Hallo Tigerjahr,
und hab vielen Dank für die ausführliche Zeilen!
Das mit dem Tigerjahr habe ich schon so vermutet, war eigentlich nicht schwer
Ok, vieles was Du schreibst, kann man gut nachvollziehen und solche Mustern, von denen Du berichtest, sind keine Seltenheit heute.
Auf Deine Antworten auf die Fragen von Tigerlilli, bin ich trotzdem sehr gespannt. Hätte meinerseits dieselben gestellt. Obwohl ich zum Teil diese Mustern auch verstehen kann.
Wenn Du zu meiner Generation gehörst (denke ich mal, Jahrgang 1962 für den Tiger?), dann zieht sich da ein gewisses Muster durch. Man stammte noch aus dem spießigen Elternhaus der 60er, wo die Ehen ganz anders geführt wurden, mit anderen Werten und Ansichten, so dass man automatisch ganz anderes Päckchen mitbekommen hat. Geheiratet hat unsere Generation viel früher als heute und wehe noch, das Mädel schwanger wurde, dann koste was wolle, sonst wird der Papa den erwachsenen Sohnemann ohne zu Überlegen auch noch verklopfen!
So kamen Menschen in den Ehehafen, zu einem total unerfahren, zum anderen, weil es so gehörte. Wann sollten sie denn die großen Gefühle kennenlernen?
Ich will ja der Jugend nichts aberkennen, zumal ich der Überzeugung bin, das heutige Jugend da viel fortgeschrittener ist. Die Möglichkeiten sich in der Hinsicht zu bilden und zu forschen sind heute ganz anders als zu unserer Zeit. Alleine schon die gesellschaftliche Offenheit und das psychologische Angebot ist unvergleichbar!
Aber im Ernst, kann man mit 18 die Palette von Gefühlen in sich tragen, die man mit 40 kann?
Ich kann von mir reden und im Namen sehr vielen, sogar sehr sehr vielen Frauen, aber auch Männern meines Alters, die mir das auch so bestätigt haben, dass man die Gefühle von damals, keinerweise mit denen von heute vergleichen kann. Woher sollte ich als junges Mädchen die Fähigkeit haben - wirklich intensiv spüren und fühlen, sich fallenlassen, das Geben und Nehmen im Gleichgewicht halten, die Liebe jung und frisch halten? Und da kann man ohne Ende weiter aufzählen....
Heute weiß ich, ich habe zu früh geheiratet, ich war in dem letzten Semester meines Studiums und hatte schon einen Ehering an den Finger!
Die Verleibtheitsphase reichte schon und die rosarote Brille saß so feste, dass ich die Worte meiner Oma damals Kind, er ist ein guter Junge, aber ihr passt nicht zusammen nicht aufnehmen konnte!
Und nun stand da die frischgebackene Ehefrau, ohne jegliche Ahnung, was das eigentlich heißt!
Zu einem fehlte mir dann die Lebenserfahrung, auch wenn ich von meinen Eltern wirklich sehr frei erzogen bin und Spießigkeit war bei uns auch kein Thema. Zum anderen, das waren die Jahre, wo mein Tag ruhig 48 Stunden haben konnte! Kinder, Haus, geliebter Job. Das Leben hatte rasantes Tempo, mindestens 290!
Ich habe ziemlich schnell rausgefunden, dass mein damaliger Mann zu mir nicht wirklich passte. (Liebe Oma, wo du immer auch jetzt hausen magst, wie recht du doch hattest!)
Aber was nun? 3 Kinder, Hypothek und jede Menge andere Verpflichtungen. Und was sollte ich denn vermissen? Mein Tag war voll und das Leben nach diesem Gusto vollständig. Was anderes kannte ich nicht!
Wir sind 21 Jahre verheiratet gewesen, wir hatten keine Dramen und keine große Außeinandersetzungen, wir waren eigentlich auch ein gutes Team, sogar das Intimleben funktionierte bestens. Aber wir waren kein Liebespaar. Wir waren dieser Aufgabe wohl nicht gewachsen.
Nein, ich bemitleide mich jetzt nicht, ich bereue auch nichts, es war eine Phase meines Lebens, wo die Prioritäten anders ausgerichten waren. Mein Exmann sieht das heute genauso.
Wir haben doch recht gute Zeiten gehabt und auch was schwierigere, aber wir haben uns immer respektiert und tun das auch heute noch!
Aber irgendwas fehlte dann doch........ und das was fehlte, hat mein Mann schneller gefunden.
Mir ist heute bewußt, dass auch ich konnte damals auf seiner Stelle sein..... ich war nur als Mutter mehr beschäftigt als er.
Mein Mann, Tigerjahr, hat mich dann eines Tages betrogen, dann entwickelte sich da eine Affäre und seine Freundin wurde schwanger. Die Ehe war aus!
Die Zeit danach war zum Teil auch sehr sehr bitter für mich, aber zurück wollte ich nie wieder!
Nun ist diese Phase zu Ende, abgeschloßen und geregelt, die Kinder groß, die Häuser gebaut und wieder verkauft, die Karriere fertig.
Und auch ich weiß jetzt, wie sich die Liebe anfühlt, was ich in mir so trage, welche Geheimnisse meiner selbst mir nicht bewußt waren. Wie es ist, wenn die Gefühle den Atem nehmen und Herz Eskapaden macht. Ich weiß es wie ich alles schätzen muss, was mir geschenkt wird und wie groß mein Bedürfnis jemanden das alles zurückgeben ist. Ich weiß wie schön die Sehnsucht ist und wie man aus Freude des Wiedersehens weint.
Und jeden Tag entdecke ich was neues, was noch größer und noch schöner ist, was bunter und exklusiver ist.
Ja, jetzt habe ich Zeit dafür....... die Zeit, die ich noch nie so erlebt habe. Vielleicht weil es noch nicht so an der Zeit war?
Ich vermute mein Lebensweg und Werdegang ist nicht weit von Deinem, Tigerjahr?
Vielleicht nur in wesentlich milderer Version. Ich weigere mich hiermit den Stempel der Drachenfrau anzunehmen, den du hier allen betrogenen Frauen so großzügig aufdrucken willst!
Ich denke und auch zum Teil erlebe in Bekannten und Freundeskreis genau diese Muster, die wenn man sie reflektiert, so verständlich und nachvollziehbar sind.
Da braucht auch nicht großartig nach Schuld suchen und auch nicht verbittert bleiben.
Unsere Generation hatte nicht schwerer und nicht leichter, aber durchaus anders.
Viele Grüße in die Runde
von azurblau, die sich irgendwie schon seit 2 Tagen in sentimentaler Schreiblaune befindet!
P.S. Liebe Colonia, was wird aus unserem Coctail?