@VictoriaSiempre und @unbelLeberwurst
Ich möchte ich Euch gleich beiden gemeinsam antworten, weil es im Grunde um dasselbe geht.
Das sehe ich ja genauso und habe es auch geschrieben: Wenn es um tiefere Gefühle geht, jemand nicht nur vielleicht irgendeinem bestimmten Reiz erliegt, sondern ganz ernsthaft und umfassend in Liebe entbrennt, dann ist im wahrsten Sinne des Wortes Feuer am Dach.
Und, ehrlich gesagt, ich wüßte auch nicht, was es dann noch zu tun gäbe, das auch Hand und Fuß hätte. Denn wenn jemand für einen anderen viel mehr empfindet als für den ursprünglichen Partner, ihn alles zu dem anderen hinzieht, dann hilft es auch nichts, wenn er sich von dem eigentlich (aktuell) geliebten Menschen trennt und seine Gefühle verleugnet. Denn diese wenden sich deshalb ja nicht wieder dem eigentlichen Partner zu, sondern können lediglich mit der Zeit wieder abstumpfen, so, wie sie es zuvor in der Regel schon für den Partner sind. Recht viel mehr kann dabei letztlich nicht herauskommen als eine abgebrannte Beziehung weiterzuleben oder zu irgendeinem freundschaftlichen, Wg-artigen Arrangement zu kommen.
Ob das beiden dann reicht, und zwar auf Dauer reicht, ist aber eine Frage, die beide sich nur selber beantworten können. In der Regel wird in so einem Fall halt dann zumindest eine Zeitlang zwecks emotionaler Beruhigung schöngefärbt, nach dem Motto, bei anderen sei es ja auch nicht anders, auf längere Sicht wäre es auch mit einem anderen Partner wieder genauso gekommen usw.
Was aber viel öfter der Fall ist, ist doch, daß vor allem das s...elle Verlangen nach und nach nachläßt. Das ist auch durchaus ganz natürlich. Nach drei oder zehn oder zwanzig Jahren ist dieses prickelnde Gefühl einfach nicht mehr da, das die Lust in die Höhe treibt.
Und in diesem Fall ist eben - für mich - schon die Frage, ob man eine Beziehung, die ansonsten gut und stabil ist, an der vielleicht auch sehr viel dranhängt, unbedingt aufgeben muß, falls einer der Partner für ein paar Monate wieder einmal von einem heftigeren Lustverlangen befallen wird und dem dann nicht widerstehen kann.
Was mir aber eigentlich gegen den Strich geht, sind diese oft sehr massiven bis teilweise sogar niederträchtigen Verurteilungen von Affären bzw. den aktiv Beteiligten. Welche Emotionen hier immer gleich ausbrechen, ist unglaublich. Und vor allem: Diese heftigen Emotionen verunmöglichen ganz offensichtlich auch jedes halbwegs klare und sachliche Denken.
Denn wenn man meint, ein Mensch, den es in eine solche Affäre hineinzieht , hätte ja widerstehen können, sei offensichtlich ein liederlicher Lump, eine elende Sch...pe, weil er eben nicht widerstanden habe, sondern sich darauf eingelassen hat, dadurch betrogen, Vertrauen mißbraucht, hintergangen usw. hat - wenn man also davon ausgeht, es habe ganz in seiner Macht gestanden, sich auf die Affäre einzulassen oder nicht, es sei sein freier Wille gewesen: dann kann und muß man konsequenterweise auch davon ausgehen, daß ebenso der Betrogene ja nicht dermaßen entrüstet, verzweifelt, wütend, vernichtet reagieren müßte, sondern sich ja seinerseits für Gelassenheit und Ruhe entscheiden könnte, also auch dieser sich beherrschen und den aufwallenden, zerstörerischen Emotionen widerstehen könnte.
Wenn man von dem einen etwas Unmögliches verlangt und erwartet, kann man das gleichfalls auch vom anderen erwarten und verlangen (macht aber niemand).
Ich finde, der Fall der TE hat ja etwas Spezielles an sich. Wenn man ihren Schilderungen Glauben schenkt, dann war es ja so, daß sich zu dem anderen Mann diese tiefen Gefühle entwickelt haben, die sich sogar nach seelenverwandt angefühlt haben, daß jedenfalls Gefühle aufgetreten sind, die sie bisher noch gar nicht gekannt hat, die gewissermaßen überraschendes und nicht einmal absichtlich betretenes oder auch nur herbeigewünschtes Neuland für sie waren. Man könnte sich ja auch gar nichts wünschen, das man nicht kennt. Und dies hat offenbar alles auf den Kopf gestellt, dachte sie doch bisher, die Beziehung mit ihrem Mann sei ohnedies glücklich und erfüllend und wunderbar.
Und so etwas ist tatsächlich eine äußerst schwierige Situation. Denn eine Liebe, ob sie nun sein darf oder nicht, kann ausgesprochen mächtig sein, wie man weiß, und einen völlig vereinnahmen. Auf der anderen Seite aber gibt es eben auch diese ja zumindest nicht unglückliche, stabile Beziehung, samt Kindern, Haus usw. Tja, und was macht man dann? Zumal wenn man bedenkt, wohin gerade solche Seelenverwandtschaftsbeziehung oft führen? Die reißen einen zwar zunächst in den Himmel, doch zumeist fällt man dann ebensot tief wieder herab.
Jedenfalls ist dieser Zustand letztlich ein ganz unmöglicher und verzweifelter. Viel einfacher wäre es natürlich, wenn die bestehende Beziehung ohnehin schon ganz versandet wäre. Aber das ist sie offenbar nicht. Sondern es geht darum, daß durch diesen anderen Mann Gefühle ausgelöst worden sind, die alles Bisherige scheinbar bei weitem überstrahlen.
Wobei sich das alles aber von selber erledigt hat, nachdem jener Mann sich für seine Familie entschieden hat. Daher hielte ich es auch für falsch, wenn die TE ihrem Mann etwas gestehen würde. Um S. ging es ja nicht einmal noch. Sie könnte also höchstens gestehen, daß sie sich in einen anderen schwer verliebt habe. Ja, und was würde dann aufgrund dieser geoffenbarten Wahrheit weiter geschehen? Ihr Mann würde - vermutlich - in ein Tief fallen, würde vielleicht wütend, verzweifelt, zumindest stark verunsicher werden, einen Betrug im eigentlichen Sinne könnte er ihr nicht einmal vorwerfen, es gebe also nicht einmal diesen üblichen Knackpunkt, an dem der Bruch der Beziehung festgemacht werden kann. Und ich weiß nicht, ob die beiden dann noch jemals aus dieser Nummer herauskommen würden. Das ist allein deshalb nicht zu sagen, weil der Mann der TE hier ja ein ganz Unbekannter ist. Daher könnte hier Ehrlichkeit tödlich sein, und das noch dazu ganz sinnloserweise.
21.09.2017 20:46 •
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