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Gute Mädchen kommen in den Himmel, böse überall hin

T
Hallo Forum!

Ich bin 50plus und wurde vor drei Jahren von meinem Mann für eine andere Frau verlassen. Es war eine von diesen Geschichten, wie man sie zuhauf hier im Forum liest. Deshalb erspare ich Euch die Details. Ein bisschen hatte ich schon mal in einem früheren Thread geschrieben. Aber heute geht es um eine neue Sache.

Anderthalb Jahre nach der Trennung verliebte ich mich in einen anderen Mann. Ich lernte ihn als seine Kundin, 165 km von mir entfernt, kennen. Aus heutiger Sicht kann ich sagen, dass er schon am ersten Tag auf mich angesprungen ist. Ich brauchte länger, bis bei mir der Groschen fiel. Aber gut daran war, dass ich in dem Moment, in dem es geschah, aus meinem Trennungskoma erwachte.

Nach meiner Trennung war ich sicher, nie wieder lieben zu können. Und dann wurde mir mit ihm ein sehr besonderer Mensch über den Weg geschickt. Er ist so völlig anders als die anderen Männer, die bisher in meinem Leben eine Rolle gespielt haben. Schon rein äußerlich, aber auch von seinem Denken her. Er teilt Interessen mit mir, die noch nie jemand mit mir geteilt hat. Menschen haben nun mal unterschiedliche Interessen, aber ich habe mir immer gewünscht, jemand würde das eine oder andere mit mir teilen, weil es einfach schön ist, Dinge, die einen begeistern, zu teilen. Ich habe mich von ihm angezogen gefühlt wie selten zuvor von jemandem in meinem Leben.

Es gab ein paar Dinge, die mich daran gehindert haben, auf seine Avancen einzugehen. Zum einen ist er deutlich jünger als ich, was allerdings das geringere Problem war. Weitaus schwerwiegender war, dass er verheiratet war und Kinder hat. So habe ich ihm zum einen immer wieder zu verstehen gegeben, dass ich noch nicht wieder reif für eine Beziehung bin. Zum anderen habe ich aber auch allgemein darüber gesprochen, dass ich Beziehungen mit verheirateten Männern ablehne.

Ich will hier nicht die Moralkeule schwingen. In jungen Jahren war auch ich mal Geliebte, wenngleich das niemals aufgeflogen ist. Nun habe ich das auch von der anderen Seite erlebt. Insgesamt hat mich das Leben gelehrt, dass das kein guter Weg ist und viel zu viel Schmerz bei den Beteiligten hinterlässt. Ich wollte ganz klar nicht einer anderen Frau das antun, was mir angetan worden war. Und noch mehr ging es mir um die Kinder.

Dennoch kamen wir uns immer näher und entwickelten so etwas wie eine Freundschaft. Wir führten viele tiefschürfende Gespräche und waren währenddessen auch immer in Körperkontakt. Wir erfuhren immer mehr übereinander und ich war mir, auch wenn er es nie aussprach, klar darüber, dass es in seiner Ehe irgendein Problem gab. Ich bin eine gute Zuhörerin und höre auch die feinen Nuancen. Manchmal ist es auch sehr aufschlussreich, was Menschen nicht erzählen. Aber ich habe meinen Verdacht für mich behalten und einfach weiter zugehört.

Das alles zog sich anderthalb Jahre hin. Dann rückte er plötzlich damit raus, dass er seit ein paar Monaten eine Geliebte hatte und erzählte auch von den Problemen in seiner Ehe. Er hatte die Trennung von seiner Frau zu diesem Zeitpunkt bereits eingeleitet. Allerdings wollte wohl seine Geliebte dann auch nicht mehr. Er war am Boden zerstört. Ich hätte ihm am liebsten die Leviten gelesen, aber das habe ich nicht übers Herz gebracht, weil er ohnehin schon komplett am Ende war.

In diesem Gespräch klang aber auch durch, dass er das mit uns noch nicht abgehakt hatte. Ich bin nicht darauf eingegangen, weil ich die emotionale Verwirrung nicht noch komplettieren wollte. Aber er hoffte auch immer noch darauf, dass es sich die Geliebte anders überlegt.

Das alles hat mich schon gekränkt. Andererseits hatte ich die ganze Zeit sehr deutlich zum Ausdruck gebracht, dass ich nicht zur Verfügung stehe (wie oben beschrieben). Das ist mir nicht leicht gefallen, denn ich habe ihn wirklich sehr, sehr gern. Ich kann ihm nicht vorwerfen, dass er sich dann anderweitig umgetan hat. Vorwerfen könnte ich ihm, dass er keinen sauberen Weg gewählt hat, um das alles zu klären. Soviel zur Vorgeschichte.

Kurz nach diesem Gespräch erhielt ich eine potenziell lebensbedrohliche Diagnose und musste mich erst mal um mich selber kümmern. Seither ist der Kontakt weitgehend abgerissen.

Mir ist klar, dass ich ihn los lassen muss und ich arbeite auch sehr daran, aber ich bin trotzdem sehr traurig. Und auch wenn wir nichts miteinander hatten, waren wir uns seelisch und körperlich immer sehr nah. Das ist etwas, was ich so sehr vermisse. Ich bin eine gestandene Frau und brauche keinen Mann, um existieren zu können. Aber Nähe fehlt mir so, so sehr.

Immer wieder kommt mir der Gedanke, dass ich jetzt in die Röhre gucke, weil ich anständig sein wollte. Ich denke an den Buchtitel „Gute Mädchen kommen in den Himmel, böse überall hin …“. Andererseits bin ich froh, nicht ein Teil dieser Trennungsgeschichte zu sein, und würde es wahrscheinlich jederzeit wieder so machen.

Ein weiteres Problem ist, dass ich einige Monate nach der Trennung von meinem Mann schon einmal eine seltene Krankheit hatte, die ich noch nicht ganz überwunden habe und die körperliche Einschränkungen mit sich bringt. Auch bin ich sehr weit vom gängigen Schönheitsideal entfernt. Ich bin zwar gepflegt, charmant, intelligent und weltläufig, aber im ersten Moment würde auf Grund meiner Optik kaum jemand mit mir in Kontakt treten. Das macht es noch einmal schwerer los zu lassen, weil er eben sehr weit hinter meine Fassade geschaut hat und mich so wahrgenommen hat, wie ich bin, und dabei keinen Zweifel daran gelassen hat, dass er mich ganz genau so mag. Das wünscht man sich doch so sehr, dass man so genommen wird, wie man ist, und findet es so selten.

Rat suche ich nun zu der Frage: Wie ersticke ich diesen Hoffnungskeim in mir, dass es doch noch etwas werden könnte mit uns? Dieses ewige Hoffen, das ständige Checken der Mails, das tut mir einfach nicht gut.

Die Ratschläge meiner Freunde und meines Psychologen reichen von „Wenn der auch nur einen Funken Interesse an Dir hätte, würde er sich permanent bemühen, mit Dir in Kontakt zu sein.“ bis „Der hat gerade sein ganzes Leben zerschlagen. Gib ihm Zeit. Der kommt schon wieder.“ Und das spiegelt auch den Widerstreit zwischen meinem Verstand und meinem Bauchgefühl wieder. Letztlich bin ich zudem selbst auch noch nicht wieder in der Situation, mich auf eine Beziehung zu konzentrieren, da mir noch wochenlange Behandlungen bevorstehen, die ich erst mal hinter mich bringen muss.

Vielleicht bekomme ich hier ja noch ein paar Anregungen.

Danke fürs Lesen,
Tulipan

21.02.2015 15:20 • x 1 #1


H
Hallo Tulipan.

WOW ! Ein sensationeller und sehr lebendiger Beitrag, dafür muss ich dir absoluten Respekt zollen.

Auch wenn ich dich nicht persönlich kenne, du bist eine wundervolle Frau und ein toller Mensch.

Mit Ratschlägen ist so eine Sache und in deinem Fall sehr schwierig.

Ich sage mal so, sieh seine verworrene Situation und deine immer wiederkehrenden Bedenken, als einen Wink deines Schicksals, zumal du jetzt noch viel Zeit für dich benötigst.

Die Zukunft wird dir deine Fragen beantworten. Vielleicht muss er sich selbst ersteinmal im Klaren werden und seinen eigenen Weg erst finden... Falls er sich aber nicht mehr meldet, dann ist er deine Überlegungen und Gedanken auch nicht mehr wert, aber das weisst du ja selbst.

Was auch immer passiert, du bist glaube stark genug, alle Situationen halbwegs gut zu meistern.

Ich wünsche dir alles Gute und viel Glück.

VG Holzer

21.02.2015 16:06 • x 1 #2


A


Gute Mädchen kommen in den Himmel, böse überall hin

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T
Hallo Holzer,
Zitat:
Auch wenn ich dich nicht persönlich kenne, du bist eine wundervolle Frau und ein toller Mensch.
vielen Dank für das Kompliment, das ich gerne annehme, denn ich arbeite im Moment auch daran, mich selbst von dieser Aussage zu überzeugen. So eine Trennung geht leider auch immer mit diesem teuflischen Saatkorn des Selbstzweifels einher. Da habe ich gerade eine Menge Unkraut zu jäten.

Zu allem anderen hast Du natürlich Recht. Geduld ist gefragt. Die Erkrankung spielt auch eine Rolle. Zwar kann ich mit einer sehr hohen Wahrscheinlichkeit geheilt werden, aber eine potenziell tödliche Krankheit lässt einen übers Leben nachdenken und auch über seine Endlichkeit. Es ist mir wichtig, wieder einen Menschen zu finden, mit dem ich Nähe erleben kann. Dabei möchte ich aber nicht besitzergreifend sein.

Ich bin ein sehr toleranter Mensch. Mein Ex-Mann und sein Warmwechsel haben das schamlos ausgenutzt. Trotzdem würde ich es immer wieder so machen und einem potenziellen Partner auch weibliche Freundschaften zugestehen, weil ich es einfach unerträglich finde, da Einschränkungen zu machen. Nicht das war falsch, falsch war, dass sie es eben ausgenutzt haben. Alles nicht so einfach ... *seufz* Jedenfalls würde ich jedem Partner die Freiheit zugestehen, die auch ich mir in einer Partnerschaft wünsche. Ums Klammern soll es also nicht gehen.

Viele Grüße und auch Dir alles Gute,
Tulipan

21.02.2015 17:38 • x 1 #3


T
Ich will lieber in den Himmel als überall hin.

21.02.2015 18:13 • #4


T
...ich will damit sagen, dass Du richtig gehandelt hast

21.02.2015 18:16 • #5


T
*lach* ... danke für den Nachtrag. Ich sehe es ja genauso. Trotzdem krabbelt da hin und wieder der Gedanke hoch, vielleicht etwas verpasst zu haben. Aber wenn man es realistisch betrachtet, dann habe ich vor allen Dingen eine Menge sehr unangenehmer Verwicklungen verpasst. Und wenn wir überhaupt eine Chance haben, dann könnten wir jetzt einen glatteren Start hinlegen.

Es bleibt also: Abwarten, Tee trinken und die Augen in alle Richtungen aufhalten bzw. den vorhandenen Charme in alle Richtungen ausschütten.

21.02.2015 19:33 • #6


S
Liebe Tulipan,

Zitat:
Kurz nach diesem Gespräch erhielt ich eine potenziell lebensbedrohliche Diagnose und musste mich erst mal um mich selber kümmern. Seither ist der Kontakt weitgehend abgerissen.


wusste er von dieser Diagnose? Und hat er Dir angeboten, Dir ein wenig beizustehen?
Und darüber hinaus: hat er sich nie nach Dir erkundigt? Sich um Dich bemüht?

Ich verstehe Deine Geschichte ehrlich gesagt nicht ganz.
Du hattest keine Liebschaft mit diesem Mann aber warst ihm seelisch und körperlich nah? (ich frage nicht aus moralischen Gründen)
Dann trennte er sich von seiner Frau, hofft aber noch immer auf die Geliebte, die er neben Dir hatte? Aber wenn er bereits von seiner Frau getrennt ist, wem stündest Du denn dann im Wege? Seiner anderen Affäre, die sich aber nicht bei ihm meldet?
Das klingt von seiner Seite aus mächtig vertrackt. Zwei Geliebte und eine Trennung...

21.02.2015 20:26 • #7


J
schreib ihm
doch einfach mal! er weiß doch gar nichts von deiner situation! da kann er doch gar nicht kämpfen, oder habe ich da was falsch verstanden?
Du hast ihm ja immer nur gezeigt dass du NICHT willst.

21.02.2015 21:20 • #8


T
Das stimmt. Ich habe ihm immer nur gezeigt, dass ich nicht wollte. Ich habe ihm nie gesagt, wie ich für ihn empfinde. Im Moment bin ich auch zu weit weg, als dass ich eine Klärung herbeiführen könnte. Grundsätzlich ist es ja auch so, dass ich vom Verstand her weiß, dass ich besser los lassen würde, weil die Sache eigentlich komplett verfahren ist. Deshalb habe ich hier geschrieben, weil ich einfach traurig darüber bin ... und hin- und hergerissen.

@ sandmann
Deinen Beitrag verstehe ich nicht. Ich war nie seine Geliebte und wollte das auch nicht sein. Das und inwiefern wir uns trotzdem nah waren, habe ich doch erklärt. Wir haben miteinander philosophiert. Mehr ging von meiner Seite aus den genannten Gründen nicht.

21.02.2015 22:17 • #9


S
Zitat:
Dennoch kamen wir uns immer näher und entwickelten so etwas wie eine Freundschaft. Wir führten viele tiefschürfende Gespräche und waren währenddessen auch immer in Körperkontakt


Zitat:
Und auch wenn wir nichts miteinander hatten, waren wir uns seelisch und körperlich immer sehr nah.


Deswegen kam ich drauf. Ich wollte Dir nichts andichten, ich habe dieses körperl. nah sein einfach so interpretiert.

21.02.2015 22:30 • #10


T
Na ja, man sitzt halt eng beieinander, hält auch mal die Hand des anderen, umarmt sich kurz ... das halt. Wenn man das so wie ich überhaupt nicht hat, dann sind einem auch solche Berührungen wichtig.

21.02.2015 22:34 • #11


H
Liebe Tulipan,

nun zerbrich dir nicht unnötig den Kopf und versuche ein wenig zur Ruhe zu kommen. Es ist wie es ist und es ist auch nicht zu ändern. Seltsamerweise treffen wir Menschen oftmals völlig unbewusst, die richtigen Entscheidungen.

Wenn du ihm niemals deine wahren Gefühle offenbart hast, oder ihn teilweise abgelehnt hast, dann hatte es einen Grund und eine Berechtigung (!). Dies wird uns aber oftmals erst viel später so richtig klar.

Was wäre wenn? ... ist doch eine unnötige Frage, denn nur die Tatsachen zählen und es sollte dann wohl alles so sein.

VG Holzer

21.02.2015 22:35 • x 1 #12


T
Kleines Update. Wir haben uns heute gesehen. Ich war ganz doll mutig und habe dieses Treffen vorgeschlagen.

Ich habe mir ja geschworen, nie wieder Spielchen zu spielen und so authentisch wie möglich zu sein. Deshalb habe ich auch meine Verunsicherung zum Ausdruck gebracht ob der oben geschilderten Situation. Auch habe ich ihm diesmal (ein bisschen) die Leviten gelesen.

Fazit: Wir werden uns wiedersehen.

Ich bin eine Heldin. Ich bin total stolz auf mich. Ihr könnt Euch gar nicht vorstellen, wie viel Mut mich das alles gekostet hat. Ist irgendwie jetzt auch egal, ob das mal über eine Freundschaft hinausgeht. Das, was ich da heute gemacht habe, war für mich ein Riesenschritt dahin, wieder mein Leben selbst in die Hand zu nehmen.

26.03.2015 23:23 • #13


A


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