Hallo zusammen,
weitere 10 Wochen sind ins Land gegangen und ich möchte weiter berichten, wie es mir geht. Zum einen schreibe ich das für mich selbst und zum anderen hoffe ich, dass meine Geschichte/Entwicklung rückblickend irgendwann anderen eine Hilfe sein kann. In der ersten Zeit nach der Trennung wäre ich ohne meine Familie, Freunde und dieses Forum vermutlich zugrunde gegangen.
Hier die Links zu meinen vorherigen Berichten.
Nach 10 Wochen:
https://www.trennungsschmerzen.de/mein-z ... 25353.html
Nach 20 Wochen:
https://www.trennungsschmerzen.de/mein-z ... 26883.html
Die letzten 10 Wochen waren sehr intensiv. Ich habe mich weiter gezwungen am Leben zu bleiben und am Leben wieder teilzunehmen. Auch wenn sich alles in mir dagegen gesträubt hat. Ich habe keine Einladung ausgeschlagen, habe selbst viele Verabredungen gemacht, war am Wochenende oft aus, bis spät in die Nacht. Mittlerweile werde ich auch wieder öfter gefragt, ob ich Lust hätte, was zu unternehmen (nachdem ich mich 6 Jahre in der Beziehung fast komplett von der Außenwelt abgekapselt hatte und fast keine Freunde mehr hatte). Das ist toll. Aber ich bin noch lange nicht da, wo ich hin möchte. An das Nachtleben, soziale Kontakte knüpfen etc. muss ich mich erst wieder gewöhnen. Fühle mich mit 31 Jahren derzeit wieder etwas in meine Studentenzeit zurückversetzt.
Ich denke noch immer jeden Tag an sie. Es ist kein einziger Tag vergangen, an dem ich nicht an sie gedacht habe. Das nervt! Es verbraucht sinnlos wertvolle Energie und Zeit. Trotzdem werde ich es nicht los. Aber es wird besser, aber sehr viel langsamer, als mir lieb ist. Ich träume noch oft von ihr und ihrer Familie. Es sind intensive Träume, die mich am Morgen schmerzhaft in die Realität ausspucken. Ein Teil von mir liebt sie immer noch sehr. Trotzdem wünsche ich mir, sie niemals wiederzusehen. Ich verbinde diese Frau abwechselnd mit dem schlimmsten Schmerz und dem größten Glück meines Lebens.
Ich habe für mich aber auch erkannt, WIE SEHR ich von dieser Person abhängig war. Ein Großteil meines Glücks, meines Egos und meiner Zukunftspläne waren auf dieser Frau aufgebaut. „Without you, I am nothing“ heißt es in einem Song von Placebo. Meine ganze geglaubte Identität ein Luftschluss. Sie war die Einzige für mich und ich war immer irgendwie überzeugt davon, niemals etwas Besseres/Schöneres/Lustigeres, etc. zu finden. Sehr treu, aber auch irgendwie erbärmlich und unmännlich von mir.
Ich versuche also mich von dieser Abhängigkeit zu lösen. Ich habe mir ein Wochenende genommen und bin an einem schönen Sommertag durch die Fußgängerzone einer großen Stadt getigert. Ich habe noch NIE zuvor in meinem Leben einfach eine Frau angesprochen. An diesem Tag waren es bestimmt 20. Am Anfang direkt eine Gruppe von 3 Mädels mit einem Herz, dass mir fast aus der Brust schlug. Ich war so dermaßen nervös und kam daher vermutlich so creepy rüber, dass es ein ziemlicher Flop wurde. Aber ich habe weitergemacht. Hübschen Frauen einfach Komplimente gemacht, ihnen möglichst ohne Erwartungshaltung gesagt, wie toll sie aussehen, worüber sie sich offensichtlich auch sehr gefreut haben.
Es hat mich SO viel Überwindung gekostet, das zu tun! Erstaunlicherweise hatten viele einen Freund , aber ich hatte auch wirklich ein paar nette Unterhaltungen. Es gibt tatsächlich noch andere nette Frauen, erstaunlich. Und ich bin stolz, dass ich mich das getraut habe. Aber es ist nur ein erster Schritt, um kontaktfreudiger zu werden….
Ein paar Wochen später habe ich mich mit einer Freundin getroffen, die ich schon eine Weile nicht mehr gesehen hatte. Wir waren abends aus, haben ein paar Cocktails getrunken. Ich habe sie den ganzen Abend „geführt“, sie berührt, ihre Hand genommen, sie zwischendrin umarmt. Ich hatte Lust sie zu küssen und sie wartete offensichtlich nur darauf, dass ich es endlich tue. Habe aber nichts gemacht. Zu späterer Stunde waren wir noch in ihrer Wohnung und sie hat mich nahezu ins Bett gezerrt. Wir küssten uns und auf einmal war alles vorbei. Kein Feuerwerk, als unsere Lippen sich berührten. Keine Emotionen mehr, keine Lust, alles weg. Nur der emotionale Vergleich mit meiner Ex. S. habe ich dann auch abgelehnt, worauf sie zum Glück cool reagiert hat. Wir haben dann gekuschelt und sind zusammen eingeschlafen, was auch mal schön war, nachdem ich monatelang in einem leeren Bett lag.
Meine Lektion aus diesem Erlebnis ist, dass ich derzeit völlig beziehungsunfähig bin und dass ich keine andere will. Dass ich mich zunächst um mich selbst kümmern muss. Das mache ich auch. Ich arbeite hart an mir, damit ich wieder stabil und glücklich im Leben stehe. Aber es zieht mich immer wieder runter, wogegen ich mit aller Macht kämpfen muss. Insbesondere wenn ich still stehe. Beschäftigung ist fast schon zu einem Zwang geworden.
Meine mit Abstand größte Angst ist immer noch die, dass ich erfahre, dass sie einen neuen Freund hat. Ich kann spüren, dass ich dann wieder nahezu bei Null anfangen werde. Ich weiß, dass sie kein Kind von Traurigkeit ist und dass sie seit der Trennung vermutlich bereits mit zig Typen im Bett war, aber ich klammere mich noch an den Gedanken, dass es vielleicht doch nicht so ist.
Freiheit und Loslassen sieht anders aus.
Alles in allem kann ich nicht behaupten, dass ich es mir wirklich gut geht. Das tut es nicht. Es geht mir zwar etwas besser, als direkt nach der Trennung, aber hinter mir habe ich es noch nicht. Ich hatte schon wieder sehr gute Tage, mit nahezu euphorischer Freude auf das Leben das kommen wird. Aber ich habe auch immer wieder Tage, an denen es mich einfach überkommt, an denen ich mich vergraben und einfach nicht mehr weitermachen möchte.
Gestern Abend habe ich auf Facebook/Instagram noch neue Fotos von ihr gesehen, auf denen sie einfach nur fantastisch und glücklich aussieht. Anschließend bin ich mit Freunden/Bekannten in einen Club, habe mich ziemlich betrunken und einen auf gute Laune gemacht. Alle anderen sind irgendwann gegangen und ich habe noch eine ganze Weile alleine weitergefeiert. Um 5 Uhr morgens wurde es mir zu blöd, bin alleine aus dem Club raus, habe mich in irgendeinen Hauseingang gesetzt, geweint, geraucht (sehr schlechte, neue Angewohnheit seit der Trennung…) und verzweifelt versucht mich an ihre Handynummer zu erinnern. Das hat (zum Glück) nicht funktioniert. Und zum Glück konnte ich mich nicht von außen betrachten, der Anblick hätte mir nicht gefallen.
Ich mache also weiter, irgendwie. Versuche am Leben zu bleiben, nicht weil ich will, sondern weil ich es muss. Der Hauptgrund weiterzuleben, ist meine Familie. Aufgeben kann ich nicht.
Wenn ich wirklich ehrlich bin: Ich will dieses neue Leben nicht. Es wurde mir aufgezwungen. Meine neue Wohnung, meine neuen Bekanntschaften, mein neuer Style/Look (habe viel trainiert, eine neue Frisur und trage jetzt Kontaktlinsen…) und mein ICH….es fühlt sich alles fremd an. Als würde ich ein Leben leben, dass nicht mehr meins ist.
Ich versuche den Blick auf andere Frauen zu richten, flirte und bin auf Dating-Seiten angemeldet. Aber ich will keine andere. Betrachte jede durch die Ex-Brille und finde an jeder etwas anderes auszusetzen.
Was ich wirklich will, ist, in die Vergangenheit zurückzureisen und Samstagsabends mit dieser Frau auf der Couch zu liegen, einen schönen Film zu schauen, meinen Kopf an ihre weiche Brust zu legen und einzuschlafen mit dem Gedanken, dass sie morgen nach dem Aufwachen noch da sein wird.
Aber eine Zeitmaschine wurde bis heute noch nicht erfunden.
Dieser Satz macht mit in den dunkeln Stunden Mut:
„Alles was man über das Leben lernen kann , ist in 3 Worte zu fassen: Es geht weiter!“
Ich hoffe, dass ich das irgendwann aus vollem Herzen bestätigen kann.
Alles Gute und viel Kraft euch allen.
LG
Riese