Ihr lieben, jetzt muss ich mich doch noch einmal äußern. Zunächst finde ich euren Tonfall in den letzten Posts schlimm und total übergriffig. Aber Schwamm drüber, schließlich gehts hier nicht um euch sondern um Luna und ihren Kummer.
Und dann liebe Acht muss ich dir tatsächlich Recht geben. Natürlich haben wir unsere Witwer hier etwas verkürzt dargestellt und vielleicht auch ungerechtfertigter Weise auf ihren Schicksalsschlag reduziert. Natürlich haben ihre Charaktere viele andere Facetten und sind nicht nur von der Trauer geprägt. Es ist wohl auch so, dass wir sie idealisieren und im Zuge des von ihnen erlebten Schicksalsschlages nur allzu gerne in Schutz nehmen. Vielleicht war mein Witwer ja ein Weiberheld, der -einmal von der Treuepflicht durch seine langjährige Ehe entbunden- es noch einmal so richtig krachen lassen wollte. Einiges spräche dafür. Vielleicht ist auch Lunas Witwer nicht nur das arme Hascherl, dass sie so gerne in ihm sehen würde. Ganz bestimmt sogar ist er auch und in erster Linie ein Mann. Und Männer sind ja bekannter Maßen in der Wahl ihrer Sechsualpartnerinnen nicht allzu wählerisch. Aber was würde das denn über Luna und über mich aussagen?
Waren wir also wirklich nur die willkommenen Notpflaster, die eben gerade zur Verfügung standen? Waren wir wiederum für eine langdauernde Partnerschaft, die wir uns ja gewünscht hätten, nicht passend und eben nicht gut genug?
Tatsächlich war ich lange Zeit, nachdem ich als Trostpflaster abgerissen und entsorgt worden bin, genau dieser Meinung. Ich fühlte mich verletzt und abgelehnt. Ausgemustert, Ausrangiert, nicht gut genug, nicht hübsch genug, nicht jung genug, nicht schlank genug, nicht katholisch genug.... eben einfach nicht genug. Und genau das, nennen wir es narzisstische Kränkung, habe ich bereits in meiner Kindheit auf traumatische Weise erleben müssen. Klar kam das wieder aufs Tablett und alles das zusammen hat mich krank und depressiv werden lassen. Wie meine Therapeutin mir erklärte, sehen depressive Menschen die Welt häufig sehr realistisch und ungeschönt. Aber wer erträgt schon ständig eine realistische, ungeschönte, knallharte Weltsicht? Ich jedenfalls nicht.
Ich habe also angefangen, mir meine Geschicht neu zu erzählen. Und zwar so, dass sowohl der Witwer als auch ich halbwegs gut dabei wegkommen. So, das ich es gut ertragen, abschließen und weiterleben kann. Letztlich geht es doch genau darum in der Verarbeitung eines wie auch immer verursachten Verlustes. Sei es nun das Ende einer Liebe durch Tod oder durch Verlassen werden.
Erzähl mir und auch Luna also bitte nicht, das wir unsere Witwer allzu sehr reduziert und in zu rosigem Licht sehen. Wir sehen sie und uns so, wie wir sie sehen wollen und müssen. Einfach, damit wir den Schmerz durchstehen und weiter machen können.
Kannst du das verstehen und vielleicht ein bisschen nachsichtig und großzügig mit uns sein?
Danke!
23.01.2021 15:43 •
x 1 #170