Liebe Helena,
ich habe eben mit ziemlich gemischen Gefühlen deine Beiträge und die Antworten darauf gelesen. Einerseits mag ich es nicht, wenn man anderen sein Leben vor die Füsse wirft indem man mit Selbstmord 'droht', andererseits kommt man manchmal wirklich an den Punkt wo es besser ist darüber zu reden, andere spüren lässt wie furchtbar man sich fühlt und erfahren darf dass es Menschen gibt die Anteil nehmen ... das hilft gegen die Hoffnungslosigkeit und gibt ein bisschen neuen Mut wieder Schritte ins Leben zu unternehmen. Selbstmordgedanken öffentlich zu machen erfordert sehr viel Mut von dem der keinen anderen Ausweg mehr sieht als darüber zu reden und auch von denen die darauf antworten.
Ich bewundere 'Lotusblümchen' für ihre wunderbaren Worte. Danke!
Die Schilderung deiner Lage wird wohl manchen hier (mich eingeschlossen) sehr nachdenklich stimmen was die eigene Sinnlosigkeit des Lebens betrifft ... es relativiert die eigene Situation wenn man sieht an welchen Punkt andere stehen. Ich selbst trage mich seit längerer Zeit mit trüben Gedanken über das was jetzt mein Leben sein soll und habe, wie sicher viele andere hier auch, schon öfter daran gedacht dieses Leben wie es jetzt ist nicht mehr zu wollen, weil ich es nicht mehr ertragen kann. Erfahrungsgemäß ändern sich diese Gefühle aber zum Glück immer wieder und man ist doch jedesmal froh diesen letzten Schritt nicht getan zu haben.
Wie oft denkt man ganz unten am Boden zu sein wie es tiefer nicht geht und stellt dann fest dass man noch weiter fallen kann ohne jemals wirklich unten anzukommen ... wir sind also nie ganz unten, nie ganz zerstört, machen jedesmal die Erfahrung dass genug Kraft da war den letzten Fall auszuhalten, wieso also sollte sie jetzt nicht mehr reichen? Ich habe mal irgendwo gelesen, dass man immer soviel Kraft hat wie man braucht und manchmal braucht man eben verdammt viel davon ... unbewusst schonen wir unsere Reserven ... du Helena hast es getan indem du deine Gedanken nicht mehr in dich hineingefressen hast, sondern damit in dieses Forum gegangen bist. Es gibt also keinen Grund aufzugeben, sondern nur einen Grund sich zu sagen, dass man nicht mehr verharren will um abzuwarten wann es weiter bergab geht, sondern nach der nächstbesten, vielleicht im ersten Moment sinnlos erscheinenden, Idee greift und sich gegen dieses Abwärts wehrt! Mit jedem Fall hat man das Gefühl wieder ein bisschen von sich zu verlieren ... aber auch die Chance neues zu finden und zu gewinnen ...
So, für wen habe ich das jetzt eigentlich geschrieben? Für Helena oder für mich? Ich muss feststellen es war wohl eine egoistische Selbsthilfeaktion mein am Boden liegendes Ego ein bisschen zu motivieren, mir selbst Mut zuzusprechen. Nachdem ich den Tag heulend und mit trüben Gedanken begonnen hatte, mich verkriechen und keine Menschen sehen wollte, weil es ohnehin kaum welche gibt die da sind, werde ich mich jetzt auf den Weg raus in die Sonne machen! Ich hoffe dass irgendwer anderer trotzdem einen Nutzen in meinen Worten sieht, die ich hier so einsam für mich hingeschrieben habe !
Noch mal zurück zu Helena ... ich bin im Moment für mich selbst zu kaputt und zerrissen, als dass ich dir einen Gedankenaustausch anbieten könnte, ich bin viel zu sehr in meinem eigenen Leben gefesselt, das weit von dem enfernt ist wie ich es mir wünschen würde und mit dem ich mich auch mehr oder weniger alleine herumschlagen muss ... aber ich habe ein Leben, das nach aussen hin ganz wunderbar aussieht und auch funktioniert ... keinesfalls Luxus, aber mein Kühlschrank ist gefüllt ... wenn ich dir also damit irgendwie helfen kann möchte ich dir wenigstens davon gerne was abgeben ... mehr kann ich im Moment leider nicht von mir entbehren.
Eigentlich ist es doch schlimm, wenn nur die Anteil nehmen wollen und können am Leid anderer, die selbst in einer Situation sind mit der sie nicht mehr klarkommen. Kann man nur mitfühlen wenn man sich selber mies fühlt? Ist das alles vorbei sobald es einem wieder besser geht? Es gibt so viele Menschen in unserem Umfeld die sich sicher fühlen und denen es gut geht, sie kommen nicht auf die Idee sich mit unserer Verzweiflung zu befassen und uns ein bisschen von ihrer Kraft und ihrem Mut abzugeben. Auf vorsichtige Andeutungen dass es einem nicht gut geht, bekommt man allenfalls halbherzige Ratschläge und das Gegenüber ist noch stolz darauf, bzw. später sauer darüber, dass man die nicht annehmen konnte ... es würde meist schon reichen wenn mal wer von sich aus anrufen würde und fragen wie es einem geht, ohne zu erwarten dass man mit einem freudigen 'Gut' antwortet wenn dem nicht so ist, mal bereit ist zuzuhören ohne sich verpflichtet zu fühlen unsere Probleme zu lösen, das müssen wir doch selber! ... es wäre so einfach wenn man das Gefühl hätte dass es Menschen gibt die ab und zu da sind und zuhören können, auch wenns um Probleme geht die eben nicht aktuell mit den eigenen übereinstimmen ... wieviele Menschen sind überhaupt in der Lage sich ein bisschen ins Leben anderer einfühlen zu wollen ... wieviele Menschen trauen sich auch mal hinter die Kulissen zu schauen anstatt nur auf die Fassade ... viel zu wenige, oder? Wieviele von den Menschen aus unserem Umfeld, die in guten Zeiten da waren, sind einfach verschwunden als die guten Zeiten vorbei waren? Eigentlich ist es doch ein trauriges Zeichen, dass unsere Gesellschaft Foren wie dieses braucht, in denen wildfremde Menschen ihren Kummer anderen (mit)teilen können um ein bisschen Mut und Ansprache zu finden ... in Buchstaben nach Halt suchen müssen, weil Taten von denen fehlen die in unserem wirklichen Leben sind bzw. waren.
Hab schon wieder viel zu viel geschrieben ... wenn ich erst mal anfange kann ich immer nicht aufhören !
Ich wünsche dir alles Gute und die Kraft die du brauchst Helena
lilac
23.11.2002 10:49 •
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