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Trennung nicht richtig verarbeiten

S
Hallo, ich bin 28 Jahre alt und wohne in Berlin. Ich habe meinen Ex-Freund vor 6 Jahren kennengelernt, und kurz danach sind wir zusammengekommen. Wir wohnen seit Ende 2020 zusammen. In letzter Zeit hatten wir Schwierigkeiten in unserer Beziehung. Seit fast 2 Jahren sieht mein Alltag so aus: von Montag bis Freitag zur Uni, am Wochenende arbeiten. Nebenbei noch kochen, putzen und lernen. Ich habe unsere Beziehung total vernachlässigt und konnte meinen Freund nicht mehr ertragen.Er war nett zu mir, hat mir viel geholfen, aber ich hatte das Gefühl, dass mich niemand versteht. Es ging mir gesundheitlich auch nicht gut, es bestand Verdacht auf Tumor der auch bösartig sein könnte, aber zum Glück war am Ende alles in Ordnung. Mein Freund war für mich da, aber ich hatte trotzdem das Gefühl, dass er mich nicht verstehen konnte.Er hat oft über seine eigenen Themen gesprochen, wie Umwelt, Politik oder was in der Welt passiert. Ich hatte das Gefühl, dass er nicht wirklich präsent in meinem Leben ist und sich eher für sich selbst interessiert als für mich. Deshalb habe ich angefangen, auf Distanz zu gehen. Er hat oft angerufen, aber nie gefragt, wie es mir geht. Stattdessen wollte er immer von sich erzählen.Wenn er irgendwo war, hat er mir oft Fotos geschickt und sein Leben mit mir geteilt, aber ich war meistens traurig, weil er nie gefragt hat, was ich so mache und wie mein Tag aussieht. Das ging etwa 1.5 Jahre lang so.

Er hat mir oft vorgeworfen, dass ich keine Zeit mehr für ihn habe, obwohl er selbst auch noch Student war und samstags zur Uni musste. Wir haben uns als Partner stark vernachlässigt. Er wollte oft intim mit mir sein, aber ich konnte es oft nicht. Ich hatte keine Lust, ich war einfach zu müde. Manchmal habe ich einfach so mit ihm geschlafen, aus Verpflichtung zu ihn.

Dieses Jahr ist er nach England gefahren, um dort drei Wochen lang an einem Kurs teilzunehmen – das war im August. Dort hat er viele Studenten kennengelernt, und seitdem war unsere Kommunikation auf ein Minimum reduziert.Nur „Guten Morgen“ und nachts meistens Fotos aus England und „Gute Nacht“. In diesen drei Wochen hat er mich nicht einmal gefragt, wie mein Tag war oder wie es mir geht. Ich habe ihn mehrfach gefragt. Ich hatte das Gefühl, dass er die Beziehung nicht mehr will, und habe ihn schließlich direkt gefragt, wie es weitergehen soll.Er hat daraufhin das hier geschrieben:
„Liebe Schnapi,
ich mag dich und deine Familie sehr.
Ich möchte immer mit dir befreundet sein und dich nicht verletzen. Ich wünsche dir nur das Beste.
Mein Problem ist, wir sind jetzt viele Jahre zusammen, aber trotzdem bin ich mir nicht 100% sicher, ob es mit uns funktioniert. Wir haben einfach zu oft zu verschiedene Ansichten und Interessen. Ich habe in England lange darüber nachgedacht.Ich finde, wir hatten eine schöne Zeit zusammen.
Ich habe keine neue Freundin, aber ich möchte die Beziehung trotzdem nicht weiterführen.“

Das war nach seiner Rückreise aus England. Ich war bei meiner Familie und wollte meinen Urlaub mit ihnen verbringen. Danach war alles warm, kalt, doch zusammen, dann doch wieder nicht. Die eigentliche Geschichte, was in England passiert ist: Er hatte dort viele Aktivitäten mit anderen Studenten aus Deutschland, die er erst kennengelernt hatte. Niemand wusste, dass er eine Freundin hat, und er hat auch in der Zeit dort nicht an mich gedacht. Er hat mir gesagt, er habe nie an mich gedacht (was ich mache, wie es mir geht); es war, als hätte ich für ihn gar nicht existiert, nur S. hätte er an mich gedacht.
Er hat dort eine Frau kennengelernt, die 8 Jahre jünger ist als er, und die beiden hatten viele Gemeinsamkeiten. Sie haben über die Welt gesprochen, und er hat angefangen, Gefühle für sie zu entwickeln. Sie hat seine Nummer herausgefunden und ihn gefragt, ob er mit ihr Tango tanzen möchte. Seitdem sie zusammen getanzt hatten, konnte er an nichts anderes mehr denken, nur noch an sie. Als sie nach Deutschland zurückgekehrt sind, hat sie ihm noch einmal geschrieben, wie schön die Zeit war, und dass sie sich bestimmt wiedersehen werden. Zu dem Zeitpunkt wusste sie nicht, dass er verlobt ist und seit 6 Jahren in einer Beziehung ist.Ich war am Boden zerstört und habe ihn gebeten, noch einmal an der Beziehung zu arbeiten. Ich wollte die ganzen Jahre nicht einfach so wegwerfen, weil eine Beziehung nie perfekt ist, und manchmal gibt es Schwierigkeiten, die man als Paar gemeinsam überwinden kann. Für drei Tage war wieder alles in Ordnung. Wir haben über die Welt gesprochen, sind spazieren gegangen, haben zusammen gekocht und waren intim. Das war für mich eine Erleichterung.Dann musste er für ein paar Tage zu seiner Oma nach Koblenz fahren und wollte nicht, dass ich mitkomme.

Am vorletzten Tag, als er dort war, hat er mir noch ein Herz geschickt, am letzten Tag hat er sein Internet ausgeschaltet und ist 4 Stunden in die Stadt gefahren, wo diese Frau wohnt, um sie noch einmal zu sehen. Die beiden haben einen wunderbaren Tag zusammen verbracht, gekocht (vegetarisch – früher wollte er nie vegetarisch werden), sie hat ihm die Stadt gezeigt, und sie haben über die Zukunft gesprochen. Er hat ihr alles über mich erzählt und dass er sich von mir getrennt hat, weil er mich nicht mehr liebt. Es war Sonntag, der ist erst um 01.00 h schlafen gegangen ( hat mir selber noch gute Nacht gesendet), obwohl er immer Sonntags um 22h schlafen geht wegen der Arbeit am nächsten Tag . Ich konnte in diesen 4 Jahren nach 22h meistens gar nicht mehr was erzählen, der hat immer gesagt, warum erst jetzt so spät; du kannst mir Morgen erzählen, auch wenn ich manchmal nur eine Minute was sagen wollte.Als wir uns wieder getroffen haben, hatte ich sofort das Gefühl, dass er sie noch einmal gesehen hat, und so war es. Er hat gleich erzählt, dass er zu ihr gefahren ist und dass er starke Gefühle für sie hat. Und das er keine S. Anziehung zu ihr hat aber trozdem noch nie so verliebt war. Sie haben sich nicht geküsst oder körperlich intim gewesen, trotzdem möchte er nichts mehr von mir. Meine Welt ist in dem Moment zusammengebrochen. Ich wusste genau, dass ich keine Priorität mehr für ihn bin, und dass ich ihn loslassen muss. Diesen Schmerz wünsche ich niemandem.

Mir ist bewusst, dass wir uns in letzter Zeit auseinandergelebt haben, aber ich weiß auch, dass das durch den Alltag normal ist und man trotzdem an der Beziehung arbeiten und sie pflegen kann. Ich war bereit dazu, das wusste er auch. Wir hatten unsere Zukunft geplant, leben seit 4 Jahren zusammen, wollten heiraten und Kinder haben, zusammen alt werden. Wir haben abends viel Zeit miteinander verbracht, sind essen gegangen, spazieren. Kuscheln war für uns ein Muss, wir konnten nur so einschlafen. Wir haben uns immer noch attraktiv gefunden, gestritten haben wir selten, und wir waren immer tagsüber respektvoll miteinander. Ich habe oft für uns gekocht, der hat die Wohnung sauber gemacht. Das hat meistens sehr gut geklappt. Jetzt stehe ich plötzlich alleine in dieser Wohnung, obwohl wir zusammen noch wohnen müssen. Ich muss eine neue Wohnung suchen, was für mich jetzt total schwierig ist, weil ich nicht mehr in einer WG wohnen möchte und etwas Günstiges brauche, solange ich noch studiere. Ich weine jeden Tag nur noch und denke an die Vergangenheit: Warum ist das passiert? Warum habe ich mich nicht früher um die Beziehung gekümmert? Was wäre, wenn…? Das Loslassen erscheint mir unmöglich. Ich sehe nur noch die Zukunft, die ich mir mit ihm ausgemalt habe, und jetzt ist das für mich alles weg. Meine Träume, der Mann, den ich über alles geliebt habe – und immer noch liebe – sind verschwunden. Auf der anderen Seite steht er, macht Sport, lächelt, schreibt mit dieser Frau und macht sich nur noch Gedanken darüber, ob er gut genug für sie ist und ob sie ihn will.Ich sehe momentan keinen Ausweg, ich fühle mich so gefangen. Ich weiß nicht, wie ich das alles verkraften und akzeptieren kann. Es fühlt sich wie ein Weltuntergang für mich an, während für ihn alles perfekt läuft. Er ist frisch verliebt, fertig mit seinem Studium, hat eine gute Wohnung, die wir ursprünglich gemeinsam gefunden haben. Und ich stehe ohne Wohnung, ohne Familie, ohne richitgen Freunden und ohne Liebe da. Ich habe immer noch die Hoffnung, dass wir irgendwann doch zusammen sein werden, obwohl mir die Wahrheit bewusst ist. Ich habe Angst vor Zukunft, habe kein Lust ständig neu anzufangen.

16.09.2024 15:59 • #1


M
Hallo...

Eine traurige Geschichte.

Die Art und Weise, mit der er die Trennung vollzogen hat, ist schäbig.
Da gibt es sicherlich keine zwei Meinungen.

Offensichtlich hat er sich schon lange aus Eurer Beziehung verabschiedet und nur noch das bequeme Leben genossen. Mit stets offenen Augen für etwas anderes.

Du wirst hier viele Beispiele finden, in denen es genauso abgelaufen ist.

Das wird es für Dich weder angenehmer, noch leichter machen, aber sei Dir gewiss, dass Dir noch sehr viel Zeit bleibt, Dir Deine Wünsche und Vorstellungen einer großen Liebe zu erfüllen.


Das schwierigste ist gerade, dass Du Dir ihn anschauen darfst und ich wünsche Dir ganz persönlich den Mut und die Kraft, dies schleunigst ändern zu können.

Das wäre für Dich sehr wichtig, um zur Ruhe zu kommen.
Für ihn im Zweifel, um realisieren (und vielleicht bedauern) zu können, welchen Schritt er tatsächlich gegangen ist.


Letztlich aber verdienst Du jemanden, der an Dich denkt, wenn ihr nicht zusammen seid.
Der Dich vermisst, Dich liebt und Dir aus diesem Grund heraus mitteilen wird, dass es ihm Angst macht, wenn er beginnt, sich zu entfernen.

Du wirst so jemanden finden.

Und all das, für das Du Dich gerade schuldig fühlst, besser machen.
Jeder macht Fehler.
Aber die Chance zu erhalten, diese Fehler sichtbar gemacht zu bekommen, um sie korrigieren zu können: erst das macht eine Partnerschaft aus.

16.09.2024 16:36 • x 2 #2


N
Hallo und lass dich virtuell drücken!

Ich kann mich wiederfinden in dem, was du schreibst. Dass du bereit gewesen wärst, an einer Beziehung zu arbeiten und dass eine Beziehung nunmal Alltag ist. Allerdings gehören zu einer Beziehung auch immer zwei Menschen. Auch bei dir war nur einer davon bereit, die Energie hineinzustecken. Das ist unheimlich schwer zu verkraften.

Zukunftsangst ist denke ich immer da, wenn die Vorstellungen, die man selbst hatte, von jemand anderem zerschmettert werden. Es ist unheimlich. Es ist schmerzvoll. Und diesem Schmerz musst du dich nun hingeben. Ihn annehmen, ihn fühlen und ihn - mit der ach so hoch beschworenen Zeit - auch gehen lassen.

Wie du schreibst bzw. was ich daraus lese ist dir das gleiche passiert wie mir und ganz vielen anderen auch. Dein Lebensmittelpunkt war dein Partner. Du warst dir sicher, dass es so weitergehen wird. Klar - mit Höhen und Tiefen. Aber eben doch mit ihm. Du hast dich wahrscheinlich auch nicht besonders um deine Interessen, um wirkliche andere Bezugspersonen, um dein Selbstwertgefühl gekümmert.

Ich wünsche dir viel Kraft und drücke dir die Daumen, dass du schnell aus der Wohnung raus kommst.

Beste Grüße und lass alle Gefühle raus, die du in dir trägst.

16.09.2024 17:18 • x 1 #3




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