Lieber Julian, ich habe deine zehn Seiten mitgelesen und bin immer wieder hin und hergerissen von dem was du schreibst.
Ich verstehe, dass du nun traurig und enttäuscht bist, denn für dich war es eine intensive Beziehung - auf ihre Art.
Das hier bei vielen die Alarmglocken angingen und du teilweise recht unsensible Ansichten hören durftest, sollte dich aufhorchen lassen. Sperr dich nicht völlig dagegen und nimm nicht nur Antworten an, die dir passen, sondern versuche mal selbstkritisch alle ein wenig zu hinterfragen.
Du standest am Anfang einer Beziehung. Sie war nicht bereit. Du hast mehr Energie aufgewendet (andere meinten bedrängt) nun ist sie zurückgewichen (nicht deine Schuld, sondern ganz natürlich, dass ihr Abwehrmechanismus sich einschaltet) du bist nun am Boden zerstört, weil du verliebt bist und irgendwie auch verärgert über die Undankbarkeit. Du hast dich ja zurückgehalten, warst verständnisvoll und hast das Erhoffte nicht bekommen... (das ist jetzt nur meine Meinung sicher kein Faktum)
Julian, ganz ehrlich, dir ist hier etwas passiert, worüber du wirklich! nachdenken solltest. Und damit meine ich nicht über sie, sondern über dich. Du bist mit einem blauen Augen davon gekommen (aus der Sicht vieler anderer hier, die teilweise wissen, dass es anders ausgehen kann)
Sobald dein Liebeskummer etwas weniger wird (ich rate dir zu absoluter Kontaktsperre) würde ich mir mal einige Fragen stellen. warum hat sie mich angezogen? warum wollte ich es unbedingt? was habe ich mir erhofft und warum nicht gesehen, dass es nicht geht?
Noch eine kleine Beobachtung (für den Fall, dass sie sich meldet und zurück will): nimm es mir nicht böse, aber ich halte dich aus ihrer Sicht nicht für einen idealen Partner in dieser Zeit (übrigens halte ich auch sie nicht für eine gute Partnerwahl!). Deine Freundin ist 19 Jahre alt. Als junges Mädchen ist ihr ein Trauma widerfahren, welches sie bis heute mehr oder weniger erfolgreich verdrängt hat. Einerseits ist sie der Meinung, sie hätte es verarbeitet, aber aus dem was ich da alles raus höre, hat sie es für sich so verarbeitet, dass sie diese Erfahrung ganz hinten in eine Schublade ihres Bewusstseins gesperrt hat. Sie hat zwar immer mal wieder den Mut und die Kraft, diese Erfahrung herauszuholen, sie anzusehen, ein wenig drüber zu sprechen, aber sobald diese Erfahrung beginnt etwas in ihr zu machen (nennt man Beginn der Verarbeitung) steckt sie sie ganz schnell wieder hinein, sperrt sie zu, macht sicherheitshalber nochmal einen Stacheldraht drum herum und fertig. Das nennt man Blockade. Warum? weil Verarbeitung mit dem erneuten Fühlen des Schmerzes einhergeht. Es ist zunächst ein erneutes Durchleben. Das ist schwierig, geschieht über Jahre hinweg. Unser Gehirn schützt uns davor und diese über Jahre aufgebaute Abwehr, baut sich sicherlich nicht innerhalb eines Jahres ab. Das ist ein Prozess und erfordert unheimlich viel Energie. Je mehr Energie du darauf verschwendest ihr zu helfen desto mehr Energie wird sie darauf verschwenden eine höhere Abwehr aufzubauen. Daher die Meinung vieler hier, ihr beide wärt destruktiv (was ich nicht sage).
Du bist ein junger Mann, der keinerlei Erfahrungen im Umgang damit hat und verzeih, das meine ich absolut nicht böse - du kommst mir nicht so sensibel oder empathisch rüber, wie sie es gebraucht hätte (was du überhaupt nicht musst, du bist kein Therapeut und es ist nicht deine Aufgabe). Das mache ich daran fest, dass du Schwierigkeiten hast zu begreifen, dass man so ein Thema niemals von sich aus anfängt, sondern den anderen auf sich zukommen lassen muss. Damit meine ich noch nicht einmal den Sechs sondern das Sprechen über das ihr widerfahrene. Du kannst nicht Maßstäbe eines vernünftigen Menschen ansetzen, denn das was ihr widerfahren ist, ist nicht vernünftig und lässt sich nicht mit Vernunft aus der Welt bringen, weg reden. Sie braucht etwas anderes - aber ganz sicher niemanden, der ungefragt in ihr bohrt und gemeinsam ihr persönliches Problem angehen will (das ist übergriffig!). Wer derartiges zu verarbeiten hat, hat kaum Kraft, in eine Beziehung zu investieren. Dass das Trauma vorbei ist, glaube mir , das hat sie nicht wirklich realisiert: plötzlich sah sie ihren Vermieter vor sich (und das hat dich noch nicht einmal alarmiert!) Eine Beziehung am Anfang braucht aber auch intensive Pflege, was Kraft kostet. Mach dir das bewusst.
ich sage dir in aller Deutlichkeit: wenn du willst, dass sie sich erneut so fühlt, wie damals, dann mach weiter. vielleicht wird sie nachgeben, und egal wie behutsam oder zärtlich du vorgehen wirst, für sie wird es das selbe wie damals sein. Denn sie ist nicht bereit. Sie ist es einfach nicht und das hat sie dir jetzt so oft gesagt und gezeigt. (frage an dich: warum konntest/wolltest du das nicht erkennen?) Gleichzeitig sehnt sie sich nach Nähe. Das ist ein tiefer Wunsch in jedem von uns - und das macht die Sache auch so ambivalent. Gerade diese übereilten Entschlüsse ihrerseits (plötzlich war sie bereit) deuten mMn eher darauf hin, dass sie es versucht zu erzwingen. Sie zwingt sich normal zu sein. Damit ignoriert sie das Problem aber nur weiter...
Bitte verzeih mir meine deutlichen Worte, ich will dir wirklich nichts böses und finde es rührend, dass du sie, obwohl du Schwierigkeiten sahst, nicht aufgeben wolltest und deine Bedürfnisse gewillt warst hinten an zu stellen...
Gleichzeitig sagt das sehr viel über dich aus. Bitte denke darüber nach. Arbeite das auf. Ich maße mir hier nicht an, Vermutungen über dich anzustellen. Mach du das. Alles Gute für dich.
22.09.2019 13:04 •
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