Liebe Shannon,
es ist hart, sich für die Zeit der Arbeit verstellen zu müssen. Das ist mir wohl bekannt und bewußt. Man streift der Seele einen Handschuh über, der nicht passen will. Sich zu verstellen ist auch nur eine begrenzte Zeit haltbar, denn die Seele fordert irgendwann ihren Tribut. Dafür wünsch ich Dir schonmal sehr viel Kraft.
Die Wolken über dem grauen Fluß werden nicht immer bleiben. Selbst nach der Sintflut kam wieder die Sonne. Versuche jeden Tag aufs Neue, eine Lücke in den Wolken zu entdecken. Eine Stelle, wo die Wolken nicht so dicht sind. Da kommt dann der erste Sonnestrahl wieder durch. Den mußt Du auffangen. Halt ihn fest. Und wenn die Wolken Dich dann erdrücken wollen, schau auf den Sonnenstrahl in Deiner Hand. Er wird Dir Kraft geben, er wird Dir Mut geben, er wird der Prophet sein, der besseres Wetter verkündet.
Und glaube mir, die Lücke in den Wolken wird größer werden. Es werden immer mehr Sonnenstrahlen durchdringen. Aus dem grau des Flußes wird wieder ein schönes blau und die Wiesen werden wieder im saftigen grün erstrahlen.
Du bist eine starke Person. Du brauchst nur noch an Deiner Geduld und an Deiner Kraft festhalten. Den Rest erledigt die Zeit. Und immer sollte in Dir der Funken Hoffnung wach bleiben. Auch für Dich steht die Zukunft weit offen.
Nun ein ganz blöder Spruch, der aber auch wahres in sich birgt, wie fast alle Volksweisheiten: Auch andere Mütter haben tolle Söhne!
Das Du jetzt keine Beziehung willst, ist verständlich. Mir geht es genauso. Aber eine gute und feste Freundschaft ist soviel wert! Was man dann daraus in einer ferneren Zukunft macht, ist doch völlig offen. Man muß ja nicht mit der Absicht die Freundschaft beginnen, daß man im nächsten Jahr heiratet. Tschuldigung, ist vielleicht etwas überspitzt formuliert. Aber ich denke, Du verstehst mich schon.
Und ich gebe Dir völlig Recht, sich in der Situation direkt in eine feste Beziehung zu flüchten, ist einem neuen Partner gegenüber nicht fair. Den Standpunkt habe ich auch schon häufiger vertreten.
Lösen ist die Formel, die das Tor für den Weg in die Zukunft öffnet. Aber wie ist diese Formel zusammengesetzt? Wie löse ich die Gleichung, bei der ich nicht mal weiß, wieviel Unbekannte sie enthält? Die Antwort kann ich Dir leider nicht geben. So gern ich das tun würde, ich weiß sie nicht. Was bei mir nach einem Monat funktioniert hat, war ein Zusammenspiel von sehr vielen Faktoren. Und auch bezweifle ich etwas, daß ich mich zu 100 % gelöst habe. Aber ich bin schon viel viel weiter, als ich mir je zugetraut hätte.
Ein wichtiger Punkt bei mir ist der, das ich mir nach dem ersten Schock gesagt habe, daran will ich nicht kaputt gehen. Ich will nicht ganz unten landen und nie wieder hochkommen. Eines hat sich in der Zeit für mich gezeigt, auch in den schlechten Tagen war es mein Wille, der nicht bezwungen werden konnte. Er hat mich immer veranlasst, zumindest den Versuch zu machen, aufrecht zu bleiben. Er ist es auch, der mich treibt, meine Zukunft für mich zu gestalten.
Das war meine Triebfeder. Und dann kamen noch eine Reihe von Faktoren dazu. Vielleicht schreibe ich selber noch mal einen Beitrag, in dem ich das zusammenfasse.
Liebe Shannon, ich wünsche Dir alles Liebe und Gute und gebe Dir ein Stück meiner Kraft und meines Willens. Nimm sie an und nutze sie.
Liebe Grüße
Nordlicht
06.10.2002 23:17 •
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