Ich brauche Euren Rat.
3 Jahre lang war ich mit X. zusammen. Er ist Franzose und war damals beruflich schon fast 9 Monate in Deutschland. Er wohnte im Hotel, flog immer am Wochenende nach Hause, als ich ihn kennenlernte. Er ist geschieden, 30 Jahre Ehe hinter sich, 3 Töchter, Ehescheidung mit allem Drum und Dran, wie man es so aus schlechten Filmen kennt. Der Kontakt zu seinen Töchern war nicht vorhanden, als ich ihn kennenlernte. Sie verweigerten das total.
Geschieden bin ich auch (seit 2000), 3 Kinder habe ich auch - im fast selben Alter wie er (26,23,21). Allerdings habe ich mit meinem Exmann nach 20jähriger Beziehung eine freundschaftliche Trennung hingekriegt und wir kommen bis heute gut miteinander aus. Klar haben unsere Kinder die Scheidung nur schwer verdaut, aber es ging dann trotzdem ganz gut. Sie haben eben getrennte Eltern, aber sie haben immer noch welche.
Aber das nur zur Erklärung der Ausgangssituation. Zwischen X. und mir liegen 12 Jahre Altersunterschied. Er kommt aus einem Umfeld, wo man Familie zwar großschreibt, aber trotzdem auf Distanz achtet. Familiendramen (Schwere Krankheit, Sterben von Kindern, Selbstmord, Kinder die abstürzen) werden irgendwie unter den Teppich gekehrt. Fand ich immer irgendwie seltsam, aber na gut. Trotzdem hat er eine große und tolle Familie und ich mochte sie alle sehr gerne.
Unsere Beziehung allerdings war 3 Jahre lang eine Achterbahnfahrt der ersten Güte. Anfangs waren da massive Sprachlücken. Ich konnte kaum französisch und sein Deutsch war unteres Mittelmaß. Und weil er unbedingt in Deutschland bleiben wollte (auch aus beruflichen Gründen) und ich auch unbedingt wollte, dass er blieb, lehrte ich ihn Deutsch bis zum Erbrechen. Heute beherrscht er es ziemlich gut.
Am Anfang (so die ersten 6 Monate) war es Liebe pur. Ich glaube, ich war noch nie so glücklich. Aber man lebt ja nicht im luftleeren Raum. Und je besser er Deutsch konnte (und mein franzöisch ein bisschen besser wurde), desto verletzender wurde das, was er von sich gab, weil ich es nun verstand.
Ich war nicht gewohnt, beschimpft zu werden und als ich merkte, dass er zum Beispiel sagte Du kotzt mich an, wenn er wütend war, da war ich entsetzt. Aber er findet so etwas gar nicht schlimm. Solche Beispiele gibts noch viele.
Plötzlich fand er eine endlose Liste von Fehlern an mir. Ich war unberechenbar, anspruchsvoll, habe einen schlechten Charakter, bin egoistisch, unsicher, stur,... und noch vieles mehr. Ich fragte ihn, dass er doch jemanden, der so mies sei, wohl nicht lieben könnte. Antwort: Ich hätte kein Vertrauen zu ihm.
Wow, so ging das 3 Jahre. Wir waren seit dem 07.01.2003 zusammen und so Ende Januar zog er bei mr ein. Zwischen Phasen mit himmelhochjauchzender Liebe wurden die Phasen mit abgrundtiefer Traurigkeit immer häufiger und länger. Mein Temperament ist nicht gerade das einer geruhsamen Stilrose und ich versuche immer, über Kommunikation Probleme anzugehen. Nur ist das schwer mit jemandem, der Deutsch nicht in seinen Feinheiten erfassen kann, aber meint, er kann alles verstehen.
Dazu kam, dass er in regelmäßigen Abständen, ohne Rücksicht auf meine Bedürfnisse, nach Frankreich reiste. Natürlich nicht, um Urlaub zu machen, sondern um wichtige Termine wahrzunehmen. Diese Planungen machte er nur für sich alleine und ich war immer ausgeschlossen. Wir fuhren ein paar Mal zusammen, aber ich konnte nicht alle 2 Monate 1 bis 2 Wochen einfach wegfahren. So viel Urlaub habe ich einfach nicht und ich war damals in einer sehr schwierigen beruflichen und finanziellen Situation, die mir das sowieso nicht ermöglichte. Dazu kommt, dass ich leider jemand bin, der mit dem Thema Trennung schwer umgeht und ihm dieses ständige Wegfahren echt übel nahm.
Ja und dann wurde er immer kälter und gleichgültiger. Fing an, Klavier zu lernen, danach Gitarre, Italienischkurse zu belegen und Spanisch. Damit verbrachte er seine Abende und Wochenenden. Und ich war alleine und wartete wie ein gehorsamer Hund, dass er mich endlich auch mal wahrnahm. Und tat er es dann, wedelte ich wie ein gehorsamer Hund mit dem *beep* vor Freude (peinlich, gell). Also Würde schrieb ich echt klein. Aber ich wurde natürlich agressiv. Und wie.
Die gemeinsame Wohnung, die wir nach immerhin fast 2 Jahren Zusammenleben in meiner Wohnung, anpeilten, verweigerte er dann einfach. Ich hatte meine auf seinen Wunsch schon gekündigt und mit der Kündigung verlor er dann das Interesse an der gemeinsamen Wohnungssuche. So konnte ich dann eine neue für mich suchen und wusste nicht mal, ob er mitzieht. Er verweigerte jedes Gespräch darüber und ich schwieg irgendwann auch nur noch. Das er dann doch mitging, erkannte ich daran, dass er seine 2 Kartons dann am Umzugstag mit in meine neue Wohnung trug. Er hatte auch beim REnovieren und Einräumen teilweise geholfen, aber nur mißmutig und das meiste konnte ich alleine machen. Es war eine total irre Situation. Und ich fuhr eigentlich täglich Achterbahn und fiel von einer Traurigkeit in die nächste. X. teilte mir fast täglich immer mit, ich wäre psychisch krank. Ich wurde immer stiller (echt untypisch für mich) und hörte mir seine Tiraden über meinen schlechten Charakter und meine erfolglosen Kinder (sie haben alle nicht studiert. Seine Töchter studieren bis heute) und meine doofe Familie nur noch schweigend an. Leider muss ich sagen: Ich lieb(te) diesen Mann über alles. Und ich hatte die totale Angst, ihn zu verlieren und traute mich nix mehr, zu kritisieren. Er hatte schon nach etwa einem Jahr angefangen, bei Konflikten zu drohen, dass er sowieso lieber und besser alleine leben würde. Und ich sei ein Gefängnis für ihn. Mann oh Mann! Meine Angst wurde immer größer. Und ich bin doch eigentlich eine vernünftige und auch durchsetzungsfähige Frau.
Er warf mir vor, wir hätten keine gemeinsamen Ziele, mit mir könne er nichts bauen. Wenn ich ihn ansprach, dass er das gemeinsame Leben verweigert, (er packte doch tatsächlich 3 Jahre lang seinen Waschbeutel nicht aus, wie in einem Hotelaufenthalt) und gemeinsames Leben im Alltag stattfindet und auch in gemeinsamen Verantwortlichkeiten liegt, dann schwieg er einfach oder meinte, ich wäre eben psyschisch krank.
Nun denn, letztes Jahr Ende Juni teilte er mir freudestrahlend mit, dass er jetzt eine eigene Wohnung hat und auszieht. Ich war zuerst wie betäubt. Aber er benahm sich wie immer. Wir machten sogar noch einen tollen Wochenendausflug nach Trier. Und ich konnte nicht glauben, dass er wirklich auszieht. Aber am 07.07. war er weg. Ohne Adresse... einfach weg. Ließ mir noch einen Zettel da, dass er unseren Mißerfolg bedauert und ich ihm ja eine Mail oder SMS schreiben könne, wenn ich Lust hätte.
Ich war wie gelähmt. Der worst case war eingetreten und ich konnte wochenlang kaum die Tage überstehen. Er sendete mir Mails, wie es mir gehe und so. Aber ich war sehr vorsichtig und blieb auf Abstand. Das ging dann bis Ende August so weiter. Anfang September trafen wir uns und sprachen tatsächlich MITEINANDER. Er meinte, er wolle nach Frankreich zurück Ende 2006. Und ob ich mir nciht vorstellen kann, mitzugehen. Ich erzählte ihm, dass ich gerne mitginge, aber ich wolle endlich ein verbindliches gemeinsames Leben. Und ich wolle endlich, dass er bei Konflikten nicht wegrennen würde, sondern eine gemeinsame Lösung bereit ist zu finden. Ich wolle endlich eine Basis bauen können, auf der das gemeinsame Leben stattfinden kann.
Nun denn, er zog wieder bei mir ein. Und er war ganz begeistert und meinte, ich sei nun renoviert. Diesen Ausdruck fand ich ein bisschen komisch, aber na gut. Ich fing systematisch an, französisch zu lernen. Und wir planten eine Reise nach Frankreich - wie immer, zu seiner Familie und Freunden. Und die Reise war das totale Desaster. Ich war überarbeitet und todmüde, weil ich diese freien Tage vorarbeiten musste und 2 Wochen lang 12 bis 14 Stunden täglich hinter mich brachte. Aber X. verstand das nicht und so eskalierte die Situation schon am 2. Tag in Paris. Wow, und die restlichen 8 Tage hätte ich mir schenken können. Er beachtete mich gar nicht mehr und ich war einfach alleine.
Anfang November teilte er mir dann nachts kurzerhand mit, dass er mit den Managern in Frankreich gesprochen habe und im Frühjahr nach Frankreich zurückginge. Von mir habe er die Nase endgültig voll. Da er das jedoch fast jede Woche einmal sagte, muss man die Aussage unter diesem Aspekt etwas relativieren.
Aber er blieb. Und lebte sein Leben mit Gitarre, Spanischkurs und langen Dienstreisen weiter. Wir waren (zum ersten Mal) sogar noch Anfang Dezember auf einem offiziellen und wichtigen Weihnachtsball. Es war ihm wichtig, dass ich mitging uns so sagte ich ihm zuliebe meine eigene Firmen-Weihnachtsfeier (Murphy gell, kennt Ihr alle, Feiern finden alle am selben Tag statt) ab. Aber natürlich war ich glücklich, dass es ihm wichtig war dass ich mitging. Am 23.01.06 kam er abends ins Wohnzimmer und erklärte mir, dass er ab 01.03. wieder in Brest arbeitet. Und ob ich mitkommen würde. Ich fragte ihn, warum er wolle, dass ich mitkomme. Und die Antwort war:
So etwas wie Du ist schwer zu finden. Du bist hübsch, intelligent und sympathisch und am Anfang habe ich Dich sogar mal geliebt.
Ich bin nicht mitgegangen. Er ist nun weg und wir haben ein paar Mails getauscht. Ich bin ein ziemlich gerader Mensch und habe ihm geschrieben, dass ich ihn immer noch sehr liebe aber mit dieser netten Erklärung nicht leben kann. Und mir mein Leben eben alleine wieder baue. Na ja, das ging so ein bisschen hin und her. Er meinte, es wäre nur ein Sandkorn im Getriebe unserer Beziehung, warum es nicht funktioniert habe. Also ich finde, es ist ne ganze Wüste, aber das habe ich nicht geantwortet, sondern nur gesagt, dass es doch heute keine Rolle mehr spielt. Denn seine Liebe sei doch vorbei. Und ohne die gibt es eben keine Beziehung.
Ja, ich träume immer noch von einem Leben mit ihm. Trotz allem. Doof, oder? Aber meine Erinnerungen an die vielen Verletzungen sind leider alle da und sie sind wie eine Wand. Und auch meine Wut ist da. Über mich, dass ich das 3 Jahre so mitgemacht habe und ihn, dass er so ein eiskalter Hund ist.
Und nun schrieb er mir heute eine Mail, dass er am Donnerstag zu einer Gebäudeeröffnung in Frankfurt sei und sich freut, wenn wir das Wochenende miteinander verbringen könnten. Und ich soll ihm Bescheid geben, damit er das Flugticket entsprechend buchen kann.
WAS SOLL ICH NUR TUN LEUTE! Es geht mir nach echt schweren Monaten gerade mal ein bisschen besser. Nicht viel, aber ich heule nicht mehr ohne Kontrolle bei jeder Gelegenheit und ich habe mir eine neue Wohnung gesucht und bin am renovieren und will am 25.05. umziehen.
Wenn ich mich jetzt mit ihm treffe - von Wochenende miteinander verbringen und ab in die Heia und alles wird gut, bin ich weit entfernt - dann habe ich eine Höllenangst, wieder in die alte Suppe zu fallen.
Vielleicht schätze ich die Situation ja auch falsch ein. Vielleicht bin ich ja wirklich so ein verbohrtes Mensch, den Balken in meinem Auge nicht zu sehen, warum es so schief gegangen ist.
Es grüßt Euch
Hopy
10.05.2006 00:30 •
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