Hallo Laura26,
vielleicht ein paar mögliche Antworten auf Deine Frage nach dem WARUM.
Solange man es doch immer wieder tut und dem augenblicklichen Kick oder momentanen Begehren wider besserem Wissen und Wollen verfällt, war es einfach noch nicht genug.
Ich glaube, jeder Mensch, der diese Erfahrungen macht, macht sie solange, bis er davon genug hat. Es gibt auch Menschen, die es instinktiv schaffen, sich vom ersten Augenblick ihres Lebens an damit weitgehend zu verschonen. Und es gibt Menschen, denen reicht eine einzige Erfahrung dieser Art. Und es gibt Menschen, die sehen nach hundert derartigen Erlebnissen immer noch keine Veranlassung, was anders zu machen.
Wie lange und wie oft es jemand tut, das hängt davon ab, wieviel Kraft und Energie er darauf verwenden kann und möchte abgesehen davon wie er aufgewachsen ist und wer oder was ihn gebildet hat. Irgendwann glaube ich aber, wird es jedem genug sein, früher oder später.
Du hast die Frage nach dem WARUM eines Betruges gestellt.
Das klingt jetzt irgendwie vielleicht manchen etwas zu erhaben, weil es ja nur ums Fremdgehen geht.
Ein Reizwort ja, die meisten verbinden sehr heftige Emotionen damit vor denen sie selber schon erschrocken sind. Denen kommt man am Besten mit sehr viel Verstand bei!
Und inwiefern ist eigentlich Fremdgehen Betrug? Sind wir nur Opfer törichter Vorstellungen und naiver Illusionen, die wir uns selber unnötig angewöhnt haben oder auferlegen?
Unser Glück wird aber von Gefühlen bestimmt und wie entstehen die Gefühle?
Können wir sie beherrschen, irgendwie vorbeugen? Nur ziemlich bedingt und wenn dann nur oberflächlich glaube ich.
Versuch auch mal, die Frage vom S. zu lösen.
Warum betrügen Menschen einander, und werden betrogen, warum finden und verlieren sie sich wieder, warum helfen und warum verweigern sie sich, warum bauen sie auf und zerstören dann wieder und warum immer wieder Waffen?
Das ist wohl Menschheitsgeschichte und tief verwurzelt.
Es geht um Glaube, Vertrauen, sich selbst finden, andere Menschen finden, Zusammenleben mit anderen Menschen, Zusammenleben in Partnerschaften. Es geht darum eigene Wege zu finden genau wie die Gemeinschaft und das Zusammenleben mit anderen zu erfahren und dabei zu lernen: nicht das ICH ist der Angelpunkt.
Deine Frage habe ich mir auch schon gestellt, verzweifelt und unfähig, zu verstehen sowohl als Betrügende wie auch als Betrogene. Wobei letzteres mich zwar mit kurzfristiger Heftigkeit so ziemlich hingeschmissen hat, ersteres jedoch für mich wie zäher Sirup viel schwerer zu verarbeiten ist.
Klar wird jetzt so mancher kluge Kopf in Frage stellen, ob es Betrug überhaupt ist, wenn wir uns mit Körper, Herz oder Seele auf einen anderen Menschen einlassen, während wir dies alles gleichzeitig mit dem Menschen teilen, den wir einmal an unsere Seite gewählt haben. Wir gehen doch schliesslich nur unseren menschlichen Bedürfnissen nach und weil das so schön einfach ist, wird es in unserer Zeit bis zum letzten offen propagiert und S. wird hochstilisiert und der kleine harmlose Seitensprung bis hin zur leidenschaftlichen Affäre wird kultiviert.
In unserer mitteleuropäischen Gesellschaft und Kultur, hat sich die offene gegenseitige Vereinbarung für viele sogar als eine praktikable Lösungs-Methode herausgestellt: und damit können wir diese Klippe doch prima umschiffen!
Das funktioniert bestimmt auch irgendwie, wenn wir es schaffen, unsere Vernunft und den Verstand im Oberwasser zu halten. Für unseren Bauch und unseren tiefsten Punkt wird es für uns - egal wie die Vereinbarung aussieht - IMMER einen Schmerz bereiten, wenn ein langjähriger Gefährte, ein geliebter Mensch uns auf irgendeine Art verlässt oder aussperrt und sei es nach Jahren Partnerschaft oder Ehe, in der er vielleicht jede einzelne Nacht bei Dir verbracht hat und Du es oft genug ihn mit seinem Pubsen und Schnarchen auch nicht gerade aufregend gefunden hast. Letztlich hast Du es sogar irgendwie liebgewonnen, Dich dran gewöhnt und Du konntest Dich drauf verlassen, dass er da ist. In der - sagen wir mal - Routine liegt auch sehr viel Kraft, Ruhe, Vertrauen, Sicherheit, Geborgenheit. Und gerade das hat sehr viel Innigkeit, wenn Du es zulässt und das Gute und Besondere immer wieder darin sehen kannst, dann kann diese Routine den S. ebensogut ergiebig und erfüllend machen wie sie es auch schaffen könnte, ihn lahmzulegen.
Und wenn Du nun auf einmal weisst, dass seine Hände eine andere Haut genauso berühren und seine Lippen nicht nur Deine küssen und wenn Du dann denkst, dass die dauerhafte Erfüllung Dir nicht gelingt, wenn Du daran denkst, wie sich sich Dein Partner anderswie anderswo vereinigt als du es von ihm kennst, denkst, wünschst, dann macht das was bewegendes mit uns.
Auch wenn viele behaupten, sie könnten gut damit umgehen, letztlich ist das nur ein Arrangement mit dem Kopf, dem sie dann folgen. Der Schmerz darüber trifft glaube ich zunächst und auch doch immer wieder JEDEN Menschen, der diese Situation erlebt.
Das ist so, weil wir uns in einer Partnerschaft immer auf irgendeine Art mit dem Anderen vereinigen und verbinden. Und damit verpflichten wir uns aber auch einander, wir übernehmen emotionale Verantwortung und wollen ihr gerecht werden. Das eine geht nicht ohne das andere.
Wir gehen mit einer Partnerschaft einen Bund ein, den wir schwächen, wenn wir das Band lösen, sei es auch nur an einer Stelle oder nur vorübergehend zur Lustbefriedigung. Wo bleibt da unsere Phantasie? Getötet vom allgegenwärtigem Überfluss? Wir brechen ein Versprechen, selbst wenn wir es so nie in Worte gefasst haben, unsere Augen und Hände haben es im Stillen irgendwie doch getan.
Die Frage nun ist eigentlich nicht WARUM. Diese Frage kann eigentlich nicht so recht beantwortet werden, weil sie uns zur Natur des Menschen führt. Es gibt auf diese Frage auch sicher 1000 verschiedene Antwortversuche, die jeder für sich ein bisschen wahr sind.
Ich glaube, es ist wichtiger zu fragen, wie können wir damit zurechtkommen, wenn wir betrogen wurden oder betrogen haben auf welche Art auch immer.
Für mich ist es am Wichtigsten zu wissen, was ich mir selber wünsche. Und indem ich es meinem Partner genauso gebe, kann er mit mir fühlen. Und irgendwann wird es - so stelle ich es mir vor - ein gegenseitiges Zeigen, Geben, Nehmen, Erfüllen, Erfüllt sein. Geschafft hab ich das noch nicht ganz aber die Ansätze sind gar nicht so übel muss ich mal sagen :D
Irgendwann werden Verletzungen auch immer schwerer, seien es nun welche, die man austeilt oder einsteckt. Und das meinte ich am Anfang mit dem Genug sein. Irgendwann fragen wir uns ernsthaft, wie wir nur so sein konnten, dieses oder jenes tun konnten. Die Konsequenzen haben wir genau vor Augen, manchmal waren sie ziemlich hart und bitter.
Ich weiss nicht ob der Zustand anhält, glaube aber nicht, es sich bei mir nochmal grundlegend ändern wird.
Vertrauen und Treue sind für mich essentiell in einer Partnerschaft. S. Hingabe an einen Nebenpartner krieg ich für mich nicht auf die Reihe und ich bin froh darüber, dass ich Respekt gewonnen habe. Ich fühle mich viel ruhiger und freier auf diese Art als ich es auf die andere war. Bei mir war das GENUG denke ich erreicht.
Und mein Glaube ist, dass es möglich ist, für jeden möglich ist, einen Menschen zu finden, der in dieser Hinsicht ähnlich fühlt und denkt. Wenn Du oft genug gesprungen bist, dann ist AUCH DAS irgendwann langweilig und es ist glaube ich natürlich, dass wir mit der Zeit auch alles in allem ruhiger werden, wir haben viel gefunden und ständig noch mehr Suchen kann sehr ermüden.
Uups - da fällt mir der Spruch ein, je oller je doller ::) hmmh, da bleibe ich jetzt auch hängen. Vielleicht äusser ich mich ja in 20 Jahren ja auch nochmal zum Thema :o
Also ich glaube eher daran, dass es mit der Zeit oder irgendwann bei jedem so sein müsste wie bei dem zufriedenen glücklichen Mönch, der jahrzehntelang tagaus tagein dasselbe Stückchen Kies glattkehrt und dem kein bisschen langweilig dabei ist (danke GerdS für den Verweis auf den sehr guten Thread zum Thema und danke Mick für die kleine Geschichte mit dem Mönch).
Ui, das ist ja jetzt eine ganz schöne Abhandlung geworden, das wars halt, was mir zum Thema eingefallen ist und heute war auch genau der Tag, an dem es rausmusste.
Lieben Gruss
Gia
06.05.2004 00:27 •
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