Hallo Community,
ich bin mir bewusst, dass es sich für viele vielleicht komisch anhören wird, aber ich will es trotzdem versuchen, euch meine Situation zu schildern um evtl. hilfreiche Tipps zu bekommen, wie ich damit umgehen kann.
Und zwar ist es so, dass ich vor zweieinhalb Jahren eine Brieffreundschaft mit jemandem begonnen, der in Idaho im Gefängnis sitzt und dort auf seine Hinrichtung wartet. Ich habe damals lediglich gedacht, ich möchte einfach hin und wieder etwas Gutes für jemanden tun und so kam ich eben auf diese Brieffreundschaftssache. Er war auch sofort sehr froh über meine Briefe und hat mir viel erzählt, wie es im Gefängnis ist und wie er damit umgeht, es nie wieder zu verlassen. Wir sprachen auch viel und intensiv über die Gründe, warum er dort drin ist, welche ich hier nicht nennen möchte, da ich nicht verurteilt werden möchte, aber er sagte mir immer wieder, dass er unschuldig ist und ich glaubte ihm, denn er war überhaupt nicht so wie man sich einen schlimmen Verbrecher vorstellt. Wir haben schnell festgestellt, dass wir unheimlich viele Gemeinsamkeiten haben und haben Fotos ausgetauscht. Mit der Zeit konnte ich es nicht mehr vor mir selbst leugnen, denn ich hatte mich total verliebt. Die Art, wie er mit mir umging, war so zärtlich und so liebevoll und er hat immer so viel von sich erzählt und wie sehr er das Leben liebt und respektiert. Wir haben dann auch seitenlange Briefe geschrieben, in denen wir intim wurden und wie wir uns ein Zusammensein beim ersten mal vorstellen würden. Er hat sogar mein Foto an seinem Bett. Ich träumte seitdem immer davon, wie es wäre, wenn das Verfahren neu aufgerollt werden würde und seine Unschuld festgestellt würde und ich ihn dann aus dem Gefängnis abhole und wir einfach glücklich sind. Wenn mich die Leute fragen, ob ich einen Freund habe, sage ich immer ja und dass er im Ausland arbeitet. Ich sage nicht, dass er im Todestrakt sitzt sondern erfinde dann immer was von wichtigen Geschäftsreisen, weswegen wir eben eine Fernbeziehung führen. Langsam glaube ich auch, dass die Leute mir das nicht mehr glauben, weil ich nie SMS bekomme oder sowas und weder in die USA fahre um ihn zu sehen, noch er nach Deutschland kommt. Und dann habe ich wohl den größten Fehler gemacht, den man machen kann. Als man mich schon fast auf's Korn nahm und deutlich zu spüren war, dass man mir die Geschichte nicht mehr abkauft, habe ich versucht, dagegen zu halten und gesagt, dass wir bald heiraten werden und ich dann zu ihm in die USA ziehe.
Ich habe überhaupt nicht nachgedacht und alles ausgeblendet, für mich gab es nur noch ihn und mich. Ich schwebte eigentlich auf Wolke 7 und dass mir die Leute schon nicht mehr glaubten, war das kleinere Übel. Bis ich letzte Woche von meinem Freund einen Brief bekam, in dem sein Hinrichtungsdatum stand. Seitdem bricht Tag für Tag mehr die Welt für mich auseinander. Wenn ich ehrlich zu mir selbst bin, dann muss ich mir eingestehen, dass ich seit ich mich so verliebt habe, mich an die Hoffnung der Gerechtigkeit klammerte, dass man letztendlich seine Unschuld feststellt und er aus dem Gefängnis kommt. Ich träumte davon, wie wir glücklich zusammen sein würden und eine Familie gründen. Und jetzt ist alles bald vorbei und mein Herz hält das alles nicht aus. Der Gedanke daran, wie mein Freund, den ich so sehr liebe und der zweifelsfrei unschuldig ist, sterben muss, zerreisst mich. Ich weiss nicht, wie mein Leben weitergehen soll und ich bin mir sicher, dass ich niemals jemanden wieder so lieben werde wie ihn. Ich kann nicht verstehen, warum gute, aufrichtige Menschen zum Tode verurteilt werden. Ich weiss nicht, wie ich jemals damit zurechtkommen kann.
Ich weiss eigentlich selber nicht, was ich mir von diesem Beitrag erhoffe, aber ich kann das sonst niemandem erzählen. Jeder würde mich verurteilen und mir sagen, dass ich zu gutgläubig und selber schuld bin. Aber ich weiss, dass er mich nicht anlügt. Ich weiss einfach nicht, was ich jetzt machen soll.
Danke, dass ich das mal schreiben durfte.
LG
Mondzauber
06.04.2013 14:44 •
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