Hallo zusammen,
schön, dass es so ein Forum gibt!
Kurz zu meiner Situation: Meine Freundin (19) hat sich vor einer Woche von mir (23/m) getrennt. Wir waren 1,5 Jahre zusammen, in einer 300km-Fernbeziehung, haben uns trotzdem fast jedes Wochenende gesehen. Zu Beginn war alles wunderschön, doch mit der Zeit kippte das Ganze wie in vielen Beziehungen. Wir machten zuletzt eine schwierige Phase durch, waren seit Monaten häufig am Streiten, wobei es auch wirklich schöne Momente und Phasen in diesen Monaten gab, und wir liebten uns die meiste Zeit dennoch innig. Zuletzt habe ich mir für meine Abschlussarbeit vier Wochen Auszeit genommen und bin anschließend fürs Master-Studium in eine andere Stadt gezogen, es war nur noch eine 100km-Fernbeziehung, aber darauf haben wir uns beide gefreut.
Eine Woche vor Ende der Auszeit haben wir den Kontakt wieder per Telefon aufgenommen. Uns ging es beiden nicht gut mit der aktuellen Situation, wir diskutierten Pläne, wie es weitergehen soll, und gerieten dadurch noch mehr in Streit. Trotzdem - und das gehörte zum Wesen unserer Beziehung dazu - haben wir uns am Ende wieder eingekriegt und jedes Mal aufs Neue versöhnt. Wir liebten uns sehr und wussten das auch, obwohl vor allem ich nicht davor Halt machte, während der Eskalation auch mit der Trennung zu drohen. Sie wollte das stets unbedingt vermeiden.
Das Wiedersehen war in Ordnung. Die ersten drei Tage danach verliefen gut, teilweise sogar harmonisch, aber durchschnittlich einmal täglich gerieten wir heftig aneinander. Wir können beide sehr stur und provokant sein, neigen öfters auch zum Überreagieren. Als wir am vierten Tag sofort nach dem Aufstehen stritten, wollte sie nicht mehr, hat ihre Sachen gepackt und sich von mir zum Bahnhof fahren lassen. Ich habe sie noch etwas bearbeitet, aber nur kalte, genervte Zurückweisung erhalten. Am Bahnhof zeigte sie doch etwas Reue, wir umarmten uns zum Abschied und sie sagte mir, dass wir in ein paar Tagen nochmal sehen werden.
Die ersten 24 Stunden bin ich schier durchgedreht, habe sie mit SMS, Nachrichten, Anrufen bombardiert, bis ich unter anderem auf dieses Forum gestoßen bin und mir grundlegende Verhaltensregeln für die Zeit nach der Trennung angeeignet habe Danach gab ich Ruhe, aber zwei Tage später schrieb sie zurück, dass es endgültig aus sei, wir haben uns nochmal kurz zusammen telefoniert, ganz ruhig und ohne Vorwürfe kurz über die Gründe gesprochen und uns erst einmal bis auf Weiteres verabschiedet. Laut ihrer Aussage waren wir zu verschieden. Tatsächlich hatten wir in vielerlei Hinsicht viele Verschiedenheiten, aber wir hatten die grundsätzlich gleiche, freiheitsliebende, weltgewandte, links-liberale Lebenseinstellung, spaßorientiert, ohne den Blick für den Ernst des Lebens zu verlieren. Wir haben sogar einen gemeinsamen (Rand-)Sport, den wir beide im Verein auf ähnlichem Niveau betreiben.
Eine Woche lang war es die Hölle. Ich bin normalerweise ein aktiver Mensch mit Plänen und Tatendrang, in dieser Woche ging nichts zusammen, nur das nötige Minimum, alles war grau in grau. Hin und wieder, wenn es im Bad noch leicht nach ihrem Parfüm riecht, wenn neben dem Bett plötzlich ihre Ringelsocken auftauchen, bekam ich noch Flashbacks. Mir ist erst langsam klar geworden, was ich da verloren habe. Es war eine wirklich innige Liebe zwischen uns, das hat sie auch im letzten Telefonat betont, wir waren die Mittelpunkte unserer Leben. Außerdem war ich wirklich interessiert daran, wie es ihr nach der Trennung geht, ich habe sie unglaublich vermisst. Andererseits habe ich mir auch häufig die Gründe für die Trennung durch den Kopf gehen lassen und musste mir eingestehen, dass die Trennung zum jetzigen Zeitpunkt wirklich sinnvoll ist. Wir haben zuletzt kaum noch Rücksicht aufeinander genommen, vor allem in Konfliktsituationen, und uns tatsächlich immer heftiger und unnötiger provoziert. Stets haben wir an den Symptomen, nicht an den Ursachen herumgedoktert. Und eine Ad-hoc-Lösung gibt es dafür nicht. Wenn jemand die Wunden heilt, dann die Zeit.
Gestern hielt ich es nicht mehr aus, ich wollte meine Sachen bei ihr abholen und habe ihr klar gemacht, dass ich nicht komme, um sie sofort zurück zu gewinnen. Ich wurde überraschend freundlich aufgenommen, wir saßen lange bei ihr und haben komplett ohne Streit und Vorwürfe die Situation aufgearbeitet. Wir sind beide zum Entschluss gekommen, dass die Trennung richtig war, dass wir beide zu zufrieden mit uns selbst waren, zu bockig, zu wenig anpassungsfähig. Wir werden beide an der Sache wachsen, beide unsere Lehren daraus ziehen, ein solcher Einschnitt ist ein wichtiger Beitrag zur Selbstfindung, gerade in unserem Alter. Wir sind uns so respektvoll, so mitfühlend, so druckfrei begegnet, wie am Anfang, ich für meinen Teil habe wieder das Mädchen in ihr erkannt, in das ich mich damals verliebt habe. Wir haben sehr ruhig gesprochen, B. getrunken, viel gelacht, aber auch viel geweint, ich etwas mehr als sie. Ab und zu berührte ich sie kurz, sie streichelte mich leicht, mehr trauten wir uns nicht.
Wir haben viele Missverständnisse ausgeräumt. Dass wir uns in gewisse Rollenbilder zwangen, um dem anderen besser zu gefallen, dies aber den genau gegenteiligen Effekt bezweckte. Ich wollte mit völlig falschen Mitteln ihren Helden spielen, sie wollte auf keinen Fall - obwohl sie es manchmal wirklich war - das naive Mädchen raushängen lassen. Oder dass wir in vielen Situationen dumm und verletzend gehandelt haben, überreagiert haben, viele Streits auf absolute unforced errors zurückzuführen sind, diese wiederum vielleicht auf ein zu großes Sicherheitsgefühl. Wir haben Bedürfnisse des anderen ignoriert und die eigenen Bedürfnisse vorangestellt. Auch die vielen, augenscheinlich extremen Unterschiede zwischen uns ergeben sich teilweise aus der blinden Annahme der Rollenbilder. Zudem befinden wir uns beide gerade in Transformationsphasen, alters- und bei mir auch umgebungsbedingt, und hinterfragen uns selbst seit der Trennung immer häufiger. Wir waren sogar soweit, dass wir festgestellt haben, dass eine gewisse Seelenverwandschaft besteht, während sich unsere Geister die Köpfe einschlagen, und die Trennung daher wirklich sinnvoll war.
Bisher alles wunderbar - was mich dann wieder umhaute, war ihre Einstellung zu unserem Verhältnis in der Zukunft. Ich habe ihr klar gemacht, dass ich ihr nun viel Zeit lasse, dass wir uns separat voneinander eine Zeit lang entwickeln sollen, ohne sich füreinander zu verstellen - auch aus meiner Sicht das sinnvollste, was wir aktuell tun können. Ich weiß aber, und das habe ich ihr genauso erzählt, dass meine Tür immer für sie offen ist, dass sie sich bei Sehnsucht jederzeit melden darf, dass ich sie bei unserem nächsten Treffen, vielleicht in zwei Monaten, wieder fragen werde. Sie war zunächst der Einstellung, dass es dennoch nie wieder etwas zwischen uns werden wird, tröstete mich aber mit der Hoffnung, als sie sah, wie traurig ich darüber war, dass ihre Gefühle öfters mal Achterbahn fahren und es wieder anders sein werden kann, aber dass ihr aktuelles Gefühl nur ein endgültiges Nein zulässt. Auch meine Frage, ob sie ein Problem damit hätte, dass ich irgendwann eine neue Freundin haben werde, hat sie mit Nein beantwortet, anders herum kann ich es mir aktuell gar nicht vorstellen. Als ich sie fragte, ob sie mich noch liebte, antwortete sie auch zuerst mit Nein und schließlich mit Ja, ein bisschen, da sie mich ja doch vermisse. Ich habe ihr daraufhin gesagt, dass ich bestimmt zurecht kommen werde, wenn es endgültig nichts mehr zwischen uns wird, dass wir uns dann bestimmt irgendwann wieder in die Augen sehen können, eine Narbe auf meiner Seele aber bleiben wird. Das hat sie auch verstanden. Ich liebe sie wirklich noch immer und werde das irgendwie auch vermutlich immer tun.
Ich habe einfach panische Angst davor, dass sie bereits jetzt mit mir abschließt. Über weite Strecken waren wir wichtige Stützen im Leben füreinander, die wichtigste Person füreinander, im Grunde bis zum letzten Tag unserer Beziehung. Wir haben verdammt viel zusammen durchgemacht, bereist, miteinander Spaß gehabt, es gibt unzählige romantische Szenen, Versöhnungen, Liebesschwüre, Küsse, Bettszenen, dafür wenige, aber heftige Streitsituationen. Und für mich schreit jede dieser Szenen nach Wiederholung. Nicht sofort, irgendwann, auf einer stabilen Basis, die sie aktuell für nicht erreichbar hält. Was mich so traurig und verzweifelt macht, ist, dass sie diese Szenen offenbar nur noch als schöne Erinnerungen behalten möchte, dass unsere Liebe, alles, was wir uns so mühsam aufgebaut haben, es nicht wert ist, um dieses Wagnis - auch und gerade auf Sicht - noch einmal einzugehen.
An der Tür habe ich ihr gesagt, dass ich das lodernde Feuer in mir erstmal auf Sparflamme zurückdrehen werde, um mein Leben zu meistern, dass sie ihr Feuer aber nach Möglichkeit ebenfalls nicht ganz ausmacht. Dann sahen wir uns in die Augen, lächelten beide kurz, beim Rausgehen guckte ich nochmal zurück. Beinahe hätten wir uns wieder einen Luftkuss zugeworfen, wie zu Zeiten, als wir noch zusammen waren, aber wir konnten beide gerade noch widerstehen.
Egal wie gut die nächsten zwei Monate sonst werden: Diese Ungewissheit ist schrecklich. Nach diesem Abend habe ich mehr denn je das Gefühl, dass wir einfach unheimlich gut zusammenpassen, dass wir uns blendend verstehen, wenn wir es nur wollen, und dass wir, mit viel Zeit, Reflexionswillen und dem Ausräumen von noch mehr Missverständnissen, eine reale Chance haben auf eine schöne Beziehung. Ich möchte nur vermeiden, dass sie - auch wenn das vielleicht ihre Strategie zur Verarbeitung ist - alles erkalten lässt. Gibt es irgendetwas, das ich tun kann, außer Ruhe bewahren und mich weiterhin so normal ihr gegenüber zu verhalten?
Danke für hilfreiche Tipps!
Liebe Grüße
kosmo
15.10.2013 10:12 •
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