Ich lernte einen Mann kennen. Er sah mich und verliebte sich sofort in mich. Er gestand mir das damals aber nicht. Außer ein paar lockeren Treffen war da nicht viel. Einmal erzählte er mir allen Ernstes, dass er mich schon seit sehr langer Zeit kenne. Aus einem längst vergangenen Leben. Ich hielt das natürlich einerseits für eine merkwürdige Anmache, andererseits war ich sehr beeindruckt.
Nach etwa fünf Jahren tauchte er wieder bei mir auf. Wir unterhielten uns über vieles und ich spürte, wie sehr er mich mochte. Er sagte, dass er mich nie vergessen konnte. Wir hatten ein paar sehr romantische Treffen, bei denen wir Zärtlichkeiten austauschten, aber keinen S. hatten. Er wollte aber offensichtlich seine Familie nicht für mich aufgeben, aus Verantwortungsgefühl für das Kind. Ich hatte Verständnis dafür. Ich entfernte mich mit der Zeit von ihm, weil ich es respektierte, dass er dieses Verantwortungsgefühl hatte.
Zwei Jahre später heiratete ich einen anderen Mann und wir bekamen zwei Kinder. Als ich das erste Mal schwanger war, traf ich noch einmal den anderen Mann aus der Vergangenheit und - wie er mir später erzählte - war er enttäuscht, dass ich eine Familie gründete.
Nach weiteren Jahren meldete er sich übers Internet bei mir, gestand mir, dass er mich nie vergessen konnte und wollte mich bald darauf treffen. Nach einiger Zeit willigte ich ein und wir trafen uns zum Reden und Essen. Es war sehr schön. Danach bemühte er sich sehr um mich, war total in mich verliebt und schrieb mir wahnsinnig romantische SMS, in denen er mich vergötterte. Ich war natürlich tief beeindruckt und das Ganze berührte mich sehr. Ich schwebte im siebten Himmel und alles schien perfekt und diesmal ernst zu sein. Wir beide konnten, trotz unserer Ehen und moralischer Bedenken, an nichts anderes mehr denken, als aneinander. Wir begannen eine Schattenbeziehung. Ich wollte am liebsten alles meinem Mann erzählen, befürchtete aber, dass er es nicht verstehen würde. Der Geliebte schrieb unzählige Emails und gestand mir jeden Tag, wie sehr er mich vermisste und auch, dass er sich ein neues Leben mit mir vorstellen könne. Ich war Feuer und Flamme, da meine Ehe für mich recht unbefriedigend war und ich mich nach Sicherheit sehnte. Mit meinem Mann hatte ich dieses Thema auch angesprochen. Und er riet mir sogar zu einer Affäre, doch ich sollte es ihm sagen. Ich konnte es aber nicht, dazu hatte ich zu viel Angst.
Mit der Zeit wurden jedoch die moralischen Bedenken des Geliebten seiner Familie gegenüber immer größer und er geriet nach etwa ein paar Monaten in einen Gewissenskonflikt.
Zwei Jahre ging das so und er sprach immer wieder davon, dass er nach einem Haus suche für uns und andererseits, dass er sich jetzt nicht trennen könne. Da dachte ich: Moment mal, das erzählt er mir jetzt eigentlich schon seit so vielen Jahren. Er meint es nicht wirklich ernst. Er wurde ärgerlich, wenn ich das ansprach. Ich wusste natürlich auch nicht, ob ich es so einfach schaffen würde, meine Familie aufzulösen und hatte sehr viel Verständnis. Er erzählte immer wieder von seiner Zerrissenheit, wie sehr er mich begehrte, aber wie verantwortlich er sich auch für seine Familie, das Haus und alles andere fühlte.
Jedesmal, wenn sie in den Urlaub fuhren, litt ich, weil er das nicht mit mir tun konnte. An Weihnachten und Ostern ging es mir schlecht, weil er alles für seine Familie tat und mich nur ab und zu traf, wo er mir jedesmal versicherte, wie sehr er mich liebte. Für seine Frau hege er nurmehr schwesterliche Gefühle. Ich begann für ihn meine Familie zu vernachlässigen, um mich immer für seine Nachrichten oder ein Treffen bereit zu halten, weil er solche Sehnsucht habe. Er sei davon überzeugt, dass er eine Zukunft mit mir wolle, nur noch nicht davon, wie das geschehen solle.
Ich wusste langsam nicht mehr, was ich davon halten sollte. Er bemühte sich zwar mit Geschenken und etwas häufigeren Treffen, liebevollen Nachrichten, aber da war immer diese Angst bei mir, dass er sich nie trennen würde.
Er begann mir gegenüber zu jammern, wie schlecht er sei und was er angerichtet habe, dass er alle unglücklich mache und er bekäme jetzt einen Nervenzusammenbruch. Wisse nicht, wie es weitergehen solle. Ich versuchte ihm beizustehen und ihn aufzubauen, habe ihm geraten, erstmal abzuwarten und nichts zu überstürzen, wohl wissend, dass es eine Entscheidung geben müsse. Er brauchte mich, wie er mir schrieb, weil seine Frau das Haus verlassen hatte, bei einer Freundin schlief. Er hatte plötzlich Angst, alles zu verlieren. Ich bestärkte ihn noch, dass er an sich glauben solle, habe ihn keineswegs gedrängt, seine Familie zu verlassen.
Am nächsten Tag war seine Frau wieder da. Ich hörte nicht viel von ihm, machte ihm dennoch Mut. Abends kam eine SMS, dass er nicht mehr könne. Es hatte viele Gespräche zwischen ihm und seiner Frau gegeben und es gebe für ihn jetzt nur ein Ja für seine Familie. Punkt. Aus. Daraufhin fragte ich noch kurz nach, was das jetzt für uns bedeuten würde. Er verhielt sich recht abweisend, ich stand da gar nicht mehr zur Debatte, sondern es ging ihm nur noch um das Retten seiner Ehe. Er könne jetzt zu mir nichts mehr sagen und sich nicht mehr melden, ich müsse das verstehen, obwohl er mich liebe. Seine Entscheidung stehe fest. Er sei mit seiner Frau überein gekommen, dass sie ihm eine Chance einräume und er sich in Therapie begebe, um herauszufinden, was er wirklich wolle Nach meinem Befinden wurde nicht mehr gefragt. Er könne darüber auch nicht mehr mit mir reden und müsse den Kontakt zu mir abbrechen, um sich auf seine Ehe zu konzentrieren, obwohl er mich immer lieben werde.
Ich bin nun völlig am Boden zerstört, weil er ja ein zweites Mal zu mir gekommen war und nun wieder alles nur heiße Luft sein sollte.
Danach brach ich völlig zusammen. War so enttäuscht, dass ich plötzlich nicht mehr wichtig war.
Was soll ich von diesem plötzlichen Bruch halten und wie soll ich selbst wieder auf die Beine kommen? Wie rette ich jetzt meine Ehe? Wie soll ich für einen anderen Mann jemals wieder solche tiefen Gefühle entwickeln?
02.06.2015 20:02 •
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