Hallo zusammen,
ich weiß gar nicht, wo ich genau anfangen soll und bin momentan recht verwirrt. Achtung! Langer Text
Vor einigen Monaten sind mein (mittlerweile) Ex-Freund und ich uns näher gekommen. Wir kennen uns vom Sehen schon einige Jahre, aber erst vor einigen Monaten hat sich der Kontakt intensiviert und wir waren beide sehr erstaunt darüber, wie ähnlich wir uns sind und wie gut wir uns verstehen - absolut gleicher Humor, gleiche Ansichten und Interessen, gleiche Ziele. Und das, obwohl er 10 Jahre älter ist als ich.
Er hat sich mächtig ins Zeug gelegt, mir viel Wärme und Geborgenheit gegeben, konnte mir ansehen, wenn etwas nicht stimmte, überraschte mich mit kleinen Aufmerksamkeiten, schenkte mir z.B. ein Buch, das ich schon lange lesen wollte. Andersherum habe ich ihm viel Zeit geschenkt, für ihn gekocht, mit ihm Fußball gesehen etc. Er war sehr interessiert an mir und schrieb mir mehrmals täglich. Wir wohnen nicht weit voneinander entfernt, sodass wir uns auch oft gesehen haben. Auch ein für mich anstehender Auslandsaufenthalt schien kein Problem, er freute sich für mich und wollte mich besuchen. Wir lernten die Freunde und Familien des jeweils anderen kennen.
Vor etwa vier Wochen fing es dann an: Er war verabredet (mit einer guten Freundin, nicht mit mir), schrieb mir dann aber, der Tag habe ihn sehr geschlaucht, er sage seine Verabredung ab, wolle alleine sein und lege auch Handy und Laptop mal beiseite. So kannte ich ihn gar nicht, habe es aber verstanden, da ich solche Tage auch von mir kenne: Abschalten, mit sich selbst sein, genervt von allem und jedem. Er meinte, das habe er halt ab und an mal.
In den Tagen darauf wurde es nicht besser und ich wusste nicht so genau, wie ich mich verhalten solle, um ihn nicht zu bedrängen und ihm Raum für seine Gedanken zu geben. Weil ich viele Dinge/Umstände oft automatisch auf mich beziehe, suchte ich das Gespräch. In dem Gespräch sagte er mir daraufhin, dass er zum einen mit sich unzufrieden sei und es zum anderen nicht kenne, dass sich eine Frau so um ihn kümmert, im so viel gibt und dass er damit manchmal überfordert sei. Er finde das super schön, habe aber ein schlechtes Gewissen, wenn er gerade mit anderen Dingen beschäftigt sei und mir nicht genauso viel Aufmerksamkeit schenken könne. Auch brauche er manchmal etwas Raum für sich. Ich schlug vor, mich etwas zurückzunehmen und mich mit ihm in der Mitte zu treffen. Soweit so gut. Für mich bedeutet eine Beziehung, sich aufeinander einzustellen und etwas vom Gas zu gehen, stellte für mich kein Problem dar.
In den darauffolgenden Tagen änderte sich seine Situation nicht. Er kapselte sich weiter ab - nicht von mir, aber er ging nicht mehr raus, hing nach der Arbeit nur zu Hause rum, schlief, wollte seine Ruhe. Wenn ich dort war, bspw. am Laptop gearbeitete und ihn zwischendurch ansah, wirkte er nur noch erschöpft und antriebslos. Er selbst beschrieb seine Situation als evtl. beginnende Midlife Crisis und meinte, er sei aktuell mit allem überfordert: Arbeit, Freundeskreis, Verpflichtungen, mir. Er schrieb mir Sachen wie ich fühle mich so leer, würde am liebsten morgens liegen bleiben. Da ich solche Aussagen aus meinem Freundeskreis kenne und sie mir deshalb etwas Angst einjagten, schlug ich ihm den Besuch bei einem Arzt und danach evtl. bei einem Psychologen vor. Das lehnte er ab.
Er sah immer müder aus und vergaß Dinge, hielt Abmachungen nur noch halb ein. Ich versicherte ihm, dass ich zu ihm stehe und ihn unterstütze. Geschrieben und angerufen hat er weiterhin und auch gesehen haben wir uns weiter regelmäßig. Er sah mich immer noch verliebt an und küsste mich - auch auf die Stirn, was mir immer sehr das Gefühl von Geborgenheit gibt. Jedoch kam auch immer wieder mein Auslandaufenthalt zur Sprache und dass er einen Plan für die Zukunft brauche. Ich muss dazu sagen, dass ich das nicht verstand, da ich nur ein paar Monate weg bin - und das im europäischen Ausland, also nicht am anderen Ende der Welt. Ich machte ihm klar, dass ich auch einen Plan habe und nicht blindlings durch die Welt laufe. Das beruhigte ihn - vorerst.
Vergangene Woche machte er dann Schluss. Als er vor mir saß, war nichts mehr von dem selbstbewussten Mann übrig, der er eigentlich ist. Er hatte Tränen in den Augen, bebte am ganzen Körper. Er meinte, er könne das nicht mehr, es tue ihm zu weh, zu sehen, wie ich unter der Situation leide, weil er mir nicht das geben kann, was ich ihm gebe und was ich verdiene. Er brauche gerade viel Luft für sich und fühle sich absolut verloren. Er sei überfordert und wisse nicht mehr, ob er mich in der Zeit, in der ich weg bin, vermissen werde. Auf der anderen Seite sagte er Dinge wie dass er wisse, dass ich die richtige Frau für ihn sei und dass er sehr viel für mich empfinde, aber gerade so mit sich beschäftigt sei, dass er diese Beziehung nicht führen könne. Er wolle mit mir zusammen sein, aber die Umstände auf seiner Seite ließen das gerade nicht zu. Er könne mir keine Stärke und Sicherheit geben und nicht der Motor sein, der er normalerweise sei. Er sei bei allem verunsichert, nicht nur bei mir und jetzt, wo er Schluss mache, sei er noch verunsicherter. Er wisse, welches Risiko er eingehe und erwarte nicht, dass ich auf ihn warte, aber dass ich ihn nicht verurteile, bevor er seine Gedanken geordnet und verstanden habe, was bei ihm los sei.
Ich weiß nicht, was ich denken soll. Er ist generell ein sehr ehrlicher Mensch, sagt seine Meinung geradeheraus. Wie das allerdings bei emotionalen Geschichten aussieht, kann ich gerade nicht beurteilen. Wenn es stimmt, was er sagt und er gerade in einer Lebenskrise steckt, tut mir das sehr Leid für ihn und ich wäre bereit zu warten. Andererseits klingen seine Aussagen auch sehr nach Standardfloskeln, die man schon oft gehört hat: Es liegt nicht an dir, es liegt an mir, Du bist eine tolle Frau etc...
Hinzu kommt, dass er mir vorgestern schrieb und fragte, wie es mir denn gehe. Auf meine Antwort meinte er dann entschuldige, dass ich geschrieben habe, aber du bist mir wichtig. Ich hoffe, das weißt du.
Sehr merkwürdig...Meinungen?
09.03.2016 13:20 •
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