Hallo Foris,
seit vielen Monaten lese ich im Stillen mit und habe nun doch entschlossen mich zu öffnen, meine Geschichte nochmals mit doch mehr Abstand von der akuten Krise aufzuschreiben und mich von erfahrenen Betroffenen im Lösungsprozess begleiten zu lassen.
Wir führten zwei Jahre eine sehr liebevolle, wertschätzende Beziehung auf Augenhöhe, waren über beide Ohren verliebt und haben nach einem Jahr unsere bunte Patschworkfamilie unter einem Dach zusammengeführt.
Schon in der Anfangsphase beschlich mich oftmals das Gefühl, dass es zu schön war, um wahr zu sein. Er trug mich auf Händen, war einfühlsam, fürsorglich, sanft, ein Gentleman durch und durch, ein aufmerksamer Zuhörer, ein wundervoller Liebhaber und engagierter Vater seiner Kinder, war lieb zu meinem Sohn, wurde von meiner Familie sehr herzlich aufgenommen und umgekehrt flogen mir auch die Herzen entgegen.
Wir konnten über Gott und die Welt reden, gemeinsam Abenteuer erleben, wir lachten und musizierten zusammen- fühlten uns tief verbunden und es war insgesamt einfach eine wunderschöne magische Zeit.
Nach etwa drei Monaten das erste Tief: Mein Geliebter hat mir gestanden, dass ihm im Streit mit seiner Ex die Hand ausgekommen sei.
Wochen später erhielt ich einen Anruf seiner Ex und Mutter seiner Kinder. Es war wohl nicht nur eine Ohrfeige, er schlug auf sie ein bis sie am Boden lag, hat sie vulgär beschimpft und ist ihr mit dem Fuß in den Schritt gestiegen
Ich habe ihr nicht geglaubt ich konnte ihr nicht glauben. ich wollte ihr nicht glauben.
und ich erinnere mich noch gut an den Zeitpunkt zwei Jahre später in einer Situation mit ihm, als es mir wie Schuppen von den Augen fiel und wusste, dass sie damals die Wahrheit erzählte.
Es gab eine Situation mit seiner Schwester, in der ich ihn extrem übergriffig empfand. Defakto hat er auf sie eingeschrien, wollte sie mehrmals aus dem Auto werfen (einmal mitten in einem kilometerlangen Tunnel).
Im anschließenden Aufarbeitungsgespräch habe ich ihm sehr klar dargelegt, dass ich ihn lieben und mit ihm alt werden würde, aber über seinen Umgang mit seiner Schwester entsetzt sei, dass ich derlei Destruktivität nicht will, dass ich keinen Mann will, der so destruktiv agiert und mit cholerischen Schreiattacken sein Umfeld verstört. (ich bin mit so einem Vater aufgewachsen und hatte bereits davor zwei Beziehungen zu Männern die ein hohes Aggressionspotential hatten)
Unmittelbar danach begann ein nicht enden wollender Albtraum. (Er hat rückblickend eingeräumt, dass genau dieser Satz von mit der Trigger für ihn war. Er fühlte sich von mir entwertet!)
Die Gewalt war Anfangs subtil. Begann mit Provokationen, machoiden Äußerungen und Sticheleien, verstärkte sich in Form von Psychospielchen- (er lockte mich z.B. in die Küche, war lieb und nett, veränderte ohne jeden Anlass plötzlich seine Mimik, verzerrte sie zu einer Fratze und begann auf mich einzuschreien, dass ich ihn langweilen würde, dass er meine Widerstände gegen Männlichkeit schon brechen würde) unberechenbaren cholerischen Wutanfällen. Gaslighting- verdrehte gezielt Situationen und verwirrte mich . er spielte meine eigene Mißbrauchsgeschichte gegen mich aus und es gipfelte darin, dass er mir se*uell gezielt weh tat, mich anschließend auslachte, mich mitten im Niergendwo mit Sack und Pack aus dem Auto geworfen hat, mir nahe gelegt hat ich solle mein armes Kind von mir erlösen, ich sei ein psychisches Wrack und hätte kein Wert fürs Leben.
Ich habe ihn angezeigt, nach dem er mit dem Auto auf mich zugerast ist. Einerseits aus Selbstschutzgründen- ich habe eine Wegweisung erwirkt- und - andererseits wollte ich ihn zwingen, dass er sich psychiatrisch abklären und behandeln lässt-
Es ist mir nie daran gelegen, ihn zu bestrafen. (das spukt nach wie vor in seinem Hirn)
mir war zu dem Zeitpunkt völlig klar, dass er psychotisch war und ich mit meinem !)bipolar erkrankten Vater die Erfahrung gemacht habe, dass nur ein radikaler Bremser von Außen zum Aufwachen aus manischen Zuständen zwingt (hab auch meinen eigenen Vater vor ein paar Jahren zwangseinweisen lassen)
Würde ich all das von einer anderen Forenteilnehmerin lesen, würde ich bestürzt darüber sein, dass sie nach so krassen Ereignissen noch immer nicht loslassen kann.
Immerhin habe ich ein halbes Jahr gebraucht, um mich von diesem Albtraum halbwegs zu erholen. Ich habe eine komplexe posttraumatische Belastungsstörung erlitten und hab es über Reha, Medis, Therapie unsw geschafft wieder halbwegs auf die Beine zu kommen.
Hab eine WG mit einer zweiten Alleinerziehenden Mutter gegründet, stehe wieder im Beruf, kann wieder Lebensfreude empfinden. .
Dennoch krieg ich ihn nicht aus meinem Herzen, meinem System raus. es ist als wäre ich verflucht dazu ihn für immer zu vermissen. natürlich wettert mein Verstand gegen meine infantilen Bedürfnisse (und Neigungen alles zu relativieren, gegebenen falls auch zu verdrängen und ab zu spalten), die ja aus einem alten kranken familiären Muster heraus entstanden sind. ich versuche ständig zu rationalisieren und es hilft kaum. ich komme nicht dagegen an ständig an ihn zu denken und mir die wunderschönen ersten zwei Jahre vor Augen zu führen die wir hatten- mir ein zu reden, man könne mit viel Liebe alle Wunden heilen und aus verbrannter Erde wieder fruchtbare kreiieren.
Ich bin vor zwei Monaten rückfällig geworden. Nach Monaten Kontaktsperre, begann er vorsichtig auf mich zu zu gehen. gab sich krankheitseinsichtig (Bipolar), meinte sogar es wäre ein richtiger Schritt von mir gewesen, dass ich mein Kind und mich vor ihm schützen wollte und ihn angezeigt habe. er lässt sich neben Psychotherapie medikamentös behandeln.
Er würde alles tun, um seine Schatten zu beleuchten und auszumerzen. seine Liebe wäre stärker als sein destruktiver Teil.
Er ist sehr reflexionsfähig und das ist womöglich genau die Falle in die ich ständig tappe.
Habe es vor einer Woche aus einem spontanen Gefühl heraus beendet. Er zeigte mir wieder (selbstverständlich subtil) sein zweites Gesicht, das mir so große Angst macht. und da hatte ich den Eindruck, dass die verbrannte Erde niemals wieder fruchtbar werden kann. (wobei ein zweiter Teil in mir, noch immer an dieser illusionären Hoffnung festhält!)
er selbst meint, dass er zwei Jahre braucht, um wirklich stabil zu werden- und das ist mMn auch eine realistische Einschätzung.
ich hab ihn gebeten, mich nicht mehr zu kontaktieren und er hält sich daran.
nun. .jetzt setzt das Vermissen grad wieder so stark ein. und ich denke an unsere schöne einzigartige Verbundenheit.
ich lenk mich ab und arbeite wie eine irre, mach viel mit Kind. aber genau in den stillen Momenten, auf dem Weg in die Arbeit und die frühen Morgenstunden, beim Einschlafen wirbelt er mir im Kopf herum und löst diese unpackbare Sehnsucht aus.
11.05.2018 00:12 •
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