Hallo Mike,
ich kann Dich und die Lebensschaukel in der Du Dich grade befindest sehr gut verstehen. Ich befinde mich in einer ganz ähnlichen Situation wie Du, nur dass es bei mir erst zwei Tage her ist, dass mein Schatz unsere fast zweieinhalbjährige Beziehung aus mehr oder weniger heiterem Himmel beendet hat. Das ganz üble an der Sache ist, dass wir beide in derselben Firma arbeiten, zwar nicht im gleichen Büro, aber uns doch gegenseitig zuarbeiten, und uns schon zwangsläufig einmal pro Tag (nämlich in der Kantine) über den Weg laufen.
Schon deshalb kommt es bei mir immer wieder zu neuen Verletzungen, denn sie zu sehen, reisst momentan jede Wunde wieder ganz und gar auf. Aus den Augen - aus dem Sinn kann ich mir also ad acta legen, dass wird es auf längere Sicht nicht sein.
Ich kann Dich, der in einer in meinen Augen glücklicheren Position ist - Du bist offensichtlich im Gegensatz zu mir in der Lage, Treffen zu vermeiden - nur wissen lassen, dass Abstand, so schmerzlich es auch sein mag, einer der besten Grundpfeiler für einen persönlichen Neubeginn ist. Diejenigen, die uns verlassen haben, haben dies ja zumeist nicht aus einer Laune heraus getan, sondern schon lange daran herumgeknabbert, bevor es zur in ihren Augen notwendigen Schritt gekommen ist.
Bei mir persönlich war es so, dass ich im Nachhinein betrachet (ich weiss, zwei Tage sind nicht viel) einige Anzeichen dafür einfach beiseite geschoben und verdrängt habe. Hätte mir jemand anders meine Geschichte erzählt, hätte ich es ganz anders analysiert als ich imstande war als einer der Beteiligten.
Ich denke schon, dass man nach einer Trennung wieder zusammenfinden kann, glaube aber, dass dazu viel Zeit verstreichen muss, weil diese Zeit beide brauchen um zu verarbeiten und zu analysieren. Klar, die Gefühle des Verlassenen mögen sich fast übermächtig und überfordernd einstellen, die des Verlassenden sind im Idealfall (wenn man nicht einfach kalt abgestaubt wurde) genauso gross. Sehnsucht nach der Vergangenheit als ultimative Lösung der momentanen miesen Situation stellt sich da schnell ein. Nur haben Probleme, die als unüberwindlich gegolten haben, zu so einer Trennung geführt. Das mögen Probleme mit Dritten, z.B. nicht verarbeiteten früheren Trennungen (so wie bei meiner Ex), oder Probleme mit sich selbst - was will ich erreichen? - warum kann ich nicht zufrieden sein? (auch wie bei meiner Ex), und auch natürlich Probleme in der gemeinsamen Partnerschaft sein. Die Aufarbeitung benötigt unheimlich viel Zeit, und wenn ihr nach oder bei der Trennung schon vernünftig (heulen nicht verboten) drüber geredet habt und ihr versteht, warum diese Trennung stattfinden musste, habt ihr euch zumindest den Anfang ermöglicht, mit dieser Verarbeitung zu beginnen. Treffen tun da nur weh und wecken Hoffnungen, die dann allzugerne wie Seifenblasen platzen müssen.
Vielleicht poste ich mal die ganze Geschichte, jetzt fehlt mir noch die Kraft dazu, und hab noch nicht mal Ahnung wie ich die kommenden sieben Wochen, die du schon hinter dir hast ausfüllen und überstehen werde.
Ich wünsche Dir viel Kraft zu Dir und Deiner Situation zu stehen,
alles liebe,
voyager
31.07.2002 13:37 •
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