Hallo Christian,
wie im Thread Geschichte eines Ehebruchs in Kurzform
dargestellt, gibt es viele Parallelen zu Deiner Situation.
Ich versuche mal auf Deine Sätze zu antworten und unsere
jetzige Situation zu beschreiben.
Christian schrieb:
Hi,
auch ich möchte mir mal einiges von der Seele schreiben!
Nach 20 gemeinsamen Jahren, von denen wir 12 Jahre
verheiratet sind gesteht mir meine Frau, daß sie glaubt, sich
in einen Anderen verliebt zu haben!
Zur Vorgeschichte muß gesagt werden, daß ich mich einfach
zu sehr um meinen Job gekümmert habe, ihr keine Hilfe war
und ihr nicht die nötige Aufmerksamkeit geschenkt habe.
Dadurch habe ich sie wahrscheinlich in die Arme eines guten
Bekannten, den auch ich eigentlich mag (mochte?),
getrieben.
Nun gut.Das kommt mir sehr bekannt vor.Das mit
dem Job ist so eine Sache.Als Hauptverdiener neigt
man wohl leicht dazu seine Liebe über das Geld, das
man für die Familie verdient, zu definieren.
Außerdem neigt man schnell dazu, gierig zu werden,
was kontraproduktiv einem liebendem Leben gegen-
übersteht.Ein gutes Buch ist Das Nein in der Liebe
von Peter Schellenbaum.Dort werden solche Mechanismen
ziemlich gut erklärt.
Auf der anderen Seite habe ich bei uns festgestellt,
daß meine Frau meiner Arbeit und meiner dort
investierten Zeit zuletzt keinerlei Respekt mehr
entgegengebracht hat. Sie meinte wohl, ich tue das
nur für mein persönliches Ego. Das haben wir
geklärt und das war wichtig. Sie weiß jetzt,
wie ich das sehe und welche Grundmotive meinem
Job zugrundeliegen. Das führt zu Verständnis und
Anerkennung der Tätigkeiten, die ja den jeweiligen
Partner unter gewisse Zwänge stellen.
Man muß zu dem Gefühl kommen, daß man gemeinsam
an einem Strang zieht.
Laut ihren Aussagen haben sie sich aber nur gegenseitig ihre
Zuneigung zueinander gestanden, was ich ihr auch glaube.
Nun, was soll ich sagen.Genau so hat sich meine Frau bei
unserer ersten Aussprache auch ausgedrückt.Letztlich
war schon viel mehr passiert.Man will dem anderen
ja nicht wehtun und rechtfertigt damit die eigene
Unehrlichkeit.Der Betrogene wird dadurch aber vieler
Rechte und seiner Würde beraubt.Man will sich doch
nicht wie einen kranken Patienten behandeln lassen,
den man schonen muß.Man fühlt sich nicht für voll
genommen.Kommt am Ende bei dieser Geschichte eine
andere Wahrheit zutage, ist das Dilemma um so größer.
So war es bei mir und auch ich habe ihr geglaubt,
bei Dir kann es anders sein.Dennoch solltest Du
die Geschichte schon so ernsthaft sehen, als wäre
mehr passiert.Ich hatte erst mit dieser Kenntnis
richtig begriffen, was vor sich geht.
Nun steckt sie in der schwierigen Lage, daß es insgesamt 4
Parteien gibt, die an ihr zerren! 1. Die Sorge um die Kinder.
2. Die Verwandschaft und Bekanntschaft, die, wenn sie es
erfahren, natürlich auf meiner Seite, dem armen verlassenen
Ehemann, stehen werden (was ich versuchen werde zu
verhindern!). 3. Dem Bekannten, der sich zwar momentan
noch zurückhält, aber sie sich zu ihm hingezogen fühlt. 4.
Meine Wenigkeit, der versucht, sie zurückzugewinnen.
1. und 2. sollten wirklich absolut keine Rolle spielen.
Das 3. weißt Du nicht genau.Vielleicht kannst Du mal mit
ihm reden.Mach ihm klar, was für Konsequenzen sich da
anbahnen.Versuch rauszufinden, was er wirklich will.
Das öffnet einem zumindest selbst die Augen dafür,ob er
jemals so etwas wie ein Freund für dich war.
Auch das ist eine Erkenntnis, die wichtig für Dich ist.
Ich bin kein Mensch, der andere leicht fallenläßt,
wenn sie mal einen Fehler machen, so auch in diesem
Fall.Nach allem, was ich nun weiß, war mein Bekannter
meine Freundschaft nicht wert und es ist befreiend,
wenn man dieses nach reiflicher Überlegung guten Gewissens
sagen kann und noch ein paar Kraftausdrücke hinterherschieben
kann.
Zu 4. kann man wenig sagen.Du kannst nur versuchen Ihr zu
zeigen,daß Du sie liebst. Aber erdrücke Sie nicht und Du
mußt authentisch sein, ehrlich sein. Es muß wirklich aus
Dir kommen.Nicht geschauspielert,nicht gekünstelt.Es muß
eine wirkliche Erkenntnis spürbar werden.Euer gegenseitiges
Machtgefüge ist erheblich durcheinandergeraten.Das ist
schwer wieder auszugleichen.Mal wird sich der eine,mal
der andere wie ein Fußabtreter fühlen.Das muß man an-
und aussprechen können.
Entscheiden kann nun nur Deine Frau und Sie muß das Erkennen.
Du kannst gar nichts tun,außer deine Selbstachtung zu erhalten.
Könntet Du damit leben, wenn schon mehr passiert wäre?
Könntest Du das verzeihen?Kannst Du Sie loslassen und
trotzdem lieben und Dich dennoch nicht aufgeben?
Wenn ja, dann bist Du in meinen Augen auf dem richtigen Weg.
Noch ein Buchtip: Schmidbauer: Die heimliche Liebe, um
auch aus anderer Perspektive mal zu verstehen, was da
eigentlich passiert.
Nun reden wir sehr viel, sind in therapeuthischer Betreuung
und haben eine Paarberatung angemeldet.
Das ist eine gute Herangehensweise.Unsere Selbstherapie ist
bisweilen etwas hart gewesen.Schließlich ist es schwer
ohne Hilfe unvoreingenommen an die Sache heranzugehen.
Redet auch allein mit Personen eures Vertrauens, die einfach
nur zuhören und sich nicht auf irgendeine Seite schlagen.
Versucht die Ursprünge eurer Probleme zu finden.Was für
gravierende Änderungen hat es gegeben(Kinder,...).
Seid ihr nur noch Vater und Mutter gewesen?Was ist
Liebe eigentlich(passiv,aktiv)?Habt ihr eure Gefühle
noch gezeigt?
Nun möchte ich aber nicht, daß sie nur wegen der Kinder und
der Umgehung der Probleme aus dem Verwandten- und
Bekanntenkreis bei mir bleibt, sondern weil da auch noch ich
bin! Ich will keine Kompromisslösung darstellen.
Das kannst Du ihr sagen,aber Du wirst auf eine Antwort
warten müssen,da Sie es selbst nicht weiß.Kurze Zeit
kann man so leben,auf Dauer sicherlich nicht.
Deine Einstellung finde ich klasse,denn Sie spricht dafür,
daß Du Gefühle zeigen kannst.Meine Frau hat mich des
öfteren gefragt,wie ich so sicher sein kann,daß ich sie
liebe.Sie hatte Angst,daß sie dieser Liebe meinerseits
nicht gerecht werden kann.Man kann nur versuchen, dem
Partner diese Angst zu nehmen.Sich auch mal ein wenig
zurückzuziehen.
Ich hatte geantwortet, ich bin sicher, weil ich es
weiß.Ich muß es nicht permanent spüren und mich
selbst sezieren.Ich weiß es,auch wenn ich es mal
anders empfinde.Ob das ein Geschlechterunterschied
ist,kann ich nicht beantworten.
Wenn ich sie frage, ob nicht wenigstens ein kleiner Keim von
Liebe dawäre, den man aufbauen könnte, sagt sie mir, daß sie
es nicht weis und deshalb professionelle Hilfe bei einer
Entscheidung benötigt.
Wenn jemals Liebe zwischen euch war,so ist sie auch nun
noch da.Das setze ich mal aufgrund der Dauer eurer
Beziehung voraus.
Setzt euch mit dem Begriff Liebe auseinander.Die Liebe fällt
nicht vom Himmel und ist auch kein Schicksal,das un-
beeinflussbar ist.Ihr habt euch die Liebe schon einmal
erarbeitet,nur es war euch damals nicht bewußt.
Sie wundert sich über meine Reaktionen, denn ich sage ihr
auch, daß ich derzeit den Eindruck habe, es wäre
gefühlsmäßig besser für sie, wenn sie sich dem Anderen
zuwendet. Außerdem bin ich sehr ruhig und versuche sie
zurückzugewinnen wobei ich dabei nicht flehend vor ihr knie.
Einen Fußabtreter kann man schwerlich lieben.Ich hätte
mich genauso verhalten.Ansonsten kann ich Dir hier
keinen Rat geben,da das bei uns heimlich ablief und ich
keine Ahnung hatte.Das ist eine andere Voraussetzung, als
so etwas bewußt durchzuziehen.
Deine Frau wird durch die Verliebtheit Schwierigkeiten
haben,klar zu sehen,objektiv den anderen zu beurteilen.
Du kannst da schwerlich etwas sagen,da Du parteiisch bist.
Es wird bei Ihr nicht objektiv angekommen,auch wenn
Du es so meinst.Das dauert seine Zeit, muß aber immer
mal wieder angesprochen werden.
Selbst wenn Deine Frau sich für dich entscheidet,
das ist nicht das Ende dieser Geschichte, sondern
erst der Anfang.
Wenn ich alles in allem abwäge, komme ich immer wieder zu
der Einsicht, daß vieleicht ich derjenige sein muß, der das
Ganze zuende bringt, auch meinetwegen, denn dann sage
ich mir eher ein Ende mit Schrecken als ein Schrecken ohne
Ende!
Du darfst Ihr die Entscheidung nicht abnehmen.Nur so kann
Deine Frau daran reifen.Sie hat diesen Weg begonnen und
Sie muß den Weg auch zu Ende gehen.Es macht mir nicht
den Eindruck,als hätte sie Dich schon entwertet und
würde Dich ausnutzen.Das spricht für Sie.Insofern halte
ich den Spruch mit dem Schrecken noch für viel zu
verfrüht.
Es würde zwar ein dorniger Weg für sie, wenn sie sich dem
Anderen zuwendet, aber den hätten wir auch vor uns, wenn
wir es nochmal versuchen würden!
Der Weg ist dornig, aber auch sehr intensiv und lebendig.
Ich weiß einfach nicht, was ich machen soll, denn ich bin
andererseits bereit alles zu tun und meine Fehler, die ich in
der Vergangenheit gemacht habe nicht wiederholen.
Man kann Fehler ohne Ende machen, man darf nur nicht vergessen
darüber zu reden.Hellsehen hat mit Liebe absolut nichts
zu tun.
Zum einen war es sowieso nötig, daß ich einen Tritt von ihr
bekomme, aber daß der dann so heftig ist und in die
beschriebene Richtung geht, habe ich nicht erwartet.
Zuweilen vergißt man, daß die Ehefrau nicht der Ersatz
für die eigene Mutter ist.
Mir ist den ganzen Tag zum Heulen zumute und habe eher
Motten als Schmetterlinge im Bauch.
Ich verstehe Dich und kann es nachempfinden und ich
wünsche Dir und Deiner Frau Kraft und Liebe.
Du wirst Dich, egal wie es ausgeht, weiterentwickeln.
Das ist das, was zählt und wenn Ihr zusammenbleibt
bringt Ihr beide diese Erfahrung mit ein und
erreicht eine andere Qualität von Liebe,da bin
ich mir ganz sicher.
Gruß
Tommy
04.02.2002 13:29 •
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