Liebe Kanu 65,
Deine Geschichte liest sich fast wie meine. Ich bin mit meinem Mann seit 36 Jahren zusammen, seit wir 17 waren. Davon sind wir 28 Jahre verheiratet. Wir haben zwei wirklich wohl geratene Töchter im Alter von 20 und 22 Jahren. Wir leben in unserem Traumhaus am Rande einer Großstadt mit zwei Hunden und waren immer eine Bilderbuchfamilie. Im Rückblick hat mein Mann sich schon längere Zeit zurückgezogen. Er hat immer sehr! viel gearbeitet, war sehr ehrgeizig und erfolgreich. Ich habe, trotz eigner akademischer Ausbildung, die Kinder groß gezogen, die Familie, Haushalt, Freundschaften... gemanagt. Er hatte in der Vergangenheit, ca. seit seinem 46 Lebensjahr immer mal wieder die Anwandlung, dass er etwas versäumt hat, nie alleine gelebt hat, S. ist nur Routine. Wir haben dann Gespräche geführt und ich habe versucht auf seine Bedürfnisse noch mehr einzugehen. Das schien auch in Ordnung zu sein. Er versicherte mir wie gerne er nach Hause kommt, wenn er schon alt werden muss, dann mit mir, er liebt mich so sehr, ich bin die beste Frau, die ein Mann sich wünschen kann...
Von gefühlt jetzt auf gleich, weil ich ihm einen bestimmten Reisewunsch nicht erfüllt habe, erklärte er mir er weiß nicht , ob er diese Ehe noch will, die Ehe und Familie waren ihm immer heilig, das ist jetzt nicht mehr so. Es ist langweilig mit mir, er kann sich nicht vorstellen die nächsten 30 Jahre so zu leben ( er hat zum Schluss immer mehr gearbeitet. Es war keine Zeit mehr für andere Dinge), die Vorstellung, dass die Kinder ausziehen und er mit mir alleine in diesem Haus ist, ist ihm furchtbar, alles, was wir miteinander tun können, haben wir getan und tun wir immer und immer wieder, er war noch nie betrunken mit mir, er möchte durch die Clubs der Stadt ziehen bis morgens um 6.00 Uhr und danach direkt ins Büro gehen. Ich habe ihn eingeengt und die Arbeit hat alles dankbar aufgenommen.
Wir haben dann beschlossen, dass er für drei Monate auszieht. Daraus ist ein Auszug für immer geworden, er benimmt sich mit 53 wie ein 20jähriger. Eine Paartherapie endete im Desaster. Er hat ganz lapidar erklärt er würde mich nicht mehr lieben und er weiß nicht, wann er damit aufgehört hat. Er liebt mich nicht mehr auf die romantische Art, sondern eher wie ein Bruder seine Schwester. Er hat mich gebeten, dass ich immer seine Freundin bleibe. Er hat meines Wissens keine! andere Frau und er ist bisher auch finanziell total fair.
Er meinte, er will diese Ehe retten, hat aber in Wirklichkeit nur versucht sich alle Türen offen zu lassen. Ich habe die Reißleine gezogen und diese Beziehung beendet, woraufhin ein zusammengebrochen ist, aber er hat überhaupt nicht versucht zu kämpfen. Jetzt fühlt er sich angeblich sehr lebendig. Sein Leben ist gekennzeichnet von starkem Auf und Ab und ist keine flache Wellenlinie mehr. Er ist um Jahre gealtert, völlig abgemagert, grau und faltig. Er hat keinen Kontakt zu unseren gemeinsamen alten Freunden mehr. Er scheint in einem Paralleluniversum zu leben.
Das alles dauert jetzt 4 Monte. Ich trauere meinen zerplatzen Träumen hinterher und es vergeht kein Tag, an dem er mir nicht fehlt wie ein verlorener Körperteil. Ich kann es einfach nicht fassen, dass er sich geradezu um 180 Grad gewandelt hat. Das ist nicht der Mann, den ich glaubte zu kennen. Ich bin in Therapie und das hilft auch, aber dienTrauer will verarbeitet werden und das ist noch lange nicht beendet.
Die Hoffnung, dass er sich noch besinnt, glimmt noch in mir, aber gleichzeitig weiß ich, dass ich ihn so wie er jetzt ist, nicht ertragen könnte. Die Wahrscheinlichkeit, dass er sich wieder oder vielleicht auch endlich ändert, scheint gleich Null zu sein. Nicht mit 53 Jahren. Und das ist diese ernüchternde Erkenntnis, die diese Situation so hoffnungslos macht.
Der einzige Trost ist, dass andere Frauen, die das gleiche durchgemacht haben, sagen, dass es wieder besser wird! Garantiert!
Darauf können wir nur hoffen. Du siehst, Du bist nicht alleine. Halte durch.
18.06.2016 21:53 •
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