Hallo!
Am Anfang war der Hauptteil als Nachricht im SMS Thread gedacht. Es wurde nur immer länger und länger und sprengt den Rahmen. Da es allerdings alles wichtige beinhaltet und zeigt in welches Gefühlsdilemma ich mich selbst gebracht habe, schreib ich es nicht um, sondern lass es so und poste es hier, da ich gerade ein bisschen mit meinem Latein am Ende bin.
Als ich heute deine Nummer einspeicherte und dir schrieb, habe ich ganz bewusst die Funkstille zwischen uns gebrochen. Ich habe schon echt ne Weile hin und her überlegt ob ich soll oder nicht. Aber du warst eineinhalb Jahre lang ein so wichtiger Teil in meinem Leben dass ich nicht anders konnte. Ich musste dir einfach sagen dass es nach über einem Jahr Arbeitslosigkeit endlich geklappt hat und ich endlich nen guten Job gefunden hab. Und wenn ich ehrlich bin, wollte ich auch dass du es weißt, denn als wir ein Paar wurden machten wir aus, dass ich bei uns im Großraum suche und bleibe, nachdem du selber, entgegen deiner Pläne, auch nicht weggezogen bist. Du wusstest außerdem auch von Anfang an, dass ich gesundheitlich nicht blind jeden Job annehmen kann. Bei deinem Ausraster bei der Trennung war eines deiner vielen, völlig überzogenen Beispiele, was dir alles nicht mehr passt, genau das. Du hast mir vorgeworfen, dass ich nur hier bei uns suche und ja viel zu wählerisch sei, obwohl ich außer bei der einen Einschränkung nie unflexibel war. Ich wollte dass du weißt, dass ich jetzt, einen Monat nach der Trennung, nen Job gefunden hab der perfekt passt und es bei mir endlich mit meinem eigenen Leben langsam bergauf geht.
Hauptsächlich ging es mir aber wirklich darum meine Freude mit dir zu teilen und ich habe mir, zumindest nicht bewusst, nichts davon erhofft. Das habe ich dir ja auch alles so erklärt. Ich dachte wirklich dass, wenn überhaupt, nur ein kurz angebundener oberflächlicher Glückwunsch von dir kommt. Ich hatte nicht damit gerechnet dass du dich wirklich so aufrichtig für mich freust, und erst recht nicht damit dass wir noch über ne Stunde lang miteinander schreiben würden. Nach deinem Glückwunsch wäre es zwar auch vorbei gewesen aber ich fragte dich dann wie es dir so geht. Du hast direkt so freudig und viel geschrieben und auch das Gespräch durch eigene Fragen am laufen gehalten, dass ich wirklich den Eindruck hatte dass du froh warst dass ich das Eis nach deiner ersten Antwort gebrochen hatte und du dich freust von mir zu hören.
Es fühlte sich allerdings auch sehr merkwürdig an. Einerseits war es so vertraut, andererseits jedoch nur noch so als ob sich zwei gute Freunde schreiben. Da du dich ja nicht im Streit sonder aus Vernunft trotz Liebe getrennt hast können wir ja theoretisch normal miteinander umgehen, aber da war trotzdem dieses Ungewisse. Was kann ich noch fragen, was geht zu weit. Man hat zum einen gemerkt dass du mich wirklich noch magst, aber zum anderen auch dass wir beide eben nicht mehr wirklich offen miteinander sein können.
Du hast mir erzählt dass du jetzt voll eingespannt bist, sehr viel arbeitest und zum üblichen Sport zusätzlich auch wieder angefangen hast ins Tauchtraining zu gehen. Sprich, du führst wieder das Leben von dem du durch mich froh warst ein Stück weit wegzukommen. Du bist wieder komplett beschäftigt, damit du nicht zur Ruhe und zum Nachdenken kommst und dann traurig wirst. Genau das, warum deine Freunde mich immer gebeten haben dich ein bisschen auszubremsen damit du nicht irgendwann zusammenbrichst. Du denkst nämlich vielleicht, dass es ja positiver Stress sei, aber deinem Körper ist das ziemlich egal was du dir beim Stress denkst. Hoffentlich hast du dir es wenigstens zu Herzen genommen, dass du wenigstens manchmal abschalten musst und dich erholen. Sonst wirst beim nächsten Vertreter der ins Institut kommt wieder traurig, wenn er dich, statt auf Mitte 20, wieder auf über 30 schätzt.
Es ist schon bittere Ironie dass ich jetzt nen Job gefunden hab bei dem ich sogar täglich an der Uni vorbeifahren werde. Dein Drang nach Freiraum in unserer, wie du meintest, schönen aber festgefahrenen Routine unserer Wochenendbeziehung, wäre jetzt kein so großes Problem mehr. Wir könnten uns jederzeit ganz flexibel nach der Arbeit sehen wenn du am Wochenende keine Zeit hättest. Aber ja, wenn du wieder so eingespannt sein willst ginge auch das nicht. Und wenn du tatsächlich in drei oder vier Jahren noch ein Jahr ins Ausland willst würde ich das nach wie vor nicht mit machen. Wenn du dir für Dinge, die so weit in der Zukunft liegen und noch völlig in den Sternen stehen, alles offen halten willst macht es natürlich keinen Sinn zusammenzubleiben.
Erinnerst du dich noch als wir in unserem ersten Herbst draußen vor den WH an dem großen Feuer saßen? An dem Abend warst du sehr traurig und hast mir gesagt, dass du wegen deinem kaputten Elternhaus kein Zuhause hast in das du dich wie alle anderen zurückziehen kannst, wenn es mal schlecht läuft. Ich hab dich damals ganz fest gehalten und dir versprochen dass ich, sobald ich einen gescheiten Job habe, ein Zuhause bauen werde in dem du immer willkommen sein wirst. Du warst so gerührt und glücklich dass du sogar ein bisschen weinen musstest. Jetzt ist es soweit. Ich werde bald anfangen ein Zuhause aufzubauen aber es wird nur noch für mich alleine sein. Der Gedanke macht mich gerade sehr wehmütig, denn ich wünsche mir ich würde es immer noch für uns beide bauen.
Als wir uns heute geschrieben haben ging ich zwischen durch mal raus um eine zu rauchen. Als ich zurück kam hattest du mir geantwortet. Ich fragte dich noch ob du schon weißt was du für den Junggesellinnenabschied deiner Freundin planst, aber ich bekam keine Antwort mehr. Du kamst nicht mehr online in WA. Es war traurig denn ich merkte dass du ins Bett gegangen warst und es fehlte mir sofort dass es kein Gute Nacht, Schlaf gut usw. gab. Ich wurde dann traurig und schrieb dir noch dass ich deine Schlafenszeit wohl verpasst hatte, dass es schön war mal wieder mit dir zu schreiben und wünschte dir eine Gute Nacht.
Heute nach dem Aufstehen ging mein erster Blick natürlich direkt aufs Handy ob eine Antwort kam, aber da war nichts. Da ich aber auch wieder ständig drauf schaue weiß ich dass sie erst in ihrer Mittagspause das erste Mal online war. Also entweder hatte sie keine Lust oder keine Zeit mir zu antworten, oder sie überlegt selber noch ob und was sie schreiben soll. Ich habe für mich jedoch beschlossen dass ich ihr von mir aus nicht wieder zuerst schreiben werde, auch wenn es mich jetzt mehr denn je in den Fingern juckt. Die Nummer werde ich auch wieder löschen. Ich bereue es nur dass ich sie für Notfälle so verinnerlicht habe dass ich sie vorwärts und rückwärts aufsagen kann.
Gefühlsmäßig hab ich mich gestern im Freudentaumel in die Brennnesseln gesetzt. Ein Teil von mir freut sich riesig dass ich endlich wieder Arbeit habe und es in meinem eigenen Leben bergauf geht nachdem mich die Trennung komplett in einen bislang noch nie erreichten Tiefpunkt geworfen hat. Ich freue mich dass ich ab März wieder nen Grund hab morgens aufzustehen, beschäftigt zu sein und mich nicht mehr den ganzen Tag in meinen Gedanken zu verlieren. Der Teil von mir hat auch akzeptiert dass es eigentlich von ihrer und von meiner Seite aus kein zurück mehr geben wird und schließt langsam damit ab. Ein anderer Teil ist gleichzeitig deprimiert dass ich dieses neue Kapitel nun ohne sie starten werde und wünscht sich immer noch dass einfach alles wieder gut werden würde. Und ein weiterer Teil wartet trotz allem jetzt wieder gespannt ob von ihr noch was kommt, hat ständig das Handy in der Hand und fragt sich wie es wohl in ihr aussieht und was sie denkt. Denn hinter die freundschaftlichen Nachrichten von gestern kann man nicht schauen.
Danke fürs Lesen bis hier her. Meinungen und Ratschläge sind natürlich gerne willkommen.
Gruß Tidus
22.02.2018 14:59 •
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