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Ich habe mich getrennt und bin total zerrissen

E
Hallo zusammen,

ich fühle mich grad total zerrissen und seh den Wald vor lauter Bäumen kaum noch. Ich schreibe hier, weil ich nicht mehr weiß, was richtig ist und das Bedürfnis habe, mir einiges von der Seele zu schreiben. Und weil ich hoffe, dass mir jemand Feedback gibt und vielleicht Ideen hat, was ich tun kann, auch wenn ich nicht erwarte, dass sich jemand meinen doch sehr lang geratenen Text durchliest.

Den Mensch von dem ich mich getrennt habe ich vor zwei Jahren kennengelernt. Er ist ein Kollege bei dem Job, den ich zu der Zeit angenommen habe. Ich bin nach längerer Zeit wieder in die Stadt zurückgekehrt, in der ich studiert habe - des Jobs wegen. Die meisten Leute aus dem Studium sind nicht mehr da und ich musste privat mehr oder weniger von Vorne anfangen. Er war präsent, hat sich immer etwas überlegt, was wir machen können und das kam mir sehr gelegen. In der ersten Zeit waren wir Freunde, aus meiner Sicht nicht mehr als das, hatten jede Menge Spaß zusammen, haben viel unternommen, sind zusammen laufen gegangen, haben neue Serien zusammen angefangen und uns vieles erzählt, was uns bewegt. Ich fand ihn dabei aber immer etwas gruselig, weil ich gespürt habe, dass er sich zu mir hingezogen fühlt, aber immer so getan hat, als wäre das nicht so. Total unbeholfen. Ich hatte keine tieferen Absichten, habe aber gerne Zeit mit ihm verbracht, auch wenn es sich manchmal nicht richtig oder zumindest komisch angefühlt hat.

Als er mitbekommen hat, dass ich Typen date, ist er eifersüchtig geworden. Weil vieles gepasst hat und es sich mit der Zeit immer vertrauter angefühlt hat, bin ich einmal eingeknickt und habe mit ihm geschlafen. Das ging richtig unter die Haut. Danach war ich total verwirrt und habe ich ihn dann umso heftiger zurückgewiesen, was ihn völlig fertiggemacht hat, ich wollte aber nicht in eine Beziehung mit ihm schlittern, weil ich immernoch dachte, dass es auf zu vielen Ebenen nicht passt. Als die Ansprüche, die er gestellt hat, mir zu viel wurden, habe ich den Kontakt zu ihm abgebrochen und er ist in das tiefste Loch seines Lebens gefallen, wie ich mittlerweile weiß.

Ende letzten Jahres habe ich dann eine schwere Enttäuschung erlebt und mich daran zurückerinnert, wie gut es mir getan hat, Zeit mit ihm zu verbringen. Der Gedanke an ihn hat sich in dieser Situation wie zu Hause angefühlt. Seine Verlässlichkeit und das sichere Gefühl, jemanden zu haben, mit dem man reden kann, der einem zuhört, das hat mich überzeugt. Wir haben uns getroffen, uns ausgesprochen, ich hatte das Gefühl, die ganze Zeit Tomaten auf den Augen gehabt zu haben und wir sind direkt in den Honeymoon gestartet...

Bald wendete sich das Blatt. Wenig Initiative ging noch von ihm aus. Er ist in unserer Beziehung immer passiver geworden, hat alles mir überlassen. Er erklärte das damit, dass er ja kaum Erfahrung hätte verglichen mit mir. Außerhalb unserer Beziehung hat er aber erst noch viel unternommen. Bevor wir zusammen waren, haben wir uns immer gesehen, wenn ich Zeit hatte. Auf einmal war er öfter verplant als ich. Er hat immer weniger mit mir geredet. Ich musste die Verantwortung für alles übernehmen. Um mal ein Beispiel zu nennen: Wir waren diesen Sommer zusammen mit dem Fahrrad im Urlaub. Erst war dieser Urlaub superharmonisch, wir waren total verliebt, Fotos in der Fotokabine mit kitschigem Hintergrund, im Hoppsaschritt händchenhaltend durch Rom. ABER ich konnte mir sicher sein, dass wenn ich nicht gucke, welchen Bus wir wann nehmen müssen, tut es niemand, wenn ich den Weg nicht kenne, dann kennt ihn niemand. Züge raussuchen, Campingplatz oder Supermarkt finden, alles musste ich machen. Er hat sich total unbeholfen angestellt und sich nur auf mich verlassen. Dabei hat es sich immer trotzdem gut angefühlt eng umschlungen zu schlafen, sich zu küssen. Und wenn dann doch mal ein Vorschlag von ihm kam, war ich auch schon total zufrieden.

Im Laufe der letzten Monate war aber immer mal wieder für eine Woche Schluss, weil alles Bitten, dass er mit mir redet, nichts geholfen hat und dann bin ich wieder angekommen, habe ihm gesagt, dass es mir nicht gut geht damit, wir haben uns ausgesprochen und er hat sich wieder mitnehmen lassen. Leider sind wir immer schnell wieder in das beschriebene Muster zurückgefallen.

Es ist sogar noch schlimmer geworden: Er hat seine Bedürfnisse gar nicht mehr artikuliert, sondern nur darauf gewartet, dass ich ihn wozuauchimmer auffordere. Wenn ich nicht gesagt hätte: Komm, aufstehen, wir machen was zu essen, gehen mal raus, unternehmen was, dann ist einfach nichts passiert. Er hatte nicht mehr das Bedürfnis, sich von seiner aufmerksamen, (unbeholfen) liebevollen Seite zu zeigen, die ich aus der Zeit vor unserer Beziehung kannte. Er ist auch nicht mehr auf mich eingegangen, wenn ich z.B. gesagt habe, dass ich das Bedürfnis habe, über irgendetwas zu reden, antwortete er: Ich hab da eigentlich grad kein Bedürfnis nach. Kurz: Er war as cold as ice... Auch in seinem Leben außerhalb der Beziehung ist er immer passiver geworden: Er war entweder im Büro oder auf meiner Couch mit Jogginghose. Wenn ich aus lauter Verzweiflung und wegen all des Drucks, den ich gespürt habe, geheult habe, hat ihn das mehr oder weniger kalt gelassen. Und ich bin immer trotziger geworden und wollte nicht für alles verantwortlich sein, sondern mich auch mal bitten lassen. Er ist doch ein erwachsener gleichberechtigter Mensch. Warum kann er nicht sagen, was er braucht? Das ist soweit eskaliert, dass wir den ganzen Tag schweigend nebeneinandersaßen. Man hätte denken können, dass er total gleichgültig ist, aber ich weiß, dass er mich eigentlich total liebt. Aber was bringt das denn schon, wenn man das nicht spürt?!

Am letzten Sonntag habe ich ihm gesagt, dass ich glaube, ihn nicht mehr zu lieben, aber dass Gefühle sich ja verändern und ich einfach so unglaublich müde und erschöpft bin, auch wenn ich eigentlich nicht will, dass die Beziehung zu Ende ist. Er hat das ziemlich unbeeindruckt hingenommen. Am Montag kam er in mein Büro mit dem Vorwand, mir meinen Schlüssel zurückgeben zu wollen, aber eigentlich um zu fragen, ob ich nun will, dass die Beziehung zu Ende ist oder nicht. Ich habe ihm wieder gesagt, dass ich schon so viel gemacht habe und dass die Beziehung nur dann nicht zu Ende sein kann, wenn er aus seiner Lethargie und Passivität rauskommt und die Initiative ergreift, weil ich das alles nicht alleine machen kann. Später habe ich gemerkt, dass ich das alles total aussichtslos finde und habe ihm geschrieben, dass er sich nicht den Kopf zerbrechen braucht, auch wenn ich nicht Eindruck hätte, dass er das tut, für mich ist die Trennung endgültig. Keine Antwort. Nur heute morgen die Nachricht, dass er am Montag seine Sachen abholen möchte. Okay. Und nicht okay.

Ich weiß nicht, was ich tun soll, ich mag das eigentlich nicht loslassen. Ich weiß, dass meine Gefühle für ihn wiederkommen würden, wenn er seine aktive Seite wiederfindet oder zumindest sich nur einen Spalt öffnet. Aber so wie es war, war es unerträglich. Bitte, wenn ihr schon bis hier durchgehalten habt, sagt mir, was ihr davon haltet...

07.12.2014 11:23 • #1


M
Hallo Eliana,

das klingt ja wirklich nach einem ordentlichen Chaos, das da in dir tobt. Das tut mir sehr leid für dich, ich weiß, wie sich sowas anfühlt, wenn auch aus einer gänzlich anderen Vorgeschichte heraus.

Du hast um Feedback gebeten, das ich dir gern geben möchte. Weißt du, was mein erster Gedanke war, nachdem ich mir deine Geschichte durchgelesen habe?
Ich habe die starke Vermutung, dass dein Ex-Freund die erste Zurückweisung von dir nicht verdaut hat. Wie du schon geschrieben hast - er ist damals in das tiefste Loch seines Lebens gefallen. Davor hat er sich ja monatelang um dich bemüht, war immer zur Stelle, wenn du wolltest. Und nach der gemeinsamen Nacht hast du ihn zurückgewiesen, den Kontakt dann abgebrochen.
Dann, nachdem du gemerkt hast, was er dir bedeutet und ihr eine Beziehung begonnen habt, ist plötzlich alles anders. Für mich klingt das sehr nach verletztem Stolz seinerseits, was ja auch nachvollziehbar ist. Du hast ihm damals das Herz gebrochen und jetzt dreht er den Spieß um, indem er in die Passivität und scheinbare Gleichgültigkeit flüchtet. Das geschieht wahrscheinlich nicht mal bewusst - aber ich glaube, er schützt sich so vor einer neuerlichen Enttäuschung.


Zitat von Eliana:

Ich weiß, dass meine Gefühle für ihn wiederkommen würden, wenn er seine aktive Seite wiederfindet oder zumindest sich nur einen Spalt öffnet.



Wahrscheinlich liegt genau da der Hund begraben. Er will sich wohl nicht mehr öffnen, aus Angst vor einer erneuten Verletzung. Dieses Muster scheint sich in eurer Beziehung eingespielt zu haben, dagegen kannst du leider gar nichts tun. Und im Moment ist ja auch eher nicht zu erwarten, dass er um die Beziehung kämpft.

Aber Eliana, das ist jetzt MEINE Vermutung, dieses Bild habe ich aufgrund meiner eigenen Erfahrungen. Das kann auch ganz anders sein. Du kennst ihn und kannst ihn diesbezüglich einschätzen. Ich hoffe, dass ich dir aber eventuell einen kleinen Gedankenanstoß geben konnte.

Ich wünsche dir alles Gute und viel Kraft in dieser Zeit
Memi

07.12.2014 12:52 • #2


A


Ich habe mich getrennt und bin total zerrissen

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H
Hallo Eliana,

dass was du geschrieben hast erklärt doch schon einiges. Dein Ex ist vermutlich gar nicht beziehungsfähig. Ein zusammen sollte immer ausgeglichen sein, was man aus deinen Worten gar nicht erkennen kann. Wahrscheinlich hat er sein wahres Ich in der Beziehung gezeigt. Deine Aussage, dass er in eurem gemeinsamen Urlaub organisatorische Dinge nicht übernahm, ist doch schon sehr merkwürdig. Er sucht vermutlich jemand, wo er keine Verantwortung übernehmen braucht. Wie auch immer, wer sich so gehen lässt, da stimmt etwas nicht.
Du solltest dir gut überlegen, ob das für eine gemeinsame Zukunft reicht. Ich glaube eher nicht, damit wirst du auf Dauer nicht glücklich werden.

Gruß Hannes

07.12.2014 13:56 • #3


E
Oh Wahnsinn, wie lieb von euch, dass ihr das alles gelesen habt und mir sagt, was ihr davon haltet. Vielen Dank!

Heute habe ich ihm eine längere Nachricht geschrieben, weil ich so langsam Schuldgefühle bekomme. Ich habe ihm viele Sachen aufgezählt für die ich dankbar bin und ihm gesagt, dass die Sache für mich trotzdem wertvoll bleibt, dass ich gesehen habe, dass es ihm in letzter Zeit nicht gut ging und es mir leid tut, dass ich nicht seine Ansprechpartnerin sein könnte, ich aber dringend diesen Schritt gehen musste, weil ich mich selbst mit der Beziehung fertig gemacht hab. Und dass ich mich freuen würde, wenn wir uns irgendwann wieder anlächeln könnten. Seine Antwort: Ob es passt, wenn er morgen nachmittag seine Sachen abholt. Punkt.

Memi, an dem was du sagst, ist auf jeden Fall was dran. Er sagt sogar selber, dass er das Gefühl hat, er hätte noch ein Plus auf dem Gesamtkonto. Er sagt das gar nicht bösartig, sondern weil es sich für ihn so anfühlt. Ich habe nur immer gehofft, dass neue Erlebnisse sich über die Erinnerungen an die Verletzungen legen. Ich spüre aber auch ganz deutlich, dass er von seiner Seite aus nicht nur nicht um die Beziehung kämpfen wird sondern, dass er von sich aus nicht mal das Gespräch suchen wird. Ich zittere, wenn mir klar wird, wie hart und unerreichbar er für mich geworden ist. Ich fühle mich so das Gegenteil von liebenswert. Andererseits würde das ja sowieso eins heißen: Meine Entscheidung war richtig und er muss seine Verletzungen erst einordnen und verarbeiten. Auch die neuen, denn so langsam wird mir auch klar, was ich verbockt hab.... Inhaltlich hatte ich sicher mit vielem recht, aber im Nachhinein glaube ich, war ich oft fordernd und vorwurfsvoll. Das habe ich aber nicht gesehen, weil ich so aufgebracht war und nun habe ich diese doofen Schuldgefühle. Wenn ich doch bloß mal eine Rückmeldung von ihm bekommen hätte!

Hannes, er ist sehr unerfahren und ich bin ziemlich dominant. Vielleicht hat er keine Chance gesehen, gegen mich anzukommen und hat schnell aufgehört es zu versuchen. Vielleicht war sich raushalten seine Überlebensstrategie?! Ich denke aber auch, dass sein Leben insgesamt viel passiver verlaufen ist, als er mir am Anfang hat weiß machen wollen. Er denkt z.B. dass er keinen Hunger hat, bis es etwas gibt. Das schützt ihn davor, sich um etwas zu essen kümmern zu müssen. Irgendwie sieht man ja aber oft auch nur das, was man sehen will.

Ich seh ja selber, dass alles was ich sage einen Fluchtpunkt hat. Die Trennung war die richtige Entscheidung und trotzdem vermiss ich ihn so sehr und wenn ich daran denke, dass er morgen zu mir kommt um seine Sachen zu holen, dann zitter ich schon wieder. Sollt ich vielleicht mal die Heizung anmachen...

07.12.2014 23:28 • #4


E
Man, *beep*, der Typ hat mir gesagt, dass sein Beitrag zu der Beziehung ist, dass er mit mir auf der Couch sitzt während der Fernseher läuft und ich sitz hier zusammengekauert und zermürbe mich?! Manchmal stell ich mich auch taub, um nicht einsehen zu müssen, dass mein Gegenüber nicht der passende Partner ist. Ich kann mich so schlecht trennen! Je älter ich werde, umso schwerer fällt mir das. Hat jemand einen Tipp, wie man auf Kurs bleibt?

08.12.2014 00:08 • #5


L
Ich sage mir immer wieder, dass ich das nicht will. Irgendwann ist der Gedanke total dominant.
Dein Ex schien sich ja eher wie ein Kind in der Beziehung verhalten zu haben. Brauchst du das? Man kann ja Einen lieben, aber nicht in einer Beziehung mit ihm sein.

08.12.2014 04:08 • #6


H
Hallo Eliana,

niemand ist perfekt und sollte es auch nicht sein, wer will das schon. Deine Schuldgefühle lassen dich viele positive Dinge am Expartner sehen, was ganz normal ist. Ich kann es nur wiederholen, das Verhalten von deinem Ex ist völlig unreif und geht gar nicht in einer gleichberechtigten Beziehung.
Vermutlich hat er nie gelernt, Verantwortung zu übernehmen. Du hast mit deiner Dominanz auch sicherlich dazu beigetragen, dass er mit allem sehr passiv umgegangen ist.
Auf langer Sicht, da wärst du sehr mit der Situation unzufrieden geworden, was du ja heute schon bist und dich ja darum auch getrennt hast.
Eine Trennung ist immer für beide, mit sehr viel Dramatik, Schmerz und Traurigkeit verbunden. Leider muss man im Leben erst Erfahrung sammeln, bis man den richtigen Partner für sich begegnet.
Deine Erkenntnis, dass es nicht der Richtige für dich ist, ist deine Chance auf einen gleichberechtigten Partner, der wirklich zu dir passt.
Sich trennen hat nichts mit dem Alter zu tun.
Man möchte in seinem Leben ankommen, um so älter man wird, um so schwerer fällt es einem daran zu glauben, noch den richtigen Partner für sich zu finden.
Aber da kann ich dich beruhigen, es gibt für jedes Alter und für jeden Menschen einen Menschen, der zu einem passt, auch für Dich.
Damit du auf Kurs bleibst, denke immer positiv und stehe zu dem, was dich ausmacht.

LG Hannes

08.12.2014 07:44 • x 1 #7




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