Hallo,
ich bin 26 Jahre alt und mit meinem Latein am Ende.
Ich versuche, mich kurzzufassen.
Ich bin seit 10 Jahren mit meinem ersten Freund zusammen. Es war von anfang an so, dass wir uns sehr lieben, aber selten richtige Gemeinsamkeiten aufbauten. Wir sind sehr unterschiedlich: Ich bin eher ein Weggeh- und Partymensch, er mag diese sachen nicht so. Im Verlauf unserer Beziehung habe ich die Liebe zur Musik entdeckt und unzählige Menschen und Männer kennengelernt, die genauso musikalisch sind. Darunter war dann auch einer, mit dem ich plötzlich fast im Bett landete. Im Nachhinein war das abzusehen, ich habe meinem Freund alles gebeichtet und wir wollten einen neuen Versuch starten.
Nun ist es so, dass wir dermaßen im Trott sind dass sich nichts ändert. Das Fremdgehen ist nicht verarbeitet (sofern das übehaupt geht), es wurde nie ausführlich darüber gesprochen (für ihn würden die Gründe nicht in unserer Beziehung liegen, sondern eher in dem Motto: Gelegenheit macht Diebe, aber ich sehe das anders) und wir schaffen es nicht, über unsere wünsche zu reden, ohne dass einer gekränkt ist und bockig wird. Ich weiß natürlich das sich ihn nicht zu Hobbies zwingen kann, die er nicht mag. Für ihn sind fehlende Gemeinsamkeiten auch nicht so wichtig. Viel lieber möchte er sofort mit mir zusammenziehen (er wohnt noch bei seinen Eltern mit Ende 20 - auch eine Sache, die mich eigtl. etwas stört, auf deren Ansprache er aber gekränkt reagiert) und uns ein Nest bauen.
Nur ich bin über diese Entwicklung sehr traurig. Wir leben irgendwie nebeneinander her, auch ohne Wohnung und ich habe angst, dass in in 30 Jahren noch depressiver, frusttrierter dastehe. Eine Paartherapie zum neuen Anstoß will er nicht. Unsere eltern kennen sich nach so vielen Jahren immernoch nicht, weil er meint, der Milieu-unterschied wäre zu groß. Familiendinge haben in einer Beziehung nichts zu suchen, von daher: wurst! Allerdings sind auch unsere Freundeskreise immernoch getrennt und wir sind fast nie zusammen irgendwo zu sehen. Wenn ich was vorhabe, wo er mitwill, kann er nicht und andersrum. Neue Dinge, die ich vorschlage, werden nicht in die Tat umgesetzt (Sprachkurs gemeinsam machen, ein gemeinsames Hobby aufbauen) und verlaufen im Sand. Mir fehlt langsam die Energie dazu muss ich gestehen. Ich harke dann auch mit der Zeit nicht mehr nach, weil keine Initiative kommt.
Mir ist das so wichtig, weil es mehr gibt, als nur zusammenzuwohnen.Naja, dazu kommt erschwerend, dass er Vollzeit arbeitet und ich noch Studentin bin und nur einen Nebenjob habe und sehr reduziert leben muss.
Es fehlt einfach die wirkliche, echte Begeisterung für gemeinsame Ziele, das wünsche ich mir sooo sehr und habe das so deutlich gespürt, als ich mich mit diesen Musikmachenden menschen unterhielt, von denen einige wie ich gerne die Welt bereisen, den Mut haben, eine Auszeit dafür zu nehmen, ins Ausland gehen um zu arbeiten usw...es klingt nach dem Leben, was ich (nicht permanent, aber nur eine kleine Weile im Leben) haben möchte. Wenigstens einmal ins Ausland, wenigstens ein einziges Mal im Leben eine längere Weltreise - für 1 Jahr, oder von mir aus auch gestückelt, ruhig mit wenig Budget, meinen Traum verwirklichen.
Wenn ich ihm das alles erzähle, kommt es mir vor, als wertet er das als einen Angriff. Er meint, dass das von seinem Job her nicht ginge, er nicht so lang aussetzen könne, ich weniger egozentrisch sein soll, Kompromissvorschläge gelten auch nicht, etc. ... Es kommt kein Zuspruch, sondern es wird als Hindernis für unsere Zweisamkeit gesehen. Er denkt schon an ein gemeinsames Haus.
Ich hatte mich auch schonmal in einen anderen verliebt (genaues Gegenteil, ein klassischer Hallodri) und mich getrennt deswegen. Als das nicht klappte, haben wir einige Monate darauf wieder zusammengefunden. Ich muss sagen, dass mein Freund damals sehr viel Überzeugungsarbeit geleistet hat und auch bettelte und klammerte. Ich hatte zwar noch Gefühle für ihn, war dadurch aber auch oft genervt. Dennoch habe ich den Mut gefasst, es nochmal zu versuchen. Nunja. Ich habe zwar nun eine Partnerschaft, aber wirklich glücklich bin ich nicht. Dazukommt, dass ich immer flirtanfälliger werde und scheinbar auch unbewusst auf die Suche danach gehe.
Also, gerade die Kommunikation ist bei uns so verkorkst. Immer wenn ich von unserer Beziehung reden mag, wird das als angriff und grundsätzliches Infragestellen gewertet. Dazu kommt, dass ich meine innersten Wünsche und Bedürfnisse nicht gut artikulieren kann, auch weil ich vermute, dass ihn das sehr kränken wird. Ich liebe nunmal Bestätigung von männlicher Seite aus, wohlwollende Worte über mich, mein Aussehen, meine Art, ich mag das flirten und hab ich auch schonmal dabei erwischt, mich zu fragen, wie es wohl mit anderen Mänern wäre. Auch s.ualitätsmäßig erwacht gerade einiges so zum Leben, was ich vorher nicht kannte oder noch verklemmt weggeschoben habe.
Ich habe das Gefühl, ich kann das Leben nicht voll auskosten. Andererseits bin ich festgefahren in meinen Trennungsängsten. Ich bin nun bald 27, und denke, dass die Uhr bis 30 kräftig zu ticken beginnt ... ich habe Angst, dass ich meine Lebensträume verpasse, weil wir mit angezogener Handbremse fahren, und wenn wir dann Kinder haben, wird es erstmal für 18 jahre zu spät sein dafür... Ich hatte immer mal Trennungsgedanken, habe sie aber mit viel Aktionismus bekämpft und fühle mich auch sehr sehr wohl bei meinem Freund und habe auch noch tiefe Gefühle für ihn. Wir lebten nur immer diese Teenie-beziehung weiter und nichts ändert sich wirklich. Und ich habe einfach das Gefühl, mit jemandem zusammenzusein, der nicht wirklich zu mir passt, obwohl ich es nicht genau festmachen kann .
Habt ihr einen Rat, wie ich ihm das alles sagen kann? Mir stockt jedesmal der Atem, wenn wir uns aussprechen und letztendlich bekomme ich doch kein Wort heraus. Zudem habe ich massive Schuldgefühle wegen meiner Verfehlungen in der Beziehung, die mich daran hindern, einen Schnitt zu machen oder überhaupt meine Wünsche zu erzählen. Wir stecken fest. Ist es gut, einen Brief zu schreiben und einfach zu sagen, wie man sich fühlt?
28.12.2012 18:52 •
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