Hallo Ihr Lieben!
uuups, mitten ins Wespennest gestochen mit dem Thema... Die Verlagerung der Diskussion in diesen Forenbreich finde ich absolut angemessen...
Okay! Ich möchte meine vermutlich nicht sonderlich populäre und bestimmt auch nicht in sich völlig kongruente Sichtweise hier darlegen. Bloss ein Versuch, das Thema ist schließlich nicht nur im doppelten Sinne heiss, sondern auch irre kompliziert...
Ich glaube auch, daß eine zu große Disharmonie auf lange Dauer ohne Alternativen (Freiräume), ohne einen Austausch, ohne die Diskussion über das Grundbedürfnis S. häufig zum Scheitern einer Beziehung führt.
Damit hast Du sicher recht, GerdS. Dauerhafte Eintönigkeit und Langeweile im Bett würden mich auch fertig machen... Aber was lese ich da für Lösungsvorschläge? Klingt doch alles irre modern: die Einstellung zu Untreue ändern... Bißchen 68-er mäßig, gelle? Freiräume - wow! Dieses Wort in diesem Zusammenhang... sorry, da kriege ich Brechdurchfall, aber vom Allerübelsten... Du Schatz? Wie sieht's denn mit Deiner Abendplanung für diese Woche aus? - Momehent! Ich schau mal... ...ah, ich hab's: Montag gehe ich squashen mit Sabine, Dienstag ist unser Fernsehabend, Mittwoch bin ich zum Kartenspielen bei Klaus und Karola, Donnerstag habe ich ein Geschäftsessen mit der japanischen Delegation und Freitag gehe ich zum pop. zu Paula... - Oh das ist ja schade! Da wird's ja Freitag wohl wieder nichts mit dem Kino. - Sei nicht traurig, das holen wir dann kommende Woche nach, da ist Paula im Urlaub! Ich besorge die Karten. Ist das wirklich ein realistisches Szenario?
Na gut, ich gebe es zu, ich bin in manchen Punkten sehr konservativ. In einigen Punkten, was die Umwelt betrifft usw., im Sinne von erhaltend, in anderen, eher moralischen Fragen, bricht dann bei mir meine christlich-abendländisch-mitteleuropäisch geprägte Erziehung durch. Da bin ich vermutlich richtig spiessig, auch wenn mir geistige Kleingärtnerei eigentlich nicht besonders liegt.
Liebesbeziehung... was für ein Wort... Ich war mal auf einem Seminar, wo es u.a. darum ging herauszuarbeiten wie individuell doch Definitionen sein können. Die Aufgabe für die 12 Teilnehmer bestand darin, die Augen zu schliessen und sich einen Hund vorzustellen. Anschliessend wurden die Teilnehmer aufgefordert ihren Hund zu beschreiben. Klar. 12 Teilnehmer, 12 Hunde...
Ein Hund ist relativ unabstrakt verglichen mit mythen- und phantasieumrankten Begriffen wie Liebe oder Liebesbeziehung...
Liebesbeziehung bedeutet (nur subjektiv) für mich unter vielem anderem auch eine gewisse Exklusivität in bestimmten Lebensbereichen - und dazu zählt für mich eindeutig auch die S.. Es gibt Situationen, die kann ich mit jedem Menschen erleben. Zum Beispiel kann ich jeden, der mir auf der Arbeit begegnet freundlich grüssen. Der Kreis der Menschen, mit denen ich ein B. trinken gehen würde, ist da schon kleiner. Dann gibt es wieder einen noch kleineren Kreis, mit dem ich auch mal ganze Tage verbringen würde. Weiter eingeschränkt ist der Kreis der Menschen mit denen ich offen über meine Sorgen, Nöte, Probleme spreche - schon ziemlich eingeschränkt: mein Freundeskreis. Der Kreis von Menschen mit dem ich meine S. auslebe ist dann tatsächlich (serielle Monogamie...) auf meine (aktuelle) Partnerin beschränkt. Es ist für mich da auch noch ein Unterschied in der Intensität des Erlebens. Den besten S. habe ich tatsächlich mit dem Menschen, dem ich mich anvertraue, bei dem ich mich gehen und fallen lassen kann - und das ist dann in der Regel der Mensch für den ich dieses Gefühl empfinde, was allgemein als Liebe oder wenigstens tiefe innige Zuneigung bezeichnet wird. Meine S. will ich exklusiv gemeinsam mit meiner Partnerin ausleben. Das hat nichts mehr mit Erbgut-Kontrolle zu tun, deren Zweck die Treue einstmals wohl war. Es hat was mit Intimität, mit Nähe zu tun. SO nahe lasse ich nur meine Partnerin an mich heran. Meinetwegen können auch mal andere dazu kommen, aber institutionalisierte Auswärtsspiele? Für die Rolle Einer von einigen aktuellen S. meiner Partnerin komme ich nicht in Frage. Ich stehe voll auf Demokratie und dem anderen seine Freiheiten lassen, usw.... Aber es gibt eben auch Punkte, da will ich die erste Geige spielen - und nicht bloss Bestandteil einer String-Section sein...
Mag sein: die Leidenschaft lässt im Laufe der Jahre nach. Als seriell monogamer Mensch (habe ich mir so nicht ausgesucht), kann ich da wahrscheinlich nicht mitreden. Dies aber als unausweichlich hinzunehmen halte ich für falsch. Ich denke dass man sehr wohl etwas dagegen unternehmen kann und auch nach vielen gemeinsamen Jahren noch eine spannende und erfüllende S. zusammen haben kann. Und selbst wenn die Leidenschaft (eine Qualität die wohl eher in die Anfangszeit, die ersten Monate oder Jahre gehört) nachlassen sollte: Wer hält es denn auf Dauer aus ständig ein Großfeuer am Brennen zu halten? Ist es nicht eher so, dass aus der anfänglichen Feuersbrunst irgendwann ein gemütliches stabil brennendes wärmendes Feuer werden sollte, wo man durchaus bei Bedarf ein paar Holzstücke mehr auflegt um mal wieder so eine richtige Hitze zu spüren? Ich sehe es so: das Feuer ist unser bester Freund und unser grösster Feind. Zuwenig Feuer und wir erfrieren, zuviel Feuer und wir verbrennen oder es klaut uns die Luft zum Atmen... Es kommt wohl, wie so oft, auf das richtige Maß an...
Der neue Kick, der Reiz des Unbekannten... alles super - solange man Single ist und ungebunden. Da kann man sich das so oft geben, wie sich Gelegenheiten bieten. Aber wenn man sich in eine Liebesbeziehung, eine Partnerschaft begibt, sieht die Sache für mich anders aus. Hat was mit sich für etwas entscheiden zu tun. Entscheide ich mich für etwas, dann schliesse ich anderes damit gleichzeitig aus. Man kann eben nicht gleichzeitig geradeaus fahren UND abbiegen. Versucht's mal selbst.
Man macht es sich gern einfach heutzutage. Ist doch eine wunderbare Vorstellung: ich habe alle Vorteile einer festen Partnerschaft, wie Zuverlässigkeit, Vertrautheit, Geborgenheit, Sicherheit, usw... und gleichzeitig alle Freiheiten des Single-Lebens... Solche Experimente hatte ich mit Anfang 20, es hat nicht funktioniert... Die Gefühle haben einfach nicht mitgespielt...
Tatsächlich ist es so, dass man, wenn man das eine tut, etwas anderes verpasst, eben weil man dieses nicht tut. Und so ist das im Leben, man kann nicht alles haben... Platt, aber wahr... Man muss sich eben entscheiden - und die Konsequenzen aus diesen Entscheidungen tragen. Logo, es wird uns ja vorgekaukelt, dass man alles haben könne, man braucht ja bloss die ganzen Boulevard-Sendungen im Deppen-Fernsehen anzuschauen. Ewige Jugend, immer neue Kicks, Bungee ohne Seil, die halbe Nation verbringt ihre Freizeit in Partnerwechsler... Ich halte diesen ganzen Jetzt verwirkliche ich mich selbst - koste es was es wolle - Mist für fragwürdig bis dekadent. Und irgendwo auch ziemlich kindlich, ureif. Keine Frage, wir leben in einer dekadenten Zeit, aber wie war das doch gleich bei den europäischen Hochkulturen der früheren Jahrtausende? Erst kam die Dekadenz und dann der kulturelle Exitus, heute zahlt man Eintritt um die Ruinen besichtigen zu dürfen... Darf's noch ein bißchen mehr sein? Ist ja wie beim kleinen Häwelmann...
Dann gibts natürlich noch AIDS... Schau mal, was der liebe Papi uns aus Thailand mitgebracht hat! Zu Hause läufts ja nicht mehr so - da muss man doch Verständnis haben, wenn er sich mal auswärts so richtig austobt..
Vielleicht sollte man sich in Bescheidenheit, oder besser: Demut üben... Kann man wirklich alles immer wieder toppen, immer noch einen drauf setzen, noch ein bißchen extremer? Gibt es noch Grenzen? Oder kann man sich auch einfach am status quo erfreuen?
Ich denke Promiskuität ist ein Privileg der Singles, meinetwegen auch der Jugend, aber in einer Liebesbeziehung hat sie nichts verloren, auch wenn sämtliche Statistiken dagegen sprechen. Ausserdem glaube ich eh' bloss der Statistik, die ich selbst gefälscht habe... Es gab Zeiten, da hat man uns einreden wollen, dass es echt lässig wäre die Sonnenbrille bei Nichtgebrauch am Hinterkopf zu tragen. Eine Menge Lemminge habe das auch brav mitgemacht. Sieht zwar total schei. aus, aber schließlich will man ja seine Individualität unterstreichen und nicht auffallen und so weiter... Ausserdem muss man sich ja auch ständig beweisen, dass man nicht zum alten Eisen gehört und immer noch jeden schei. mit macht. Jetzt versuchen sie uns einzureden, daß Untreue völlig normal und damit gesellschaftlich akzeptiert ist. Und natürlich gibt es auch eine Menge geldgeiler Autoren, die dann auf einen solchen Zug aufspringen, um ihre vermeintliche Weisheit, als Paperbacks mit 100.000-er Auflagen, gewinnbringend an den nach berufener Bestätigung gierenden Orientierungslosen zu bringen... Millions of flies can't be wrong - eat more *beep*! und dann gibt es noch einge wissenschaftliche Studien der Toilettenpapierindustrie, die diese Theorie ernährungskundlich untermauern. Rauchen ist doch gesund! gez. Dr. Marlboro Und die Erde ist eine Scheibe und Atombomben sind eine wahnsinnig tolle Erfindung...
Meiner Meinung nach ist die Menschheit für die freie Liebe ebensowenig reif wie für den Kommunismus.
Ich hoffe ich konnte so halbwegs das rüberbringen, was ich zu diesem Thema für diesen Moment sagen wollte. Es lässt mich nicht kalt, daher ist dieser Text wohl geringfügig polemischer geworden, als in meiner Absicht lag. Ich hoffe es fühlt sich niemand vor's Bein getreten.
Wer mag kann mich jetzt unter Feuer nehmen.
Es grüsst euch lieb:
Euer Spießer donald
PS: Wen's interessiert: ich stehe übrigens nicht auf Blümchens. mit Licht aus, auch wenn meine vorstadtkleinbürgerliche Einstellung zu diesem Thema eine solche Vermutung nahelegen könnte. 8)