allerdings glaube ich, dass man dazu an den Punkt kommen muss, dass wiedereinmal ein Glaubenssatz aufgelöst werden und der Leidensdruck groß genug sein muss.
Diesmal aber der Glaubenssatz Ich bin krank und bleibe es.
(bissi überspitzt jetzt, aber als Kurzform reicht's erstmal)

13.07.2020 14:49 • x 1 #34




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