Buchtipp Karin Jäckel: Der gebrauchte Mann.

E
drübergestolpert... :o einen Fall von massiven Kindesentzug hab ich gerade in meinem Büro... echt heftig.
Und - natürlich kenn ich auch die Väter, die keine Väter mehr sind... ;)


Focus Heft 19/1997, S. 238 (Ausgabe vom 5. Mai 1997)

Abgezockte Väter
Männer nach der Scheidung - das Gesetz macht sie zu wehrlosen Opfern ihrer Frauen

Scheiden tut weh, vor allem den Kindern. Frauen aber verklären die juristische Trennung oft zum großen Befreiungsschlag. Sie haben den Mann besiegt, den Feind schlechthin. Tatsächlich aber bleiben auf dem Kriegsschauplatz nicht selten Männer als einzige Opfer zurück. Mit Vätern nach der Trennung beschäftigt sich die Publizistin Karin Jäckel in ihrem neuesten Buch Der gebrauchte Mann. Es ist ein tendenziöser Text. Sein Held: der verlassene Mann.




Leseprobe

THOMAS, 37 Jahre, und SANDRA, 38 Jahre

Thomas: An meine Tochter Melanie

Wenn Du diese Zeilen liest, werde ich schon lange tot sein, denn ich habe beschlossen, daß der heutige Tag mein Todestag ist. Deine Mutter wird Dir erklären, warum dies so ist. Glaube mir, viel lieber hätte ich mit Dir gelebt.

(Thomas starb bei einem Autounfall. Er raste in Süditalien gegen den Betonpfeiler einer Autobahnbrücke. Er war sofort tot. Seinen Abschiedsbrief an seine Tochter fand man in seinem Banksafe. Dort befand sich auch ein Testament, aus dem hervorging, daß Thomas seinen gesamten Besitz einer karitativen Einrichtung vermacht hatte. Aus dem Datum ging hervor, daß Thomas dieses Testament an dem Tag verfaßt hatte, an dem Sandra ein gemeinsames Sorgerecht endgültig verweigert hatte. Zwischen der notariellen Beglaubigung des Testaments und Thomas' Tod lagen elf Tage.)



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Sandra: Das Kind ist aus meinem Bauch

Ich war damals Mitte Dreißig. Alles, was mir beruflich vorgeschwebt war, hatte ich erreicht. Ich besaß eine schöne Wohnung, ein Auto, um das mich die Männer beneideten, etwas Geld auf der Bank. Aber irgendwie fühlte ich mich ziemlich leer. War's das schon? dachte ich. Immer derselbe Trott, derselbe Streß. Ich fand, es wurde Zeit, an die Zukunft zu denken. Also begann ich, mich nach einem geeigneten Mann umzusehen. Ich hatte eine ziemlich genaue Vorstellung davon, wie er beschaffen sein müßte. Schließlich lernte ich ihn kennen. Er hieß Thomas, war Zahnarzt mit eigener Praxis und hatte Geld genug für Frau und Kind.

Ich sorgte dafür, daß er auf mich aufmerksam wurde. Es fiel mir nicht schwer, mich zu verlieben. Ich machte mir sogar ziemlich viel aus ihm. Er machte sich bald auch ziemlich viel aus mir. Er lud mich ein, zu ihm zu ziehen. Seine Wohnung war nichts Besonderes, aber gemütlich. Ich zog gerne ein. Allerdings behielt ich heimlich meine eigene Wohnung und arbeitete weiterhin.

Es dauerte fast ein Vierteljahr, ehe ich schwanger wurde. Ich hatte jahrelang die Pille genommen und eigentlich damit gerechnet, sofort schwanger zu werden, sobald ich sie absetzte. Es war eine Überraschung, daß es so lange nicht klappte. Aber da meine Frauenärztin mir versichert hatte, daß alles mit mir in Ordnung sei, machte mir das Warten nichts aus. Es gefiel mir sogar. Es steigerte die Vorfreude. Thomas erzählte ich nichts. Ich fand, es ging ihn auch nichts an.

Als ich es endlich geschafft hatte, schwanger zu sein, teilte ich es Thomas mit. Er fiel aus allen Wolken, wollte mich aber sofort heiraten. Also taten wir es. Meine Tochter Melanie kam ein halbes Jahr später auf die Welt. Thomas störte jetzt wahnsinnig. Ich hatte mich mit diesem Mann eingelassen, weil ich ein Kind von ihm haben und anschließend finanziell auf der sicheren Seite stehen wollte. Die Romanze zwischen uns war zu Ende. Das war mir eigentlich schon vor Melanies Geburt klar. Im Grunde hatte ich nur noch abgewartet, ob mit dem Kind alles in Ordnung war. Ein behindertes Kind hätte ich keinesfalls bei mir behalten.

Thomas rechnete damit, daß ich eine Woche nach der Entbindung nach Hause kommen würde. Er tat mir leid, weil er sich so dafür begeistern konnte, wie wir in seiner Wohnung hausen und glücklich wie die Turteltauben sein würden. Aber mein Entschluß war gefaßt. Ich verließ das Krankenhaus schon am vierten Tag, ohne Thomas zu benachrichtigen. Meine Zugehfrau hatte in der Zwischenzeit meine eigene Wohnung in Ordnung gehalten. Als ich mit meinem Kind zur Tür hineintrat, kam es mir vor, als wäre ich nie fort gewesen.

Thomas tat mir durchaus leid. Ich bin schließlich kein Hackklotz. Vor allem, als er sich dann das Leben nahm. Aber ich habe kein schlechtes Gewissen.

Melanie ist mein Kind. Ich bin ihre Mutter. Dieses Kind ist in meinem Bauch gewachsen. Und ich habe es unter Schmerzen zur Welt gebracht. Thomas war mehr oder weniger ein Zufallsmann. Er hatte ein Zehn-Sekunden-Glück bei der Sache. Mehr nicht. Pech für ihn war, daß Männer heute in puncto Liebe per Gesetz zur Kasse gebeten werden, ihre Kinder aber nicht bekommen. Worüber ich mich durchaus nicht beklage. Es ist ja voll und ganz in meinem Sinn. Ich will damit sagen, daß ich mich nicht zu schämen brauche. Ich habe von dem Erzeuger meines Kindes verlangt, was mir gesetzlich und rechtmäßig zusteht. Ich schrieb ihm, daß ich ihn freigebe und die Scheidung wolle. Ich schrieb ihm, daß er uns auch freigeben solle. Aber dummerweise hatte Thomas andere Vorstellungen als ich. Jetzt auf einmal kam dieser Mann daher und behauptete, mein Kind sei sein Kind. Forderte Mitspracherecht bei der Erziehung, forderte mein Kind für sich. Ich habe nie eingesehen, mit welchem Recht. Etwa mit dem Recht des Chromosomensatzes, den er anteilig an meinem Kind geliefert hat? Ja, erwirbt sich denn ein Kaufmann ein Recht, meinen Kuchen zu essen, nur weil er der Lieferant der Zutaten war?

Ich hatte Thomas geheiratet, weil ich ein Kind wollte und dieses Kind einen Vater haben sollte, für den es sich nicht schämen müßte. Ich hatte einen Mann als Erzeuger für dieses Kind ausgesucht, der Geld genug hatte, um die Erziehung zu sichern und zu garantieren, daß ich als Mutter Zeit genug für mein Kind haben würde. Aber ich hatte ihn nicht geheiratet, um für immer und ewig mit ihm Händchen zu halten. Ich versuchte, Thomas alles zu erklären. Ich habe ihm mindestens drei, vier Briefe deswegen geschrieben. trotzdem wurde das erste Jahr nach unserer Trennung ziemlich hart für mich. Thomas versuchte mit allen Tricks, zumindest das Kind zurückzuholen. Aber ich hatte eine Spitzenanwältin genommen. Sie machte ihre Sache wirklich gut. Nach dem obligatorischen Trennungsjahr wurden Thomas und ich endlich geschieden. Melanie wurde mir zugesprochen. Daß Thomas sich zwei Monate später das Leben nehmen würde, war nicht eingeplant und von mir auch nie beabsichtigt. Es tut mir natürlich leid.

Wirklich schlimm ist, daß Thomas kaum Geld hinterlassen hat, so daß Melanie und ich ziemlich dumm dran sind. Seine Eltern haben zwar versprochen, daß sie einen Teil der Kosten für Melanie übernehmen, aber das ist ja nichts Reelles. Das beunruhigt mich schon. Da weiß ich auch noch nicht, wie ich damit umgehe. Es sei denn, ich heirate noch mal. Ob ich mich schlecht dabei fühlen werde? Nein, eigentlich nicht. Eher so wie nach einem gelungenen Coup.

pappa.com/kinder/jaeckel.htm#Leseprobe

19.07.2006 22:50 • #1


E
Hallo Gerd!
Eine bezeichnende,gar nicht so extreme Geschichte!
Aber ich halte nichts von dieser ganzen Bücherleserei,weil man es eh nicht für sich verinnerlicht,das geschieht nur durch das Leben,das Erleben selbst und die Schlußfolgerungen die man für sich daraus zieht.
Jemand ohne Intellekt kann tausend derlei Bücher lesen und wird dabei nicht schlauer.
Aber sag mal ehrlich, wann willst du eigentlich mal für dich die Wunde schließen und hörst auf dich hinter die Festung Vater zu verkriechen?
Wann gedenkst du mal wieder ein Mann zu sein und als Mann zu leben??
Das Menschen so berechnend sind wie hier geschildert ist nichts Neues,man muß damit leben können,oder eben  Menschen mit solcher Geisteshaltung meiden.
Was zugebenermaßen in unserer Gesellschaft gar nicht so leicht ist.
Es gibt eben Menschen für die das Wort Liebe nichts anderes ist wie ein Schlachtplan zur Umsetzung ihrer ureigenen Interessen,Sehnsüchte und Erwartungen!
In einem gewissen Rahmen ist sowas ja auch völlig normal bei realistischer Betrachtung,nur bei vielen eben pathologisch!
Das Derjenige auf den das Ganze projeziert wird dabei auf der Strecke bleibt,egal in welcher Form wird dabei hingenommen,bzw. es ist dem Ausführenden egal!
Solange er gut geölt funktioniert bleibt diese Illusion auch erhalten,aber sobald  Divergenzen aufkommen und sich aufstauen,bleibt dem so Auserwählten nur Fassungslosigkeit!
Und die ist schlimmer als alles andere.
Da keimen dann Fragen wie:
Warum war ich nur so dämlich!
Das kann nicht wahr sein!
Ich täusche mich!
Er/Sie ist nicht sich selber im Moment!

NEIN,diese Menschen waren schon immer so,sie haben es nur gut versteckt und zeigen nur das was der andere sehen soll.

Man will es einfach nicht wahrhaben,das man Nebendarsteller in einem Schauspiel war und diese Illusion,das Irreale als Realität wahrgenommen hat oder wahrnehmen wollte!

Und glaub mir diese Menschen spinnen ihr Netz immer wieder genauso und finden ihre Opfer,bzw.bestimmte Menschen finden derlei Täter mit geradezu traumwandlerischen Sicherheit!
Erst wenn man zum Zuschauer degradiert wurde oder mit dementsprechenden Abstand wird einem das bewußt und man fühlt sich umso schlechter und verletzter.
Bis auf wenige Momente im Leben haben solche Menschen kein Problem sich selbst dabei im Spiegel anzuschauen!

Man könnte das weiter ausführen,aber da würden wir bei Sachverhalten landen,die in der Psychologie als Persönlichkeitsstörungen bezeichnet werden.

Gruß

20.07.2006 09:40 • #2


E
Also, mir kommt die Geschichte ehrlich gesagt etwas konstruiert und einseitig vor, soweit ich das aus der Leseprobe ableiten kann. Ich kann nicht für alle meine Geschlechtsgenossinnen die Hand ins Feuer legen, aber derart abgebrüht, oberflächlich und gefühllos sind hoffentlich nur die wenigsten Frauen.
Auf der anderen Seite finde ich das Verhalten von diesem Thomas auch sehr rücksichtslos - wie kann man seiner Tochter eine solche Bürde auferlegen und sich einfach per Selbstmord mit einem solchen Abschiedsbrief aus dem Staub machen!
Das Thema finde ich dagegen sehr interessant. Es ist heute sicher für viele Väter eine große Belastung, dass die Frauen, was das Umgangsrecht mit dem Kind angeht, noch oft am längeren Hebel sitzen. Aber ich denke schon, dass da auch vor Gericht ein Umdenken eingesetzt hat. Ich glaube schon, dass es heutzutage triftige Gründe geben muss, damit einem Vater das Besuchsrecht verweigert wird, und die meisten Mütter, die ihr Kind lieben, sind doch auch daran interessiert, den Kontakt zum Vater zum Wohle des Kindes aufrechtzuerhalten. Aber ich spreche hier nur aus der Theorie, habe diesbezüglich keine Erfahrungen. Andererseits muss man aber auch sehen, dass es traditionell meist die Frauen sind, die den schwarzen Peter haben, wenn sie ungewollt schwanger werden oder wenn eine Beziehung in die Brüche geht und das Kind ist noch sehr klein. Selbst wenn der Vater/Erzeuger anstandslos zahlt (was längst nicht immer der Fall ist) sind es die Frauen, die ihr Leben komplett umkrempeln müssen, während die Männer oft wenig eingeschränkt sind. Bitte nicht falsch verstehen: Ich spreche nicht von den verantwortungsbewussten Vätern, die ihr Kind lieben und es aufwachsen sehen wollen und an der Erziehung beteiligt sein wollen, aber es gibt leider auch viele andere.
Gruß
Natascha

01.08.2006 18:32 • #3




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