Zitat von newlif: Nun aber zu dem Problem, dass sich mir nun leider stellt: fehlende sozialen Kontakte. Ich fände es toll, würde man mir Tipps geben, wie man mit Ende 30 außerhalb der Arbeit neue Kontakte / Bekanntschaften (rein platonisch) aufbaut. Habe mir überlegt, ins Fitnessstudio zu gehen (mein Ex hat hier sein eigenes kleines Heim-Fitnesstudio und da hab ich schon trainiert). Auch hab ich Spaß an Badminton und es gäbe einen Verein in der Nähe der neuen Wohnung, in welchem einmal die Woche trainiert wird. Ich kenne mich aber und ich bin sehr schüchtern und abweisend anderen gegenüber, weil ich sehr in mich gekehrt bin und da noch Altlasten von früher mit mir herumtrage. Angst vor Zurückweisung, fehlender Selbstwert, etc.
Mangelnde soziale Kontakte sind nicht schön und tun auch nicht gut. Aber sie kommen nicht von selbst zustande. Du hast begriffen, dass Du aktiv werden musst, weil keiner bei Dir an die Tür klopft und sagt, geh doch mal mit unserer Gruppe mit zum Wandern.
Und natürlich spielt auch das Alter eine Rolle. Mit Anfang 20 tun sich meist leicht Kontakte auf, mit 40 plus wird es schon schwieriger, weil viele Menschen ihr Leben eingetaktet haben und keine neuen Menschen mehr brauchen. Ich ging auch mal ins Fitnessstudio und das leidenschaftlich gerne. Nach kurzer Zeit stellten sich Erfolge ein wie zunehmende Fitness, bessere Beweglichkeit und einfach auch der Spaß an Bewegung. Ich hatte sozusagen Blut geleckt und ging viermal die Woche dorthin. Natürlich fand ich dort auch Kontakte, sogar sehr nette. Aber es gab dort Gruppen die sich wöchentlich immer wieder dort trafen, z.B. zur Rückenschule und da kommt man dann leicht in Kontakt. In einem Fitnesstudio, in dem jeder für sich hin trainiert, wird sich wenig ergeben.
Da fände ich Vereinssport Erfolg versprechender, weil man immer wieder dieselben Menschen dort trifft. Da kann sich aus einem Training auch mal ergeben, dass einige gemeinsam noch in ein Lokal gehen um sich zu unterhalten.
Ja, es gäbe vielleicht auch einen Chor für diejenigen, die Spaß am Singen haben, aber das ist nicht jedem gegeben. Oder man bringt sich irgendwo ein und trägt was bei zu sozialen Diensten.
Ja, viele Möglichkeiten, wenn man sich nur nicht immer selbst im Weg stünde, denn da kommen die alt bekannten Ängste wieder auf, die die Herrschaft übernehmen. Ich bin ja so schüchtern, traue mir nichts zu und dann wird das eh nichts und ich lass es wie ein geprügelter Hund dann wieder sein, weil ich natürlich wieder enttäuscht von mir bin, so wie immer halt.
Ich kann das gut nachvollziehen, denn ich war genauso. Ich traute mich nicht. allein irgendwo hinzu gehen, sondern brauchte immer Jemanden dabei als Sicherheitsnetz, damit ich meine Unsicherheit nicht gar so quälend spürte. Wäre ich jemals allein in ein Fitnessstudio gegangen, um es mir erst Mal anzusehen? Nein, dazu fühlte ich mich zu hilflos. Fuhr ich allein auf einen Kongress ohne eine/n Kollegin bzw. einen Kollegen, der im selben Hotel wohnte wie ich, damit ich nicht allein beim Frühstück saß? Niemals. Wäre ich jemals allein ins Theater gegangen. Oh nein, alle kommen zu zweit oder manche kennen sich, aber ich würde in der Pause allein in der Gegend rumstehen und mich an meinem Glas festhalten und mich schlecht fühlen, weil andere ja sehen, ach die Arme hat niemanden als Begleitung.
Das alles findet nur in Deinem Kopf statt, aber es ist nicht real. Es sind nur die altbekannten Ängste, die man mal erworben hat und mit sich durchs Leben schleppt. Und die sind leider sehr mächtig und flüstern einem wieder ein, ja die Anderen haben es gut, die haben Kontakte, aber ich ... Ja klar, ich war schon immer so, eine fürs Abstellgleis, aber keiner holte mich von dort ab.
Und die Ängste sind hinterhältig, denn sie wollen sich bestätigt sehen. War ja klar, dass das wieder nichts wurde, wie immer halt. Du bringst halt nichts Anderes zustande, war so und wird so bleiben. Und andere Menschen machen einem ja auch wieder Angst, denn sie könnten einen verletzen und weh tun und dann hat man sie wieder, die sich selbst erfüllende Prophezeihung. Das Glück ist auf der Seite von Anderen, aber nicht bei mir. Ich traue mich ja nicht mal, in einen Sportverein rein zu schnuppern und das ist wohl auch besser so, denn dazu müsste ich ja tätig werden, was sagen, mich trauen und das ist zu viel verlangt..
Tja, was tun? Machen, einfach machen und sich mal trauen. Wenn es keinen Erfolg bringt, gibt es was Anderes, was man probieren kann. Ist das dann eine Niederlage? Aber nein, man hatte den Mut etwas auszuprobieren, merkte aber, dass das Volleyballspielen einem doch nicht so liegt und Freude macht. So what? Dann probiere ich es halt mit was Anderem. Das ist keine Niederlage, sondern nur eine Erfahrung, die man macht und die einen weiter bringt.
Ich war mal nach einer Trennungssituation auch ziemlich allein, fühlte mich alles andere als gut und die Trennung hatte mir den Rest Selbstwertgefühl auch noch geraubt. Es ging mir schlecht, aber ich spürte auch, so geht es nicht weiter. ich muss da raus und was Anderes machen, schon damit ich nicht das Gefühl habe, mein Leben weg zu werfen.
Und dann kam der alljjährliche Kongress meiner Sparte und er, der Ex. würde vermutlich auch da sein, denn er fuhr jedes Jahr dorthin. Und der Kongressort war obendrein Berlin, ausgerechnet die Hauptstadt. Ich wohne etliche 100 Kilometer weg und hatte mächtig Respekt vor der Stadt. Die Größe, die Öffis, die ich nie verstehen würde, die vielen Menschen ...
Es würde schrecklich werden, ganz schrecklich, zumal er, der Ex. schon oft dort gewesen war und es war immer meine Hoffnung gewesen, dass er mir mal Berlin zeigen würde. Und jetzt? Nein, ich lass es sein, das traue ich mir nicht zu, das überfordert mich und ich werde dann allein am Abend im Hotel sitzen und mich allein und traurig fühlen.
Ich hätte daheim bleiben können, denn die Teilnahme war ja freiwillig.
Leider meldete sich in mir dann wieder eine andere Stimme, die mir sagte, Du bist schlichtweg feig und gehst den bequemen Weg. Denn wer weiß schon was dort alles passieren kann? Du kannst Dich verlaufen, in die falsche U-Bahn steigen, Dich nicht mehr zurecht finden und dann? Nichts und dann, Du wirst auch wieder zurück finden und notfalls gibt es auch mal nette Menschen die man fragen kann. Die gibt es vielleicht sogar in Berlin.
Die beiden Stimmen stritten sich in mir, die eine sagte Hüh und die andere Hott. Das musste ein Ende haben, eine Entscheidung musste her. Eines Tages saß ich in der Arbeit, meldete mich zum Kongress an, buchte ein Hotelzimmer auf dem Alexanderplatz, denn das Kongresshotel wäre dann doch eine zu einfache Lösung gewesen udn buchte meine Zugfahrt. Nun gab es ken Zurück mehr, ich musste fahren.
Seltsam, es war ja alles gar nicht so schlimm, es ergab sich alles. Ich verfuhr mich nur einmal mit Kollegen, weil wir nicht aufgepasst hatten, aber allein funktionierte alles. Ich fand überall hin, wo ich hinwollte. Und wenn ich schon mal in Berlin war, dann hängte ich gleich noch 2 Tage an.
Ich fühlte mich auch nicht allein in meinem Hotelzimmer, denn es ergab sich für die Abende immer was mit Kollegen. Ich lernte sogar neue kennen, ja, wie gibt es das denn? Und dann war ich noch 2 Tage allein dort, fuhr Schiffchen, stromerte in Berlin Mitte rum, hatte eine Führung in die Berliner Unterwelten gebucht und war geflasht. Ich kaufte mir in einer Boutique eine Weste und sprach fast eine halbe Stunde mit der ausgefallenen Verkäuferin mit eisblauem Lidschatten, die mir erzählte, dass sie jetzt mir ihrem brasilianischen Freund 3 Monate nach Brasilien reisen würde. Wir, zwei völlig Fremde, sie aus dem Norden, ich aus dem Süden plauderten miteinander und hatten Spaß zusammen.
Abends besuchte ich ein Konzert und ja, ich stand in der Pause allein rum, Und? Es tat nicht weh, im Gegenteil ich freute mich, dass ich es gemacht hatte und nicht wieder die alten Ängste beachtet hatte.
Es geschah dort so viel Positives, dass ich seither immer wieder mal dorthin fahre und immer allein. Ich fühle mich dort wohl, habe schon viel angeschaut und habe die Vorteile des Alleinreisens entdeckt.
Daheim ging ich allein ins Theater und keiner schaute mitleidig auf mich. So was bildet man sich allenfalls ein. Seither gehe ich immer allein ins Theater, weil mich dann niemand stört, mich anredet, was von mir will.
Man kann viel machen, aber man muss es tun, es geschieht nichts von selbst. Gehe halt mal in den Badmintonverein, frage nach einem Schnuppertraining und man wird Dich nicht abweisen, vielleicht sogar ganz im Gegenteil. Und dann gehst Du regelmäßig hin und vielleicht ergeben sich Kontakte, vielleicht auch nicht. Das ergibt sich, aber gehe wegen des Sports und der sinnvollen Beschäftigung hin und nicht mit dem Ziel, dass Du hier neue Leute kennenlernen musst.
Und Deine Schüchternheit? Die macht doch nichts. Notfalls sagst Du einfach, ich bin ein wenig schüchtern. Das wirkt dann eher sympathisch, weil Du dazu stehst und es nicht krampfhaft überspielst. .
Schüchternheit überwindet man nur durch gute Erfahrungen, die man macht. Man gewinnt an Selbstständigkeit und an Selbstvertrauen und an Mut und das sind gute Gefühle. Ich kann das, auch allein. Ich kann men Leben in die Hand nehmen, es gestalten, Neues auszuprobieren, Wenn es nicht klappt, macht es nichts, denn die Erfahrung ist auch ein Wert an sich.
Gib Dir einen Tritt und sage zu Deiner Schüchternheit: Ja, Du bist da, ein treuer Begleiter, wirklich wahr. Aber eigentlich stehst Du mir im Weg und daher muss ich Dich jetzt mal beiseite schieben. Du machst mir mein Leben nicht kaputt und ich gebe den Ängsten nicht weiterhin nach, sondern ich gehe voran. Und die Ängste, die völlig unbegründete Angst vor Zurückweisung gehtn, weil sie nicht mehr beachtet wired. Sie sind Deine Schattenwesen, aber die kannst Du auch wegräumen und ihnen sagen, sorry, ich schaue jetzt nicht mehr auf Euch, sondern auf mich und da seid ihr nicht hilfreich.
Ich hatte mal ein Buch in der Hand mit dem Titel Schüchtern, na und?. Genau so ist es, ja, Du bist halt nicht das Kontaktgenie, das gerne auf einer Party erscheint und alle Blick auf sich zieht. Aber Du darst auch dorthin gehen.
Übung macht den Meister und durch positive Erfahrungen kannst Duj schlechte überschreiben und vor allem mutig voran gehen.Denn was kann denn schon passieren? Nicht viel. Aber Du kannst viel gewinnen, Du musst dazu nur über Deinen Schatten springen. Mach es einmal, dann zweimal, dann dreimal. Wiederholungen führen zum Erfolg, aber durch Passivität erreicht man nichts.
Der Wunsch nach einem anderen Leben ist da, dann erfülle ihn Dir auch und verstecke Dich nicht weiter hinter Schüchternheit und Angst vor Misserfolgen.
Es gibt keine Misserfolge, es gibt nur Erfahrungen und aus allem, was geschieht, kann man was Positives ziehen. Man muss es nur sehen.
Schieb die Ängste beiseite, denn sie machen Dich nur klein und halten Dich vor allem klein. Das tut Dir nicht gut, aber es ist klar, die alten und bekannten Pfade zu verlassen, erfordert auch Mut. Aber der kann sich auch lohnen.
Probier es aus, die Schüchternheit ist kein Manko und man kann sie auch überwinden. Sie beruht auf gemachten Erfahrungen, die einen mutlos und ängstlich gemacht haben. Dann ist es Deine Aufgabe, sie zwar wahrzunehmen, aber ihnen auch Grenzen aufzuzeigen. Liebe Ängste, ich kenne Euch schon seit Jahren, aber jetzt muss ich euch mal beiseite schieben, denn es ist Zeit für was Neues. Was, das wollt ihr nicht, ihr wollt mich weiterhin blockieren? Pech gehabt, ich versuche jetzt mal was Neues und schaue, was geschieht. Und wenn nicht viel geschieht, ist es auch okay, denn ich habe es versucht.