Wo fangen wir an?
Lieber @Coloneltw
Zunächst tut es mir sehr leid, daß Du so viel Zorres hast, es muß unglaublich anstrengend sein in Deinem Fall. gleichzeitig gefällt mir dieser Thread auch ungemein, weil Deine Gedankengänge zT sehr nachvollziehbar aber nicht immer richtig sind, daher trägt diese Auseinandersetzung vielleicht auch ein bißchen zur Aufklärung gängiger Vorteile bei.
Zitat von Coloneltw:Aber Rechnen darf er trozdem können
Zitat von Coloneltw:Jup dem Stimme ich zu. Ein Anwalt muss gefüttert werden.
Aber Rechnen darf er trozdem können.
Vielleicht ist Dummheit ja auch ansteckend - wer weiß das schon.
Nein, nicht umsonst heißt es schon unter den Römern, Judex non calculat. Der ursprüngliche Zusammenhang war natürlich ein anderer, aber Anwälte rechnen eigentlich recht selten. Die wird zum großen Teil von Rechtsanwaltsfachangestellten getan, die deswegen heiß begehrt sind und wenn sie richtig gut sind in Großkanzleien manchmal so gar mehr verdienen, als ein kleiner Einzelanwalt am Land, der sich durch das Dickicht von Anwaltsschwemme und über den Daumen gepeilter Wirtschaftlichkeit schlagen muß.
Es sei Dir allerdings zugestanden, daß es für einen Laien nach wie vor ein Unding und wie der Gipfel der Inkompetenz erscheinen muß, falls der Anwalt auf eine andere Berechnungsmethode besteht, obwohl die zum gleichen Ergebnis führt.
Dies kann aber durchaus Gründe haben. Es mag Fälle geben, in denen eine andere Berechnungsmethode durch erweiterte ausnahmen etc zu einem anderen Ergebnis führen kann.
Ob dies bei Dir der Fall wäre, kann ich nicht beurteilen, dafür kenne ich die Sachlage nicht genau genug.
Zitat von Coloneltw:Es wäre fair, wenn ein Ehevertrag widerrufen wird, dann nachträglich auch die Ehe widerrufen wird.
Wozu schließe ich sonst einen Vertrag ab?
Zitat von Coloneltw:Man stelle sich vor du kaufst ein haus, schließt einen Kaufvertrag ab, Notariell und 20 jahre später kann der Verkäufer den Vertrag für Null und Nichtig erklären lassen, nimmt dir das Haus weg, du bekommst aber deine Investition nicht wieder sondern musst dann sogar noch für weitere Jahre die Investitionskosten des Hauses tragen.
Zunächst ist hier folgendes zu beachten: Ein Widerruf ist etwas anderes als eine Anfechtung. (erschwerend ist eine Anfechtung nach dt Recht nicht das Gleiche wie nach österreichischen Recht).
Beiden gemein allerdings ist, daß es sich um sogenannte Gestaltungsrechte handelt. Sind also die Voraussetzungen (vertraglich vorher vereinbart im Hinblick auf Widerruf oder gesetzlich statuiert im Hinblick auf beide) gegeben, so steht es der Partei frei dieses Gestaltungsrecht auszuüben.
Wie allerdings @Amyontour demonstriert, es besteht keine Pflicht, kein Zwang. Das bedeutet, Deine Frau hat sich dafür entschieden, dieses Recht zu versuchen auszuüben.
Daran sind auch keine Anwälte schuld. Diese haben im Sinne der Aufklärungspflicht die Verantwortung Deine Frau darüber aufzuklären, daß, wenn sie den Vertrag so nicht (mehr) gelten lassen will, der Weg über die Ausübung der Gestaltungsrechte führt, das Mandat und die Entscheidung verbleibt aber bei Deiner Frau!
Dein Vergleich zum Hauskauf ist nachvollziehbar, aber er stimmt nur bedingt. Wir kommen gleich wieder darauf, gehen aber noch mal einen Schritt zurück und schauen mal auf die Grundsatzargumentation. Wer einmal einen Vertrag eingeht, muß sich an diesem festhalten lassen.
Das ist der Kern Deiner Aussage. Und mit diesem triffst Du (zunächst) ins Schwarze der Grundsätze des Vertragsrechts, gibt es so gar ne schlaue lateinische Formulierung für.
Nun ist es allerdings im Recht wie im wahren Leben so, daß die Anwendung von Grundsätze eben in bestimmten Situationen zu absolut unbilligen Ergebnissen führen können und daher zumindest überprüfbar gemacht gehören bzw manchmal eben auch die Anwendung ihrer nur in bestimmten Grenzen möglich ist.
Im allgemeinen Vertragsrecht zB hat die Inflation bzw der 2WW vielen Situationen geschaffen, die ein Umdenken, Abgehen von diesem Grundsatz erforderlich machten.
Wenn ich einen Vertrag über die beständige Lieferung eines Erzeugnisse für die Laufzeit von 7 Jahren zu einem Preis X schließe, dann ist es selbstverständlich, daß ich mir bei Vertragsschluss darüber Gedanken mache, daß die Herstellung des Erzeugnisse Preisschwankungen unterlegen sein kann, genauso wie es nachvollziehbar ist, daß ich damit rechnen muß, daß eine gewisse Inflationsrate greift. Wenn diese Schwankungen aber außergewöhnlich sind, zB so hoch, daß ich nicht nur keinen Gewinn mehr mache sondern die Produktion mich zusätzlich Geld kostet und zwar so ungemein viel, daß ein Festhalten an dem Vertrag mich direkt in den Ruin führen würde und zwar ganz schnell, ist das schon etwas anderes. Wenn dann noch hinzukommt, daß keiner diese Entwicklung voraussehen konnte, dann wird man ganz schnell dabei sein, zu sagen, daß der Vertrag zumindest mal einer Billigkeitsüberprüfung unterworfen werden muß durch ein Gericht und eventuell eben auch die Entscheidung zu fällen ist, daß sich die benachteiligte Person nicht mehr an diesem Vertrag festhalten lassen muß.
Wir sehen also, daß Kriterien wie lange Laufzeit, Prognosen für die Zukunft, zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses nicht gemachte Überlegungen und überraschende Wendungen einen Einfluss, auf den Grundsatz Verträge sind zu halten, haben.
Bei Eheverträgen kommt noch eine ganz spezifische Besonderheit dazu. Stichwort Sozialsystem, aber dazu gleich.
Wichtig ist, zu unterscheiden zwischen der Überprüfung zugänglich und tatsächlicher Aufhebung des Vertragsverhältnisses.
Da verwechselst Du im Moment schon, nur weil Deine Frau den Vertrag anfechten (ihre Entscheidung) möchte, heißt daß noch nicht, daß das Gericht dem stattgeben wird.
Deine Frau hat sich im Moment dafür entschieden (!), den Versuch zu machen, ein mögliches Gestaltungsrecht auszuüben.
Die beteiligten Anwälte sind in diesem Fall Dienstleister.
Wir kommen zurück zum Hauskauf. Zunächst gilt es zu wissen, daß auch dieser einer Überprüfung nach Jahrzehnten zugänglich ist, nämlich dann, wenn eine der beiden Parteien getäuscht wurde. Da muß dann geschaut werden, ob diese Täuschung so groß und so wichtig war, daß sie ein Abgehen von dem Grundsatz rechtfertigt. Nur weil eine Person Erwartungen an die Wertentwicklung des Grundstücks hatte, die sich nicht erfüllt haben, ist das natürlich nicht so maßgeblich. Wenn aber zB die andere Partei, etwas getan hat wissent- und willentlich diese Erwartungshaltung hervorzurufen, obwohl sie ganz sicher wußte, daß dies nicht geschehen würde, dann steht die Beurteilung womöglich schon auf einem anderen Blatt.
Ob dies notwendigen Voraussetzungen tatsächlich erfüllt wurden und falls ja, ob die mildere Rechtsfolge nicht einfach eine Anpassung (also ein bissl was vom Kaufpreis zurück) statt einer Vernichtung des Vertrages ist, kann allerdings nur über zwei Wege erreicht werden, friedliche Einigung beider Parteien oder (Stichwort Gewaltmonopol des Staates) ein Gericht.
Weil wir in einem Rechtsstaat leben steht es aber grundsätzlich erst einmal jedem frei (innerhalb bestimmter Verjährungsfristen), das Gericht anzurufen.
Du siehst auch ein Hauskauf ist theoretisch noch Jahre danach in engen Grenzen einer Überprüfung ausgesetzt.
Ansonsten ist der Hauskauf aber kein besonders gutes Beispiel. Weil er nicht das aufgreift, was allgemein eine Auseinandersetzung des Innenverhältnisses ist. Bei einem Hauskauf wird nämlich nicht darüber gezankt, wer zu welchem Anteil ob materiell oder immateriell und wie diese Anteile der Höhe nach zu bewerten sind, in den Kauf mit eingebracht haben. Schließlich geht es auch nicht um einen einmaligen Vorgang sondern um eine Lage, die auf unbestimmte, dauerhafte Zeit angelegt war.
Die Auflösung einer Ehe lässt sich eher mit der Auflösung einer Gesellschaft vergleichen. Haben die Gesellschafter sich soweit verzankt, daß eine Fortführung der Gesellschaft so nicht mehr möglich ist, oder jedenfalls ein Gesellschafter aussteigen will, dann geht es eben darum herauszufinden, wie das nun auseinandergesetzt gehört.
Eheverträge werden zudem noch mal anders bewertet, wir kommen auf ein anderes Stichwort zurück, weil diese historisch zum einen aber auch gesellschaftlich zum anderen ein weiteres Problem aufwerfen.
Zitat von Coloneltw:Ich brauche keinen Gockel der mir eine urkunde erstellt, wo drauf steht - sie dürfen ihre Frau nun lieb haben und kleingedruckt - für immer aushalten.
Nun ja diese Urkunde die besagter Gockel ausstellt, stellt er auch deshalb aus, weil damit vermögensrechtliche Konsequenzen verbunden sind. Und auch wenn es Dir jetzt so vorkommt aber eben nicht nur Nachteile sondern eben auch Vorteile.
Der Gesetzgeber stellt die eheliche Gemeinschaft nach wie vor unter besonderen Schutz. Das mag man in heutigen Zeiten anders sehen, dann heißt es (wir leben in einer Demokratie), sich politisch zu engagieren. Denn nicht Juristen machen Recht, sondern der Gesetzgeber, Juristen wenden das Recht an!
Dieser besondere fragwürdige Schutz entsteht vor dem Gedanken des Versorgertums.
Zitat von Coloneltw:Die Entscheidung 12 Jahre zu hause zu bleiben um auf die Gören aufzupassen ist eine persönliche Entscheidung.
Um es mal komplett zu vereinfachen, wenn
ein Paar sich dafür entscheidet, daß die Frau aus dem Berufsleben zugunsten der Familie ausscheidet, dann ist es natürlich völlig ok, wenn diese auch Regelungen treffen, für den Fall, dass es nicht klappt, ABER nur in den Grenzen von? Richtig, dem Sozialstaat.
Auch das ist eine Wertung mit der man nicht übereinstimmen muß, ist aber kein juristisches sondern ein legislatives Problem, mithin der Parteien, die wir wählen.
Wenn ein solches Paar, jahrelang vom Steuervorteil profitiert hat, dann alle (soweit möglich) im Falle der Scheidung Versorgungsansprüche ausschließt, muß sich das Paar wiederum aber auch zumindest mal die Möglichkeit hervorgebracht durch den einen oder anderen gefallen lassen, die da heißt, ist es fair daß die Gemeinschaft mittels Steuerzahlungen nunmehr Sozialleistungen erbringen muß, damit der eine Ehepartner überlebt.
Bevor der Aufschrei durch die Masse geht: Ja, die Leistungen im Falle einer Trennung sind nach wie vor mehrheitlich von Männern zu tragen. Gleichzeitig ist ein System, welches sein Rentensystem auf Nachkommenschaft aufbaut, deren Betreuung aber nicht sichert, die finanzielle Last den Familien anlastet, die Augenhöhe der Wirtschaftlichkeit beider Partner mittels Steuervorteile geradezu bombardiert, und hinterher hingeht und dann sagt ätsch, Du als Hauptverdiener, egal ob Frau oder Mann, lassen wir jetzt zahlen, weil wir ach so fortschrittlich die Verschuldensfrage (zu Recht) abgeschafft haben, ganz sicher ein extrem verbesserungsfähiges.
Nur, so wenig wie ein Arzt das System der Krankenversicherungen ändern kann, sondern maximal sagt, dort und dort oder so und so, wäre ratsamer, so wenig kann ein Anwalt die bestehende Gesetzeslage ändern, er kann sie nur anwenden.
Nur kommen wir noch zu dem, was weder Anwälte noch das Gericht lösen können, sondern schlicht nur Therapeuten.
Zitat von Coloneltw:Frauen sind nicht in der Lage die Auswirkungen von Vertragsabschlüssen zu bewerten.
Zitat von Coloneltw:Ich bin der Ansicht, jeder erwachsene Mensch ist voll mündig und hat die gleichen Rechte und sollte sich im VORFELD darüber Gedanken machen und es besprechen.
Zitat von Coloneltw:Ja Frauen dürfen vor der Ehe einen Anwalt konsultieren. Die Beratungsstunde kostet um die 150 Euro das sollte in Anbetracht einer Eheschließung nicht zu viel sein.
Zitat von Coloneltw:Sprich ich überlege VORHER
Hast Du nicht, denn unter Maßgabe des hier Geschriebenen und bei Investition von besagten 150 Euro, hättest Du entweder nicht geheiratet (wir erinnern uns, Du hast auch ja gesagt) oder würdest Dich jetzt nicht wundern.
Kein Gericht der Welt und schon gar nicht die Anwaltschaft, dafür werden die nun auch wirklich nicht ausgebildet, kann die emotionale Situation lösen. Im Zweifel kann dies nicht mal der Gesetzgeber.
Du wolltest fair sein, hast Dir aber einen Gegenüber ausgesucht, der Deine Auffassung von Fairness entweder nicht teilt oder der diese intellektuell nicht brauchbar machen kann.
Dabei besteht zudem das Restproblem, daß Du kraft Deiner Überzeugung Deine Auffassung von fair für allgemeingültig hältst.
Es ist aber im Grunde eben auch eine Frage der Kausalität, ohne ein ja zur Eheschließung bräuchte es jetzt keine Anwälte (also jedenfalls nicht so) und der einzige, der Einfluß auf die Wahl des Gegners hatte ist und war der jeweils andere.
Du hast nicht nur in Zeiten geheiratet, in denen dir ja bei Investition von den von Dir genannten 150 Euro, es hätte klarer sein müssen, Du hast zudem auch eine Frau geheiratet, die jetzt angeblich lieber auf vermeintliche Anwälte hört, als mit Dir eine gerechte und sinnvolle Lösung gemeinsam suchen zu wollen.
Ich befürchte, nicht die Anwälte sondern eher die Eheschließenden sind Teil des Problems.
Wir schließen anders:
Ich stimme zu, der Wechsel der Anwälte in Deinem Fall lässt sich nicht ganz vernachlässigen. Könnte aber auch sein, daß Deine Frau einen neuen Anwärter gefunden hat. Ein nicht unwesentlicher Teil von zu scheidenden Personen findet (vorübergehend) mehr als nur einen rechtlichen Dienstleister.
Lässt sich von Anwaltsseite übrigens auch brauchbar machen, wenn die moralischen Grenzen variable sind. Die Einigungswilligkeit eines Mandanten/einer Mandantin lässt sich durchaus erheblich durch das in Aussichtsvollen einer neuen Partnerschaftsmöglichkeit beeinflussen.
Allerdings nur was für Könner und nicht unbedingt dem Berufsstand angemessen.
Viel häufiger dürfte Deine Einschätzung zutreffend sein. vor allem im Hinblick auf das Vorgehen gegenüber ARGE oder Sozialamt. Dazu ein kleiner wichtiger Tipp. Da ihr zu dem Zeitpunkt noch verheiratet wart und Du nachweisbar Kenntnis des Vorhaben hattest (Deine Offenlegung in allen Ehren, kann aber auch richtig nach hinten losgehen), ließe sich da auch ein Vorwurf gegen Dich konstruieren. Sozialbetrug schließt nicht nur unmittelbar Gewonnenes sondern eben auch womöglich Erspartes mit ein, selbst tatsächlich rechnerisch nicht Erspartes sondern nur allein die Absicht, könnte uU nicht so ganz irrelevant sein, wie Du es gern sehen möchtest.
Noch seid Ihr eine Rechtsgemeinschaft.
Du hast zudem mein volles Mitgefühl, denn zwischen den Zeilen Deiner Empörung klingt immer mal wieder Trauer, Fassungslosigkeit und auch Wut durch.
Diese Gefühle sind sehr berechtigt. Sie brauchen auch keiner intellektuellen Begründung. Im Gegenteil, wie die sprichwörtliche Ehefrau lieber sauer auf die Geliebte ist, weil es einfacher ist, als auf den Mann sauer zu sein, ist es nicht eben auch nur bedingt sinnvoll, Anwälte als Prellbock zu gebrauchen.
Du wirst Dich sicher fragen, warum ich das alles schreibe. Weil es im Gegensatz zu Dir ganz viele in Trennung Befindliche gibt, die Angst vor Anwälten haben, die weder Deine rationale Fähigkeit noch Deine, wenn auch nicht immer absolut zutreffende, aber so doch plausible Weitsicht haben.
Weil es so viele Trennende gibt, die von einer anwaltlichen Beratung wirklich profitieren würden.
Anwälte sind sicher keine Lösung, aber im Gegensatz zu dem, was Du schilderst eben auch nicht wirklich Teil des Problems, richtig eingesetzt und im Verständnis dessen, wozu sie da sind, namentlich Hilfe die eigenen Wirtschaftsinteressen vielleicht zu erkennen und zu vertreten, ein Puzzleteil des Gesamtbilds, was Scheidung heißt.
Niemand erwartet von einem Banker Rat in Ernährungsfragen oder von einem Arzt, wirtschaftlichen Beistand, in familien- und erbrechtlichen Auseinandersetzungen scheint aber nach wie vor, der Glaube an die befriedende Wirkung von Anwälten vorzuherrschen.
Ich verstehe nicht ganz warum, es gibt einen Grund, warum man sie rechtliche Interessenvertreter nennt.
Und schau mal, so ganz doof können Anwälte im allgemeinen ja nicht sein, ne. Du scheinst ja mit Deinem/Deiner nicht völlig unglücklich.
Das Recht is always shield not sword. Selbiges gilt für deren Anwender.