Lieber Humax,
wenn ich ehrlich bin, gibt es momentan(!) keinen ultimativen Tipp. Zumindest habe ich es so empfunden, als ich verlassen wurde. Ich habe viele gute und weniger gute Ratschläge bekommen, doch in der Situation konnte ich keinen davon so richtig annehmen, weil ich eigentlich nur eins wollte: Zurück in die Welt, in der noch alles heil war.
Doch das ging natürlich nicht, also habe ich folglich sehr gelitten. Mir ging es genau wie dir körperlich sehr schlecht, ich habe mit kaum jemandem darüber geredet, weil ich es entweder nicht konnte oder auch nicht wollte und ich war einfach nur unsagbar traurig und verzweifelt.
Tagsüber habe ich mich so gut es ging zusammengerissen, abends und nachts bzw. in den Momenten, in denen niemand um mich herum war, war's schrecklich. Ich wusste oft nicht, wo ich die Kraft hernehmen soll, den kommenden Tag durchzuziehen und mich halbwegs normal zu präsentieren. Doch ich habe mich dazu gezwungen, um nicht noch mehr Probleme zu bekommen, als ich sowieso schon hatte. Meine Zeitrechnung erfolgte nach geschafften Stunden und nicht nach Wochen oder gar Monaten. Das waren ganz kleine Schritte, die gerade groß genug waren, um einen Tag nach dem anderen rumzukriegen.
Das, was ich zuerst gemacht habe, war folgendes: Ich habe sehr viel geweint, mich außer bei der Arbeit zurückgezogen, meine Traurigkeit voll ausgelebt und auch ein wenig mit meinem ehemaligen Partner geredet. Der hat mich jedoch recht schnell komplett hängenzulassen und da stand ich nun ganz alleine da.
Irgendwann habe ich begonnen zu laufen. Ich bin oft spazieren gegangen, wobei ich einerseits sehr viel nachgedacht habe, andererseits jedoch auch beschäftigt war, meine Wut und Enttäuschung wegtreten konnte und danach recht müde wurde, sodass es mit dem Schlafen besser klappte.
Da ich ein kleiner Sportmuffel bin, waren Joggen und Fitnessstudio für mich ausgeschlossen (dabei hätte ich mich nicht wohl gefühlt), doch allein die tägliche Stunde Spazieren nach meinem eigenen Rhythmus hat mir sehr geholfen.
Ich habe mich gezwungen, auch in meinen Tagesablauf eine Art Rhythmus zu bringen, indem ich regelmäßig (zur gleichen Zeit) aufgestanden bin, duschte, versuchte etwas Kleines zu essen (wichtig!), Arbeit, danach laufen, dann einen Tee, wieder eine Kleinigkeit runterschlucken, duschen (lang und ausgiebig) und versuchen zu schlafen.
Das waren ganz banale Dinge, doch diese Regelmäßigkeit hat mir geholfen, mein Chaos ein wenig zu strukturieren. Ich habe mich nicht hängengelassen, sondern mich an den Plan gehalten, auch wenn es manchmal schwer fiel.
Und dann begann die Phase, in der ich mir etwas Gutes getan habe. Ich habe mir Sachen gekauft, die ich gerne haben wollte, mich mit neuen Klamotten eingedeckt, bin beim Friseur gewesen, habe einen Kurztripp gemacht und mehr mit den Leuten aus meiner Umgebung darüber geredet, was passiert ist.
Einkaufen ist natürlich kein Ersatz für den Expartner, aber ich habe mir einfach Sachen gesucht, die mich für den Moment ein bisschen glücklich machen, weil ich mich schlichtweg darüber freue.
Außerdem hat es mir geholfen, hier zu schreiben und auch darüber nachzudenken, was eigentlich passiert ist. Ich musste erst richtig realisieren, dass es aus ist, bevor ich mich wieder vorwärts bewegen konnte. Solange die Hoffnung noch da war, war ich blockiert.
Die erste Phase, in der du jetzt steckst, ist die Schmerzhafteste. Man verliert den Boden unter den Füßen, weiß überhaupt nicht, was man tun oder wo man hin soll und ist einfach nur unglaublich traurig, enttäuscht und verzweifelt.
Doch so schwer, erdrückend und kräfteraubend diese Phase auch ist, irgendwann wirst du merken, dass du wieder ein bisschen mehr kannst, als bloß zu weinen. Du wirst zwar weinen, aber du wirst auch ein zwei Momente haben, in denen du es plötzlich nicht mehr musst. Du wirst noch sehr traurig sein, aber nicht mehr so, dass es dich vollkommen runterzieht.
Das alles dauert seine Zeit und du musst Geduld mit dir und den ganzen Empfindungen haben, die dich jetzt überrollen. Lass sie raus, aber versuche irgendwann auch herauszufinden, was du selbst eigentlich möchtest und was dir gut tut. Damit meine ich gar nichts Großes, sondern ganz kleine Dinge im Alltag, die dir ein bisschen Trost schenken und dich etwas abschalten lassen.
Alles Gute,
MaraLou
06.08.2012 15:27 •
x 1 #10