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Ich liebe einen gebrochenen Mann

Tinchen36
Der schlafende Vulkan



Es war an einem kalten Abend. Ich war alleine zu Hause, hatte ein paar Stunden Kindfrei und fühlte mich müde, erschöpft und einsam wie so oft.
Plötzlich piepte mein Handy, eine Facebook Nachricht. Wird nichts besonderes sein, dachte ich mir aber dann stand da dein Name...Mein Herz stand kurz ganz still. Ich traute meinen Augen nicht. Dein Name, ich hatte nicht mehr geglaubt nochmal etwas von dir zu hören. Fast 20 Jahre ist es her und nun steht da wirklich dein Name. Immer wieder habe ich nach dir gesucht im Internet...die ersten Jahre sehr oft...dann wurde es weniger aber vergessen habe ich dich nie.
Ich öffnete die Nachricht, du fragst wie es mir geht und ob ich dich noch kenne?
Wenn du wüsstest...wir beginnen zu schreiben über die alten Schulzeiten...telefonieren stundenlang...lachen...weinen...sind uns nahe. Du warst verliebt in mich damals erzählst du und ich in dich aber zueinander haben wir nie gefunden. Dann stand der Schulabschluss bevor. Ich hatte angst davor, mein Herz war damals schon schwer. Schwer bei dem Gedanken dich nie wieder zu sehen...dich zu verlieren obwohl du gar nicht mir gehörtest. Nie wieder morgens mit Vorfreude zur Schule zu gehen weil ich dich sehen würde. Nie wieder würde mir warm um mein junges und naives Herz werden, wenn wir uns während des Unterrichts anschauten. Nie wieder würde ich mich so sehr über dich aufregen, weil du mich wieder geärgert oder nicht beachtet hast. Ich überlegte damals ernsthaft ob ich es dir sagen sollte was ich empfinde aber ich hatte angst, dass du mich auslachen würdest. Das hattest du zu oft getan. Der Tag des Abschlusses, ich weiß es noch genau wie heute. Ich verließ mit meinen Eltern das Gelände der Realschule und begann zu weinen. Auch weil ich mich in der Schule sehr wohl gefühlt hatte aber der Schmerz kam durch dich. So began der erste Kummer um dich. Ich hätte niemals gedacht, dass er doppelt und dreifach wieder kommen würde.
Ich wollte damals den Kontakt nicht verlieren und besorgte mir über deine liebe Mama deine Telefonnummer. Wir telefonierten ein bis zweimal aber von dir kam nichts zurück. Das musste ich wohl akzeptieren. Dann passierte etwas ganz furchtbares, deine Mutter wurde ermordet. Es berührte mich sehr stark damals wie heute obwohl ich nur ansatzweise nachfühlen kann was in dir vorging und immer noch vorgeht. Ich musste dich noch einmal anrufen...wir unterhielten uns, ich wollte für dich da sein aber das war unser letztes Gespräch. Du hast dich nie wieder gemeldet bis jetzt. Nach fast 20 Jahren. Ich wusste, dass du Koch und Vater geworden warst, sonst nichts...

Und nun hast du den schlafenden Vulkan in mir geweckt...die Gefühle sind wieder erwacht...sie waren nie weg...alles noch sehr zaghaft... aber gleichzeitig wächst die Angst in mir, weil ich spüre was du in mir auslöst. Ich bin alleinerziehende Mama, ich kann mir jetzt keinen schlimmen Liebeskummer leisten. Ich muss mit meinen Kräften haushalten.
Aber ja ich will dich wieder sehen...ich will es verdammt nochmal. Aber ich weiß auch es ist gefährlich, mein Bauchgefühl warnt mich und mein Herz will dich.
Vielleicht wirst du vor mir stehen und ich bin enttäuscht, weil ich mir alles nur eingebildet habe...aber vielleicht wird der Vulkan auch ausbrechen und dann kann ich nichts mehr dagegen tun. Dann ist es zu spät...dann wird er alles mit sich reißen ob ich will oder nicht.

Ich riskiere es. Dann kommt der Tag und du stehst vor mir...er wird explodieren.
Wie soll ich das beschreiben...ein Blick in dein Gesicht...eine kurze Umarmung...ein zaghafter Kuss waren genug. Ja du bist es...du bist der Mann den ich jetzt lieben werde ob ich will oder nicht.
Und es fühlt sich so schön und gleichzeitig beängstigend an. Dein Geruch...der selbe von damals. Es wird wohl nie wieder einen Mann geben bei dem ich den Geruch nach Zig. anziehend finden werde. Der Kuss..wie damals...plötzlich bin ich wieder 15 und soooo verliebt in dich...

Einen halben Tag und eine Nacht gehörte dein Herz mir...diese Stunden hatte ich das was ich mir immer gewünscht hatte. Liebe, Geborgenheit, Vertrauen...dich! Einen positiven Blick in die Zukunft. Mein Sohn ist mein ein und alles, du kamst ihm so nahe...es schien so perfekt...
Der nächste Tag, wir waren wieder in unseren Welten. Du hast bei Facebook „Ich liebe dich Babe“ gepostet. Und ja ich liebe dich auch, ich hätte es in die Welt heraus schreien können aber sobald mein Schrei verklungen war, waren es auch deine Gefühle. Deine Welt hat dich wieder gepackt und du begannst dich von mir zu lösen. Ich spürte es die ganze Zeit, deshalb machte ich Druck, fragte nach, ich war so verunsichert. Ich wollte es nicht wahr haben, dass meine Verlustängste berechtigt waren, dass ich dich wieder verlieren würde und du mich im Regen stehen lassen würdest. Dieser Schmerz wird nicht kommen redete ich mir ein, da er einfach zu heftig sein würde...

Doch der Schmerz kam mit voller Wucht über mich, so dass ich wirklich erstmal unterging. Doch das kann ich mir nicht leisten unter zu gehen. Ich habe einen Sohn der mich braucht und wahrscheinlich der einzige Mann in diesem Leben sein wird, der mich bedingungslos liebt.
Nun lebe ich weiter und trage diese Liebe und diesen Schmerz in mir. Ich weiß nicht was oder wer kommen wird aber ich stehe zu meinen Gefühlen ohne sie wäre ich nicht der Mensch der ich jetzt bin.
Der Vulkan wird wieder einschlafen aber nie aufhören zu brodeln...



Für D. von C.

24.03.2017 17:07 • x 4 #1


Waldfee47
Ich kann dich verstehen.
Lass dich drücken.
Alles LIebe
Waldfee

24.03.2017 17:48 • x 1 #2


A


Ich liebe einen gebrochenen Mann

x 3


Tinchen36
Liebe Waldfee,

geht es dir auch so?

24.03.2017 20:41 • #3


Balance
Zitat von Tinchen36:
Der schlafende Vulkan



Es war an einem kalten Abend. Ich war alleine zu Hause, hatte ein paar Stunden Kindfrei und fühlte mich müde, erschöpft und einsam wie so oft.
Plötzlich piepte mein Handy, eine Facebook Nachricht. Wird nichts besonderes sein, dachte ich mir aber dann stand da dein Name...Mein Herz stand kurz ganz still. Ich traute meinen Augen nicht. Dein Name, ich hatte nicht mehr geglaubt nochmal etwas von dir zu hören. Fast 20 Jahre ist es her und nun steht da wirklich dein Name. Immer wieder habe ich nach dir gesucht im Internet...die ersten Jahre sehr oft...dann wurde es weniger aber vergessen habe ich dich nie.
Ich öffnete die Nachricht, du fragst wie es mir geht und ob ich dich noch kenne?
Wenn du wüsstest...wir beginnen zu schreiben über die alten Schulzeiten...telefonieren stundenlang...lachen...weinen...sind uns nahe. Du warst verliebt in mich damals erzählst du und ich in dich aber zueinander haben wir nie gefunden. Dann stand der Schulabschluss bevor. Ich hatte angst davor, mein Herz war damals schon schwer. Schwer bei dem Gedanken dich nie wieder zu sehen...dich zu verlieren obwohl du gar nicht mir gehörtest. Nie wieder morgens mit Vorfreude zur Schule zu gehen weil ich dich sehen würde. Nie wieder würde mir warm um mein junges und naives Herz werden, wenn wir uns während des Unterrichts anschauten. Nie wieder würde ich mich so sehr über dich aufregen, weil du mich wieder geärgert oder nicht beachtet hast. Ich überlegte damals ernsthaft ob ich es dir sagen sollte was ich empfinde aber ich hatte angst, dass du mich auslachen würdest. Das hattest du zu oft getan. Der Tag des Abschlusses, ich weiß es noch genau wie heute. Ich verließ mit meinen Eltern das Gelände der Realschule und begann zu weinen. Auch weil ich mich in der Schule sehr wohl gefühlt hatte aber der Schmerz kam durch dich. So began der erste Kummer um dich. Ich hätte niemals gedacht, dass er doppelt und dreifach wieder kommen würde.
Ich wollte damals den Kontakt nicht verlieren und besorgte mir über deine liebe Mama deine Telefonnummer. Wir telefonierten ein bis zweimal aber von dir kam nichts zurück. Das musste ich wohl akzeptieren. Dann passierte etwas ganz furchtbares, deine Mutter wurde ermordet. Es berührte mich sehr stark damals wie heute obwohl ich nur ansatzweise nachfühlen kann was in dir vorging und immer noch vorgeht. Ich musste dich noch einmal anrufen...wir unterhielten uns, ich wollte für dich da sein aber das war unser letztes Gespräch. Du hast dich nie wieder gemeldet bis jetzt. Nach fast 20 Jahren. Ich wusste, dass du Koch und Vater geworden warst, sonst nichts...

Und nun hast du den schlafenden Vulkan in mir geweckt...die Gefühle sind wieder erwacht...sie waren nie weg...alles noch sehr zaghaft... aber gleichzeitig wächst die Angst in mir, weil ich spüre was du in mir auslöst. Ich bin alleinerziehende Mama, ich kann mir jetzt keinen schlimmen Liebeskummer leisten. Ich muss mit meinen Kräften haushalten.
Aber ja ich will dich wieder sehen...ich will es verdammt nochmal. Aber ich weiß auch es ist gefährlich, mein Bauchgefühl warnt mich und mein Herz will dich.
Vielleicht wirst du vor mir stehen und ich bin enttäuscht, weil ich mir alles nur eingebildet habe...aber vielleicht wird der Vulkan auch ausbrechen und dann kann ich nichts mehr dagegen tun. Dann ist es zu spät...dann wird er alles mit sich reißen ob ich will oder nicht.

Ich riskiere es. Dann kommt der Tag und du stehst vor mir...er wird explodieren.
Wie soll ich das beschreiben...ein Blick in dein Gesicht...eine kurze Umarmung...ein zaghafter Kuss waren genug. Ja du bist es...du bist der Mann den ich jetzt lieben werde ob ich will oder nicht.
Und es fühlt sich so schön und gleichzeitig beängstigend an. Dein Geruch...der selbe von damals. Es wird wohl nie wieder einen Mann geben bei dem ich den Geruch nach Zig. anziehend finden werde. Der Kuss..wie damals...plötzlich bin ich wieder 15 und soooo verliebt in dich...

Einen halben Tag und eine Nacht gehörte dein Herz mir...diese Stunden hatte ich das was ich mir immer gewünscht hatte. Liebe, Geborgenheit, Vertrauen...dich! Einen positiven Blick in die Zukunft. Mein Sohn ist mein ein und alles, du kamst ihm so nahe...es schien so perfekt...
Der nächste Tag, wir waren wieder in unseren Welten. Du hast bei Facebook „Ich liebe dich Babe“ gepostet. Und ja ich liebe dich auch, ich hätte es in die Welt heraus schreien können aber sobald mein Schrei verklungen war, waren es auch deine Gefühle. Deine Welt hat dich wieder gepackt und du begannst dich von mir zu lösen. Ich spürte es die ganze Zeit, deshalb machte ich Druck, fragte nach, ich war so verunsichert. Ich wollte es nicht wahr haben, dass meine Verlustängste berechtigt waren, dass ich dich wieder verlieren würde und du mich im Regen stehen lassen würdest. Dieser Schmerz wird nicht kommen redete ich mir ein, da er einfach zu heftig sein würde...

Doch der Schmerz kam mit voller Wucht über mich, so dass ich wirklich erstmal unterging. Doch das kann ich mir nicht leisten unter zu gehen. Ich habe einen Sohn der mich braucht und wahrscheinlich der einzige Mann in diesem Leben sein wird, der mich bedingungslos liebt.
Nun lebe ich weiter und trage diese Liebe und diesen Schmerz in mir. Ich weiß nicht was oder wer kommen wird aber ich stehe zu meinen Gefühlen ohne sie wäre ich nicht der Mensch der ich jetzt bin.
Der Vulkan wird wieder einschlafen aber nie aufhören zu brodeln...



Für D. von C.


Hallo...
An vielen Passagen erkenne ich mich... In den Gefühlen... In den Ängsten... Und ich habe Angst, dass auch wenn ich über meinen Ex hinwegsein werde irgendwann, dass es nur ein stillgelegtee Vulkan sein wird... Und wenn er irgendwann später, in der Zukunft, in mein Leben kommt, als jemand, der Kontakt sucht, dass dieser Vulkan ausbricht... Explodiert...

Liebe Grüsse...

24.03.2017 21:10 • x 1 #4


H
Hallo Tinchen,

der erste Satz genügte und ich dachte mir schon oh, das wird interessant. Und dann kam so eine Lebensgeschichte - sehr anschaulich geschrieben - in die ich mich gut reinversetzen kann. Ich habe ja auch ein paar solcher Leichen im Keller, allerdings mit geringerer Intensität. Es sind Geschichten von der Sorte was wäre wenn. Und so fürchte ich mich auch vor Begegnungen mit alten Flammen, die nie erfahren haben, dass ich heimlich in sie verliebt war. Abende-, nächte-, wochenlang malte ich mir in Gedanken die schönsten Liebesgeschichten aus. Doch gestanden habe ich diese Gefühle nie. Alles ließ ich sehr kryptisch. Ich machte mir eher Gedanken, was andere in meiner Klasse davon hielten, wenn ich einem Mädel meine Gefühle gestand - und vor allem wenn ich abgewiesen werden würde. Daran, dass die sich schon längst in mich verliebt hatten und mich freudestrahlend anspringen würden, auf diese Idee kam ich nicht.

Und so fürchte ich mich heute vor den Begegungen mit den besagten Mädels. Oder vielmehr füchte ich mich davor, dass eine - schlimmer noch - alle mir gestehen, dass die in mich verliebt waren. Dann hätte ich soviel Zeit verschwendet mit völlig absurden Zweifeln. Und das zu sehen würde mich auch traurig machen. Denn das ist heute nicht mehr aufholbar. Ich bin mir ziemlich bewusst, dass bei allen das Leben weitergegangen ist. Heute stehen da nicht mir die Schulmädchen von früher, sondern mitunter glückliche Frauen, Ehefrauen, Mütter, Witwen, ewige Singlefrauen, Frauen mit on-off-Beziehungen oder unverbindlichen Beziehungen. Sprich: Anders als du würde ich - noch immer - vor ne Beziehung und sei es für eine Nacht abblocken. Weil ich selbst nicht weiß, wohin das alles gehen soll. Aber vielleicht hat dir diese eine Nacht mit deinem Traummmann ja irgendwas gegeben...

24.03.2017 21:15 • x 1 #5




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