Erwartungen und Enttäuschungen (Daueraffäre)

Hallo Himbeerensonntag,
habe dein eigenes Thema interessehalber mal gelesen. Das hörte ja plötzlich auf. Kannst du verraten, wie du dich entschieden hast oder entscheiden wirst?
Emma

hey emma,
was meinst Du?
Wie ich mich entschieden habe?
Ich stehe doch vor gar keiner Entscheidung, die habe ich längst getroffen. Steht doch auch hier in diesem Thread, wie es weiterging...
Ich habe mir jetzt eine Packung Kreide gekauft - und esse jeden Tag ein Stück davon und die Wirkung tritt ganz allmählich ein

Bei mir ist das mit der Affäre ja ein bisschen anders gelagert als sich das sonst hier so liest... mir passen so viele Sachen am Jan nicht, und da würde ich gerne mal mit ihm drüber sprechen, aber das geht aus den genannten Gründen (kleinste Kritik führt bei ihm zu gigantischer Wut) nun mal nicht. Mir passt zB nicht, wie er mit seinem Sohn umgeht, ihn zum Spacken und Außenseiter unter den Jungs in seiner Klasse erzieht... ein 14jähriger, der ständig über der Playstation hockt und über Rückenschmerzen klagt. Welcher 14jährige bitteschön hat Rückenschmerzen! Statt auf den Sportplatz wird der Junge zu vier Orthopäden gekarrt - alle sagen dasselbe: der Junge braucht mehr Bewegung. Was sagt der Vater: Ich kann den armen Kerl doch nicht zwingen, mit Druck geht das nicht. Er will nun mal keinen Sport machen. Er war mal im Fußballverein. Der Ton dort auf dem Platz ist einfach zu rau... usw usf.... Also hockt er weiter über der Spielekonsole und wird - da er Rückschmerzen hat und seinen Schul-Rucksack als zu schwer empfindet - vom Vater zur Schule gefahren! Aussage des Vaters dazu: Warum gibt es keine Schließfächer in der Schule? Die ganzen Bücher sind einfach zu schwer.... Haste Töne?! Ich nicht.

Der Junge wird im Juni 15 Jahre alt. Er ist schlecht in Englisch und Französisch. Auf meinen Hnweis, dass er doch in den Sommerferien mal eine 14tägige Sprachreise für Jugendliche nach Frankreich oder England machen könnte, antwortet der Vater: Nein, auf keinen Fall, dafür ist er noch nicht reif. Da bekommt er nur Angst. Und was, wenn er da allein ist und ihn keiner mag?! Noch Fragen, warum der Junge in der Klasse ein absoluter Außenseiter ist und keine Freunde hat?! Ich nicht.

Statt dessen hat der Vater jetzt im August (!) für sich und den Sohn 10 Tage Urlaub in den Vereinigten Arabischen Emiraten gebucht! Strandurlaub! Wie - entschuldige - dämlich muss man sein. Und sich dann darüber wundern, dass es dort so billig ist im August. Ja, kein Wunder, dass bei 50 Grad im Schatten niemand in der Vereinigten Arabischen Emirate will. Dazu muss man wissen, dass ich bis zur Geburt meiner Kinder jedes Jahr mindestens eine Fernreise gemacht habe. Reisen ist eines meiner Hobbies und ich glaube schon, dass ich mich mit Reisezielen ein wenig auskenne. Das weiß der Jan auch. Aber meinste, er fragt mich um Rat?! Nein, im Gegenteil. Er will von mir hören: Toll, hast du das gemacht. Vereinigte Arabische Emriate im Hochsommer ist ja wirklich eine super Idee! Vor meine Kreide-ess-Aktion hätte ich ihn darauf hingewiesen, dass dieser Urlaub vielleicht überwiegend in klimatisierten Malls und Restaurants, aber nicht am Strand stattfinden wird. Heute rede ich ihm nach dem Mund. Und was meinst Du? Stell DIr vor: es funktioniert beim Jannilein! Keine Konflikte mehr, keine Streite. Ich finde einfach alles, was er sagt, toll. Und schon findet Jan mich toll. So einfach ist das bei ihm. Wenn es Meinungsverschiedenheiten gibt, dann findet Jan mich nicht mehr toll, dann zweifelt er an der Beziehung, denn Beziehungen müssen doch harmonisch sein. Mit meiner Ex-Frau habe ich mich 15 Jahre lang nicht gestritten. Und ich verstehe nicht, dass sie sich jemand anderes gesucht hat und mir zum Schluss gesagt hat, sie hätte sich immer nur zurücknehmen müssen. Sie ist einfach ein schlechter Mensch, auf den ich reingefallen bin. Sie hat mich ausgenutzt! (Zitatende von Jan)

Warum ich das tue?! Nun, das habe ich ja in meinem ersten Thread geschrieben. Ich warte auf den Payback - Tag der Rache. Damit meine ich nun aber nicht, dass ich wie Michael Douglas in Falling Down wild um mich ballernd durch die Gegend ziehe. Sondern dass ich ohne Gefühle Tschüss sagen kann. Dass ich diesen Menschen irgendwo treffen kann - und nichts mehr empfinde. Keinen Schwermut, keine Melancholie- nichts.

Bei mir funktioniert das so, dass meine Liebe immer weniger wird, wenn ich mich so zurücknehmen muss. Ich habe eine zeitlang überlegt, ob ich vielleicht zu kritisch bin. Warum kümmere ich mich überhaupt darum, wie der Jan seinen Sohn erzieht? Was interessiert es mich, dass Jan nicht reflektiert ist und nicht nachdenkt? Es zählt doch allein die Liebe, ich sollte Konflikte einfach vermeiden etc...

Ich hatte immer das Gefühl, ich setze mich durch die Diskussionen ins Unrecht, da ich ja damit anfange. Und Du kannst mir glaube, ich weiß, wie man Gespräche führt. Ich habe ihm nie die Pistole auf die Brust gesetzt, sondern stets sehr vorsichtig meine Meinung geäußert, zum Beispiel, einfach nur die Frage gestellt, ob es so gut für den Sohn ist, wenn der Vater (und die Großeeltern, die da immer noch mitmischen) dem Jungen alle Schwierigkeiten aus dem Weg räumen, ob er da wirklich wachsen kann. Der Jan will das nicht hören, der will auch keine Gespräche darüber führen, denn das sind für ihn Problemgespräche, die er hasst wie die Pest.

Aus diesem Grund will ich nun gar nicht mehr das Gefühl haben, ich hätte an irgendwas Schuld. Deswegen nehme ich mich zurück. Dabei wächst in mir der Groll und die Verachtung für Jan. Irgendwann werden diese Gefühle ggü den Gefühlen der Zuneigung für Jan überwiegen. Das weiß ich.

Warum ich überhaupt Gefühle der Zuneigung für Jan habe - das ist wieder ein ganz anderes Thema.

Und das alles ist mit Sombras Fall nicht zu vergleichen, da ich ein ganz anderer Typ als Sombra bin. Ich kann niemand lieben, der mich leiden lässt. Meine Gefühle verschwinden dadurch. Allerdings bin ich sehr selbstkritisch und frage mich oft, ob ich nicht selbst an irgendeiner Situation (Streit, Auseinandersetzung etc) durch meine eher kritische Art Schuld bin. Und deshalb will ich mich jetzt perfekt (jedenfalls in den Augen von Jan) benehmen.

Und dann gehen.

Das hat auch den Vorteil, dass der Jan mich mehr vermissen wird, als wenn ich ihn jetzt noch ständig - in seinen Augen - kritisieren würde. Auch eine Art von Rache.

Hoffe, das konnte Deine Frage beantworten.

Zitat:

Und deshalb will ich mich jetzt perfekt (jedenfalls in den Augen von Jan) benehmen.

Und dann gehen.

Jetzt habe ich dich verstanden. Oh weh ! Eine seltsame Strategie. Ich finde es nicht gerade fair. Mach den cut und traue dir mehr zu. Der Jan soll dich noch vermissen etc.? Es sollte dir egal sein.
Steh drüber. Dann hast du den Kampf gegen dich selbst gewonnen.
Dann könnte man dieses senden:

Ja, liebe Emma, da hast Du ganz sicher recht. Und wenn es so einfach wäre, dann würde ich über allen Dingen schweben und freundlich von oben allen dort unten zuwinken.

Aber leider ist das in etwas so, wie einem Alk.oholiker zu sagen, er möge doch bitte das Trinken sein lassen. Oder der Rat an einen Depressiven, er solle einfach aufhören mit dem Traurigsein, jeden Tag gehe wieder die Sonne auf und Kopf hoch.

Du verstehst: ich bin leider nun mal nicht so toll, dass ich über den Dingen stehe. Und ich habe nunmal diese ambivalenten Gefühle. Ich kann mich nicht einfach von Jan trennen, denn dann leide ich unter Verlustängsten. Mag merkwürdig klingen, ist aber so. Ich habe bald ein Jahr lang jede Woche dreimal was mit ihm unternommen. wir hatten S. Guten S. Ok, das war, als ich noch an die Liebe geglaubt habe.... Aber die Liebe verschwindet bei mir nunmal nicht schlagartig. Ich wache nicht einfach auf, und sie ist weg. Und ich versuche aktiv, mein Leiden zu verringern bzw ganz zu verhindern. Meine Strategie muss selbstverständlich nicht die Richtige für andere Menschen sein. Wer über den Dingen steht, keine Rachegedanken hat und sich in das Schicksal fügt und eine Zeit der Trauer gerne in Kauf nimmt - na, der wird natürlich andere Strategien entwickeln.

Aber dieses Selbsthilfe-Forum hier ist ja ein Sammelbecken für alle möglichen Strategien. Da ist eben für jeden etwas dabei. So unterschiedlich wie die Menschen sind, sind eben auch die Bewältigungsstrategien.