Liebe X.
es ist jetzt fast ein Jahr her, daß ich Dich verlassen habe. Der Grund waren nicht die fehlenden Gefühle, ich liebte Dich wie vor Jahr und Tag. Die Gründe waren vielfältig, wir taten uns nicht mehr gut. Du tatest mir nicht gut. Ich tat Dir nicht gut.
Dein Selbstbewusstsein war weg. Deine Eifersucht war riesig. Du hast mich emotional erpresst. Vielleicht unwissentlich, ich weiß es nicht.
Das ist nun ein Jahr her. Ich hatte Zeit, über vieles nachzudenken. Du fielst zuerst in ein Loch und scheinst Dein Leben jetzt wieder auf der Reihe zu haben. Je besser es Dir geht, desto schlechter geht es mir. Ich weiß nicht, ob das alles von Dir nur Fassade ist. Ob diese Fassade bröckelt, wenn ich mich Dir wieder annähern würde. Oh, ich würde mich Dir so gerne wieder annähern, sind meine Gefühle für Dich doch niemals gestorben.
Kann ich das überhaupt? Darf ich das überhaupt? Wirst Du es zulassen? Wenn ja, wie weit? Und: funktioniert es überhaupt?
Du hast ein neues Leben, ich habe ein neues Leben. Unsere Freunde sind nur noch Deine Freunde. Ich habe neue Bekannte gefunden, die nicht Deine Bekannten sind. Ich habe eine neue Beziehung begonnen, dachte, das gibt sich alles. Doch das alles genügt mir nicht. Ich bin inzwischen depressiv. Hat bei meinem eigenen Neuanfang nach unserer Trennung die Erleichterung und Heiterkeit überwogen, wieder atmen zu können, so schleicht sich jetzt etwas Neues, Dunkles in mein Leben. Der Gedanke an Dich. An Deinen Geruch. An die Sanftheit Deiner Haut, Deine Art. Du hast viel gelacht. Das alles fehlt mir. Du hattest Antrieb. Das fehlt mir. Du warst mit mir zusammen. Das fehlt mir. Du fehlst mir. Als Mensch. Als Frau. Als Gegenpart. Als Gleichgewicht. Als Ausgleich.
Hätte ich anders handeln können? Du sagtest, reden hätte geholfen. Das hat es nicht. Wir haben geredet. Und ich habe mich angepasst. An Dich. An Deinen geringen Selbstwert. Es tut weh, einem Menschen Ich liebe Dich zu sagen und zu wissen, er kann und will es nicht annehmen. Es schmerzt. Tief sind die Wunden, die ich mir selbst mit der Trennung gerissen habe. Aber sind diese Wunden tiefer als jene, die Du mir in unserer Beziehung zugefügt hast?
Ich leide. Du leidest nicht mehr. Das ist sehr schön für Dich und ich freue mich darüber. Mein Loch wird jedoch jeden Tag tiefer, meine Tage werden immer dunkler, mein Gemüt wird immer schwerer. Ich vermisse zusehends die Freude am Leben. Was hat das Leben noch für einen Sinn? Es macht mir einfach keinen Spass mehr. Ich funktioniere, aber ich bin nach unserer Trennung gestorben. Ich fühle mich wie ein Zombie in einem billigen Horrorfilm, verdammt, für alle Ewigkeit verhasst und unverstanden willenlos zwischen all diesen lebenden Schauspielern zu wandeln und einzig und allein durch den endgültigen Tod erlöst zu werden.
Ich wünschte, ich hätte nie getan was ich tat. Lieber wäre ich an Deiner Seite gestorben als ohne Dich.
Ich liebe Dich. Verzeih mir.
Dein A.
04.02.2013 13:36 •
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