Hallo!
Während ich versuche, diese Zeilen zu schreiben, sitze ich (29, m) alleine in meiner 100qm Wohnung (groß, kalt, leer. in der wir seit 2 Jahren gemeinsam wohnen) zusammen mit meinen tollen Katzen und stehe wahrscheinlich gerade vor meiner ersten Trennung. Meine Freundin ist derzeit auf Weiterbildung beruflich (war schon lange geplant) 200km entfernt und wird erst in zwei Wochen zurückkommen. Tja, falls sie zurückkommt, denn wir sind im argen Streit auseinander gegangen und gerade herrscht Funkstille.
Das ist der dritte große Streit in diesem Jahr und immer wieder plagen uns die selben Geister. Ich weiß, dass sie mich liebt und ich ebenso. Wir haben Heiratspläne, Kinder, das übliche eben. Wir leben den gleichen Alltag, stabile Jobs, gutes familiäres Netzwerk, eher ruhig, ohne vielen Freunden oder ähnliches. Trotzdem fühle ich mich schon länger unwohl. In den letzten Jahren ist sie emotional negativer geworden - schon kleinste Probleme führen zu Wutausbrüchen, teilweise schreit sie mich an (wobei sie selbst sagt, sie könne das nicht kontrollieren, hat generell eine lautere Stimme), teilweise geht nichts mehr, außer ich schlucke herunter und gehe auf sie zu, versuche zu schlichten. Ein Tanz auf Eierschalen beschreibt das hier gut, denn egal wie sehr ich mich einsetze, ob Blumen oder Komplimente oder den Haushalt tip top, beim kleinsten Fehler gibt es schon wieder Streiterei.
Erst neulich in der Therme, hat sie den ganzen Tag nur herumgenörgelt, teilweise so laut, dass andere schon herschauten. Bei der Hochzeitsfeier meiner Cousine, als es etwas später wurde (kurz vor Mitternacht) und wir schon müde waren, ich allerdings mit dem Verabschieden etwas länger gebraucht habe, hat sie wörtlich vor meinem Vater gesagt, sie würde mir etwas antun, wenn wir nicht gleich gehen - also nicht in einem scherzhaften Ton. Bei der Planung der Hochzeit nächstes Jahr dachte ich daran, dem Fotografen auch etwas vom Essen zu geben, weil der ja sonst sechs Stunden ohne irgendwas dort steht - da schrie sie mich vor den Leuten an, dass ich mir das sparen könne, er müsse selbst für sich sorgen.
Generell vermisse ich bei ihr eine Ausgeglichenheit, eine Harmonie, eine Wärme. Ich bin ruhig, selten aus der Fassung zu bringen und vermeide Streit, wo es nur geht. Ich genieße die kleinen Momente im Leben, sei es eine schöne Abendstimmung, ein gutes Glas Wein - davon merke ich bei ihr nichts. Auch haben wir im Alltag wenig gemeinsames - wir malen gerne, schauen Fern, gehen ab und zu wandern. Aber das wars. Ich interessiere mich für so ziemlich alles und möchte darüber reden, selten erhalte ich Interesse.
Unser Sechs-Leben ist schon seit längerem ein Problem. Öfter haben wir darüber gesprochen und tja, beim letzten Mal hat es zum nächsten großen Streit geführt. Ständig ist sie müde oder gestresst, hat Ausreden. Ich versuche ihr entgegen zu kommen, pflege mich genau nach ihren Wünschen, versuche sie so glücklich wie möglich im Bett zu machen, aber ihr Interesse an Sechs geht Richtung 1-2 Mal die Woche und auch nur, weil ich initiiere und auch dann nur, wenns vorher geplant wurde. Letzten Sonntag hat sie dann während des Akts gesagt, wir könnten das ja auch etwas verkürzen, denn sie findet es Zeitverschwendung an einem Sonntag herumzufummeln. Da starb etwas in mir, sie merkte es und seitdem herrscht Funkstille. Ich war sprachlos.
Kann ich mein Leben mit so einer Frau wirklich auf eine höhere Ebene (Ehe) stellen, wenn ihr selbst diese seltene körperliche Intimität schon wie eine Zeitverschwendung vorkommt? Dabei liebe ich sie nach wie vor - ich liebe unsere Vertrautheit, sie ist extrem witzig, wenn sie gute Laune hat, ich habe selten mit einer Frau so viel lachen können. Es ist teilweise absurd, wie viele Insider Witze wir haben und wie wir im Alltag gemeinsam funktionieren. Finanziell sind wir uns ebenbürtig, auch Karrieremäßig wird sie wahrscheinlich weiter gelangen, als ich.
Ich mag starke, selbstbewusste Frauen und genau das ist sie. Aber ich ersticke an ihren Launen, an ihrer Gleichgültigkeit meinen Bedürfnissen gegenüber, am Mangel an Intimität. Oft haben wir darüber gesprochen, eine Weile läuft es gut, doch dann ebbt alles wieder in diese Richtung ab.
Ich habe schon nach Wohnungen gesucht (das zweite Mal in diesem Jahr), es wird hart, sehr hart. Letztes Mal hatte ich einen kompletten Zusammenbruch einhergehend mit einem Rückzieher, jetzt bin ich etwas stärker, merke aber, wie mir die Übelkeit hochkommt. Ich werde unsere Katzen sehr vermissen, das gemeinsame Wohnen, glaube aber, dass es langfristig so nicht weitergehen kann und eine Trennung daher unausweichlich ist bzw. eine längere Beziehungspause. Ob wir danach wieder zusammenkommen können? Ich weiß es nicht, möchte mir allerdings auch nichts versperren.
Um ehrlich zu sein, weiß ich nicht, warum ich das schreibe (es tut gut, schätze ich?). Eventuell in der Hoffnung, dass hier jemand mit liest und mir Trost spenden kann oder auch um mir zu sagen, wie ich diese Beziehung retten kann.
Ich wünsche euch einen schönen Abend und bedanke mich sehr herzlich für das Durchlesen.
Liebe Grüße,
Nivaris
04.11.2019 20:12 •
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