Hallo zusammen,
mir geht es gerade nicht gut und ich habe niemanden mit dem ich neutral darüber sprechen kann und habe nun den Mut gefasst, hier meine Situation zu schildern. Hinter Menschen stecken immer Geschichten, Erfahrungen und Traumata, die nicht in einem Post zusammenzufassen sind oder in Gänze für alle verständlich und nachvollziehbar sind. Meine werde ich hier sicherlich kurz anreißen, bei seinen hingegen muss bitte die Aussage reichen, dass sie leider viel zu stark vorhanden sind als ein Mensch sie haben sollte. Von daher eine Bitte vorne weg - stellt durch das was ich schildere weder seine noch meine Gefühle und die Bindung, die wir haben zueinander in Frage, denn ich habe nicht die Kraft hier alles zu erläutern. Auch möchte ich niemanden durch Schilderungen von Lebensgeschichten, insbesondere durch seine, triggern. Ich würde mir wünschen hier Menschen zu finden, die mir zuhören und den Fokus auf das Positive lenken und auf das How to make it work und nicht auf das Negative. Das wäre toll - ganz lieben Dank schonmal vorweg!
Zu mir: Ich bin Ende 30 und als Einzelkind aufgewachsen. Als ich klein war, hatte meine Mutter eine Schwere Krankheit und stand kurz vor dem Tod. So bin ich sehr früh mit Verlustangst aufgewachsen, denn Meine Mutter war meine einzige Bezugsperson damals. Mein Vater war nie greifbar, er war nur am Arbeiten und dabei seinen Traum darüber zu verwirklichen - ich selbst wurde nur gesehen, wenn ich funktioniert habe und gute Leistung vor Allem in der Schule gezeigt habe. Leider wurde mir auch schon als kleines Kind beigebracht, was eine andere Art von Verlustangst bedeutet - mir wurde gesagt, dass wir verhungern würden wenn Papa nicht mehr richtig arbeiten kann. Und ob er arbeiten kann oder nicht hinge davon ab wie sehr ich ihn belaste und ob ich ein 100 Prozent brav funktionierendes Kind bin. Ich habe ziemlich früh geheiratet und es hatte auch 16 Jahre gut funktioniert, zumindest empfanden wir es damals so. Mein Exmann wurde dann schwer krank, Reanimation war für mich irgendwann mal nichts Neues mehr - auch da wurde meine Verlustangst wieder getriggert. Er hatte sich auch versucht umzubringen, ich konnte es verhindern. Doch er weigerte sich in Therapie zu gehen. Das Ganze endete darin, dass wir nur noch gestritten haben und ich mich irgendwann dazu entschieden habe mich zu trennen. Er hat dem Schritt aber ziemlich schnell zugestimmt und meinte auch, das sei das Beste für uns beide. Ich habe mich ziemlich schnell in eine neue Beziehung gestürzt in der mir direkt eine gemeinsame Zukunft versprochen und ich auf Händen getragen wurde - leider stellte sich das als Lovebombing heraus, Narzissmus, Abhängigkeiten, Lügen. Und dann wurde auch bei mir eine schwere Krankheit festgestellt, bei der ich mit Todesangst zu kämpfen hatte. Aber ich habe es geschafft - ich habe gekämpft und bin wieder gesund. Ob es irgendwann wieder kommt weiss man nicht, aber dann werde ich wieder kämpfen. Irgendwann war die Beziehung zu Ende als ich erfuhr, dass er mich über Monate hinweg betrogen hatte. Und dann stand ich vor dem Nichts - ohne Freunde, in einer fremden Stadt mit einem Job, den ich hasste und einem Selbstwert der unter null lag. Das ist jetzt ca 2 Jahre her.
Doch ich habe mich durchgekämpft, ich habe einen Freundeskreis aufgebaut, bin in eine wunderschöne Wohnung gezogen, habe neue Hobbies angefangen, bin gereist und habe meinen Job gewechselt. Begleitet wurde ich schon seit meiner Krankheit von einer Therapeutin und habe auch heute noch regelmäßige Termine. Ja ich würde sagen, die Zeit war eine richtig Gute trotz des starken Liebesschmerzes und der Zukunftsangst, die ich die ersten Monate hatte. Denn ich war nie so nah bei mir selbst und habe wunderbare Dinge erlebt und mein Leben aufgebaut und war glücklich und endlich wieder so selbstbewusst wie früher. Aber natürlich habe ich es vermisst einen Partner an meiner Seite zu haben - sozusagen als Kirsche auf der Torte. Mein Single Leben habe ich in der Zeit auch durchaus ausgelebt und irgendwann dann angefangen zu daten - aber naja das war alles in keiner Weise Beziehungsmaterial bis ich Elias kennenlernte.
Wir haben uns von Anfang an sehr gut verstanden. Wir haben viel geredet und tolle Sachen unternommen. Er ist sehr gebildet und ich hatte seit Beginn das Gefühl mich ihm öffnen zu können. Ich möchte jemanden authentisch kennenlernen und selbst dabei genauso authentisch sein, denn alles Andere bringt meiner Meinung nach nichts. Alles hat bei uns sehr lange gedauert, insbesondere die körperliche Annäherung, da er eine ganz andere Geschwindigkeit an den Tag legt als ich es tun würde, auch vergangenheitsbedingt. Ich bin da eher stürmisch unterwegs. Schon seit Monaten sehen wir uns jedes Wochenende, unter der Woche ist es eher selten, da wir 2 Stunden auseinander wohnen und nur ich einen Führerschein habe. Eigentlich ist es eine Beziehung, denn ich wüsste nichts, was noch fehlt um es so nennen zu können. Er übrigens auch nicht. Wir verhalten uns in der Öffentlichkeit wie ein Paar, gehen zusammen auf z.B. Geburtstage, „pflegen“ den Anderen wenn er krank ist, wir planen Urlaube. Nur das Vorstellen bei der Familie fehlt noch, wobei er auch dafür bereit wäre. Aber was fehlt ist, dass wir offiziell sagen „wir sind ein Paar“.
Und warum das so ist, zeigt das Hauptproblem. Wir sind beide sehr Sicherheitsbedürftig und leben das aber gegenteilig aus. Ich habe extreme Verlustangst, wobei ich mir gerade da von euch Hilfe erhoffe. Vom Verhalten her gibt er mir keinerlei Anlass daran zu zweifeln, dass es mit uns morgen noch genauso ist wie heute. Er gibt mir keinerlei Anzeichen dafür, für mich nicht dieselben Gefühle zu haben wie ich für ihn, er verbringt unheimlich viel Zeit mit mir, hilft mir bei Vielem (auch wenn ich es alleine könnte), pflegt mich wenn ich krank bin, investiert unheimlich viel Energie in zum Beispiel selbstgemachte Geschenke. Also wenn man die unterschiedlichen Liebessprachen anschaut kann ich alles abhaken bis auf Kommunikation. Und das ist auch etwas, das aus seiner Vergangenheit kommt.
Kommunizieren bedeutet für ihn Gefahr und Verletzlichkeit. Er hatte anfänglich tatsächlich eine innerliche Blockade und konnte ab einem bestimmten Punkt, an dem es um sein Inneres ging, nicht mehr reden. Also nicht er wollte nicht, er konnte nicht, er hatte keine Stimme mehr. Sobald er ein Problem hat, macht er es nur mit sich selbst aus und zieht sich komplett zurück, Hilfe kann und will er nicht annehmen und darüber sprechen schon gar nicht. Er ist in den letzten Monaten diesbezüglich schon so weit gekommen und hat sich sehr geöffnet. Und das Problem ist, um in eine offizielle Beziehung zu gehen, braucht er die Sicherheit, dass es funktionieren wird und niemand verletzt wird – doch die kann ihm niemand geben. Wenn wir über das Thema sprechen, fließen viele Tränen von beiden Seiten, da es einfach so traurig ist, dass wir so viel füreinander empfinden, aber trotzdem teilweise unglücklich sind. Er unglücklich aufgrund der Angst sich zu binden und ich gleichzeitig aufgrund der Angst sich nicht zu binden.
Ich brauche dieses Offizielle, da es mir Sicherheit geben würde. Wobei das ja genauso ein Quatsch ist, Worte können auch nur leere Worte sein und Sicherheit gibt das auch nicht, ich meine ich bin ja selbst geschieden. Es ist eigentlich so schön zwischen uns, wenn man das ausblenden könnte. Und diese Verlustangst zieht bei mir soviel Energie, diese Hoffnung und dieses sich verzehren danach von ihm auch offiziell gewollt zu werden. Und diese Unsicherheit macht mich kaputt. Ich habe schon vieles aus meiner Vergangenheit gut verarbeiten können, was Ängste angeht, aber eine Art der Verlustangst ist geblieben und zwar die, wenn der andere mir den Kontakt entzieht oder ich keine Kontrolle mehr habe, weil der Partner nicht in Kommunikation geht. Ich brauche die Kommunikation und die direkte Bestätigung, dass alles in Ordnung ist und den anderen nicht verliere.
Elias zieht sich bei Problemen zurück, wie gesagt er wird immer offener, aber hat weiterhin seine Rückschläge umso mehr er sich überfordert fühlt. Mittlerweile sagt er mir, „das liegt jetzt nicht an dir und ich brauche meinen Rückzug um klar zu kommen“. Das hilft mir viel und das konnte er früher nicht. Dennoch sind wir gerade an einem Punkt, wo ich ihm gesagt hatte er müsse sich jetzt entscheiden was er will, denn ich kann so nicht mehr. Meine Therapeutin hat da wieder bei mir angesetzt und sie hat recht, warum kann ich nicht genießen was wir haben, warum brauche ich bloß dieses Offizielle obwohl er mir alles andere gibt? Weil ich in dem Moment unterbewusst den Wert der Beziehung und meinen Wert innerhalb der „Beziehung“ davon abhängig mache, ob er mich als seine Freundin bezeichnet. Genauso wie ich mich als Kind nur wertvoll für meinen Vater gefühlt habe, wenn mein Vater mich „gesehen“ hat.
Und jetzt warte ich auf seine „Entscheidung“. Wir hatten gesagt wir wollen uns vor nächstem Wochenende nochmal sehen und darüber sprechen. Denn kommendes Wochenende sind wir auf eine Hochzeit eingeladen, bei der ich mit ihm nur als Paar hingehen möchte und nicht als Date – denn das ertrage ich nicht mehr. Er hat auch gerade sehr viele schwierige Baustellen in seinem Leben, nur kann ich nicht in ihn hineinsehen und verstehen, wenn er nicht kommuniziert. Und am Freitag ist bei ihm wohl wieder etwas passiert, worüber er nicht sprechen kann und möchte. Er zieht sich zurück, liest meine Nachrichten nicht und als er sie dann gestern einmal gelesen hat antwortete er nur kurz, um mir die Bestätigung zu geben, dass es nicht um uns geht und er mich mag. So versucht er mir Sorgen zu nehmen. Dennoch ist es jetzt Sonntag, 15 Uhr und das Wochenende fast vorbei – ohne Treffen und ohne Absprache wann wir uns treffen. Meine Fragen danach ignoriert er. Und in mir wird diese Verlustangst getriggert – ich habe einen innerlichen Schmerz, könnte durchgehend weinen, habe einen hohen Puls, mir ist heiß, mein ganzer Körper ist auf Alarmbereitschaft als wenn jemand mit einem Messer vor mir steht und mich jeden Moment abstechen könnte. Es ist keine richtige Panikattacke aber ein Dauerzustand seit Freitagabend wo er mich zurückrufen wollte, um mit mir das Wochenende zu besprechen, es aber nicht tat. Ihn nicht zu erreichen, nicht mit ihm sprechen zu können und dieses weggeschoben zu werden, halte ich gerade nicht aus. Ich zittere und weiss nicht was ich machen soll. Das Schreiben hat mich etwas abgelenkt, aber jetzt geht es wieder los. Ablenken hilft auch nur zum Teil. Ich weiss einfach nicht, wie ich mit solchen Situationen lerne umzugehen…Und gerade weiss ich einfach nicht mehr was ich machen soll und wie ich dieses Gefühl aushalte.
Lieben Dank euch für das Lange lesen und zuhören. Vielleicht kann mich ja jemand verstehen, jemandem geht es Ähnlich oder hat Tipps wie wir es schaffen uns gemeinsam in der gesunden Mitte zu treffen. Wir arbeiten beide daran aber es gibt immer gute und schlechtere Tage und Momente. Und dieses Wochenende scheint bei uns beiden schlecht zu sein.
09.02.2025 15:11 •
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