Zitat:Er sagte, dass ihm an dem Wochenende die Tragweite der Beziehung bewußt geworden ist und wieviel Verantwortung das bedeutet [...] aber ich meine, sowas weiß man doch vorher!
Eben nicht, Träumerle. Wie viele Dinge tun wir, über die wir nie wirklich nachdenken? Deren Sinn wir nie hinterfragen, obwohl sie zum täglichen Leben gehören?
Vielleicht bist du schon tausendmal durch den Wald gelaufen und eines Tages erst wird dir die Schönheit der Natur bewusst und du denkst: Wow, so hab ich das noch nie betrachtet! - Und vielleicht kommt dann ein tieferliegendes Interesse, sich mit der Natur als Wissenschaft auseinanderzusetzen. Solche Momente gibt es. Und manchmal müssen Jahrzehnte ins Land streichen, bis man sie erlebt! - Das ist der Unterschied zwischen etwas tun und bewusstem Erleben.
Vielleicht ist für deinen Freund dieser Moment erst mit dir gekommen. Beziehungskisten werden, wenn wir uns umsehen, von den wenigsten Menschen tatsächlich hinterfragt. Jeder wächst so auf, dass eine Beziehung, Ehe, Kinder das Lebensziel sind. Man lernt mit der Zeit, Ansprüche zu stellen, man lernt, dass es nunmal so in der westlichen Welt funktioniert. Aber setzt man sich wirklich hin und denkt darüber nach, was es in seiner Essenz tatsächlich bedeutet? - Versteh mich nicht falsch, liebe Träumerle, ich will mit den Zeilen hier niemandem irgendwas schlechtreden oder sowas. Ich will dazu anhalten, das ganze Beziehungsdings mal von der nüchteren Seite zu betrachten und zu hinterfragen, was man alles für Ansprüche über den Anderen erhebt und welche Vorstellungen und Bedrüfnisse man hat, die erfüllt werden müssen (vom Partner).
Ist es nicht so, dass das Hirn erstmal komplett von der Verliebtheit vernebelt werden muss, damit man sich überhaupt erst binden möchte? Wäre es nicht so, würde einen ja nichts daran hindern, mit dem besten Freund oder der besten Freundin eine Beziehung einzugehen. Wenn du dir das für dich selbst vorstellst, wirst du bestimmt lachen und sofort den Kopf schütteln. Demnach würdest du niemals die Ansprüche an deinen besten Freund stellen, die du an deinen Partner stellst. Und genau da sollte man mal hinsehen. Sich diesen Vergleich vor Augen halten und vielleicht mal eine Liste machen Ansprüche an den besten Freund / Ansprüche an den Partner - du wirst merken, dass die Partnerseite 1001 Punkte mehr hat - und nicht zuletzt jenen Punkt, diese Beziehung für alle Ewigkeit zu führen. Wenn das mal kein Anspruch ist...
Vielleicht ist deinem Freund die Tragweite der Beziehung gerade deshalb bewusst geworden, WEIL er schon Beziehungen hatte, die kaputt gingen. Hätte er keine gehabt, gäbe es keine Erfahrungen und womöglich gar keinen Grund, kritisch zu hinterfragen.
Dass er Gefühle für dich hat, denke ich schon. Würde er nichts für dich empfinden, wäre das alles ja nie passiert. Es ist ein Irrglaube, dass zwischen Ich liebe dich und will ALLES mit dir und Ich kenn dich gar nicht, geh mir weg ein riesiges Nichts klafft. Nur ist eben die Frage, ob diese Gefühle in ihm den Wunsch auslösen, diese Verpflichtungsgeschichte Beziehung mit dir eingehen zu wollen. Und das ist anscheinend nicht der Fall. Aber es wäre fatal anzunehmen, dass der Umkehrschluss Ich will keine Beziehung bedeutet, dass er du ihm egal bist und er dich auf den Status Unbekannt zurücksetzt.