Hallo zusammen
Nach fast 7 Jahren Beziehung musste ich mich von meinem Freund trennen. Wir sind nun beide Anfang/Mitte 20 und sehr jung zusammengekommen. Er konnte sich vor unserer Beziehung nicht wirklich ausleben, da er nur zwei S. vor mir hatte. Da es ihm sehr wichtig ist, Bestätigung zu bekommen und er dem Archetyp eines Musikers entspricht (er spielt in mehreren Rockbands), hat ihn das immer sehr belastet. Nach zwei Jahren Beziehung fing er an, Phantasien mit einer Freundin zu spinnen und darüber nachzudenken, mich für sie zu verlassen. In dieser Zeit war ich im Abiturstress und hatte nicht soviel Zeit und Energie wie sonst für ihn. Auf einem Festival schlief er dann mit ihr auf einer Matratze, was ich Monate später von einer anderen Person erfahren habe. Angeblich ist tatsächlich nicht mehr passiert, sie hätten tatsächlich nur geschlafen. Die Verschwiegenheit hat mich jedoch zutiefst verletzt. Daraus resultierte unser erster großer Streit. Ich stellte ihm ein Ultimatum und zwang ihn, den Kontakt zu ihr abzubrechen.
Ein Jahr später lernte er wieder ein anderes Mädchen kennen, für das er mich verlassen wollte. Er telefonierte stundenlang mit ihr und träumte mit ihr von einer gemeinsamen Zukunft. Als Grund nannte er u. a. ihre verheirateten Eltern. Meine Eltern sind geschiedenen und ich habe ein kompliziertes Verhältnis zu meinem Vater. Einen Schwiegervater könne ich ihm nicht bieten und das andere Mädchen eben schon. In dieser Zeit war ich zutiefst entsetzt und weinte wie noch nie in meinem Leben. Da ich immer noch sehr jung war, kämpfte ich trotzdem um ihn und versuchte alles, um ihm zu beweisen, dass ich ihm doch mehr bieten kann als die Andere. Er willigte ein, wir zogen zusammen in eine Wohnung und alles war für ein Jahr wieder wunderschön.
Im nächsten Sommer ging er - auch physisch - auf einer Party fremd. Er verheimlichte mir die Affäre eine Woche lang und hatte in dieser Zeit Kontakt zu diesem Mädchen. Dann gestand er mir seinen Seitensprung am Telefon und verließ mich mit kalter, gelangweilter Stimme nach vier Jahren für ein Mädchen, das er erst seit zwei Wochen kannte und ging eine Beziehung mit ihr ein, während ich am Boden zerstört heulend zuhause saß. Ich suchte mir eine neue Wohnung und versuchte, ihn zu vergessen. Nach vier Wochen, nachdem sie Schluss gemacht hatte, weil er plötzlich vor dem Spiegel weinend zusammenbrach, kam ein herzzerreißender Brief und ich nahm ihn zurück. Er machte eine Therapie, da dies meine Bedingung war. Nach zwei Wochen Reue war es dann jedoch auch wieder genug. Das Thema sei gegessen, meinte er, als ich noch immer meine Wunden leckte.
Von da an führten wir eine Wochenendbeziehung. Aufgrund seiner Musikkarriere hatte er sehr wenig Zeit. Er begann jedoch auch zunehmend, mich für Verabredungen mit Freunden zu versetzen und Treffen mit mir nicht einzuhalten. Teilweise sahen wir uns nur einmal pro Woche nach Sonnenuntergang. Für gemeinsame Unternehmungen blieb meist nur ein Wochenende im Monat. Er hat mich auch von seinem Umfeld isoliert und immer darauf geachtet, dass auf SocialMedia keine gemeinsamen Fotos zu sehen sind, weil ich wahrscheinlich nicht repräsentierbar bin oder andere Frauen nicht sehen sollten, dass er vergeben ist. Hinzu kommt, dass er seit Beginn unsere Beziehung an mir herumkritisierte. Obwohl ich Kleidergröße 34 trage, wog ich in seinen Augen immer mindestens 5 Kg zu viel. Dass ich dann untergewichtig wäre, glaubte er nicht. Teilweise schämte er sich beim Baden u. a. für meine Oberschenkel, was er mir auch so deutlich kommunizierte. Auch mein Wesen war nicht fröhlich und spontan genug. Oft war ich jedoch auch die tollste, schönste, klügste und kreativste Frau der Welt. Er beteuerte, mich über alles auf der Welt zu lieben. Das konnte 5 min später nur wieder ins Gegenteil umschlagen.
Im letzten Jahr begannen sich diese negativen Verhaltensweisen zu intensivieren. Ich war grundsätzlich an allem allein Schuld, alle Probleme unserer Beziehung führte er auf die Scheidung meiner Eltern zurück. Ich war zu dick, zu unglücklich, zu irgendwas. Nun weiß ich, dass ich wegen ihm unglücklich war. Außerdem begann er wieder, Fremdgehphantasien mit einer weiteren Frau zu spinnen. An einem Abend, als ich wusste, dass sie zu seinem Konzert kommen würde und ich keine Zeit hatte, bat ich ihn, mir zu versichern, dass ich mir keine Sorgen machen müsse. Dann meinte er nur: Das kann ich dir jetzt aber nicht versprechen, dass da heute Abend nichts läuft.
Dieses Mal wurde es mir zuviel. Ich hatte Suizidgedanken, konnte nicht essen, nicht schlafen und an nichts anderes denken. Angeblich wäre mit dieser Frau nichts gelaufen, auch wenn es ihm sehr schwer gefallen sei und er das Gefühl hatte, ich würde ihm etwas wegnehmen, weil er sagen musste, dass er eine Freundin hat. Er meinte dann, dass er sowieso die ganze Zeit daran denkt, mit anderen zu schlafen. Außerdem könne ich es mir abschminken, die nächsten zehn Jahre wieder mit ihm zusammenzuziehen und heiraten würde er sowieso nicht wollen. Kinder möchte er, wenn überhaupt, erst mit 50. Dann halt mit einer jüngeren Frau, na und? Trotzdem wollte er sich nicht von mir trennen. Wenn er mich in den Arm nahm und mir schwor, wie sehr er mich lieben würde, konnte ich diesen Schritt nicht gehen. Dennoch zeigte er in diesen Situationen keine Emotionen. Ich weinte und weinte und weinte und er sprach mit kalter, rationaler, gelangweilter Stimme. Während all unserer Trennungsgespräche vergoss er keine Träne. Der Druck wurde zu groß. Ich hatte immer das Gefühl, perfekt sein zu müssen. Irgendwann hatte ich auch Schmerzen beim S., weil ich solche Angst hatte, etwas falsch zu machen.Natürlich verschlechterte sich alles so nur noch mehr. Daraufhin rollte er nur genervt mit den Augen. Ich hätte Blockaden. Jetzt weiß ich, dass in einer Paarbeziehung immer beide Partner gleich auf die Beziehung einwirken.
Eine offene Beziehung kam für mich trotz langem Überlegen nicht in Frage. Für ihn wäre das die optimale Lösung gewesen. Ich war in seiner Familie sehr integriert. Seine Mutter bat mich noch eine Woche vor unserer Trennung, ihn doch einfach drei- oder viermal mit einer Anderen schlafen zu lassen. Denn Männer würden so etwas brauchen, bevor sie sich fest binden könnten. Und dass er mich doch so sehr lieben würde und mir dann sicher treu wie Gold wäre.
Trotzdem konnte ich die Sache nicht mehr ertragen. Deshalb habe ich mich vor einem Monat per Brief von ihm getrennt. Er schrieb mir, wie sehr ihn das schockieren würde und dass ich ihm heilig wäre. Er werde mich immer lieben, aber er weiß, dass das gerade die richtige Entscheidung ist. Nun bin ich voller innerer Wunden. Viele Verletzungen, die ich lange verdrängt oder klein geredet habe, kommen nun zum Vorschein. Mein Selbstwertgefühl ist ganz unten. Ihm geht es - soweit ich das von anderen Leuten gehört habe - sehr, sehr gut. Er steht zudem gerade vor einem neuen Lebensabschnitt und ist erstmal abgelenkt. Evtl. hat er auch schon wieder eine neue Freundin/Geliebte. Ich liebe ihn noch immer und schwanke zur Zeit zwischen Hass, Wut, Trauer, Enttäuschung und Liebe hin und her. Ich weiß, die Geschichte klingt sehr heftig und ich verstehe selbst nicht, wie ich das so lange ertragen konnte. Ich habe hier auch nur die negativen Seiten unsere Beziehung aufgelistet, aber ich spüre zu ihm eine sehr tiefe Liebe und Verbundenheit und ich glaube fest daran, dass wir trotz allem seelenverwandt sind. Wir hatte unsere eigene Welt.
Von einer gemeinsamen Freundin weiß ich, dass er sich sowieso sicher ist, dass wir nach seinen gesammelten Erfahrungen wieder zusammenkommen.
Gerade habe ich Angst, nicht alles versucht zu haben, auch wenn das irrational klingt. Menschen meiner Generation trennen sich oft zu leichtfertig, anstatt an der Beziehung zu arbeiten. Andererseits habe ich gemerkt, dass ich mich selbst, meine Werte, meine Zukunft und mein Leben für ihn aufgeben müsste, um ihn zu halten. Das schien mir als Preis zu hoch. Ich möchte mich nicht für einen Mann aufgeben. Zusätzlich ist da die Angst, niemanden mehr zu finden, den ich so lieben könnte. Vielleicht gibt es auch Menschen, die ähnliche Erfahrungen gemacht haben? Ich wäre dankbar für Unterstützung und Austausch.
Liebe Grüße!
04.12.2019 22:26 •
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