Endlich im Bett. Mit Schokolade und Keksen. Bin heute nur am Essen.
Ich habe heute morgen den Wecker nicht gehört. Dabei war er richtig laut gestellt. Zum Glück weckte mein Sohn mich nach einer Dreiviertel Stunde und ich sprang erstmal voller Panik aus den Bett und verhedderte mich dabei mit den Füßen in der Decke.
Irgendwie schaffte ich auch alles.
Ich sah furchtbar aus und brauchte lange im Bad. Dann mit dem Hund raus, zusammen frühstücken usw.
Meine Mutter kam, brachte Blumen und wir fuhren los.
Alles recht gut in der Zeit.
Dann kam bald der erste Stau. Und der zweite und der dritte. Wir kamen nicht voran;
...Guten Morgen. An dieser Stelle bin ich beim Schreiben einfach eingeschlafen ....weiter geht's.....
Die ganze Stadt war dicht.
Sie schrieb mir, dass auch ihr Bus im Stau steht und dass auch die U-Bahn Verzögerung hat,dass sie nicht wisse, ob sie es pünktlich schaffen wird.
Sprich: Die Katastrophe war perfekt.
....Und wurde immer perfekter, je näher der Zeiger Richtung volle Stunde rückte. Irgendwann war klar, ich komme nicht mehr pünktlich. U d bald darauf wurde auch klar, hierbei handelt es sich nicht um eine Verspätung von 3 bis 5 Minuten, sondern mit Glück um 15 bis 20 Minuten. (Muss gerade lachen)
Sie war inzwischen pünktlich vor Ort.
Ich rief im Gericht an und kündigte meine Verspätung um hoffentlich nur 20 min an.
Zack, ich sprang aus dem Auto. Las noch die Nachricht, der Richter weiß Bescheid und ich solle mich beeilen. Rein ins Gericht. Kontrollschleuse. Polizisten. Keiner lächelt. Wo wollen Sie hin?
Zu meiner Scheidung, ich bin zu spät, was muss ich hier jetzt machen? (Schon Tage vorher zerbrach ich mir den Kopf, wie das beim Einlass wohl alles souverän ablaufen kann. Nun war mir das vollkommen schnuppe)
Taschen leeren, Tasche abgeben, durch das Piep-tor laufen, mich hinstellen und scannen lassen, umdrehen, scannen, Tasche nehmen und Treppe hoch.
Da stand sie. Im feinen Zwirn.
2 Min zuvor erkundigte sich der Richter nach mir. Er wollte nun die nächsten anhören und uns im Anschluss, denn da sind welche abgesprungen. Puh....ok. Alles gut. Aufatmen.
Wir quatschten 2 Minuten, dann kam ihr Anwalt. Händeschütteln.
Er hatte nun Zeitdruck, steckte den Kopf in die Tür; wir wurden reingebeten und aufgerufen.
Ich entschuldigte mich, wir setzten uns nebeneinander: Anwalt, sie, ich.
Ich zog meine Jacke aus (weiß nicht warum), hing sie über meinen Stuhl, machte dabei riesen Krach, denn die Stühle waren so schwer und meiner rutschte laut über den Boden, als ich mich noch zurechtrückte, während der Richter anfing zu sprechen. Alles war mir unangenehm.
Es ging los. Ausweise gezeigt. Antrag vorgelesen.
Dann ging das Wort an mich. Ich musste beantworten, ob ich einverstanden bin, ob ich der Aufhebung der Lebenspartnerschaft zustimme, so wie ich damals schriftlich bestätigte.
Ich sagte:Ja
Das war genauso, wie bei der Hochzeit! Nur diesesmal sagte ich Ja zum Nein. Ein widerliches Gefühl.
Wir saßen so dicht nebeneinander, dass ich ihre Wärme spürte. Ich bin hochempathisch und daher überschwemmten mich gleichzeitig auch ihre Gedanken und Gefühle.
Auch sie erinnerte sich ans Standesamt. Da war Angst, da war Scham, ein bisschen Mittleid und ein bisschen Wehleid und Bedauern.
Wir schauten stur nach vorn ins Gesicht des Richters direkt vor uns.
Hatten beide die Unterarme auf dem Tisch und die Hände gefaltet. Die gleiche Schwingung.
Dann nahm sie die Arme auf den Schoß und lehnte sich zurück. Abgrenzung. Kein Einklang mehr.
Die Befragung ging weiter und richtete sich nun an uns beide.
Das Trennungsdatum und der Auszug ihrerseits wurden bestätigt.
Ob wir die Ehe als gescheitert ansehen. Ob es auch keine Versöhnungsversuche oder Annäherungen gab. Ob wir uns denn ganz sicher seien, dass unsere Ehe unwiederbringlich gescheitert ist und für immer aufgehoben werden soll.
Sie hielt sich sehr zurück und nickte ab und zu, eher verhalten. Ich übernahm den aktiven Teil der ganzen Zustimmung. Nickte und sagte ab und zu Ja, wohlwissend, dass das zum Protokollieren wichtig ist. Dabei wurden meine Knie immer weicher, ich zitterte am ganzen Körper, mein Herz raste, Druck im Kopf, in der Brust, Kloß im Hals, mein Kopf wackelte, Blickkobtakt war schwer.
Es fühlte sich falsch an, dass ich die Zustimmung übernahm. Doch im Nachhinein betrachtet, wäre es andersrum viel schlimmer gewesen. Ich nahm es in dem Moment als Zweifeln ihrerseits war. Vielleicht Wunschdenken. Sie lebt voll und ganz in ihrer neuen Beziehung. Ich denke, hier ließ sie einfach Taktgefühl walten. Und sie wurde mit ihrem Gewissen konfrontiert.
Was weiß ich...
Es gab wie gesagt nie eine Aussprache.
Wir mussten uns erheben. Lautes Stühleknarren, bei mir am längsten und lautesten. Ich war einfach komplett unsicher und fühlte mich tollpatschig.
Der ganze Blödsinn wurde offiziell verkündet.
Wir setzten uns.
Tränen in den Augen.
Es tat alles unglaublich doll weh!
Dann ging's kurz um Geld.
Dann konnten wir gehen.
Stühle ordentlich rangestellt für die Nächsten. Lob vom Richter. Schönen Tag noch. Dankesehr.
Vor der Tür wechselten sie und Anwalt noch 3 Sätze.
Ich ging ein paar Schritte zur Seite und zog ungeschickt meine Jacke an. Fühlte mich fehl am Platz. Warten? Gehen? Weinen? Ihr ins Gesicht spucken?
Anwalt ging. Kein Blick mehr zu mir; ja dann halt nicht.
Wir gingen auf die 2 Schwingtüren zu. Sie links, ich rechts.
Sie sagte:Das war kurz und schmerzlos.
Jede ging durch ihre Tür.
Ich antwortete:Das war kurz...!
Sie bereute ihre ungeschickte Floskel.
Treppe runter.
Ich fühlte mich verloren.
Kramte nach meinem Handy.
Wo ist meine Mutter?
Sie wollte schnell raus.
Ich ging mit.
Sie hatte es eilig, zu gehen.
Kein Augenkontakt mehr.
Tschüß, bis nächste Woche.
Sie ging zur U-Bahn.
Ich schaute ihr nach.
Kein Blick zurück. Was habe ich denn gedacht?
Mein Herz brach erneut.
Ich stand eine Weile in der Sonne.
Kämpfte mit dem Kloß im Hals.
Machte ein Foto von mir vor dem Schild des Amtsgerichts, Familiensachen.
Meine Mutter rief mich nach einigen Minuten an.
Sie fand nach langer Zeit einen Parkplatz und konnte inzwischen auch pinkeln gehen. Die Ärmste hat sich die ganze Fahrt über fast in die Hose gemacht.
Wir trafen uns an der nächsten Ecke. Standen noch gegenüber an der roten Ampel und warteten auf grün. Ihr Blick sagte 1000 Worte.
Sie machte vor 20 Jahren genau das Gleiche durch. Auch verlassen für eine Andere. Auch eine pubertierender Tochter und plötzlich alleinerziehend. Auch in diesem Gericht.
Wir lagen uns in den Armen.
Gingen zum Auto.
Sie gab mir ein Geschenk.
Ich las ihre liebevoll geschriebene Karte.
Und dann brachen die Dänme.
...so auch jetzt wieder, wenn ich diese Zeilen schreibe.
Sie ging mit mir toll frühstücken.
Ich erzählte viel von dem, was in letzter Zeit bei mir los war.
Es war schön.
Mir ging es gut.
Ich fuhr nach Hause.
Nun soll endlich alles besser werden.
Ich aß bis in die Nacht tonnenweise
Süßigkeiten. Na toll. Ich mache seit der Trennung täglich Sport und trainiere hart. Mein Körper hat sich sehr verändert. Fressanfälle mag ich nicht.
Heute morgen war alles gar nicht toll. Ich kam nicht hoch. Motzte, zeterte, und schließlich verkroch ich mich laut schluchzend und heulend unter die Decke.
Es will erstmal noch verarbeitet werden.
Hier alles aufzuschreiben wird das unterstützen.
Vielen lieben Dank für eure guten Wünsche und für euer Mitgefühl und Interesse.
15.11.2018 10:37 •
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