Ende einer langjährigen Ehe

E
Hallo,

Ende letzten Jahres, 1 Tag vor Silvester, bin ich innerhalb von 1/2 Stunde nach fast 25-jähriger Ehe von meinem Mann wegen einer viel jüngeren Frau verlassen worden. Er hat mir vorgelogen, sie sei schwanger von ihm und er müsse jetzt mir ihr zur Abtreibung fahren. War alles gelogen, wie er mir später sagte.
Ich war wie vor den Kopf geschlagen und habe ihn fast lächelnd gehen lassen. Ich sagte nur, wenn er in seinem Alter (55) nicht wisse, wie man ein Kind verhindere, dann gehöre ihm nicht mehr.
Aber als er fort war kam der Kummer und die Sorgen. Wir hatten Ende Nov. unsere Wohnung gekündigt um in eine neue Firmenwohnung von ihm zu ziehen. Ich fragte ihn, nachdem er mir das von der Frau gesagt hatte, wie er sich das weiter vorstelle, wo ich jetzt hinsolle. Da meinte er, ich könne ja einstweilen mit in die neue Wohnung ziehen, müsse mir halt was suchen. Ich sagte dazu, dass ich das nie täte, in der Wohnung sein und er bei der anderen Frau. Niemals. Habe ich auch nicht. Meine Tochter hatte ein App. das sie aufgeben wollte und auch schon einer Freundin versprochen. Spärlich möbliert. Da bin ich Anfang Januar hingezogen mit den wichtigsten Sachen. Den Hausrat haben wir auseinanderdividiert und ich habe meinen Anteil eingelagert. Habe ihm die alte Wohnung mit allem Drum und Dran abwickeln lassen, weil er mir das eingebrockt hat.
Dann war ich 1/2 Jahr in dem kleinen App., ehe ich eine Wohnung von meiner Firma bekam. Es war wie Einzelhaft, ich werde diese Zeit nie vergessen.
Das hört sich jetzt alles nüchtern und emotionslos an, aber so war es nicht. Ich war noch nie so am Boden wie in dieser Zeit, mein Selbstwertgefühl als Frau nicht mehr da. Man hatte mich wie einen alten Besen, der nutzlos geworden war, in die Ecke gestellt. Ich bin 57. Ich habe noch nie so viel geweint wie in dieser Zeit und habe mich eigentlich erst jetzt, nach 10 Monaten, einigermassen gefangen. Allerdings mit Hilfe von Freunden, Beratungsstelle und jetzt Therapie.
Aber ich kann ihn immer noch nicht richtig loslassen, wenn ich an die guten Zeiten und seine guten Eigenschaften denke, bin ich immer wieder total verzweifelt.
Hinzufügen möchte ich noch, dass die Gemeinheiten mindestens bis vor ca. 1 Monat ja von ihm aus weitergegangen sind. Anfangs, ca. 6 Wochen, habe ich noch um den Bestand der Ehe gekämpft. Von ihm Aussagen wie, 60% für Dich und 40% für die Andere. Ich meinte zu im am 15. Februar, wenn er nicht wisse, wohin er gehöre, könne ich nicht verstehen, dass er bei der Frau lebe. Wenn es mir so ginge, würde ich mich zurückziehen und überlegen, was ich will. Ich hatte das Gefühl, dass er die andere Frau lieber mochte und habe ihm das auf den Kopf zugesagt, er meinte
es sieht so aus. Dann sagte ich ihm: Burschi, sie kann Dich haben. Solche Spiele spiele ich nicht. Ich habe ihm immer gesagt, während der ganzen langen Ehe, in der wir schon viele Krisen durchgestanden haben, dass ich niemals eine Dreierbeziehung leben würde und so ist es auch. Ich habe einige Grundsätze im Leben und das könnte ich nicht, es würde mich zugrunderichten.
Ende Juli war er bei mir und wollte angeblich wieder zurück. Nach 2 Tagen hiess es, anders überlegt. Und wie er über sie geschimpft hat. Ich bekam ein SMS eigentlich wollte ich nur Geld, verzeih mir. Er hat im übrigen keinen Pfennig bekommen und mich auch nicht gefragt. Da hätte er sowieso Pech gehabt.
Es gäbe noch so viel zu erzählen über seine Grausamkeiten und Verletzungen in diesem Jahr, nach der Trennung, aber das erspare ich mir jetzt.
Vor ca. 6 Wochen bin ich zur Therapeutin und habe gemeint,
dass ich es mir sehr schwer verzeihe, dass ich mich vor ihm erniedrigt habe. Sie meinte, was sollen Sie, Sie haben nur um ihre Ehe gekämpft. Er hat sich mit seiner Handlungsweise selber erniedrigt. Haben Sie sich wie ein Schwein benommen oder er? Das hat mir u.a. sehr geholfen.
Auf jeden Fall laufen jetzt die Scheidungsformalitäten an.
Ich habe 2 Töchter, 1 aus 1. Ehe und 1 gemeinsame. Meine ältere Tochter, die er sehr mag, will nichts mehr mit ihm zu tun haben, auch ihr Mann nicht. Nicht wegen der Trennung als solcher sondern wegen der Art und Weise.
Ja so sieht es bei mir aus, es wäre schön, wenn hier im Forum oder im Chat jemand in meinem Alter wäre, der ähnliches nach einer so langen Beziehung erlebt hat.
Mich hat es seelisch fast zerstört. Das einzige Gute ist, dass ich im schlimmsten Kummer immer noch nüchtern handlungsfähig bin, wenn es um lebensnotwendige Dinge wie Beruf, Finanzen und Scheidungsformalitäten geht.
Trotz aller Gemeinheiten und unverzeihlichen Vorgänge bin ich seelisch immer noch nicht ihm fertig. Leider.

27.10.2001 11:01 • #1


E
Hallo Kristin,

es ist normal (leider), dass du an deinem Mann - trotz all der seelischen Grausamkeiten und dem was in diesem Jahr passiert ist - noch immer gern (irgendwo) hast. Du warst immerhin 25 Jahre mit ihm zusammen und ihr habt sicherlich auch in dieser Zeit eure Höhe und Tiefst gehabt, die ihr beide allerdings gemeinsam lösen konntet.

Das schwierigste ist nach einer Trennung, diese zu akzeptieren. Man leidet und kann die ganze Welt nicht mehr verstehen, am wenigsten den, der gegangen ist. Das Selbstwertgefühl ist zunächst lahmgelegt und man glaubt niemals mehr aus aufstehen und gehen zu können.

Kristin, doch glaube mir, es geht vorüber. (ich hatte eine ähnliche Trennung nach 22-Jahren vor 14 Monaten). Man glaubt lange es gibt kein Leben danach und wünscht sich das alte Leben zurück. Doch Fakt ist, bei einer Rückkehr des ehemaligen Partners würde es niemals wieder so werden, wie vorher. Ich glaube du (auch ich) hätten Angst davor wieder belogen und betrogen zu werden, denn das hat dein Mann und mein EX gemacht. Diese Tatsache ist durch nicht`s aus der Welt zu schaffen. Und deswegen würde es niemals wieder das alte Leben werden.

Versuche nach vorne zuschauen und nicht zurück. Gehe weiter zu der Gesprächstherapie, rede mit Freunden über deine Probleme und schreibe - wenn es dir hilft - hier weiter.

Alles Liebe wünscht dir
Lindi

28.10.2001 12:00 • #2


E
Liebe Lindi,

vielen Dank für Deine tröstlichen Zeilen. Ja, es ist wahr, dass ich mir oft noch mein früheres Leben, d.h. die glücklichen Zeiten, zurückwünsche.
Ich weiss aber trotzdem, wie ja Du auch, dass das Vertrauen bis ins Mark erschüttert ist. Die andere Frau, das könnte ich noch verzeihen, denn das ist, trotz allem, menschlich. Es kann passieren, dass man sich in einen anderen Menschen verliebt. Ich denke, uns allen. Aber wie ich mich dann aus einer so langjährigen Beziehung mit allen Höhen und Tiefen verabschiede, das ist eine andere Sache. Und das war unterste Schublade, allerunterste. Ich habe ja beileibe nicht alles geschildert, das hätte den Rahmen gesprengt.
Aber es waren halt Worte und Handlungen, die ich nie vergessen werde.
Heute weiss ich doch mittlerweile, dass ich ihm zugestehe, dass er durchaus auch gute Eigenschaften hat, ich teile die Menschen nicht in Schwarz und Weiss. Aber mit seinen schlechten Eigenschaften kann ich nicht mehr leben.
Und deshalb ist es vorbei, wenn es auch immer wieder noch sehr weh tut.
Und mit ist auch klargeworden, dass bei vielen Sachen halt auch immer Zwei beteiligt sind, einer der agiert und einer der reagiert. Mittlerweile kann er seine Spielchen nicht mehr mit mir spielen. Das hat sich nach vielen schmerzlichen Erfahrungen geändert.
Ansonsten gehe ich weiter meinen Weg, es gibt auch ein Leben ohne ihn. Das konnte ich mir am Anfang gar nicht vorstellen.
Liebe Grüsse und nochmals vielen Dank
Kristin

28.10.2001 12:45 • #3




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