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Wie führt man ein unangenehmes Gespräch

H
Hallo zusammen,

ein etwas ungewöhnlicher Beitrag in diesem Forum vielleicht, aber ich gehe mal davon aus, dass Dinge wie Familie Trennungsgeschichten hier auch einen Platz haben.

ich möchte kurz meine Situation schildern:
Bin 21 Jahre alt und ein Scheidungskind. Mein Vater verließ meine Mutter als ich 10 war. Er betrog sie mit einer anderen Frau (mit der er - soweit ich weiß - heute noch zusammen ist).
Er zahlte nie Unterhalt o.ä., hatte nie Interesse an mir. Alles was war, blieb an meiner Mutter hängen.
Wir mussten sogar ausziehen, weil die damalige Wohnung den Eltern meines Vaters gehört und wir darin nicht mehr willkommen waren. Das alles war sehr schwer für mich.

Jetzt nach 11 Jahren Funkstille hat er sich gemeldet, telefonisch (vor 3 Wochen).
Sagte, er würde mich gerne treffen und von Angesicht zu Angesicht mit mir sprechen. Er hörte sich sehr freundlich an. Als ich ihn mit dem was vorgefallen war konfrontierte, sagte er mir, ja, er würde das gerne mit mir persönlich sprechen, und ich würde ja auch nur die Sichtweise meiner Mutter kennen.

Jetzt ist es so, dass wir uns übermorgen zu einer Aussprache treffen.

Ich habe immer noch eine große Wut in mir. Von Natur aus bin ich ein höflicher Mensch, weshalb ich wahrscheinlich Probleme haben werde, meine Wut entsprechend zu artikulieren, insbesondere wenn jemand versucht vernünftig mit mir zu reden und dabei auch noch freundlich ist. Wahrscheinlich ist das mein Manko.

Einerseits habe ich Angst dem Gespräch nicht gewachsen zu sein, andererseits denke ich, verdiene ich eine Erklärung für sein Verhalten.

Na ja, das wollte ich einfach mal loswerden.

Danke

24.07.2019 11:27 • x 4 #1


baba
Gib Deinem Vater die Chance sich zu erklären, bevor Du Deine Wut los wirst. Es gibt immer 2 Seiten einer Geschichte. Anschließend kannst Du sagen, wie Du dich gefühlst hast. Aber formuliere ich botschaften. Aber lass doch Deinen Vater sich erklären.
Viel Kraft dabei.

24.07.2019 11:29 • x 6 #2


A


Wie führt man ein unangenehmes Gespräch

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E
Glaube mir, Dein Vater zittert noch mehr vor dem Treffen.

Mein Sohn blieb noch auf der Rechnung sitzen, obwohl er großspurig eingeladen werden sollte.

Immerhin hatte sein Vater eine lange Anreise aus Luzern.

Er war ganz ungläubig, schüttelte den Kopf und rieb sich die Augen und stellte mir im Nachhinein ein paar unangenehme Fragen.

Als Mutter hatte ich mich jedoch immer allem gestellt und bin nach wie vor Ansprechpartner.

Die Lusche nimmt keiner mehr für voll. Traurig, aber wahr.

Gerader Rücken, lächeln... (aus)reden lassen.. keine Angst.
Mach' das!

Edit: Als ich so weit war (Mitte 20) war mein Vater bereits 5 Jahre unter der Erde.
Bis dahin hatte ich jedes Mal (ab meinem 8. Geb.) aus Angst die Straßenseite gewechselt.

24.07.2019 11:42 • x 2 #3


H
Hallo ihr 2,

und auch danke Tempi-Gast für deine Worte.
Sie helfen mir sehr - könnte schon wieder heulen.

Kurze Frage:
Er war ganz ungläubig, schüttelte den Kopf und rieb sich die Augen und stellte mir im Nachhinein ein paar unangenehme Fragen.

Meintest du damit deinen Sohn?

24.07.2019 11:53 • x 2 #4


Catalina
Ich kann dich gut verstehen. Mein Erzeuger hat meine Mutter ein Jahr nach meiner Geburt sitzengelassen und sich ab da nicht mehr um mich gekümmert, obwohl er nur wenige Kilometer entfernt wohnte. Einen Anruf zum Geburtstag bekam ich, damit waren seiner Meinung nach seine Vaterpflichten erfüllt. Ich war - und bin es ehrlich gesagt auch heute noch manchmal - darüber sehr wütend und verletzt.

Als ich Anfang 20 war, hab ich versucht, mit ihm darüber zu sprechen, ihn gefragt, warum er so gehandelt hat. Tja, da kam nur blabla und an den Haaren herbeigezogene Ausreden, nicht mal ein Es tut mir leid. Daraufhin habe ich den Kontakt zu ihm endgültig abgebrochen. Er meldet sich auch heute noch hin und wieder bei mir, aber ich lasse mich nicht mehr darauf ein, er hat mich genug verletzt.

Ich kann verstehen, dass du ein mulmiges Gefühl vor diesem Gespräch hast, hatte ich damals auch. Aber du schaffst das. Lass ihn erstmal erzählen, hör dir seine Version der Geschichte an. Vielleicht sind ja Dinge vorgefallen, von denen du nichts weißt. Und dann sag ihm, wie es dir damit geht und gegangen ist. Ich finde, du hast jedes Recht, wütend zu sein, sein Kind einfach jahrelang zu ignorieren geht gar nicht!

Ich wünsche dir jedenfalls, dass du nach diesem Gespräch mehr Klarheit hast und besser damit umgehen kannst, was gewesen ist.

24.07.2019 11:56 • x 3 #5


E
Mein Sohn bekam, nachdem er 18 Monate alt war, keinerlei Aufmerksamkeit mehr von deren Seite, die vorher sooooo überschwenglich waren. Auch seine Eltern + Großfamilie.
Danach nix.
Abgetaucht!
Seine Schulden musste ich noch weitere 12 Jahre begleichen, da ich verliebte Nuss gebürgt hatte.

Mein Kind war damals schwer erkrankt und hatte viel Zeit und sie begegneten sich auf Facebook.
Sein Vater wollte immer für ihn da sein!

Da wurde sein Sohn neugierig. Beide waren extrem aufgeregt. Sein Sohn ist ihm aus dem Gesicht geschnitten..

...aber sonst: Heiße Luft!

24.07.2019 12:04 • x 2 #6


E-Claire
Hm, das, was Du da beschreibst, ist ja schon ein bißchen mehr, als nur ein unangenehmes Gespräch.

Ich kann gut verstehen, daß du befürchtest, daß Du nicht alles sagen oder fragen kannst, insbesondere dann, wenn die Situation nett oder friedlich verläuft. Das ist normal und geht en meisten Menschen so.

Vielleicht hilft dir ja meine Methode. Schreib einen Brief.
Setz Dich heute abend hin und schreib alles auf, was Du ihn fragen möchtest, schreib auf, wie Du die Situation siehst und welche Gefühle, Du hast. Schreib von Deiner Wut oder von Deiner Sehnsucht. Beschreib wann Du ganz doll und wann gar nicht vermißt hast. Dann lässt du den Brief für 24h ruhen und schaust ihn dir danach noch mal an, ändere die Dinge, die Du ändern möchtest.

Druck ihn aus und nimm den Brief mit zum Treffen. Du kannst dann noch immer entscheiden, ob du ihm diesen Brief gibst.

Was dieser Brief aber in jedem Fall für Dich tun wird, ist Dir viel Klarheit geben in Bezug auf Deine unterschiedlichen Gefühle und Klarheit ist die Grundlage jedes unangenehmen Gesprächs. Und falls Du nicht alles sagst, weil Du die Stimmung nicht kaputtmachen willst, kannst Du ihm am Ende ja den Brief geben und erklären, wann und wie Du ihn geschrieben hast.

Ich wünsche Dir ein schönes Treffen und viel Klarheit.

24.07.2019 12:21 • x 5 #7


H
Hallo Catalina,

danke für deine ausführliche Antwort.
Das ist auch etwas, das ich mich gefragt habe: Warum tun sie das?
Zwei Frauen in meinem Alter aus meiner Umgebung erging es ähnlich wie dir und mir: Scheidungskinder, und die Väter meldeten sich erst, als sie so alt waren wie ich jetzt.

Was erwarten denn diese Leute davon, plötzlich aus heiterem Himmel Kontakt aufzunehmen?

Ist es so, dass sie eine Absolution dafür wollen und man ihnen nur sagt Alles nicht so schlimm, damit sie wieder ruhig schlafen können?

Wollen sie dauerhaft Kontakt?

Oder ist es vielleicht die Angst davor im Alter allein zu sein?

Ich weiß es nicht. Aber wie auch immer das Gespräch ausfallen wird, eins weiß ich jetzt schon. Ein wie auch immer gearteter Kontakt wird sich niemals so entwickeln als wenn er immer da gewesen wäre. Dafür ist zu viel vorgefallen, sind die Verletzungen zu tief. Und es ist ja nicht nur ich, sondern auch meine Mutter, die mit allem zurecht kommen und alles managen musste (wofür ich ihr sehr dankbar bin).

24.07.2019 12:22 • #8


E
Küsschen, E-Claire. für Deinen grandiosen Vorschlag..
Möchtest Du meine kleine Schwester sein?

24.07.2019 12:29 • x 2 #9


Sway82
Stell dich dem Gespräch! Es ist für die Aufarbeitung deiner Kindheit, was die Trennung mit dir gemacht hat enorm wichtig. Es wird dir, in welche Richtung auch immer, Klarheit verschaffen können.
Ich bin auch ein Scheidungskind, zwar mit gutem Kontakt zum Vater, aber klärende Antwwoten auf meine Fragen habe ich von ihm nicht bekommen. Nur von meiner Mutter.

24.07.2019 12:38 • #10


Catalina
Zitat von Himbeerdonut:
Was erwarten denn diese Leute davon, plötzlich aus heiterem Himmel Kontakt aufzunehmen?

Ist es so, dass sie eine Absolution dafür wollen und man ihnen nur sagt Alles nicht so schlimm, damit sie wieder ruhig schlafen können?

Wollen sie dauerhaft Kontakt?

Oder ist es vielleicht die Angst davor im Alter allein zu sein?

Das frage ich mich seit Jahren auch. Ich vermute bei meinem Erzeuger, dass er sein schlechtes Gewissen beruhigen will, auch wenn es völlig bescheuert ist zu glauben, man könnte das mit ein paar hohlen Phrasen erreichen. Dauerhaften Kontakt zu halten, hat er jedenfalls nie geschafft, auch nicht in Zeiten, wo ich noch dazu bereit gewesen wäre. Und ich hatte definitiv keine Lust, ihm hinterherzulaufen.

Als er sich das letzte Mal vor anderthalb Jahren gemeldet hat, hat er gejammert, dass alle seine Freunde und seine Geschwister mittlerweile entweder tot sind oder nichts mehr mit ihm zu tun haben wollen. Nicht, dass er sich mal Gedanken darüber machen würde, woran das denn liegen könnte - nö. Die Leute sind eben alle blöd und sehen nicht, was für ein toller Kerl er eigentlich ist. Nee, ist klar...

Mir ist es völlig egal, ob er im Alter alleine ist. Nicht mein Zirkus, nicht meine Affen! Für meine Mama würde ich mein letztes Hemd geben, aber für ihn - no way.

Zitat von Himbeerdonut:
Aber wie auch immer das Gespräch ausfallen wird, eins weiß ich jetzt schon. Ein wie auch immer gearteter Kontakt wird sich niemals so entwickeln als wenn er immer da gewesen wäre. Dafür ist zu viel vorgefallen, sind die Verletzungen zu tief.

Das ist leider so. Die verlorene Zeit kann man nicht mehr aufholen, selbst wenn der Wille von beiden Seiten da ist. Zudem ist das Urvertrauen, dass man normalerweise zu seinen Eltern hat, zerstört und wenn überhaupt nur sehr schwer und teilweise wieder aufzubauen.

24.07.2019 13:05 • #11


K
Magst Du erzählen, wie es war?

01.08.2019 13:53 • #12


A


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