Hallo ihr!
An einer Hochzeit habe ich (24J) einen Mann (28J) kennengelernt, den ich eigentlich schon mein ganzes Leben vom Namen her kenne, wir wohnen sogar im gleichen Dorf, sind uns tausende Male über den Weg gelaufen und haben uns trotzdem nie wirklich wahrgenommen.
Wir saßen nebeinander am Tisch, war auch ein Verkupplungsversuch. Meine Eltern sind irgendwann Heim, wir sind noch lange geblieben und er hat mich Heim gebracht. Wir haben ewig getrödelt und zu Hause bei mir wollten wir uns beide nicht recht verabschieden. Wir saßen in der Eiseskälte noch lange auf einer Bank, haben Sterne und Sternschnuppen beobachtet, bis er mich irgendwann schüchtern geküsst hat. Ich wusste da nicht so ganz, was ich da eigentlich mache und ob ich das will, aber schön war es. Am nächsten Tag wollte er mich gleich wieder sehen, wir sind spazieren gegangen, er hat den Arm um mich gelegt, meine Hand gehalten; irgendwann saßen wir ganz nah beieinander auf einer Bank und haben uns auch geküsst. Immer wieder sind auch Leute vorbei gelaufen. Für mich war das alles extrem ungewohnt nach zweieinhalb Jahren Alleinsein und irgendwie komisch, aber das waren vor allem meine Gedanken. Angefühlt hat es sich eigentlich nur wunderschön.
Am nächsten Tag war ich bei ihm. Dort meinte er schon, ich gehöre zu ihm. So wie er mich dort angesehen hat, hat mich noch niemals ein Mann angesehen. Das werde ich nie vergessen. Ein Block so voller ehrlicher Zuneigung und Faszination. Am übernächsten waren wir wieder lang spazieren, er hat mich immer wieder in den Arm genommen, meine Hand gehalten. Abends haben wir dann das erste Mal miteinander geschlafen, er war furchtbar aufgeregt. Dann hat er mein Lieblingslied auf dem Handy gespielt und wir lagen zusammen im Bett. Ewig. Er sagte, er lässt mich nie wieder los.
Zwei weitere Tage später wollte er es unbedingt meinem besten Freund erzählen, den er auch gut kennt. Das haben wir dann auch gemacht. Er ist dann zwei Wochen mit seinen Eltern in den Urlaub gefahren und in der Nacht davor noch zu mir, um bei mir zu schlafen und zu sein. Im Urlaub hat er es seinen Eltern erzählt, mich fast jeden Abend angerufen und mir zwei Lieder geschickt, die er absolut auf mich gemünzt hatte. Während er im Urlaub war, war ich mit gemeinsamen Freunden und Bekannten von uns auf einem Oktoberfest. Er hatte dann auch immer gefragt, wo ich jetzt die Schleife trage und ob ich es den anderen sagen werde. Er wusste nämlich, dass ich Angst habe, wieder fallen gelassen zu werden, das haben wir mehrmals thematisiert. Generell waren wir von Anfang an wahnsinnig ehrlich in jeder Hinsicht zueinander.
Irgendwann war er aus dem Urlaub zurück, wir haben einen wunderschönen Sonntag im Bett mit unglaublich viel Kuscheln und Reden verbracht. Ich habe bei ihm geschlafen, genauso wie die Nacht drauf. Er musste arbeiten und hätte mich sogar in seiner Wohnung gelassen, aber ich bin immer mit aufgestanden.
Am Mittwoch begangen bei mir die Einführungstage für mein Studium. Ich habe mein letztes abgebrochen und habe jetzt noch mal neu angefangen, in einer anderen Stadt. Aber nicht allzu weit entfernt von der Heimat. Viele Leute bei uns im Ort arbeiten in der Stadt und fahren den Weg jeden Tag, ich allerdings wohne dort in einer WG. Eigentlich wollte er da mit mir wegfahren, aber dann kamen eben die Einführungstage dazwischen und er meinte auch, Studium geht vor. Er hat mich also dorthin gefahren, noch Sachen hingebracht und wir hatten einen schönen Tag.
Als er ging, hatte ich das Gefühl, dass er ein wenig in sich gekehrt war, aber kann auch Einbildung gewesen sein. Wir hatten dann beide viel Stress, haben uns aber sehr auf das Wochenende Ende Oktober gefreut, wo wir uns wieder sehen. Auch da war schon mal in Planung in den Urlaub zu gehen. Er hat einfach ein wahnsinniges Tempo vorgelegt. Er war mit seiner Exfreundin vier Jahre zusammen, sie hatten sich sogar Häuser angeschaut und der nächste Schritt wäre irgendwann heiraten gewesen. Vorher ging es aber nicht mehr. Seit zweieinhalb Jahren sind sie getrennt, er hat damals noch versucht, es zu retten.
Auch das hat irgendwie gepasst. Auch ich habe schon ganz schlimmen Liebeskummer erlebt, der damals der Todesstoß für eine Depression war, die mich 5 Monate in eine Privatklinik brachte. Viele von meinen Freunden kennen das nämlich nicht, die waren noch nie in einer richtigen Beziehung oder sind immer noch in der ersten. Er ist ein Mann, der weiß, was all sowas bedeutet.
Ich hatte wahnsinnige Angst davor, dass er mich wieder fallen lässt aus dem Grund. Gleichzeitig hab ich mich noch nie so sicher und so verstanden gefühlt. Als hätte er mich erkannt. Und ich war so angekommen. Er wollte, dass ich mit auf sein wichtigstes Konzert im Jahr komme, die Frau an seiner Seite bin.
Noch nie hat er sich so Hals über Kopf in eine Frau verliebt und mir geht es ebenso. Ich hab sowas noch nie zuvor erlebt.
Also das Wochenende Ende Oktober war dann ganz anders: er war in sich gekehrt, konnte mich nicht anfassen und meinte plötzlich, es ginge ihm nicht gut mit uns. Er weiß nicht, was es ist, aber irgendetwas blockiert ihn, sodass er sich gefühlsmäßig nicht richtig auf mich einlassen kann.
Mir wurde da ganz schlecht. Wir haben dann noch über das Studium gesprochen, das macht ihm wohl Angst, die 5 Jahre und die Entfernung. Als ich meinte, ich kann auch noch an eine andere Uni direkt bei uns, meinte er: das hast du zb noch nie gesagt. Und dir gefällt es doch wo du bist. Das sollst du nicht für mich aufgeben da kam es dann noch mal zu einem Kuss. Aber dann waren wir beide nur sprachlos und ich bin wortlos gegangen ohne ihn anzusehen. Ich habe ihm dann zu Hause noch geschrieben, dass ich überzeugt bin, dass wir das schaffen und ich es nicht aufgeben will. Am nächsten Tag bat ich ihn nochmal um ein Gespräch, weil wir da abends ja kaum geredet haben. Dann kam nur noch, dass das raus musste und es ihm jetzt irgendwie etwas besser geht und es ihm leid tut, wie es gelaufen ist und dass sich meine Befürchtungen bestätigt haben.
Ich hab dann noch etwas geschrieben, seit dem kein Kontakt.
Durch ein Gespräch mit dem Bräutigam der Hochzeit habe ich erfahren, dass dieses Verhalten wohl null er ist. Normalerweise ist er eher unsicher, würde nie solche Sachen wie zu mir sagen und vor allem kein Gespräch verweigern. Er meinte, ich muss ihm wohl total den Kopf verdreht haben und in der kurzen Zeit muss irgendwas passiert sein.
Jetzt sitze ich hier, wieder allein am Studienbeginn in einer neuen Stadt. Kann nur heulen, kriege nichts auf die Reihe, habe das Gefühl, ich kann nie wieder vertrauen und einem Mann glauben. Immer wieder werde ich in die Knie gezwungen, während andere sowas nicht mal kennen. Kaum dass ich ein Jahr aus der Klinik entlassen wurde, geht alles wieder los. Mein Leben ist ein Albtraum. Mein Glück immer nur trügerisch.
07.11.2017 09:45 •
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