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Diese Beziehung aufgeben oder festhalten?

D
Liebe alle hier,

ich brauche jetzt einfach mal ein paar objektive Meinungen, die Menschen in meinem Umfeld sind zu sehr involviert.
Die Fakten: Ich führe seit 8 Jahren eine eigentlich innige Beziehung zu einem gleichaltrigen Mann und habe eine Tochter mit in die Beziehung gebracht, die dieser im Großen und Ganzen wie ein eigenes Kind mit aufgezogen hat. Als ich ihn damals kennenlernte, befand er sich in prekären Verhältnissen, weshalb wir uns doch sehr übereilt eine Wohnung (meine Wohnung) geteilt haben. Ich wusste, auf welche Art Mensch ich mich hier einlasse, habe aber den guten Kern gesehen und dachte, hier fehle jemandem einfach nur eine Perspektive. Kurzum von da an begann ein langer Weg, der mich viel Kraft gekostet hat, um eine funktionierende Beziehung auf die Beine gestellt zu bekommen.

Es gab von Anfang an Differenzen wegen:

    Videospielsucht - Stunden Tage nichts ausser vor der Glotze sitzen

    Arbeitsteilung - Haushalt blieb ewig ganz allein meine Sache, obwohl ich die Berufstätige war.

    Erziehung - Streit wegen überzogener Strafen für meine Tochter, die ich mit dem Argument aushebelte, dass Vorleben das bessere Erziehen wäre, mit dem Ergebnis, dass er sich aus Erziehungsfragen so gut wie zurückgezogen hat

    Überforderung meinerseits wegen des Gefühls ein zweites, erwachsenes Kind im Haus zu haben

    ständige Ignoranz seinerseits - wenn Mann nicht will, dann will er nicht, und Frau redet gegen Wände

Rückblickend haben mich die Jahre was gekostet. Ich bin sehr auseinandergegangen ( leider kompensiere ich Frust schon immer über Kalorien), habe mich zurückgezogen und bin selber zum Couchpotato mutiert ( habe ich anfangs den Ausgleich mit Freunden gesucht, fühle ich mich schon seit Längerem nicht mehr wohl und vermeide deshalb gesellschaftliche Unternehmungen.
Mehr als einmal führten wir Gespräche ( wobei eher ich den Redeanteil hatte, dabei aber immer sachlich, ohne Szenen und Druck, geblieben bin), dass unsere Lebenskonzepte vielleicht doch nicht harmonieren, dass ich niemandem mein Leben aufzwingen will, dass er sich einig werden solle, ob er Familie oder Junggesellendasein leben will. Mit dem Ergebnis, dass er jedes Mal einlenkte und sich ein paar Wochen oder Monate von bester Seite zeigte.

An der Beziehung festhalten lassen, haben mich folgende Pros:

    Ehrlichkeit - eine Eigenschaft, die ich sehr an ihm schätze! Ich hatte bisher immer das Gefühl, dass er einer der wenigen Menschen ist, die nicht lügen können

    Ruhe und Harmonie - so blöd, wie´s klingt, aber der Vater meiner Tochter war ein Choleriker. Die ruhige, nie aufbrausende Art meines jetzigen Partners hat unsere achtjährige Beziehung ohne viel Streit ablaufen lassen. Tatsächlich blieb es stets bei sachlichen Gesprächen oder dicker Luft, die sich recht schnell von selbst wieder auflöste

    Freundschaft - wir können so ziemlich über alles reden, haben den selben Humor, beinahe die selbe Einstellung zu den Themen Geld, richtig und falsch, etc

    Rückhalt - vielleicht nicht, was die Arbeitsteilung betrifft, da regiert in seinem Kopf noch die klassische Rollenverteilung, aber finanziell ist er immer auch für meine Tochter eingestanden und Krisen ( also, wenn es drauf ankam) haben wir gemeinsam gemeistert.

Und jetzt?

Sah es eigentlich gut aus.

    Seit Jahren steckt er jetzt endlich in Arbeit

    meine Tochter ist aus dem Gröbsten raus

    Ich arbeite nur noch Teilzeit und habe deshalb weniger Frust wegen der ungeteilten Hausarbeit

    Ok, finanziell ist es nicht so rosig, aber wir kommen aus und haben dieselbe Einstellung zum Geld (dass dieses nicht unbedingt glücklich machen muss)

    Die Videospielsucht hat sich gemildert und damit gedeckt, dass auch ich viel Zeit für Projekte beanspruche

    Die letzte, wirklich große Krise, eine schwere Erkrankung meiner Tochter, haben wir gemeistert (liegt jetzt sechs Monate hinter uns)

Was also ist das Problem?

Vor etwa zwei Monaten wechselte die Spielsucht mit dem neuerlichen Hang, nächtelang mit Kollegen auf Sauftouren zu gehen (das gab es auch früher schon ab und an, war nie ein Problem, weil ich meinem Partner seine Freiheit zugestehe, auch ich brauche manchmal und öfter Zeit für mich allein). Das Ding nahm aber ungeahnten Platz ein, nachdem mit der letzten Weihnachtsfeier eine Dame ins Spiel gekommen war. Wegen oben angeführtem Punkt war ich recht schnell involviert und wusste, dass da eine Kollegin ist, mit der man sich gut versteht, und weil ich von mir selbst gern auf Andere schliesse ( eindeutige Avancen innerhalb des eigenen Werdegangs haben für mich bisher nur die Funktion des Appetitmachers erfüllt - ich denke in dieser Hinsicht noch alte Schule und würde nie jemanden in meine Beziehung lassen, bevor ich diese nicht beendet habe), habe ich mir gar nichts dabei gedacht. Die Krise sass mir noch in den Knochen. Die Aussage meines Partners:
Zitat:
Da war eine, die hätte ich haben können, aber stattdessen komme ich zu dir nach Hause.
, die am Abend der Weihnachtsfeier fiel, weil ich körperlicher Zuwendung eher abgeneigt reagiert habe, verbuchte ich in meiner blinden Vertrautheit unter: Irgendwie sogar niedlich.

Naja, aber dann ging es los:
Saufen, Wegbleiben, 24 Stunden lang, Abmachungen nicht einhalten, Telefon ausstellen, Anrufe wegdrücken, ständige Gereiztheit, fast nur noch zum Schlafen zu Hause, plötzliche Pinnsperre, wo es jahrelang nie Geheimnisse gab, auf Drängen ein Blick ins Whatsapp und dort tronte die Kollegin auf dem ersten Platz, allerdings mit gelöschtem Chatverlauf, O-Ton:
Zitat:
Weil du dir bloß was einredest.



Ich weiß, wonach das aussieht und habe mich damit abgefunden, dass da was gewesen sein könnte.

Mein Management zur Erhaltung meines Seelenheils: Zwei Fragen:

    1. Ist da was gewesen? ------ Nein!
    2. Würdest du den Kontakt abbrechen, wenn ich dich darum bitte? ------ Ja, müsste ich dann ja. ------- Warum?--------Weil´s mir den Stress nicht wert wäre.

Thema soweit abgehakt, weil ich immer noch an seine echt gelebte Ehrlichkeit glaube ( dieser Mann kann wirklich nicht lügen, selbst, wenn es manchmal angebracht wär)

Allerdings fand die Sauferei erst ein Ende, als ich einen großen Streit mit Ultimatum heraufbeschwörte.


Seit dem ist er plötzlich verdächtig zugewandt, ja beinahe widerlich willenlos. Das gibt sich sicher wieder und deshalb könnte sich nun also alles zum Guten gewendet haben.

Aber:
Plötzlich bin ich diejenige, die alles hinterfragt:

Das Glück unserer Beziehung, die investierten Jahre, die mir vielleicht beinahe mit einem Tritt gedankt worden wären, nur weil da eine erstbeste Hergelaufene (tschuldigung des Ausdrucks) ins Spiel kommt.
Der Gedanke daran, dass ich nur mit einem blauen Augen davongekommen bin, weil die Dame ( nach den Erzählungen meines Partners, auf der Weihnachtsfeier am Heulen, weil der angebete Kollege, ebenfalls auf der Feier anwesend, seit Jahren nur eine Bettgeschichte will, was natürlich ein toller Boden ist, um den Frauenversteher zu spielen) sich flugs in eine Beziehung gestürzt hat und somit nicht mehr abkömmlich ist.
Also der Gedanke daran, dass nur die Nächste kommen muss.
Die Tatsache, dass die Frau immer noch im Handy sitzt, welches weiterhin für mich unzugänglich bleibt (kommt bei mir an wie: Beziehung noch frisch, warten lohnt sich)
Die Tatsache, dass ich selbst, rein rechnerisch betrachtet, bessere, potenzielle Verbindungen ausgeschlagen habe, weil ich eben ticke, wie ich ticke ( zu viel kleiner Prinz gelesen). Und schlussendlich der Umstand, dass ich selbst über die Jahre hinweg wegen oben genannter Querulenzen nie umfassend glücklich in der Beziehung gewesen bin, erzeugen derzeit ein derart intensives Übersättigungsgefühl, dass ich trotz überstandener Krise alles hinwerfen will. Dass ich zur Zeit sehr viel an mich selbst denke und daran, dass ich nicht jünger werde, schon zu viel Zeit verschwendet habe, mein eigenes Glück in ungesunder Weise aufgegeben habe, nur weil ich altmodisch noch an die Liebe glaube, all so Zeugs halt.

Was also ist mit mir los? Bin ich zu verbohrt oder im Gegenteil zu blind?
Wie würdet ihr das angehen? Wie seht ihr das Ganze, von aussen betrachtet?


Ich weiß, ein langer Text, hoffentlich nicht langweilig und hoffentlich wert, sich als Außenstehender mit einer Antwort zu beschäftigen.

Vielen Dank, euch allen hier
Grüße
Sabina

30.05.2017 12:40 • #1


K
Tja, du bist sehr reflektiert. Sinnvoll kann für dich ein Coaching sein, wo dir ein Profi spiegelt , wie es gerade um euch steht. So wie du es schilderst, wäre für mich der gesunde Weg: 1. Beratung, in sich gehen, und dann evtl aufgrund der neuen Erkenntnisse eine Entscheidung treffen. Du gibst ja auch nicht 8 Jahre auf sondern eher einen Mann der sich immer in neue nicht sehr spannende richtungen entwickelt oder was auch immer.

30.05.2017 12:56 • #2


A


Diese Beziehung aufgeben oder festhalten?

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Asher
Es gibt einen Kernsatz: In einer Beziehung müssen beide glücklich sein! Wenn das nicht so ist, kann man daran arbeiten- Diese Phase ist ja bei dir ja bereits bereits passiert. Oder einer sollte es beenden. Alles Andere ist doch Unglücklichsein auf Raten. Finde 8 Jahre auch nicht sooo prickelnd lang und verpflichtend. Im Nachhinein ist ein Tag genauso lange wie mehrere Jahre. Die Zeit ist letztendlich auch egal. Wenn es dir nicht gut geht, wozu dann eine Beziehung aufrecht erhalten? Im übrigen schließe ich aus deinen Schilderungen, das er auch auf dem Weg zu neuen Ufern ist. Auch wenn Männer da oft nicht so Konsequent wie Frauen sind. Denen reicht oft eine heimliche Geliebte.

30.05.2017 13:06 • x 1 #3


D
Zitat:
Tja, du bist sehr reflektiert. Sinnvoll kann für dich ein Coaching sein, wo dir ein Profi spiegelt , wie es gerade um euch steht. So wie du es schilderst, wäre für mich der gesunde Weg: 1. Beratung, in sich gehen, und dann evtl aufgrund der neuen Erkenntnisse eine Entscheidung treffen. Du gibst ja auch nicht 8 Jahre auf sondern eher einen Mann der sich immer in neue nicht sehr spannende richtungen entwickelt oder


Hallo keinheldmehr

Sehr reflektiert, ja, irgendwie schon, irgendwie auch wieder nicht. Zum Beispiel weiß ich immer noch nicht, ob ich mich bezüglich Ehrlichkeit nicht doch selbst belüge. Das gibt es ja nun zu Hauff, Jahre vergehen und plötzlich wacht man auf mit dem Gefühl, einen Menschen nie wirklich gekannt zu haben. Ich frage mich, ob ich mit der stattgegebenen Forderung, die Pinnsperre wieder aufzuheben, wieder Vertrauen in eine Zukunft schöpfen könnte. Ob eine solche Pinnsperre in aufgeklärten Zeiten akzeptiert werden muss oder einen eindeutigen Vertrauensmissbrauch darstellt ( zur Erklärung: Ich schreibe auch mit anderen Männern, einem Aussteiger zum Beispiel, aber auch Frauen, auf rein intellektueller Basis und aus einem Interesse am Menschen heraus, diese Chatverläufe könnte er lesen, lesen und lesen - ich habe nichts zu verheimlichen). Ich beisse mich wirklich daran fest, dass ich einfach nicht mehr weiß, woran ich bin und letztendlich irgendwann doch vor vollendeten Tatsachen stehe.
Ich weiß nicht, ob ich unbedingt Beratung benötige, ich kann meinen Kram schon sehr sachlich betrachten. Das Problem ist eher, dass er das nicht kann, aus reiner Bequemlichkeit handelt, ziemlich maulfaul ist und einen solchen Weg eh für völligen Quatsch halten wird. Ein weiteres Problem ist (gehe ich davon aus, dass die Entscheidung eigentlich schon getroffen ist), dass ich gar nicht weiß, wie ich es anfangen sollte und mich aus der jetzigen Situation heraus fühlen würde, als würde nun ich meinerseits seine Entscheidung für unsere Beziehung mit Füßen treten ( Ich weiß ja eben nicht genau, was da war, ob da was war, was er eigentlich dabei gefühlt hat, alle diesbezüglichen Fragen werden abgetan)

Danke für deine Zeit, die Antworten werde ich eh nur selbst finden können. Aber es tut gut, hier mal den Seelenmüll abzuladen und auf offene Ohren zu treffen.

30.05.2017 13:58 • #4


D
Hallo Asher,

Zitat:
Es gibt einen Kernsatz: In einer Beziehung müssen beide glücklich sein!


Klar, der ist auch mir geläufig und ich möchte auch nicht vom Unglück der letzten Jahre sprechen (sollte das so angekommen sein). Eine Beziehung ist niemals nur eitel Sonnenschein und klar, wir haben auf dem Weg Federn gelassen, er hat ein wässrig / fröhliches Leben ohne viel Verantwortung zugunsten einer Familie aufgegeben und ein uneheliches Kind wie sein eigenes angenommen. Ich habe mich viel an ihm gerieben, um seinen Kern herauszuschälen.

Zitat:
Wenn das nicht so ist, kann man daran arbeiten- Diese Phase ist ja bei dir ja bereits bereits passiert.


Ich weiß nicht, wann ist denn diese Phase letztendlich abgeschlossen?

Zitat:
Oder einer sollte es beenden. Alles Andere ist doch Unglücklichsein auf Raten. Finde 8 Jahre auch nicht sooo prickelnd lang und verpflichtend. Im Nachhinein ist ein Tag genauso lange wie mehrere Jahre. Die Zeit ist letztendlich auch egal. Wenn es dir nicht gut geht, wozu dann eine Beziehung aufrecht erhalten?


Thats the problem. Es sollte mir doch gut gehen, oder nicht? Er hat sich entschieden. Derzeit ist er mir wie gesagt beängstigend ausgewechselt und tief drinnen werde ich das Gefühl nicht los, das wäre vor allem seinem schlechten Gewissen zu verdanken, weil da eben doch ein Betrug vorliegt. Ich weiß nicht, was mich mehr verletzt: Das Ding, dass es passiert ist oder passiert sein könnte, die Tatsache, dass ich mich bezüglich Ehrlichkeit in ihm getäuscht haben könnte oder die Aussicht darauf, dass es wieder passieren wird. Wie räume ich diesen Fels aus dem Weg, wenn er ihn zum Kiesel macht?

Zitat:
Im übrigen schließe ich aus deinen Schilderungen, das er auch auf dem Weg zu neuen Ufern ist. Auch wenn Männer da oft nicht so Konsequent wie Frauen sind. Denen reicht oft eine heimliche Geliebte.


Treffer! Aber selbst wenn diese Punkte im Endeffekt klar sind: Wie das Problem angehen, wenn derzeit alle Zeichen auf überwunden stehen?

30.05.2017 14:27 • #5


K
Sicher kannst nur du einen Entscheidung treffen.Aber es hört sich so an als hättest du bereits eine getroffen, nur fehlt die Umsetzung;

31.05.2017 20:22 • #6