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Probleme los zulassen

K
Hallo liebe Community,

ich möchte hier meine Geschichte erzählen. Ich hab ziemlich große Probleme mit einer Person abzuschließen, die ich nur sehr kurz gekannt habe. Fangen wir von vorne an.

Kurz ein paar Worte zu mir. Zu dem beschrieben Zeitpunkt war ich 26, hab jeden Tag gek. , hatte einen kleinen Werkstudentenjob der mir keinen Spaß gemacht hatte, ein Masterstudium was ich halbherzig studierte, aber ich war trotzdem einigermaßen zufrieden. Meine aktuelle WG und mein Bekanntenkreis gefielen mir einfach sehr gut. Ich hatte davor weder eine Beziehung, noch hatte ich sonst irgendetwas mit einer Person (küssen o.Ä.). Das hatte mich lange belastet, aber mittlerweile hatte ich es akzeptiert.

Im Herbst 2019 hatte sich eine junge Dame auf unser freigewordenes Zimmer beworben. Schon bei dem WG Casting war ich hin und weg von ihr und ich konnte meine Mitbewohner davon überzeugen, dass Sie perfekt in unsere WG passen würde. Eigentlich hatte ich mir keine großen Hoffnungen gemacht das irgendetwas laufen würde, da sie einen Freund hatte und ich ja auch sonst keinen Erfolg bei Frauen hatte. Zumindest nicht bei Frauen an denen ich interessiert war.

Im ersten Monat kamen wir uns aber schon Näher. Wir verstanden uns gut, gingen häufig spazieren oder entspannten zusammen auf der Couch. Sie erzählte mir, dass sie eigentlich gar nicht ihren Freund lieben würde. Von ihrer Angst alleine zu sein und das sie noch nie länger als 2 Monate single war. Insgesamt hatte Sie eine sehr unsichere Persönlichkeit, war allem und jedem kritisch gegenüber, auch sich selbst. Daraus resultierten unter anderem große Eifersuchtsprobleme.

Im zweiten Monat fingen wir dann etwas miteinander an. Sie beendete die Beziehung mit ihrem Freund, nach 2 Wochen erzählten wir es auch unseren Mitbewohnern. Wir hatten regelmäßig Streit. Nicht das wir uns angeschrien hatten, sondern eher das ich etwas sagte, was sie verletzte und sie dann einfach verschwand und mich mit einem schlechten Gefühl da ließ. Dazu war sie immer sehr eifersüchtig auf meine anderen Mitbewohnerin und Freundinnen die ich so traf. Die gleichen Gefühle hatte aber auch ich, wenn sie neue Freunde traf. Ich drängte in der Zeit sehr schnell auf eine Beziehung, aber nur unter der Bedingung, dass sie mich auch wirklich liebte. Wie ihr Ex-Freund wollte ich nämlich nicht enden. Sie kritisierte mich immer und immer wieder; ich rauchte zuviel, sei egoistisch, manipulativ und mache kaum etwas im Haushalt (alles Sachen die auch stimmen). Gleichzeitig vergötterte sie mich im nächsten Moment, ich sei cool usw. In der Zeit war ich mir jedoch unsicher, ob ich überhaupt in die Frau verliebt war.

In der 3. Wochen beendete Sie es das erste mal, empfand es jedoch schon einige Minuten später als Fehler, so dass wir weiter machten, als wäre nicht geschehen. In der 4. Woche wann dann endgültig Schluss. Sie hätte zwar Gefühle für mich, wäre aber nicht verliebt und merkte das sie eigentlich lieber alleine sein möchte. Außerdem passen wir nicht zusammen.

Ich war am Boden zerstört. Schmiss mein Gras weg, hörte auf zu rauchen, seit dem auch kein Alk. mehr. 3 Tage weinen, dann zu meinen Eltern. Die nahmen mich dann auch über Weihnachten mit in den Urlaub. Als ich wieder in Deutschland war, nur bei Freunden auf der Couch gepennnt. Mal hier mal da. Kurz darauf Job gekündigt. Studium abgebrochen. Ich will was komplett anderes machen. Zwischendrin immer mal wieder in der WG gewesen. Irgendwelche EX-Zurück Strategien gelesen, deswegen Freundschaft mit ihr zugestimmt. Weiter durch Deutschland gereist, immer wieder bei Freunden. Irgendwann gemerkt, dass ich mein Zimmer kündigen muss. Aber die Hoffnung, dass wir es nochmal probieren blieb bestehen. Sie würde ja nur ein paar Monate alleine sein wollen. Wir schrieben viel, redeten viel, kuschelten manchmal. Als ich ihr erzählte das ich ausziehen würde, hatte Sie richtig doll geweint. Ich war mir sicher, dass ich noch eine Chance hatte. Dafür zeigte sie einfach zuviel Signale.

Ich ging in eine andere Stadt, lebte auf einem Hof. Wir schrieben noch immer. Selten, aber wir schrieben. Banales, aber wir schrieben. In der Regel meldete sie sich bei mir. Alle 7 Tage musste ich ein paar Tage vom Hof weg, denn dann kam die Trauer. Ein kurzer Tapetenwechsel und alles war wieder gut. Wieder zurück auf den Hof. Nach 7 Tagen das gleiche Spiel von vorne. Nach 2 Monaten bekam ich mit, dass Sie einen neuen hat. Obwohl sie eigentlich alleine sein wollte. Ich schrieb ihr ein letztes mal. Kontaktabbruch. Fand einen Job in einer neuen Stadt. Zog um. Freute mich auf ein neues Kapitel. Und dann? Corona.

Der Kontaktabbruch ist jetzt rund einen Monat her. Am Anfang fühlte er sich befreiend an. Ich dachte jetzt wäre ich schnell darüber hinweg. Bei einer Meditation merkte ich aber, dass ich damit immer noch nicht abschließen kann. Mittlerweile denke ich wieder pausenlos an Sie. Obwohl ich weiß, dass das zwischen uns nicht passt. Das ich ihr nicht gut tue und sie mir nicht. Ich probiere mich abzulenken. Neue Kontakte, eigentlich das beste Mittel, sind aufgrund der aktuellen Lage schwierig. Muss ich mich also mit mir selbst beschäftigen. Ich habe probiert jeden Gedanken mit einem Weg direkt zu unterbrechen. Das ging 2 Tage gut. Heute der Breakdown, in unendliche Tränen ausgebrochen. Ich kann nicht mehr.

Das positive aus der Geschichte sehen? Kann ich, bringt aber nichts: Ich *beep* nicht mehr, rauche nicht mehr, kein Alk. mache jeden Tag Sport, ernähre mich Gesund, lese viel, habe endlich Ziele im Leben (neues Studium im WS und bis dahin Geld sammeln), gemerkt welche Freundschaften mir wichtig sind, Beziehung mit meinen Eltern verbessert. Alles dank dieser Krise. Aber auch um ihr zu gefallen.

Mit Freunden gesprochen? Ich habe mit jedem über alles geredet. Hat gut getan, mittlerweile nerve ich aber diese bestimmt. Es ist ja immer wieder das gleiche.

Erinnerungen? Alle gelöscht. Jedes Bild, jeder Brief. Außer die Hoffnung, dass das doch was wird. Die flammt immer wieder auf. Der Gedanke an sie.

Ich weiß das ich tiefere Probleme habe. Das sowas nicht normal ist. Oder doch? Ab wann sollte ich mir einen Psychiater suchen? Ab wann hört das auf. Ich habe doch gerade mal 2 Monate mit ihr zusammen gewohnt. 1 Monat was mit ihr gehabt. Ihr Einzug ist jetzt 7 Monate her.

09.04.2020 19:20 • #1


Cocolores
Hallo Kai,

wirklich viel Hilfreiches kann ich gar nicht schreiben, aber ich möchte nicht, dass Dein Post unbeantwortet bleibt und Du das Gefühl hast hier interessiert sich niemand für Dein Problem.
Hier werden sicherlich noch Antworten kommen von Leidensgenossen oder anderen, die sicherlich Tipps für Dich haben.

Was mich spontan an der ganzen Geschichte stört ist ihre Art Beziehungen zu führen bzw. einzugehen. Mal eben von einem zum anderen, ohne scheinbar drüber nachzudenken, ob das Ganze sinnvoll ist und passen könnte. Dann der Widerspruch, dass sie plötzlich lieber allein sein möchte, auf der andere Seite sagt, dass sie nicht allein sein kann und nie länger als 2 Monate Single ist. Klingt alles sehr oberflächlich.

Dein Leben gleicht ja auch einer Achterbahnfahrt und so ganz ohne stabile Komponenten, da zur Ruhe zu kommen und zu sich selbst zu finden stelle ich mir sehr schwer vor.

Ich schicke Dir virtuell eine feste Umarmung!

09.04.2020 20:14 • x 1 #2


A


Probleme los zulassen

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B
Hey Kai,
Erstmal ist es auf jeden Fall gut, dass du dich hier angemeldet hast und beim Schreiben auch schon einiges reflektieren konntest. Was normal ist oder nicht, kann wohl keiner beantworten - ich denke, es geht eher darum, was gesund ist und einem gut tut. Offenbar hast du für dich viele Baustellen erkannt und auch gehandelt: Das sind sehr wichtige Schritte in die richtige Richtung! Seinen Fortschritt muss man sich in solchen Situationen immer vor Augen halten. Ich weiß nicht, ob du direkt einen Psychiater brauchst, aber probatorische Sitzungen bei einem Therapeuten wären sicherlich eine Idee ,um zu schauen, ob dir das was taugt; und ich denke, das tut es bei jedem. Vielleicht gab es in deiner Kindheit/Jugend Ereignisse, die dich in einen Zustand der Bedürftigkeit gebracht haben? So wirkt es nämlich auf mich, also eine große Leere und das Bedürfnis, dass jemand diese Leere füllt - was auch deinen Konsum erklären würde. Es ist unheimlich schwer, das zu ertragen, weil das Bedürfnis nach Nähe und Anerkennung einfach angeboren sind und jeder Mensch danach sucht. Die Frage ist, ob man sich in der Hinsicht abhängig von anderen macht oder auch so halbwegs zurechtkommt. Ich hänge auch nach eineinhalb Jahren an jemandem, mit dem ich gar nicht so eng verbunden war - es geht nicht um ihn als Person, sondern ihn als Stellvertreter für denjenigen, den ich gerne an meiner Seite hätte als Partner in Crime. Vielleicht geht es dir da ähnlich. In jedem Fall wirst du irgendwann definitiv darüber hinwegkommen, und auf diesem Weg wirst du sehr viel über dich lernen - auch, wenn es hart ist.

09.04.2020 20:21 • x 1 #3


K
Mittlerweile sind schon wieder 3 Monate vergangen und ich stehe wieder am Anfang. Natürlich ist es anders, aber trotzdem ein Rückschritt.

In der neuen Stadt ist es okay, mehr aber auch nicht. Ich hatte sicherlich schon schlimmere Phasen und im Kontrast zu vor 3-6 Monaten ging es mir ziemlich gut. Fast schon wieder Komfortzone, fast schon wieder angekommen. Aber halt nur fast. Der Job ist schrecklich, das Geld phänomenal. ¾ konnte ich pro Monat zur Seite legen.

Meine Sachen hatte ich damals noch in meiner ehemaligen WG gelassen, bis auf meinen Rucksack und eine Reisetasche. Irgendwann musste ich sie abholen. Aber ich wollte nicht, ich konnte nicht.
Durch einen neuen Mitbewohner, der durch seinen Umzug auch durch meine alte Stadt musste, ließ sich mein Umzug auch nicht mehr aufschieben. Die ökonomische Vernunft siegte. Endlich konnte ich die ganze Sache hinter mir bringen, endlich konnte ich damit abschließen. Dachte ich zumindest. Das Wochenende verbachte ich in der Nachbarstadt, wo ich auch mal lebte, wo ich trank, wo ich rauchte. Am Montag fuhr ich dann in meine alte WG.

Kein bekanntes Gesicht war anwesend, nur einer der neuen Mitbewohner. Ich baute meine Sachen ab, suchte alles zusammen. Ich wusste das sie im Laufe des Tages auch nach Hause kommen würde. Nebenbei erfuhr ich noch, das heute ihr Geburtstag wäre. Wie immer halt: Schlechtes Timing. Ich rechnete fest, dass ihr Neuer auch dabei sein würde.

Der Nachmittag war komisch. Die restlichen Mitbewohner kamen nach Hause, wie auch sie, ohne Neuen. Wir tranken Kaffee, es war eine lockere Stimmung. Nur ich spürte Anspannung, vielleicht auch sie. Ich probierte mir nichts anzumerken zu lassen, natürlich nur mit mäßigem Erfolg.
Am Ende saßen wir allein in der Küche. Sie flirtete, zumindest rede ich mir das ein. Sie spielte an ihrem Schmuck, war zu mir gelehnt, ihre Augen funkelten, sie lachte viel. Ich war sehr reserviert, kalt, von ihr abgeneigt. Wir redeten, nicht über uns als Kollektiv, sondern über uns als Individuum. Was wir machen, Corona, WG-Situation, Studium, Arbeit. Eher oberflächlich. Einmal fragte sie mich ob wir nicht spazieren wollen, ein weiteres Mal ob wir nicht in ihrem Zimmer Karten spielen wollen. Ich verneinte beides. Zwischendrin zeigte sie mir Fotos von mir, die sie dann über meine Mitbewohnerin an mich weiterleiten würde. Sie hielt sich streng an den Kontaktabbruch, um den ich sie vor einigen Monaten bat. Sie fragte mich im Laufe des Nachmittags auch, ob sie Verschwinden solle, während ich da bin. Das verneinte ich ebenfalls.

Es verlief sich alles. Ich musste noch ein paar Sachen packen, quatschte noch ein wenig mit meiner anderen ehemaligen Mitbewohnerin und war bereit aufzubrechen. Mein neuer Mitbewohner würde erst am nächsten Tag aufkreuzen und ich war am Abend noch mit einem Kumpel verabredet. Als ich mich verabschieden wollte, saß sie heulend in der Küche, neben ihr Ihr Mitbewohner. Sie riess sich kurz zusammen, wir umarmten uns und ich ging.

Am Abend hatte ich ein richtiges schei.. Ich konsumierte das erste Mal wieder Gras und war gefangen in einer Gedankenwelt mit ihr. Und wusste, dass es nicht richtig war.
Der nächste Morgen. Ich kam etwas zu früh in die WG, natürlich komplett verschallert. Sie und ich saßen dann zusammen in der Küche, schwiegen uns an. Ein Gespräch war nicht möglich. Ich war nur kalt. Nach einigen Minuten Stille verschwand sie einfach ruckartig in ihr Zimmer. Ich brachte meine Sachen schonmal runter, mir fiel ein das ich noch einige Sachen vergessen hatte und musste sie fragen ob sie die hätte. Sie gab sich sehr viel Mühe, fragte alle anderen Mitbewohner und trug dann auch meine restlichen Sachen mit runter. Gegen Mittag verabschiedete ich mich und fuhr zurück in meine neue Stadt.

Am nächsten Tag ging gar nicht mehr bei mir. Nur am Heulen, seitdem aber das letzte Mal. Dafür wieder 1-2 B. pro Abend und viel Nikotin. Die Bilder, die ich wollte, kamen nicht, also schrieb ich sie eine Woche später nochmal an. Sie sendete diese mir einige Tage später kommentarlos. Dann jeweils im Wochenabstand Nachrichten: Sachen die mir gehören könnten und folgende Briefe sind für mich da. Zuvor übernahm das meine andere ehemalige Mitbewohnerin, aber auch nur sehr sporadisch

Letzten Donnerstag wurde ich gekündigt, natürlich nicht unerwartet, ich hatte ja auch nicht viel geleistet und wollte gar nicht in dem Job bleiben.

Freitag schrieb ich sie an, wie es ihr ginge. Sie antwortete sofort. Sie verbringt viel Zeit für sich, macht jetzt eine Therapie, probiert glücklich zu werden. Dann noch ein kurzes Blabla, hin und her, bis ich den Chat abbrach, den ich müsse jetzt los.

Mein Plan für die Zukunft? Ich habe momentan ein Fernstudium und genug Geld für die nächsten 7-8 Monate. Trinken habe ich jetzt am Wochenende aufgehört, rauchen fällt mir momentan noch zu schwer. Sport fange ich auch gerade wieder an. Die aktuelle Stadt werde ich wohl verlassen, je nachdem, wo ich noch ein bisschen Geld verdienen kann. Ich schiele stark auf die Nachbarstadt meiner alten WG. Ich habe dort ein gutes Netzwerk und nen Kumpel, der sich sehr darüber freuen würde, wenn ich wieder ein paar Monate bei ihm wohne.

Natürlich aber auch wegen ihr. Weil ich noch Hoffnung habe, aber auch Angst, dass wir uns beide nicht verändert haben. Oder dass ich alles so sehe, wie ich es sehen will und sie gar kein Interesse an mehr als eine Freundschaft hat.

Warum ich das hier schreibe? Was ich mir erhoffe? Ich habe das geschrieben, um meine Gedanken und Erlebnisse zu sortieren. Vielleicht könnt ihr mir trotzdem noch ein wenig Input geben. Das Schreiben selbst hat mir schon sehr geholfen.

20.07.2020 13:24 • #4


Cocolores
Hallo Kai!

Ich finde gut, dass Du dabei bist, Dein Leben wieder in die richtigen Bahnen zu lenken. Nur nimm Dir bitte nicht zu viel vor, ein Schritt nach dem nächsten! Sonst ist ein Scheitern vorprogrammiert.

Den Kontakt zu ihr solltest Du komplett abbrechen. Das tut zwar weh, aber es tut Dir nicht gut und ist langfristig der einzig richtige Weg für Dich. Ein Neuanfang würde den Schmerz und das Leiden nur verlängern, denn hier wird es leider kein Happy End geben, so sehr Du Dir das auch wünschen magst

Zieh zu Deinem Kumpel und versuche von dort aus alles weitere zu regeln.

Auch wenn Du es nicht glauben magst (konnte ich auch nicht, als alles noch so frisch war), aber der Schmerz wird weniger! Leider muß man da durch, aber dann kommt auch wieder Licht am Ende des Tunnels!

Ich schicke Dir einen dicken Sack Kraft und eine virtuelle Umarmung!

20.07.2020 21:40 • #5




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