Hallo zusammen
Ich habe mich hier mal angemeldet um mir alles von der Seele zu schreiben und vielleicht auch ein paar eurer Gedanken zu der ganzen Situation zu hören.
Ich war bis vor knapp zwei Wochen in meiner ersten richtigen Beziehung, die ganze 6 Jahre gehalten hat. Wir haben uns in der Schule kennengelernt und waren einfach seelenverwandt, zumindest würde ich das jetzt im Nachhinein sagen. Nach dem Abi sind wir gemeinsam fast 700km weggezogen um ein Studium anzufangen; das ist jetzt zwei Jahre her. Ein Auslandssemester ist dabei Pflicht und weil wir leider nicht für die gleichen Plätze im Ausland angenommen wurden, stand seit Januar diesen Jahres fest, dass wir beinahe ein Jahr lang getrennt sein würden.
Im Nachhinein denke ich, muss ich unglaublich naiv gewesen sein, oder mir machte auch meiner vermeintlich sicheren Position heraus die Vorstellung einer Trennung nichts aus, weil ich die im Grunde für unmöglich gehalten habe.
Wie man sich doch täuschen kann.
Seit Anfang September befinden wir uns nun beide im EU-Ausland, die Phase vor unserer räumlichen Trennung war unglaublich stressig, weil der Umzug organisirt werden musste und wir noch bis kurz vor knapp händeringed aber erfolglos nach einem Nachmieter gesucht hatten.
Der Abschied war dann total übermüdet nach langer Fahrt mit dem Möbeltransporter, ich musste wieder zurückfliegen um die Wohnungsübergabe zu machen, es war nur eine kurze Umarmung und ein flüchtiger Kuss.
Der Kontakt war die ganzen ersten Wochen erstmal weiterhin eng, wir teilten unseren Alltag miteinander so gut es ging, er war schon im Ausland angekommen während ich noch packte. Ich habe wirklich nichts kommen sehen.
Ich war so glücklich, als er schon nach wenigen Wochen die Initiative ergriff und mich besuchen wollte und Flüge für einen einwöchigen Aufenthalt bei mir buchte.
In den kommenden Wochen ließ bei im das anfängliche Gefühl der Fremde nach, er fand gut Anschluss und lebt dort ein typisches Erasmus-Leben, mit vielen feuchtfröhlichen Abenden und hat dort auch Familie in der Nähe, da er in sein Heimatland gegangen ist, dass er mit seiner Mutter als Kleinkind verlassen hat.
Ich dagegen fühle mich mitunter ziemlich unwohl in meiner Umgebung, kann hier nicht so richtig ankommen, die Lebenshaltungskosten sind wesentlich höher und auch die Uni ist anspruchsvoller. Im Grunde aber werde ich hier damit konfrontiert, dass ich große Probleme mit mir selber habe, mit meinem Körper, meinem Selbstbild, meiner Identität im Allgemeinen. Das war schon so als wir uns kennengelernt haben, aber irgendwie hat mich seine Liebe ein Stück weit geheilt würde ich sagen. Dass er sich in MICH verliebt hat damals, war für mich unbegreiflich und wunderschön. Dass ich in dieser Welt, in der ich mich so oft einsam und fremd fühle, einen wahren Partner treffe. Mit der Zeit habe ich mich darauf verlassen, darauf gebaut und bin wohl so zu einem zu großen Teil abhängig geworden von ihm.
Mit dem Umzug und der Wahl für ein Studium aus Vernunftsgründen kam allerdings auch ganz schnell ein Trott. Irgendwie wussten wir beide, dass wir uns was vormachen, dass uns nicht gefällt was wir da studieren, dass uns das persönlich gar nichts gibt. Und meine Probleme sind auch immer stärker geworden, ich habe mich abgekapselt von meiner etwas anstrengenden Familie und immer eine glückliche Fassade aufrecht erhalten wenn ich mit ihnen gesprochen habe. Die Abgründe hat nur er zu sehen bekommen.
Irgendwann fingen wir an, aneinander vorbeizuleben haben uns wirklich nicht mehr bewegt, sind kaum rausgegangen, haben gemeinsam in unserer kleinen Blase gelebt, das kleine Glück genossen und die großen Fragen nie so richtig angepackt, nie wirklich was verändert. Viel gesprochen, aber kaum etwas umgesetzt. Ich habe mich oft wie gelähmt gefühlt.
Jetzt kam eben durch das Auslandssemester der Knick, ein ziemlicher Persönlichkeitsumbruch bei ihm. Trotz all der Gesellschaft, dem Rausch, sagte er am Telefon, er spüre manchmal eine Leere in sich. Die Woche vor seinem Besuch war schwierig für mich, ich fühlte mich hier sehr verzweifelt, war in einem Loch, vielleicht spürte ich etwas, ohne zu wissen was es war. Als ich ihn eines abends um Hilfe bat weil ich einen Zusammenbruch hatte, hat er mich genervt abgeblockt. Er war wohl betrunken, aber wieviel Genervtheit und Gleichgültigkeit zwischen seinen Zeilen herauszulesen war, hat mich sehr erschrocken. Es ist nämlich nicht so, dass ich ihm die Wochen zuvor keinen Freiraum gelassen hatte, ich habe mich wirklich sehr für ohn gefreut, ihm diese gute Zeit von Herzen gegönnt. Und als sich da auf einmal so viel entlud. ich war so erschrocken und verletzt.
Das haben wir danach klären können. Aber als er dann kam, war ich merkwürdig angespannt. Ich fühlte mich irgendwie unter Druck, ihm was beweisen zu müssen. Dass wir eine gute Zeit zusammen haben. Der Schuss ist nach hinten lossgegangen, ich war die ganze Zeit engespannt und verkrampft, es gab manchmal eine Stille zwischen uns, die ich als sehr unangenehm empfunden habe. Wir küssten uns normal, hatten S. - doch irgendwas war anders. Er schaute mich unglaublich druchdringend an während wir uns nah waren. Am zweiten Morgen kam gipfelte meine Anspannung, ich weinte (bin leider sehr nah am wasser gebaut) und meinte, dass ich mich unglaublich komisch fühle, eben unter Druck. Ob er denn nichts komisch findet.
Irgendwie kam lange erstmal nichts richtig. Er stimmte zwar zu, aber als ich versuchte, da hindurch zu dringen, konnte er einfach nicht sprechen. Ich wollte zurück zu unserer alten Offenheit, unserer Vertrautheit und versuchte einen Zugang zu finden, bat ihn, einfach ohne darüber nachzudenken, alles herauszulassen, was in ihm vorging.
Es war ein Kampf für ihn, er weinte plötzlich, was er sehr selten tut, ich tröstete ihn.
Dann sagte er, dass er nichts mehr fühle wenn er mich küsse. Dass das einfach weg ist. Und er mich nur noch als gute Freudin sehe.
Der Boden war weg, ich kann den Moment gar nicht beschreiben, so ohnmächtig war ich. Im Schock und weil er so angeknackst war reagierte ich rational, versuchte alles etwas zu erörtern. Er meinte er habe sich das bis gerade nicht bewusst gemacht, aber etwas habe ihn in den letzten Wochen umhergetrieben, ruhelos gemacht, vielleicht auch die Leere hervorgerufen. Er habe das nicht genau greifen können, aber sich Gedanken um uns gemacht, habe gemerkt, dass er mich nicht wirklich vermisst.
Als ich meinte, das könne auch an seinem momentanen Leben liegen, verneinte er das. Meinte, im Grunde wären schon länger irgendwo Zweifel gewesen. Dass ihm das jetzt vielleicht schneller klar geworden wäre, aber dass unsere Beziehung auch so ein Ablaufdatum gehabt hätte und sie vielleicht länger schon darüber hinaus war.
Die nächsten Tage waren der blanke Horror für mich, weil er nicht früher abreisen konnte. Wir schliefen in einem Bett, auch noch miteinander, er meinte er würde alles machen, damit es mir besser geht. Ich wollte irgendwie verzweifelt Nähe, hoffte er würde irgendetwas wiederfinden zwischen uns. Er meinte er hat mich lieb, dass uns unglaublich viel verbindet und ihn niemand so kennt wie ich. Auch findet er mich wohl nicht weniger hünsch und attraktiv (das hat mich dann doch getröstet ), aber etwas anderes fehlt. Er kann mir nicht mehr sagen ich liebe dich, ohne dass es sich komisch anfühlt. Das sei auch schon in den Wochen zuvor so gewesen.
Ihr Mitleidenden wisst wohl, wie sehr man da gegen eine Wand rennt, einfach nichts ändern zu können, nicht begreifen zu können, das macht einen so verrückt.
Dass ich ihn auf diese Weise vermutlich endgülitg verloren habe, kann ich noch immer nicht fassen.
Die Frage, die ich mir stelle ist, warum es so weh tut. Wir waren wie gesagt schon lange nicht mehr frisch verliebt. Auch ich hatte Zweifel, teilweise hat man sich im Kopf ein bisschen nach Abenteuern gesehnt, sich manchmal etwas mit Anderen ausgemalt. Auch körperlich fand ich ihn nicht mehr so besonders anziehend, wir haben sehr viel gekuschelt. Aber so wirklich leidenschaftlich habe ich ihm gegenüber auch nur noch selten empfunden. Vermisse ich ihn etwa nur, weil ich weiß, dass er mich nicht mehr liebt? Bin ich nur deshalb so verwundet, weil meine Sicherheit wegbricht, ich meinen Selbstwert vielleicht zu sehr über ihn definiert habe? Ich bin so verwirrt von mir selber und schwanke zwischen Phasen der Verzweiflung, in denen ich merke, dass ich mir immer wieder Hoffnungen mache und einer Art Aufbruchsstimmung in der ich glaube, endlich meine Probleme angehen zu können.
Wir sind weiterhin im Kontakt und er wünscht sich aufrichtig eine Freundschaft mit mir, sagt, er wolle mich in seinem Leben nicht verlieren. Ich will das auch nicht. Aber ich weiß eben nicht, warum und ob ich ihn noch liebe. Fakt ist, dass ich von mir aus niemals eine Trennung gewollt hätte. Er steht zu seiner Entscheidung, fühlt sich seitdem befreit und hat keinerlei Zweifel. Wir haben uns versprochen, zueinander absolut ehrlich zu sein, also verlasse ich mich darauf, dass ich davon erfahren würde, wenn er welche hätte.
Ich bin einfach nur mit der Trennung beschäftigt im Moment, kann mich überhaupt nicht auf die Uni konzetrieren und alles fühlt sich so unehrlich und unecht an.
Ich bin diesen Phasen so sehr ausgesetzt, versuche hektisch diese Leere in mir zu füllen, aber es klappt nicht, ich vermisse ihn einfach so.
Entschuldigt den langen und chaotischen Text. Es würde mich so freuen, wenn ihn jemand lesen und mir seinen Eindruck der Lage schildern könnte.
Wie kann ich mir meiner Gefühle klar werden? Denkt ihr, dass das alles endgültig ist? Wir werden wohl nächstes Jahr wieder in der gleichen kleinen Stadt landen um zuende zu studieren. Denkt ihr, er bekommt überhaupt jemals Zweifel oder überdenkt all das? Mir tut auch diese Ungleichheit so weh, ihm fällt es so leicht, 6 Jahre Beziehung zu beenden und ich bin hier so sehr aus der Bahn geworfen worden.
Das ist doch alles nicht wahr
Ganz liebe Grüße und viel Kraft auf eurem Weg 3
Multifaced
16.11.2017 11:02 •
#1