Hallo zusammen,
ich möchte mich hier in diesem Forum auch gerne mal ausdrücken und vielleicht Zuspruch, Rat, Kritik - Feedback jeder Art - erhalten.
Ich bin seit etwa 15 Jahren mit meiner jetzigen Frau zusammen, seit sechs Jahren verheiratet. Vor etwa anderthalb Jahren haben wir beschlossen, unsere Beziehung etwas offener zu gestalten und uns gegenseitig zu erlauben, uns auch mit anderen zu treffen. Ich habe begonnen, mich öfter mal mit einer Arbeitskollegin zu treffen. Wir haben viel geredet und ich habe eigentlich fast nur Gegensätze in unseren Ansichten festgestellt, habe mich aber trotzdem irgendwie in sie verliebt. Sie strebte eine Beziehung voller Liebe und Harmonie an, in der man jederzeit glücklich ist und den Partner permanent um sich haben will, sich nie streitet und alles ist Friede-Freude-Eierkuchen. Ich fand diese Einstellung damals merkwürdig, aber irgendwie doch faszinierend: Wäre ich in der Lage, mit dieser Frau, die so eine Vorstellung hat und anscheinend bereit ist, darum zu kämpfen, eine solche Beziehung zu erreichen?
Ich habe offen mit meiner Frau darüber geredet, sie wollte daraufhin Schlussstrich und Trennung. Da ich gerade verliebt war, hat mich das irgendwie überhaupt nicht getroffen, und ich willigte ein. Wir wohnten aber trotzdem noch zusammen und haben auch täglich miteinander geredet. Auch sie fand kurze Zeit darauf jemanden, in den sie sich verliebt hatte, und ich dachte, dann wäre jetzt ja alles klar.
Zu meiner Arbeitskollegin hatte ich Gefühle wie noch nie zuvor, bin diesen auch nachgegangen und hatte eine wirklich schöne Zeit. Irgendwann aber hab ich gemerkt, dass da etwas zwischen mir und der Arbeitskollegin steht (sie hat sich nicht verliebt, sondern mich nur als Muntermacher benutzt, wie ich mittlerweile weiß) und die Reißleine gezogen. Zeitgleich flog meine Frau zu ihrem Neuen in den Urlaub und ich war eine Zeit lang auf mich allein gestellt (was irgendwie eine der schlimmsten Erinnerungen in meinem Leben ist). Ich wollte sie nicht aufhalten - war doch einer meiner größten Wünsche damals, dass sie glücklich ist. Ich hab mich daraufhin emotional völlig auf meine Arbeitskollegin fixiert (ein Fehler, wie ich mittlerweile weiß). Meine Frau kam auch wieder zurück, aber seitdem ist mein Gefühlsleben so kompliziert, wie ich es mir vorher nicht vorstellen konnte. Ich selbst hing bis vor ein paar Tagen immer noch emotional an der Arbeitskollegin. Ich habe ihr durch eine schwere Zeit geholfen und mich dabei irgendwie selbst aufgegeben, immer in der Hoffnung, sie irgendwann zu bekommen und dann von ihr Erfüllung zu erfahren (diese Flamme der Hoffnung wurde auch von ihr täglich geschürt). Vor kurzem sagte sie mir, nachdem sie jetzt endlich jemand anders an der Angel hat, dass aus uns endgültig nichts wird, und seitdem fühle ich mich endgültig gekränkt, ausgenutzt und angelogen. Gefühle, die sie bis vor ein paar Tagen noch auflösen konnte, wenn ich mit ihr mal das Gespräch gesucht habe.
Ich bin seit Oktober letzten Jahres in therapeutischer Behandlung und kriege so langsam diesen (für mich) riesigen Knoten wieder aufgelöst, aber es gibt immer wieder Momente, wo die Gefühlsachterbahn senkrecht nach unten durch den Boden schießt - besonders, wenn ich daran denke, wie ich von ihr die ganze Zeit hingehalten wurde (mich letztendlich auch hinhalten ließ), bis ich ihr bei ihrem Problem nicht mehr helfen konnte und sie endgültig jemand anders gefunden hat.
Wie ich mittlerweile erkenne, habe ich die Arbeitskollegin auf einen Thron gehoben, der ihr nicht zusteht. Ich habe angefangen, sie für meine positiven Gefühle verantwortlich zu machen und dadurch verlernt, mich selbst glücklich und zufrieden zu machen, wie ich es vorher noch konnte. Und ich erkenne so langsam auch ihren wahren Charakter; die rosarote Brille der Verliebtheit lege ich langsam ab. Ich sehe wieder die Gegensätze, die ich schon früher sah, und frage mich: Wie konnte ich mich in sie verlieben?
Zusätzlich sind da noch die Gefühle zu meiner Frau: uneingeschränktes Vertrauen, ich kann absolut ehrlich zu ihr sein (wie sie zu mir) und obwohl sie mittlerweile schon wieder jemanden in Aussicht hat, habe ich nicht das Gefühl, dass irgendetwas zwischen uns steht. Attraktiv finde ich sie nach wie vor und ich weiß mittlerweile, dass sie emotional reifer ist, als ich noch vor zwei Jahren gedacht habe (was mir sehr gefällt).
Ich habe erkannt, dass ich die emotionale Bindung zu meiner Arbeitskollegin überwinden muss (und das will ich auch bzw. bin dabei), bevor ich an einen Neuanfang mit meiner Frau denken kann. Ist nur schwierig, weil ich sie täglich sehe und wir oft zusammen arbeiten müssen, was der Kontaktvermeidung echt nicht zuträglich ist. Dennoch rede ich häufig mit ihr (meiner Frau) über die Zukunft unserer Ehe und was wir jeweils voneinander erwarten. Und uns ist beiden mittlerweile bewusst, dass es so eine Beziehung wie in Hollywood-Filmen im realen Leben nicht gibt und das wir diese auch nicht anstreben wollen. Wir wollen uns nach wie vor Freiräume geben, gegenseitig nichts verbieten, solange wir ehrlich zueinander sind.
Ich weiß nicht, ob das eine gesunde Einstellung ist, oder ob diese nur aus meinem momentanen Gefühlschaos resultiert. Die gefühlsmäßige Beziehung zu meiner Arbeitskollegin möchte ich nach neun Monaten voll Tränen, Angst und Hoffnung abhaken, aber kann sich nach so einem Tal der Verzweiflung eine Ehe noch einmal erholen?
So, ich hoffe, ich hab das alles in etwa nachvollziehbar aufgeschrieben und sage schon mal jetzt vielen Dank für eure Kommentare!
27.06.2014 13:28 •
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