Habe heute selber nochmal mein Buch angefangen zu lesen und mir sind so viele Parallelen aufgefallen. Ja ich lebe tatsächlich meine Kindheit weiter, bzw. habe es getan. Immer wieder dasselbe Muster. Ich will austeigen aus der ewigen Opferrolle, denn das bin ich nicht mehr. Doch leichter gesagt als getan. Muster die jahrelang drin sind, Verhalten was automatisch abläuft- mal so einfach zu ändern, geht eben nicht. Ich glaube mit Punkt eins der Bewußtmachung liege ich erst mal gut. Ich werde versuchen mir den ganzen Schinken auch nochmal anzutun. Einfach um mehr zu erkennen und auch zu schauen, welche Punkte nicht verarbeitet sind, bzw. womit ich arge Probleme beim lesen und wieder erinnern habe. Mit Schrecken habe ich fest gestellt, wie viel ich bereits vergessen bzw. verdrängt habe. Das alles wieder hochzuholen für ein paar Aha Erlebnisse ist schon ziemlich hart. Aber ich bin damit nicht allein und das gibt mir Kraft. Zu wissen, daß Du selbiges auch tust, hilft mir enorm. Wenn man weiß, daß man diesen schweren Weg eben nicht alleine geht. Endlich jemanden hat mit dem man darüber sprechen kann und bei vielem weiß, wovon man eigentlich redet. Wir müssen unsere Familientradition nicht weiter führen. Ich bin kein Opfer mehr und Du kein Täter. Ich muß mich nicht verhalten wie die Frauen unserer Familie und Du nicht wie die Männer. Na ja, so weit die grobe erste Erkenntnis. Punkt 2 ist halt, wie kommt man da raus aus dieser Gewaltspirale?!
Ich versuche mich zu erinnern, wie es mit meiner Mom war. Es waren viele Jahre Familientherapie, noch mehr unangenehme Gespräche zwischen uns und viel Willen auf beiden Seiten das hinzukriegen. Früher habe ich sie gehaßt, für das was sie mir angetan hat. Heute nach all den Jahren gemeinsamer Beziehungsarbeit liebe ich sie abgöttisch, habe mit ihr eine innige Beziehung, kann ihr zu 100 % vertrauen und weiß, daß sie immer hinter mir steht. Es ist genau umgekehrt. Wir haben das geschafft meine Mama und ich. Es war ein steiniger -nicht angenehmer- Weg, aber er hat sich gelohnt. Ich kann und will mir vor allem ein Leben ohne sie nicht mehr vorstellen.
Na ja und dann dieses eine Päärchen, von dem ich Dir erzählt habe, das was es trotz einer Trennung von einem Jahr geschafft hat. 1 Jahr, was jeder für sich genutzt hat, um sein Leben wieder auf die Reihe zu kriegen. Und heute sind sie so viele Jahre glücklich verheiratet. Wenn man sie so sieht, denkt man im Traum nicht daran, daß sie mal so große Probleme hatten. Aber es ist halt ganz selten. Die ganz große Ausnahme, denn die anderen 98 % schaffen es leider nicht dauerhaft diese destruktiven Verhaltensmuster zu verlassen. Auszusteigen aus diesem Teufelkreislauf.
Aber ich habe noch nicht aufgegeben- die Hoffnung zu den 2 % zu gehören. Ja vor uns liegt ein harter Weg, aber wir haben in den letzten Tagen gemerkt, daß er sich lohnen kann, wenn man ihn geht. Nun wir werden sehen, was die Zukunft bringt.
Ich bin noch immer hin und her gerissen zwische Liebe, Vermissen und ich kanns nicht leugenen, immer noch Angst, daß es wieder so kommt, sich ganz langsam einschleicht, wie es war. Ich würde lügen, wenn ich was anderes sage. Aber ich will nicht mehr lügen müssen, damit Du Dich gut fühlst. Denn das entfernt uns voneinander und wenn uns etwas einander näher bringt, dann ist es nur die Wahrheit. Schonungslos, offen- auch wenns weh tut und man am liebsten was anderes hören will.
In mir drin ist noch so ein starker Gefallmechanismus, es kotzt mich so an. Ich werde das einfach nicht los. Aber Ängste hin und her, besiegen kann man sie nur durch andere Erfahrungen. Durch wie Du sagst, beobachten und vor allem ehrliche Kommunikation.
Gute Nacht...