Mich bewegt die ganze Geschichte sehr. Ich versuch mal, nachzuerzählen, was passiert ist...
Sarah und ich sind seit ein paar Jahren gute Freunde und Arbeitskollegen. Im letzten Jahr haben wir beide ziemlich viel erlebt. Wir beide hatten jeweils eine ziemlich hässliche Trennung hinter uns. In ihrem Fall nach langjähriger Partnerschaft. In der Zeit haben wir uns gegenseitig sehr unterstützt und waren füreinander da. Und wir hatten viele coole gemeinsame Abende, bis dann die Coronazeit kam. Wir wechselten ins Home Office, was in unser beider Fälle auch hieß, dass wir uns physisch nicht mehr trafen, weil wir aus verschiedenen Städten in Deutschland kommen. Wir blieben aber digital in Kontakt. Unsere Gespräche vertieften sich und in der Jahresmitte merkte ich, dass sich für mich etwas veränderte. Nach einem traurig-witzigen Abend in Skype - sie erzählte erst, dass sie gerade etwas bedrückte und ich hörte ihr zu; danach lachten wir viel und alberten, wobei sie rausließ, dass sie eine schlechte Verliererin sei und ich das schon aushalten können müsste - hab ich sie am nächsten Morgen zu einer Konsolen-Gaming-Challenge rausgefordert... und nach einem ersten Ja dann doch noch eine Absage (nicht das ganze Wochenende Zeit, lieber ein andermal) bekommen. Das war im Juni... und so beginnt die Geschichte.
Sechs Wochen hatten wir kaum Kontakt als Sarah sich dann mit der Frage meldete, ob sie einer engen Freundin - Eva - meine Nummer geben dürfte. Eva plante eine Tour quer durch Deutschland mit Ende in meiner alten Heimat. Die Überlegung war, ob ich ihr meine Heimat zeigen möchte. So kam es dann auch: Eva kam vorbei, ich zeigte ihr die Gegend und sie lernte meine Eltern kennen. Volles Family-Programm. Sie fühlte sich wohl - und wir verstanden uns sehr gut. Eva zeigte sich sehr interessiert und mir tat diese Aufmerksamkeit sehr gut. Wir blieben also in Kontakt und ja, wir flirteten.
Kurz danach lud Eva mich dann zu sich ein. Ab da meldete Sarah sich auch wieder bei mir. Keine wirklichen Gespräche, eher wie der Ping an einen Server, um die Latenz rauszufinden. Jedenfalls verlief es im Vorfeld des Treffens etwas strange. Eva übernahm die Planung, inklusive einiger gemeinsamer Treffen mit Sarah. Die beiden leben ja am selben Ort. Gleichzeitig fragte Sarah immer mal bei mir nach, was nun der Plan sei - obwohl laut Eva alles untereinander abgestimmt war. Anyways, schon der erste Abend war komisch. Ich kam bei Eva an, legte meine Sachen bei ihr ab und wir gingen was essen. Eigentlich sollte Sarah erst danach dazustoßen, sie kam aber dann doch schon mit. Auf dem Weg zum Treffpunkt fragte Eva mich, ob sie mich wieder in meiner Heimat besuchen dürfte. Nach dem Essen landeten wir in ner Bar und der beste Freund der beiden kam dazu. Der plauderte dann fröhlich über intime Details aus Evas Liebesleben (was ihr sichtlich unangenehm war), meinte dazu, ich hätte bei ihr eh keine Chance und das heut Nacht nix laufen wird. Ach ja, ich sollte mich lieber an Sarah halten. Sowieso lenkte er jedes Thema so, um ein Statement zu Sarah und mir abzugeben. Hätte ich nicht gewusst, dass es ein guter Freund der beiden ist, hätte ich was gesagt... so hab ich mich zurückgehalten. Ich war trotzdem ziemlich irritiert.
Trotzdem behielt der Freund Recht. Nachts lief nix. Immerhin hatten wir ein nettes Frühstück zu zweit, bis wir dann wieder in die Stadt sind. Auch hier schloss Sarah sich wieder an. Der Tag verlief unspektakulär nett, bis wir abends mit weiteren Freunden in einer Bar gelandet sind. Aus dem Tischgespräch war ich anfangs raus (was mir selten passiert), da es sehr um Cliquenthemen ging. Nach einer Weile fragte ich Eva dann, ob wir bei ihr noch einen Wein trinken (das war mal der ursprüngliche Plan). Sie verneinte, also blieben wir. Der Rest des Abends war dann doch noch nett. Im Bett erzählte mir Eva dann, dass sie den ganzen Tag schon auf Abstand zu mir gegangen sei, damit ich mehr Zeit mit Sarah hätte. Außerdem würde sie es besser finden, wenn bei meinem nächsten Besuch klar wäre, bei wem ich zu Gast bin. Am nächsten Tag wollte sie sich weitgehend rausziehen, damit ich vor meiner Abreise noch Zeit mit Sarah hätte. Ich entgegnete, dass sie gern dabeibleiben könne - ich könnte ja auch noch einen Abend bei Sarah bleiben und erst am nächsten Tag abreisen. So hielten wir es dann auch.
Eva zog sich trotzdem früher raus. Sarah und ich hatten danach einen tollen Tag und eine richtig gute Zeit. Seit Langem mal wieder viel geredet, uns Dinge anvertraut und gelacht. Und viel Wein. Zuviel Wein für mich, so dass ich mich nicht mehr an alle Details vom Ende des Abends erinnere. Jedenfalls landeten wir auf ihrer Couch und ich überlegte, sie zu küssen - stattdessen fragte ich sie, ob das im Juni ein Korb war. Ich glaube, die Antwort war ja - und dass wir besser schlafen gehen sollten, wir wären ja schon ziemlich müde.
Am nächsten Morgen frühstückten wir noch zusammen und dann machte ich mich auf den Weg. Wir sehen uns dann an Deinem Geburtstag, sagte sie zum Abschied. Eigentlich feier ich jedes Jahr ne Party an meinem Geburtstag. Für dieses Jahr war coronabedingt eigentlich nix geplant. Ich freute mich aber drüber, dass sie vorhatte, vorbeizukommen. Auf dem Nachhauseweg dankte ich Sarah für den schönen Abend. Eva schrieb ich, dass ich sie gern noch besser kennenlernen würde und dass sie ja zu meinem Geburtstag und in meine Heimat kommen könnte. Ich selbst war immer noch irritiert von dem Wochenende.
Vielleicht zuerst zu Sarah: nach meinem Besuch hielt ich erst mal die Füße still. Den letzten Abend hatte ich als Bestätigung und erneuten Korb gesehen. Von ihr kamen danach wieder die Ping-Nachrichten. Wenn ich drauf reagierte, kam aber nix mehr. Anders wars mit Eva: Wir schrieben immer mal wieder, wenn auch deutlich abgekühlter und nicht mehr flirtend. Trotzdem brachte sie das Thema Besuch in meiner Heimat weiter voran. Wir einigten uns auf einen Termin und sie wollte noch die Anreise klären. In der Folge rissen alle Gespräche an diesem Punkt ab. Recht kurzfristig sagte sie dann auch für meinen Geburtstag ab, ohne ne Begründung zu geben. Kurz vor dem geplanten Treffen in meiner Heimat und erneutem Gesprächsabriss schrieb ich ihr dann in höflichen Worten, dass wir das Treffen auch gern lassen können und ich das Gefühl habe, dass kein gegenseitiges Interesse am kennenlernen mehr besteht. Mir war es wichtig, diese Schwebe zu beenden. Sie reagierte sauer und seither herrscht Funkstille.
Sarah dagegen kam zu meinem Geburtstag. Meine vier engsten Freund*innen sowie deren Partner*innen waren da, alles Leute, die Sarah bereits kannte oder zumindest vorher mal gesehen hatte. Ich kann nur sagen: wow! So gestylt wie an dem Abend hab ich sie noch nie gesehen. Leider hatten wir an dem Abend keine Zeit für ein Gespräch außerhalb der Gruppe. Sie ging auch schon recht früh, weil sie nicht allein zu ihrer Wohnung (hier am Arbeitsort) fahren wollte und ein befreundete Paar auch gerade ging. Das Angebot, hier zu übernachten, hatte sie am Abend zuvor schon abgelehnt, nachdem sie wissen wollte, ob noch andere hier übernachten (ja). An den Tagen nach dem Geburtstag meldete sie sich wieder und ich fragte, ob wir mal wieder skypen wollten. Sie war mittlerweile wieder zurück an ihrem Wohnort. Sie sagte zu und schlug einen Abend vor, nachdem mein ursprünglicher Zeitvorschlag für sie nicht passte. Am Tag des Skype-Kaffees sagte sie dann kurzfristig ab...
Dooferweise kam am selben Abend die Nachricht, dass einer meiner Geburtstagsgäste positiv auf COVID-19 getestet wurde und wir alle Kontakte ersten Grades waren. Ich informierte alle, auch Sarah. Sie reagierte genervt, wollte aber weiter auf dem Laufenden gehalten werden. Also hielt ich sie alle paar Tage auf dem Laufenden - und erntete dafür passiv-aggressive Nachrichten. Einen Anruf von mir nahm sie nicht an. Ich fragte noch einmal nach, ob alles okay sei und bekam auch Antwort, dass sie nicht sauer, aber schon genervt von der Sache sei und sowieso viel um die Ohren hätte. Ab da ließ ich sie erst mal in Ruhe. Eine Woche später meldete sie sich wieder um bat um Unterstützung bei einer Bewerbung. Ihr Vertrag endet bald und sie sucht gerade eine neue Stelle. Ich half ihr gern dabei und sie unterstützte mich im Gegenzug bei einer anderen Kleinigkeit. Kurz darauf meldete sie sich wieder, weil sie traurig war, nachdem sie hörte, dass die Bewerbungsdeadline verlängert wurde. Ich hab versucht, für sie da zu sein - auf das Angebot zu telefonieren ging sie jedoch nicht ein.
Nochmal ein paar Tage später schrieb ich ihr mit der Frage nach einem Wiedersehen, nachdem wir schon an meinem Geburtstag nur wenig Zeit gehabt hätten und ich sie sowieso gern um mich habe. Die Frage war, ob sie mir mehr von ihrer Heimat zeigt. Es folgte der Korb, eine klare Ansage: Mal ganz abgesehen davon, dass ich die nächsten Monate eigentlich keine Zeit für irgendetwas habe, solltest du aufhören dir Hoffnungen auf etwas zu machen, dass nicht passieren wird..
Als guter Freund kannst du Eva und mich gerne (wenn zeitlich alles wieder entspannter ist) besuchen kommen, aber alles andere schlage dir bitte aus dem Kopf!.
Ich bedankte mich für die ehrlichen Worte und hielt ab da die Füße still. Eine Woche später kam sie wieder auf mich zu - mit einer Nachricht. Sie enthielt die Bitte um Unterstützung in einer privaten Sache, ihrer Doktorarbeit. Im Gegensatz zu sonst lehnte ich jedoch ab und schrieb ihr, dass sie mir am Herzen liege, es für mich so aber gerade nicht passt.
Seither herrscht Funkstille, die mir sehr schwer fällt.
13.11.2020 13:13 •
#7