Zitat von Johanna15:In den meisten Fällen ist bei einer ausgesprochenen Trennung durch einen Part die Liebe weg aus den vielfältigsten Gründen, aber meist durch ähnliche Dinge, welche Du in einem Post beschrieben hast.
Wie hast Du Deine wieder gefunden?
Wie habe ich meine Liebe wiedergefunden? Hmm, interessante Frage. Also bei meinem Mann war laut seiner Aussage, die Liebe nie weg. Er war zwar geschockt von der Trennung und natürlich auch vom Trennungsgrund. Er hat aber lange nicht glauben und nicht wahr haben wollen, das ich mich tatsächlich von ihm entliebt und in einen anderen verliebt habe. Da war er wahrscheinlich, glücklicherweise noch in der 1. Nicht-Wahrhaben-Wollen-Phase, als mein Warmwechselversuch bereits gescheitert war. Daher war es für ihn kein Thema, mich wieder zurück haben zu wollen, als er sah, wie schlecht es mir ging. Das dicke Ende kam für ihn also erst sehr viel später. Nämlich erst dann, als ich ihn mit meinen Gründen für die Trennung konfrontierte, für die er eben auch eine Verantwortung trug. Diese hatte ich ihm zwar zuvor auch schon mehrfach genannt aber stoffelig wie er nunmal war, hat er mich da leider erst ernst genommen, nachdem das Kind in den Brunnen gefallen war.
Meine Liebe für ihn habe ich erst sehr viel später wieder bewusst wahrnehmen können. Zunächst mal war ich einfach nur dankbar, das er mich aus der schimmeligen Wohnung wieder zurück holte, mir Sicherheit und ein warmes Nest bot und mir die Gelegenheit gab, zur Ruhe zu kommen. So konnte ich neue Kräfte sammeln, mich wieder aufrappeln, eine Therapie machen, mich beruflich wieder neu finden und gesund werden. Es waren also zunächst mal ganz profane Gründe, die mich bei ihm hielten. Dann aber durch die Therapie wurde mir bewusst, was ich an ihm hatte. Dazu machten wir das, was Therapeuten in so einem Fall gerne empfehlen. Wir machten Termine, z.B. für einen Abend, an dem wir in alten Fotoalben blätterten und an unsere Anfangszeit erinnerten. Wir besuchten Orte, an denen wir früher schon einmal Urlaub gemacht hatten und zu denen wir einen Bezug hatten. Wir knüpften also da an, wo wir uns aus den Augen verloren hatten wegen all dem Alltagsstress, der auf uns einprasselte.
Ich musste dazu noch in meiner Vergangheit aufräumen. Meine Familie hatte ja meinen Mann von Anfang an stark abgelehnt und mich massiv unter Druck gesetzt. Als ich ihrem Wunsch nach Trennung nicht entsprechen wollte, wurde auch ich peu a peu aus der Familie eliminiert. Das tat mir sehr sehr weh und immer vesuchte ich, dagegen anzugehen und doch noch Bestandteil der Familie zu bleiben. Dafür musste ich mich gehörig verbiegen und Dinge schlucken, die einfach nicht zu schlucken waren. Meine Therapeutin zeigte mir einen anderen Weg auf, nämlich den mich zu distanzieren. Meinen Eltern und meiner Familie die Verantwortung zu überlassen, die sie verdammt noch mal zu tragen hatten. Es lag nicht an mir oder an meinem Mann, das sie uns ablehnten. Es lag an ihrem verschrobenen Wertesystem und an ihrer Halsstarrigkeit. Mein Mann ist ein studierter Intellektueller. Ich aber stamme aus einer Arbeiterfamilie. Ich war die erste die Abi machte und studierte. Mit Hilfe meiner Lehrer wurde mir diese Möglichkeit eingeräumt. Begeistert waren meine Eltern davon nicht, im Gegenteil, es wurde mir des öfteren vorgeworfen. Ich war ein Fremdkörper innerhalb der Familie und mein Mann untermauerte dieses Bild. Davon musste ich mich zuerst mal lösen und das tat ich mit Hilfe der Therapie.
Dann erst konnte mir wieder bewusst werden, das ich meinen Mann viel zu lange durch die Brille meiner Eltern gesehen hatte. Und ich konnte mir endlich bewusst machen, das es gute Gründe gab, warum ich mich damals in ihn verliebt hatte. Er passte eben einfach zu mir und ich zu ihm. Wir beide aber passten eben nicht in meine Familie, weil wir anders waren.
Nachdem mir das endlich einleuchtete, konnte ich meinen Mann in anderem Licht sehen. Und ich begann wieder seine positiven Seiten wahrzunehmen. Seine Intelligenz, sein Wortwitz, seine vielseitigen Interssen, seine Toleranz gegenüber Randgruppen der Gesellschaft. Alles das sind positive Eigenschaften, die ich liebte. Sie waren nur überlagert von meiner Trauer um alles das, was ich mir gewünscht hatte. Ich begann, das abzuhaken, was ich mit ihm nicht mehr habe könnte und begann mich wieder auf das Leben zu freuen, was ich mit ihm hatte. Und so baute sich meine Liebe wie eine Zwiebel Schicht für Schicht wieder auf. Der Kern meiner Liebe zu ihm war aber immer da. Ich mochte z.B. immer schon seinen Geruch, seine Haare, sogar die an seinem Rücken. Ich liebte seine feinen Hände und seine traurigen, braunen Augen und ich liebte seine Familie, seine Geschwister, Nichten, Neffen und Eltern. Die waren nämlich längst zu meiner Familie geworden. Sie alle aufzugeben hätte mir das Herz ganz sicher gebrochen, wenn der Hormoncocktail für den anderen irgendwann verbraucht gewesen wäre.
Heute bin ich froh, das alles das nicht passiert ist. Ich bin dankbar, das aus meinem versuchten Warmwechsel nichts geworden ist, weil ich mir fast sicher bin, das ich nicht in diese andere Familie gepasst hätte. So verlockend es auch war, mich als die Ersatzmama der Kinder meines Geliebten zu sehen. Und schließlich hätte ich auch nicht zu ihm gepasst. Er war nämlich sehr viel oberflächlicher und daher auch lebensfroher als mein Mann. Das hätte mich früher oder später massiv überfordert.
Tja, also Ende gut, alles gut sozusagen. Na ja, und es hat dazu geführt, das ich sowohl mir als auch meinem Partner unsere Wunden und Baustellen offen gelegt habe und endlich damit wahr genommen wurde. Eigentlich eine Win-Win-Situation.